William und Joanna - ab 1190 bis 1191

Elena

Elena schaute ihn einen Moment lang musternd an, nickte dann aber. "Gern, Lucas." Es fühlte sich wahrlich gut an, nicht so förmlich sein zu müssen. Es war ein weiterer Schritt der Annäherung. Sie hatte auch keinesfalls erwartet, dass er ihr etwas mitbrachte.. Er war nun einmal nicht gerade ein Frauenheld und eher ein wenig zurückhaltend, aber er gab sich Mühe und das hier war so hinreißend charmant, dass sie es kaum fassen konnte.
Dankbar nahm sie das Armband entgegen und strahlte. "Oh, ich danke Euch! Das ist wunderschön und es passt so gut, woher wusstet Ihr das?"
Überglücklich streifte sie sich das Armband über das Handgelenk. "Wundervoll, vielen Dank.", wiederholte sie mit leuchtenden Augen.

Lucas

Lucas registrierte regelrecht verblüfft, dass sich ein warmes Gefühl in ihm ausbreitete als er Elenas Freude über sein Geschenk sah. Vielleicht war er ja doch kein völliger Holzklotz … er musste nur erst einmal merken, was um ihn herum noch so alles geschah, dann konnte auch er sich seinen Gefühlen weiter öffnen.
„Es freut mich, dass es dir gefällt.“ erwiderte er mit sanftem Lächeln, dann grinste er verlegen. „Ich muss gestehen, dass das nicht mein Verdienst war. Ich habe meine Schwester um Rat gefragt und sie hat mir bei dem Geschenk geholfen. Gott und sie allein wissen vermutlich, wie sie darauf gekommen ist, aber ich habe schon lange aufgehört über dieses Talent meiner Schwester zu staunen.“ gab Lucas schließlich offen zu. Es brachte ja nichts, wenn er sich mit fremden Lorbeeren schmückte. Zum einen war es eine dreiste Lüge und zum anderen vermittelte es Elena ein falsches Bild von seinen Fähigkeiten.
Lucas bedachte Elena mit einem warmen Blick. „Nichts zu danken.“ wehrte er ein wenig verlegen ab. Dann bot er ihr seinen Arm an, auch wenn er sich nicht ganz sicher war, ob das hier überhaupt angebracht war oder ob sie eher über ihn lachen würde angesichts dieses höflichen Gehabes. „Darf ich bitten?“

Elena

Elena war beeindruckt, dass er so offenherzig eingestand, dass es nicht seine Idee gewesen war. Sie kannte seine Schwester gut, traf sie öfter im Hospital, wenn diese auf der Suche nach ihrem Mann, ihrem Bruder oder ihrem Vater war. Cathie hatte das Talent immer die unheimlichsten Dinge herauszufinden, nie wusste jemand wie.
"Das mindert den Wert des Geschenkes in keinster Weise, immerhin habt Ihr überhaupt die Idee gehabt mir etwas zu schenken, das hatte ich nicht erwartet.", widersprach sie ihm freudig.
Als er ihr den Arm anbot, blickte sie ihn kurz prüfend an, ein wenig unsicher, dann lächelte sie und legte die Hand auf seinen Arm.
"Nur zu gerne..." Es würde wundervoll werden. Das Erntefest glich einem kleinen Jahrmarkt, es kamen Händler mit ihren Ständen, an jeder Ecke gab es etwas zu essen und am Abend ein großes Feuer. Und all das würde sie an seiner Seite erleben dieses Jahr.

Lucas

Lucas bemerkte Elenas Zögern und beugte sich etwas zu ihr als sie schließlich doch die Hand auf seinen Arm legte. "Wenn ich mich zu wunderlich benehme, sag es ruhig." raunte er ihr zu und grinste schief. "Ich will nicht, dass wir beide noch mehr auffallen als so schon." Im Dorf blieben Dinge nie lange geheim, ganz gleich worum es ging und wenn Lucas und Elena zusammen auf dem Erntefest gesehen wurden, würde ihnen spätestens morgen schon eine Verlobung angedichtet werden, er wusste genau, wie sowas lief.
Lucas schlenderte mit Elena durch die Gassen hin zu dem großen Marktplatz, der nun mehr als gut gefüllt war. Überall waren Stände und Buden aufgebaut und auf der angrenzenden Wiese war ein großer Haufen Holz zusammen getragen wurden, der heute Abend entzündet werden würde. "Wohin möchtest du zu erst? Hast du Hunger? Oder willst du erst ein bisschen an den Ständen gucken?" fragte Lucas neugierig.

Elena

Elena grinste zurück und wurde nach und nach ein wenig unbefangener im Umgang mit ihm. "Keine Sorge. Es ist ein bisschen ungewohnt, wenn man mit solcher Höflichkeit abgeholt wird, aber nicht unangenehm. Ihr seid eben ein Gentleman. Ich werde mich einfach einhaken, dem wird niemand mehr als einen flüchtigen Blick schenken. Am Erntefest sehen die Leute viele seltsame Dinge."
Staunend blickte sie sich um und ließ den Blick über das bunte Treiben wandern. Ganz Truro war auf den Beinen und sie genoss die ausgelassene Stimmung.
"Wir könnten uns erst ein paar Stände ansehen, wenn Ihr mögt. Der Händler aus dem Osten ist wieder hier, der Kräuter, Gewürze und Arznei aus Italien und dem Heiligen Land mitbringt. Vielleicht hat er neue, spannende Errungenschaften bei sich. Danach dachte ich vielleicht an ein Stück Honigkuchen? Ich muss Euch leider beichten, dass ich ein kleines Leckermäulchen bin. Ich liebe süße Sachen..."

Lucas

Lucas betrachtete Elena und stellte einmal mehr fest, wie ähnlich sie beide waren. Sie schlug nicht vor, dass sie sich irgendwelchen Schmuck oder anderen Kram ansahen, sondern kam als erstes auf den einzigen Händler zu sprechen, der auch immer wieder Neuerungen aus fernen Ländern dabei hatte. "Das klingt nach einer guten Idee. Er hat bestimmt wieder etwas dabei, das wir gebrauchen können." Dann blitzten seine Augen mutwillig auf und er lächelte leicht. "Nun, sie passen ja auch ganz hervorragend zu dir, nicht wahr? Du bist mindestens eben so süß." bemerkte Lucas und war überrascht über den eigenen Mut, den er da plötzlich aufbrachte.

Elena

"Das denke ich auch. Es gibt so viele Dinge, die wir sicher verbessern könnten, wenn wir nur wüssten, welche Alternativen es gibt. Es schadet nie uns Anregungen zu holen." Schon die Anwesenheit des maurischen Arztes hatte im Hospital einige Dinge zum Positiven verändert.
Schlagartig wurde sie wieder rot, als Lucas so ungewohnt offenherzig reagierte und ihr ein solches Kompliment machte.
"Ich danke Euch." Sie zögerte kurz, nahm dann aber ihren Mut zusammen und lächelte leicht. "Ihr seid so forsch heute. Das gefällt mir. Sonst seid Ihr nie so offensiv."
Was hatte sein Interesse an ihr nun nach zwei Jahren geweckt? Sie würde ihn irgendwann fragen, aber nicht jetzt. Vielleicht heute Abend, wenn sie ein bisschen Ale oder Wein getrunken hatten.

Lucas

"So ist es. Allein die feine Nadel, die ich vor ein paar Tagen das erste Mal genutzt habe ... solche Dinge verbessern nach und nach die Situation hier bei uns im Hospital und je öfter wir einen Lehrling aufnehmen können, desto weiter verbreitet sich solches Wissen und die Fertigkeit dazu."
Lucas ließ den Blick schweifen, damit Elena nicht sah, dass er ebenfalls errötete. Nach einem kurzen Moment sah er sie aber wieder an. "Bitte ... lass uns auf die Förmlichkeit verzichten, ja? Hier sind wir unter uns und ich komme mir sonst wirklich albern vor. Ich wollte vorhin vor deinem Vater nur nicht zu unverschämt wirken, sonst hätte ich es dir gleich angeboten."
Lucas grinste ein wenig verstohlen. "Naja, ich bin wohl meistens sehr ... von meiner Arbeit eingenommen. Ich verliere mich gern darin, aber dadurch neige ich dazu alles um mich herum etwas zu vergessen und ... und nicht richtig wahrzunehmen, was für Schätze direkt vor meiner Nase liegen."

Elena

"So ist es. Solche Dinge sind wunderbar. Eigentlich müssten die Lehrlinge Euch die Tür einrennen, um bei Euch zu lernen. Manchmal wünschte ich, ich wäre ein Mann und könnte auch in die Lehre gehen. Es ist so ein spannender Beruf. Man kann den Leuten etwas Gutes tun.", erging Elena sich für einen Moment in ihren Träumen. "Ach, vergesst meine Träumereien.
Sie erwiderte seinen Blick und nickte. "Gerne. Ihr...Du brauchst vor meinem Vater keine Scheu zu haben, er vergöttert dich regelrecht. Meine Eltern waren völlig aus dem Häuschen, als du sie um ihre Erlaubnis gebeten hast."
Elena lachte leise. "Aber genau das macht dich so liebenswert...Dass du so darin aufgehst. Man merkt, wie viel dir deine Arbeit bedeutet."

Lucas

Lucas sah Elena überrascht an, er hatte nicht erwartet, dass sie solche Wünsche hegte. Sicher sie arbeitete hervorragend und Lucas hatte durchaus den Eindruck, dass sie gerne im Hospital war, aber dass sie über die Arbeit einer Pflegerin hinaus tätig werden wollte ... "Du willst Ärztin werden?" fragte er verblüfft und erinnerte sich zu gut an das Gespräch mit Elena vor wenigen Tagen.
Lucas blinzelte irritiert, dann lächelte er. "Nein, ich denke nicht, dass wir das vergessen sollten. Willst du es wirklich lernen?" hakte er nach. Was sollte ihn hindert Elena sein Wissen beizubringen? Anders als bei anderen Handwerkern und Kaufleuten, waren Ärzte noch nicht in Gilden oder Zünften organisiert, es war kein wirklich klar umrissener Beruf und die meisten Heilkundigen fanden sich hier in den Klöstern.
Lucas seufzte leise. "Herrje, ich glaube, dass mir das sogar noch unangenehmer ist." räumte er ein. "Ich hoffe, sie erwarten nicht zu viel von mir." Es war ihm immer unheimlich, wenn er übergebührlich gelobt wurde.
Lucas legte den Kopf ein wenig schief und beobachtete Elena während sie auflachte. Es war ein schöner Laut, warm und offenherzig. Es gefiel ihm. "Ich bin also liebenswert, ja?" fragte er leise.

Elena

Elena wurde rot und nickte zaghaft. "Das würde ich wirklich gerne. Ich will mehr tun können als die Kranken nur pflegen, ich will ihnen helfen gesund zu werden. Ich könnte so viel mehr tun. Aber ich bin nur eine Frau und niemand wird mich an sich heran lassen. Die Kirche wird das wohl nicht gut aufnehmen. Vielleicht vergessen wir es doch lieber wieder. Die Aufgaben einer Frau sollten doch im Haushalt und bei den Kindern liegen." Auch wenn sie fand, dass sie zu mehr zu gebrauchen war.
"Ach nein, sorge dich nicht. Du bist doch ein anständiger Mann, du bist angesehen im Dorf, was sollen sie sich mehr wünschen?"
Sie lächelte und legte den Kopf schief. "Das bist du."

Lucas

Lucas blieb stehen und wandte sich Elena zu, um sie direkt anzusehen. Einen Moment lang blickte er ihr forschend in die Augen, dann schüttelte er langsam den Kopf. "Wieso solltest du nicht mehr tun können?" erwiderte er leise. "Du machst so hervorragende Arbeit als Pflegerin, wieso sollten wir das nicht ausbauen? Ich kann dir alles beibringen, was du wissen musst und du kannst nach und nach mehr Aufgaben selbst übernehmen. Die Leute hier mögen dich, sie schätzen dich, ich bin sicher, dass dich niemand ablehnen wird. Die Frauen unter unseren Patienten erst recht nicht, im Gegenteil, ich glaube es wäre oft eine große Erleichterung für sie, sich im Hospital nicht nur an Männer wenden zu können mit ihren Beschwerden." Lucas lächelte leicht. "Und wenn jemand von der Kirche kommt und uns auf die Finger klopfen will, sagen wir notfalls, dass du als Hebamme bei uns arbeitest, dagegen kann nun wirklich keiner etwas sagen und dann müssen sie erst einmal das Gegenteil beweisen."
Lucas betrachtete Elena und erwiderte schließlich das Lächeln. "Liebenswert." murmelte er sanft. "So hat mich wirklich noch keiner genannt."

Elena

Elena erwiderte seinen Blick voller Dankbarkeit. Sie hatte gedacht, dass er ihre Träume als Hirngespinste abtun würde wie es wohl jeder andere Mann getan hätte. Aber Lucas war anders. Statt sie auszulachen wollte er sie wirklich unterstützen und ihre Ziele lagen greifbar nahe.
Sie lächelte sanft. "Das würdest du wirklich tun? Mir alles beibringen und..mich ausbilden? Glaubst du wirklich, die Frauen würden mich haben wollen und ich dürfte im Hospital bleiben?"
Sie seufzte zufrieden. Ihre Eltern würden vermutlich die Hände über den Kopf zusammen schlagen, aber es war einfach ihr Traum. Sie hatte so oft gewünscht als Mann geboren worden zu sein, damit sie dieser Berufung nachgehen konnte.
"Du meinst, ihr schützt mich? Das ist so lieb von dir. Du hast Recht, gegen eine Hebamme hat niemand etwas einzuwenden. Es wurde Zeit, dass jemand dich mal so nennt, denn das bist du. Noch mehr, als ich ahnte. Mit ein paar Worten erfüllst du meine geheimsten Wünsche..."

Lucas

"Natürlich würde ich das tun! Es war mein Ernst als ich vor einigen Tagen sagte, dass eine Ärztin eine Bereicherung fürs Hospital wäre und es wäre mir eine Freude, wenn ich dir diese Aufgabe zukommen lassen könnte." Lucas grinste leicht. "Ich wäre beleidigt, würdest du dann nicht bei uns bleiben." bemerkte er augenzwinkernd, wurde dann aber ernst. "Natürlich schützen wir dich. Ich werde persönlich für deine Sicherheit sorgen. Niemand wird dir schaden, weil du bei uns arbeitest und Menschen hilfst."
Lucas lachte leise. "Wenngleich ich dir diese Wünsche nicht so uneigennützig erfülle, wie du es jetzt aussehen lässt." erinnerte er sie neckend, erfreute sich gleichzeitig aber an der Glückseligkeit, die in Elenas Augen zu sehen war. Es schien ihr wirklich sehr viel zu bedeuten diese Chance zu erhalten.

Elena

Lucas und sie hatten gemeinsam im Sortiment des Händlers gestöbert und ein, zwei nützliche Dinge für das Hospital gekauft. Amschließend hatten sie Honigkuchen gegessen, süßen, roten Wein getrunken und beobachtet, wie das Feuer entzündet wurde.
Es war ein wunderschöner Tag gewesen und Elena war wunschlos glücklich, als Lucas sie nun nach Mitternacht wieder zu ihrem Elternhaus zurückbrachte. Sie standen einander gegenüber, ein wenig verlegen, beinahe wortlos.
Schießlich fasste Elena sich ein Herz. "Das war ein wunderbarer Tag, icb hatte selten so viel Spaß und noch nie ein so schönes Erntefest. Ich danke dir, dass du mich begleitet hast.", begann sie ein wenig unbeholfen. Wie verabschiedete man sich, wenn man das eigentlich gar nicht wollte?

Lucas

Lucas fühlte sich eigenartig. Sein Kopf war seltsam leicht und wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte er gesagt, er sei betrunken. Allerdings hatte er dafür bei Weitem nicht genug Wein gehabt. Doch vielleicht ... vielleicht war es ja eine andere Art Trunkenheit? Er war sich nicht mehr sicher, wann er sich das letzte Mal so viel freie Zeit genommen hatte. Es war völlig untypisch für ihn, den ganzen Nachmittag und Abend sich dem Müßiggang, dem reinen Vergnügen hinzu geben. Aber er hatte es genossen und Lucas wusste dass Elena ausschlaggebend dafür war, denn ohne sie wäre er wohl nach ein, zwei Stunden wieder vom Erntefest verschwunden.
Doch heute war die Zeit wie im Fluge vergangen und nun stand er mit ihr gemeinsam bereits wieder vor ihrem Elternhaus, ahnungslos wie er sich nun ihr gegenüber verhalten sollte, wie er Abschied von ihr nehmen sollte.
Elena war es schließlich, die die Stille brach und Lucas griff das nur zu gerne auf. "Ja. Ja, es war wirklich sehr schön." pflichtete er ihr bei und lächelte scheu. "Ich muss mich bei dir bedanken, dass du mitgekommen bist." Verlegen trat er von einem Fuß auf den anderen, dann griff er nach ihrer Hand und hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken. "Wir sollten das wiederholen bei Gelegenheit." erklärte Lucas etwas unsicher. "Ich ... ich meine ... Zeit mit einander verbringen. Und nicht erst wieder beim nächsten Erntefest." fügte Lucas eilig hinzu.

Elena

Elena fühlte sich sehr besonders, als er ihr die Hand küsste und kicherte ein wenig verlegen, etwas trunken vom Wein und berauscht von seiner Nähe. "Warum hätte ich denn nicht mitkommen sollen? Ich wusste, es würde ein sehr schöner Tag werden."
Und er wollte sie tatsächlich wiedersehen, auch außerhalb des Hospitals! Das war das Beste, was hatte passieren können und es machte sie unfassbar glücklich.
"Sehr gern, jederzeit. Bis zum Erntefest wäre es auch sehr lange." Die Zeit würde sie nicht aushalten ohne ihn zu treffen nach diesem Tag. "Ich...sollte ins Bett gehen.", sagte sie schließlich leise, nahm ihren Mut zusammen und küsste ihn zum Abschied auf die Wange. "Ich danke dir für den schönen Tag, wir sehen uns im Hospital."

Lucas

Lucas lauschte ihrem Kichern und war verblüfft darüber, wie sehr ihn dieser Laut doch faszinierte. Dann zuckte er mit den Schultern. „Ich weiß nicht, vielleicht, weil ich nicht unbedingt ein offenherziger Mensch bin, eher ein seltsamer Eigenbrödler.“ erwiderte Lucas schmunzelnd. Eric war von ihnen beiden derjenige, der Menschen innerhalb eines Augenblickes für sich einnehmen konnte und der Frauenherzen im Sturm eroberte. Er selbst hingegen war viel zu sehr mit seiner Arbeit beschäftigt. Die Menschen vertrauten ihm, wenn es um ihre Gesundheit ging, aber darüber hinaus …
„Und vielleicht, weil ich so lange gebraucht habe, um zu erkennen, dass du mehr bist als eine einfache Pflegerin bei uns im Hospital.“ fügte er schließlich gedämpft hinzu. Und hätte sein Vater ihn nicht darauf aufmerksam gemacht, wäre er wohl auch immer noch nicht darauf gekommen und ihm wäre eine Menge entgangen, das war Lucas heute klar geworden.
„Ja … ja, das solltest du.“ pflichtete Lucas ihr etwas stockend bei. Eigentlich wollte er sich jetzt noch nicht von ihr trennen, aber es wurde Zeit, es war spät und morgen schließlich ein neuer Tag mit einer Menge Arbeit. Lucas blinzelte überrascht als Elena sich vorbeugte und ihn auf die Wange küsste, dann lächelte er reichlich dümmlich. Wie gern hätte er Elena in die Arme geschlossen und ihr ebenfalls noch einen Kuss gegeben, dieses Mal jedoch auf ihre Lippen, aber das wagte Lucas nicht.
„Ich habe zu danken.“ murmelte er und nickte. „Ja, wir sehen uns dort.“ bestätigte Lucas, konnte sich aber noch nicht dazu entschließen zu gehen.

[b]Elena[b]

Elena schüttelte energisch den Kopf. "Unsinn. Du bist nicht seltsam, deine Arbeit ist nur diene Leidenschaft und ich finde es faszinierend, welche Möglichkeiten dein wacher Geist dir eröffnet. Du und die anderen Ärzte, ihr findet so oft neue, gute Wege um zu helfen. Wege, die vielleicht vor euch noch niemand gefunden hat. Es wäre Verschwendung diese Gabe nicht zu nutzen, Lucas."
Sie lachte leise auf. "Lange hast du gebraucht, aber nicht zu lange. Schließlich bin ich immer noch da." Und sie war nicht verheiratet. Noch hatten sie Beide eine Chance, von der sie nicht mehr zu träumen gewagt hatte.
Doch nun heute Nacht würden sie nicht e´mehr weit kommen. Es war Zeit, den Tag ein wenig zu reflektieren, sich darüber zu freuen und einfach glücklich zu sein. Vielleicht einen kleinen Gedanken an die Zukunft zu riskieren.
"Gute Nacht, Lucas...", sagte sie leise und schenkte ihm ein letztes Lächeln, ehe sie sich abwandte und ihr Elternhaus betrat. Die folgenden Tage würden sicherlich spannend werden.

Lucas

Lucas saß an seinem Schreibtisch im Hospital und starrte auf das Buch vor ihm. Er hatte eigentlich ein paar Kräuter darin nachschlagen wollen, aber seine Gedanken waren schon vor einer Weile abgedriftet.
Er hatte nur wenig Schlaf gefunden in der letzten Nacht, sein Geist hatte einfach nicht zur Ruhe kommen wollen und auch jetzt fiel es ihm ungewöhnlich schwer sich zu konzentrieren. Er überlegte fieberhaft, wie er Elena entgegen treten sollte, wenn sie heute Mittag kam, um ihre Arbeit zu beginnen. Und besonders, wie sie nun weiter machen sollten. Er wusste, dass er noch weiter aus seinem Schneckenhaus würde heraus kommen müssen, wenn er Elena nicht gleich wieder verloren geben wollte, aber so richtig wusste Lucas auch nicht, wie er das anfangen sollte. Das Erntefest war eine naheliegende Idee gewesen, aber es gab ja nicht ständig solche Feste zu denen er sie einladen konnte. Also musste er sich irgendetwas anderes einfallen lassen. Er seufzte leise und fuhr sich zum wiederholten Male durch den braunen Haarschopf, der mittlerweile schon einen etwas zerzausten Anblick bot.

John hatte ausgesprochen wohlwollend beobachtet, dass sein Sohn das Erntefest an Elenas Seite genossen hatte. Wie jeder Bewohner von Truro war auch er mit Constance zumindest eine Weile dort gewesen und er hatte die günstige Gelegenheit genutzt. Die Beiden passten ausgezeichnet zusammen und würden ein schönes Paar abgeben. Sie hatten sich sichtlich gut verstanden und Spaß gehabt, das hatte Lucas gut getan. Er hatte seinen ernsten Sohn kaum wiedererkannt.
Er war allerdings ganz und gar nicht überrascht, als er heute seinem etwas verstört wirkenden Sohn überden Weg lief, der eigentlich arbeiten zu wollen schien.
"Du siehst etwas wüst aus, mein Junge, lange Nacht gehabt?", fragte John amüsiert und legte Lucas die Hand auf die Schulter.

Lucas

Lucas sah auf als sein Vater den Raum betrat und lächelte kläglich. „Tja, könnte man vielleicht so sagen, ja. Ich habe nicht wirklich viel schlafen können.“ Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, wurde ihm bewusst, wie doppeldeutig sie eigentlich waren. Er wusste genau, was es zu bedeuten hatte, wenn Eric grinsend über eine zu kurze Nacht klagte und Lucas wurde ein wenig blass. „Also … nicht dass du denkst, ich hätte …“ brachte er stockend hervor. „Ich … hatte so viel worüber ich nachdenken musste, ich hab einfach keine Ruhe gefunden als ich im Bett lag.“ versuchte er sich zu erklären und spürte ein verräterisches Brennen an den Ohren.
Verlegen senkte er den Blick und atmete tief durch, um sich wieder zu sammeln. Dann gab er sich einen Ruck und sah seinen Vater wieder an, wusste er doch genau, was dieser gerne hören wollte. „Der Tag mit Elena gestern war … wundervoll.“ erklärte Lucas gedämpft, dann erinnerte er sich an das, was er Elena gestern so freimütig angeboten hatte und lehnte sich etwas zurück, die Miene nun wieder ernst, und fixierte seinen Vater entschlossen. „Wir sollten Elena als Ärztin einstellen.“ erklärte er dann. „Ich meine, sie muss natürlich erst einmal alles lernen, was über ihre bisherige Tätigkeit hinaus geht, aber dann … sie wäre eine wirkliche Bereicherung für das Hospital.“

John lachte leise, als Lucas' Ohren sich röteten. "Keine Sorge, das dachte ich nicht. Du bist nicht wie dein Bruder und wir haben dich zu einem sehr ehrenhaften Mann erzogen. Es hätte mich gewundert, hättest du sie wie viele andere der jungen Burschen gestern ihre Liebste mit in die Büsche genommen." Er schüttelte nachsichtig den Kopf.
"Eine Frau verdreht einem gern völlig den Kopf, nicht wahr?", fragte er etwas amüsiert. "Ich kann dir leider nicht sagen, dass sich das mit den Jahren viel ändert. Ich habe euch gestern kurz gesehen. Ihr habt ausgesehen, als hättet ihr Spaß daran Zeit miteinander zu verbringen und es hat gut getan dich einmal offen lachen zu sehen. Verlass dich nicht zu viel darauf, ergreif die Initiative und verbring Zeit mit ihr. Ein Spaziergang in einer kleinen Pause, was auch immer. Außerdem steht dir auch durchaus einmal ein freier Tag zu."
John hob überrascht die Augenbrauen. "Eine verwegene Idee, mein Junge. Nicht ohne Reiz, könnte aber Schwierigkeiten mit sich bringen." Er überlegte einen Moment. "Ich denke, du kannst ja schon einmal anfangen sie ein wenig zu unterrichten. Ich würde über ihre Einstellung gern erst mit William reden. Er finanziert das hier zu großen Teilen und wenn die Kirche Ärger macht, sollte er zumindest vorgewarnt sein. Ich glaube nicht, dass er ablehnt. Aber der Form halber wäre es wohl angemessen."

Lucas

Lucas nickte ein wenig erleichtert. „Gut.“ Sein Vater kannte ihn zwar gut genug, aber er hatte trotzdem sicher gehen wollen, dass dieser keine falschen Schlüsse zog. Dann musste Lucas gegen seinen Willen lächeln. „Offenbar ist das so.“ stimmte er zu, denn Elena hatte schon seit einigen Tagen einen immer größeren Platz in seinen Gedanken eingenommen und seit gestern schien es endgültig um ihn geschehen. „Ich werde es versuchen. Ich hoffe nur, dass ich mich nicht allzu ungeschickt anstelle. Aber vermutlich wäre sie dann gestern auch gar nicht so lange bei mir geblieben.“ Sie beide hatten den Tag genossen also schien es durchaus gut gelaufen zu sein.
„Verwegen vielleicht, aber gewinnbringend. Die Menschen hier vertrauen Elena, sie kennen sie und schätzen sie, ich bin sicher, sie würden sie auch als Ärztin annehmen und ich glaube, vor allem für die Frauen und wohl auch für einige unserer jüngeren Patienten wäre es mit Elena vielleicht einfach als mit uns.“ Lucas hörte seinem Vater aufmerksam zu und nickte dann. „Ich wäre dir dankbar, wenn du mit ihm sprichst. Und Elena freut sich sicher, wenn wir gleich mit dem Unterricht anfangen.“ Lucas verschränkte leicht die Arme vor der Brust. „Darüber habe ich auch schon nachgedacht und sollte tatsächlich jemand von der Kirche hier auftauchen, geben wir Elena einfach als Hebamme aus. Das ist schließlich ein durchaus naheliegender Beruf für eine Frau und hier in unserem Haus. Und dann muss erst einmal bewiesen werden, dass sie anderer Arbeit hier nachgeht.“

"Ach, das wirst du schon nicht. Du bist doch nicht auf den Kopf gefallen und Manieren hast du auch. Sie sah gestern auch nicht unglücklich an deiner Seite aus, im gegenteil. Ich fand, ihr würdet gut zusammen passen. Ich hätte nichts dagegen sie zur Schwiegertochter zu bekommen, solltest du dich dazu irgendwann entschließen.", merkte John mit einem Zwinkern an.
"Ja, du hast Recht. Die Frauen würden sich vermutlich bei Elena etwas wohler fühlen. Und wir könnten ihr von unserer Hebamme im Dorf ein paar Grundzüge beibringen lassen, falls wir hier Notfälle haben. Dann kann niemand etwas dagegen sagen. Ich werde mit William sprechen, sobald er zurück aus Kent ist. Bis dahin wird uns niemand behelligen. Elena ist ja ein kluger Kopf, sie wird rasch lernen und uns bald unter die Arme greifen können. Hal hat zu wenig Zeit, da wäre ein Paar fähige Hände mehr durchaus willkommen."