William und Joanna - 1188 bis 1189

Edward verzog leicht das Gesicht. "Sicher, aber sie beide waren immer so voller Energie. Es ist kaum vorstellbar, dass Henry plötzlich fehlt. Und mein Vater ..." Edward schüttelte leicht den Kopf. "Ich mache mir wirklich Sorgen um ihn. Ihn hat Henrys Tod noch so viel mehr getroffen, hoffentlich kann Mutter ihn ein wenig wieder aufbauen."
Sanft strich Edward mit den Fingerspitzen über Helenes Wange. "Das habe ich. Aber ich fürchte mich davor, dass Gott morgen entscheiden könnte, mir dich oder eins der Kinder zu nehmen. Ich wüsste wirklich nicht, was ich dann noch tun soll ..." gestand Edward leise seine Angst. Henrys Verlust hatte ihn schwer getroffen, aber irgendwann würde der Schmerz erträglicher werden und er konnte immerhin nach vorne sehen. Aber ihm graute davor noch einen geliebten Menschen so früh zu verlieren.

Helene

Helene seufzte leise und küsste die Sorgenfalte auf seiner Stirn. "Ich weiß, dass es so ist und dass er eine Lücke hinterlässt. Aber ändern können wir es nicht. Dein Vater wird sich fangen, sorge dich nicht. Er hat doch deine Mutter an der Seite, sie ist eine starke Frau. Sie wird ihn stützen und ihn wieder aufbauen. Sie kennt ihn schon so viele Jahre, wenn sie es nicht schafft, tut es niemand. Ich kann ir kaum vorstellen, wie schwer es für ihn sein mag. Er stand Henry doch sehr nah, so viele Jahre lang."
Helene legte den Finger auf seine Lippen. "Sch...Gott wird uns nicht nehmen. Uns geht es allen gut und wir sind gesund und munter. Außerdem lasse ich mich nicht so leicht unterkriegen, das weißt du doch. Was sollten sie denn mit mir da oben wollen?", neckte sie liebevoll.
"Mach dir nicht zu viele Sorgen und fürchte dich nicht, das vermiest einem nur die Freude am Leben, hats du gehört?"

Edward nickte leicht. "Ich hoffe es. Vielleicht reisen wir nach Richards Krönung weiter nach Truro, besuchen meine Eltern dort, was meinst du? Die Kinder fänden es sicher spannend und besonders meinem Vater würde die Ablenkung sicher gut tun." schlug Edward dann vor.
Er hatte noch etwas sagen wollen als Helene einen Finger an seine Lippen legte und er verstummte. Ihre Worte sorgten dafür, dass ein leichtes Lächeln auf seine Lippen trat und schließlich hauchte Edward einen Kuss auf ihren Finger. Sachte nahm er ihre Hand zur Seite, lehnte sich etwas vor und küsste Helene zärtlich.
Bei ihrer Heirat hätte Edward nie für möglich gehalten, dass er sich dieser Frau jemals verbunden fühlen würde, aber trotz all ihrer Streitereien hatten sie allmählich zusammen gefunden. Er wusste, dass es ein brüchiges Band war, da er selbst sie beide nur zu oft auf die Probe stellte, aber immerhin bestand es und bot ihnen beiden ein wenig Sicherheit.

Helene

"Das ist gar keine schlechte Idee. Den Kindern wird es gefallen, von ihren Großeltern ein bisschen umsorgt zu werden. Und Aliz, Jonah und Gabriel freuen sich sicher Thomas zu sehen. Außerdem wird der Trubel deinem Vater gut tun, du hast Recht. Also gut...wir werden nach der Krönung nach Truro reisen." Helene erwiderte seinen Kuss liebevoll.
"Ich bin froh, dass du wieder bei mir bist. Ich habe dich vermisst." Und dieser Mann bedeutete ihr mittlerweile durchaus viel. Es würde nie ganz einfach sein mit ihnen, aber solange sie Beide sich an gewisse Regeln hielten, würde das Zusammenleben gut funktionieren.
"Du wirst Richard die Treue schwören?"

Edward brummte zustimmend. "Ja, ich hoffe es doch sehr. Und Thomas will ich auch zu gern wieder sehen. Ich bin gespannt, wie der Bengel sich gemacht hat." Thomas war mittlerweile dreizehn Jahre alt, auf bestem Wege ein Mann zu werden und Edward war wirklich neugierig, wie es um seinen Stiefsohn stand.
Edward sah Helene in die Augen und lächelte schließlich. "Ich bin auch froh wieder hier zu sein. Oxford hat mir gefehlt, das wundervoll ausgeglichene Maß an Trubel und Ruhe hier, die Kinder ... du." Edward küsste Helene noch einmal. "Ich habe es sogar vermisst deine fürchterliche, französische Stimme zu hören." neckte er zärtlich.
Auf ihre Frage hin wurde Edward wieder ernst, seufzte leise und nickte schließlich. "Ja, mir bleibt auch kaum etwas anderes übrig, nicht? Ich bin der Earl of Oxford, er der neue König von England. Und wenn ich irgendwann meinen Groll überwunden habe, wird mir auch klar werden, dass Richard ein guter Mann ist. Ich wusste schon immer, dass ich lieber ihn als John auf dem Thron haben wollen würde. Ich muss mich nur daran gewöhnen, dass es jetzt schon so weit ist."

Helene

"Das kann ich verstehen. Ich bin auch gespannt, ich kenne ihn ja kaum." Thomas hatte schon in Truro gelebt, als sie Edward geheiratet hatte und seitdem hatte sie den Jungen zur selten zu Gesicht bekommen.
"Nun, wir werden sehen, was er aus seinem Leben machen will, nicht wahr? Er ist bald alt genug seinen eigenen Weg zu gehen."
Helene lachte leise auf. "Ah, cheri, diese Worte aus deinem Munde? Wenn du sogar das vermisst hast, muss es sehr schlimm um dich gestanden haben. Aber ich habe vermisst, dass du dann und wann französisch mit mir sprichst."
Sonst tat das kaum jemand außer den Kindern und sie wollte den Bezug zu ihrer Muttersprache nicht verlieren.
"Ja....vermutlich hast du keine Wahl. Aber er wird es gut machen, er ist kein unvernünftiger Mann. So habe ich ihn zumindest nicht kennengelernt."

"Er ist wirklich ein anständiger Bursche. Früher hatte ich arge Probleme mit ihm, aber wir haben uns zusammen gerauft ..." Edward grinste Helene an. "Allein deswegen müsstet ihr beide euch eigentlich blendend verstehen."
Edward betrachtete sie versonnen als sie auflachte und strich dann sanft durch ihre Haare. "Und ob es schlimm um mich stand. Es gibt nichts langweiligeres als in einem Feldlager fest zu sitzen und nichts zu tun zu haben. Wenigstens war Erik bei mir, so war es zumindest tagsüber erträglich, aber nachts war mein Lager furchtbar kalt ..." Bis auf das eine Mal, als er sich die Hure ins Zelt geholt hatte, hatte Edward in seiner Gefangenschaft tatsächlich enthaltsam gelebt - mehr oder weniger zwangsweise, damit sein frommer Bruder nicht ständig die Stirn über ihn runzelte.
Edward nickte versonnen. "Ja, das wird er wohl. Und im Notfall rückt ihm meine Schwester schon noch den Kopf zurecht ..."

Joanna war furchtbar unruhig und wanderte rastlos durch die Burg. William hatte einen Boten geschickt und sein Eintreffen für heute angekündigt. Auch zu ihnen waren die Nachrichten vom Ausgang des Krieges und von Henrys Tod bereits gedrungen, daher machte sie sich große Sorgen um ihren Mann. Wie er Henrys Verlust wohl verkraftete?
Als sie durch das Fenster die ersten Pferde sehen konnte, eilte sie die Stufen hinunter in den Innenhof und hielt nach William Ausschau. Sie hatte ihn so schmerzlich vermisst und gebetet, dass er unversehrt wieder kommen würde.
Nun, zumindest körperlich war er wohl unversehrt. Blieb abzuwarten, wie es ihm sonst so ging. Wenigstens in Truro lief alles ganz gut, wenn auch ruhig, seit ihre Enkel mit Robert fort waren.

William hatte Wort gehalten und war unmittelbar nach Henrys Beisetzung an die Küste geritten, um über den Kanal überzusetzen. Er wollte nach Hause, wollte dem Festland den Rücken kehren und vorerst nichts mehr von Richard und seinem glorreichen Sieg hören.
Als er nun endlich in der Burghof von Truro ritt, war er mehr als nur erleichtert, dass er sein Ziel endlich erreicht hatte. Er war müde und abgespannt, die Monate im Feld hatten schließlich ihren Tribut gefordert und William fühlte sich reichlich erschöpft. Besonders aber quälte ihn Henrys Tod und er hatte seit dem kaum geschlafen und nur ausgesprochen wenig gegessen. Zwar hatte er sich dazu gezwungen jeden Tag etwas zu essen, aber der Appetit war ihm gründlich vergangen.
Vielleicht würde alles besser werden, jetzt da er wieder in Truro war, aber William war sich nicht sicher. Zweifelsfrei würde Joanna ihm gut tun, aber ob er so einfach verkraften konnte, dass Henry tot und er selbst wie ein lahmer Gaul abgeschoben worden war?
Etwas steif von der vielen Anstrengung und der Reise, glitt William aus dem Sattel und hatte Joanna sofort in der Menge ausgemacht. Zielstrebig hielt er auf sie zu und schloss sie dann fest in seine Arme. "Oh Joanna ..." wisperte er leise während er sie fest hielt und ihr schließlich einen Kuss gab.

Joanna erschrak ein wenig, als sie William aus der Nähe betrachten konnte. Sein Gesicht war blass und etwas eingefallen, er wirkte ausgebrannt und mitgenommen. Er hatte deutlich abgenommen und man musste ihn nicht besonders gut kennen, um zu sehen, dass es ihm nicht gut ging. Das würde sie schleunigst ändern müssen, das stand fest.
Joanna kam ihm die letzten Schritte entgegen und erwiderte die Umarmung voller Liebe, ehe sie auch seinen Kuss bereitwillig entgegen nahm.
"Oh, mein Liebster, du hast mir so gefehlt. Ich bin so dankbar, dich unverletzt hier zu haben." Sie legte die Hände an seine Wangen.
"Es tut mir so leid, mein Herz. Ich weiß, wie schlimm das nun alles für dich ist. Aber gemeinsam schaffen wir es, das haben wir noch immer getan."

William zog Joanna an sich als sie ihm entgegen kam und drückte sie an sich. Am liebsten hätte er sie nie wieder hergegeben, so sehr hatte sie ihm gefehlt. "Und du mir, mein Herz. Ich bin froh, dich zu sehne." erwiderte er leise und erwiderte Joannas Blick. William legte eine Hand auf die ihre an seiner Wange. "Es war fürchterlich." murmelte er leise. "Ich hätte mir so gewünscht, dass er es schafft, aber nach Johns Verrat hatte er einfach aufgegeben." berichtete William mit heiserer Stimme und zog Joanna enger an sich. "Ich weiß nicht, was ich ohne ihn anfangen soll, Joanna." gestand er und strich sanft über ihren Rücken. Es tat gut, wenigstens Joanna wieder in den Armen halten zu können. Allein ihre Anwesenheit spendete William ein wenig Trost und er redete sich ein, dass nicht alles verloren war, solange Joanna noch bei ihm war. Aber trotzdem schmerzte es noch immer so sehr, wenn er an Henry dachte.

"Ich weiß, ich kann es mir vorstellen. John ist ein Aas....wiekonnte er nur seinen Vater verraten? Richard hat wenigstens mit offenen Karten gespielt. Nun, Henry hatte nicht mehr viel, das ihn hier hielt. Richard und John gegen ihn...und weißt du, eigentlich wollte er doch schon seit Janes Tod nicht mehr so wie vorher. Ich bin für sie Beide froh, dass sie nun wieder vereint sind. Und ich muss diesen Gedanken haben, sonst falle ich auch der Trauer anheim. So oft ich mich über ihn geärgert habe, er gehörte in unser Leben, in unsere Familie...Wir werden sein Andenken immer in Ehren halten. Du wirst dein Leben leben und es genießen. Das hätte Henry so gewollt. Irgendwann kannst du mit Freuden die Erinnerungen wach rufen, nicht mehr nur mit Schmerz. Wir schaffen das, Liebster."
Sie strich über seine Arme.
"Komm, lass uns rein gehen. Es ist alles vorbereitet. Du siehst furchtbar aus, du musst unbedingt etwas essen, ein Bad nehmen und schlafen."

William schloss für einen Moment die Augen und biss die Zähne aufeinander, um sich zusammen zu nehmen, dann nickte er langsam. "Ja, er hat sich darauf gefreut sie wieder zu sehen." murmelte William leise. Er fuhr sich mit einer Hand über die müden Augen. "Er war wie mein Bruder, Joanna. Er hat meinem Leben immer einen Sinn gegeben und jetzt ist er tot, Richard wird in Kürze zum König gekrönt und ich ... stehe plötzlich mehr oder weniger vor dem Nichts." Vom engsten Vertrauten des Königs war er plötzlich zu einem Außenseiter geworden. Er gehörte nicht länger zu dem kleinen, wichtigen Kreis, bekleidete nicht mehr das wichtigste Amt unter des Königs Untergebenen, sondern war fort geschickt worden, zurück nach Hause, um dort die Hände in den Schoß zu legen und noch mehr Zeit für seine Trauer zu haben.
William brachte ein müdes Lächeln zu Stande. "Ich weiß. Ich fühle mich auch furchtbar." räumte er ein und bot Joanna den Arm an, um mit ihr nach drinnen zu gehen. Er hoffte inständig, dass man ihn zunächst nicht mit Fragen und Willkommenswünschen belagern würde, denn er wollte tatsächlich einfach nur seine Ruhe haben. Ein Bad klang verlockend, vielleicht etwas essen und in Joannas Gesellschaft fand er womöglich endlich auch wieder etwas Schlaf.

Joanna seufzte. "Das hat er. Und es sei ihnen vergönnt. Er hat niemals eine Frau geliebt wie sie." Sie legte die Hand in Williams Nacken. "Ich weiß. Ich weiß, wie schwer es dir erscheint und wie sehr sich alles ändert. Aber du wirst sehen, dein Rat wird wieder gefragt sein. Vielleicht jetzt noch nicht. Aber wenn Richard merkt, was für eine riesige Aufgabe er da vor sich hat, wird er deinen Rat einholen. Und falls nicht, tun wir einfach, was uns gefällt. Wir könnten zusammen ein bisschen von der Welt sehen, reisen. Du kannst dich um deine geliebten Pferde kümmern. Um deine Enkel....Wir alle sind dankbar für deine Aufmerksamkeit. Lass dich nicht unterkriegen. Wir haben immer noch uns und unser Zuhause, auch wenn es ein heftiger Einschnitt für dich ist."
Joanna küsste ihn erneut, nahm dann seinen Arm und ließ sich dann nach drinnen führen. "Sie werden dich in Ruhe lassen. Ich habe Anweisung gegeben."

William legte den Kopf ein wenig zur Seite und betrachtete Joanna. "Das ist wohl wahr. Ihm ging es mit Jane, so wie mir mit dir." Wenn er sich vorstellte, er würde Joanna verlieren ... William war sich nicht sicher, ob er dann wie Henry noch Jahre lang durch halten würde ohne sie.
"Tja, nur im Moment steht mir der Sinn auch gar nicht danach ihm einen Rat zu erteilen." entgegnete William. "Er hat seinen Vater gehetzt wie eine Hundemeute ein Reh und kaum, dass er die Nachricht erhalten hatte, hatte er nichts besseres zu tun als mich wie einen lahmen Gaul zu entlassen und nach Haue zu schicken." Vermutlich würde er das Richard irgendwann verzeihen können, aber im Moment wollte er nicht einmal daran denken.
Ein kleines Lächeln umspielte Williams Lippen. "Das klingt allerdings durchaus ganz angenehm." erwiderte er und atmete erleichtert durch. "Ich danke dir, du bist wirklich ein Engel." murmelte William und hauchte Joanna im Gehen einen Kuss auf die Wange.

"Ja...und ich könnte mein Leben auch kaum ertragen, sollte ich dich verlieren." Joanna liebte ihren Mann so sehr, ihr Herz würde brechen, könnte sie nicht mehr an seiner Seite sein. Die Jahre waren ruhiger geworden, trotzdem sorgte sie sich jedes Mal, wenn er Truro verließ. Sie war nicht wirklich böse darum, dass er nun keine halsbrecherischen Aufgaben für den König mehr erledigen musste.
"Nun, niemand zwingt dich dazu. Wenn du es nicht möchtest, tust du es nicht. Er hat sich nicht sonderlich weise verhalten. Ich schätze, er wollte die Herrschaft beginnen ohne durch dich ständig an seinen Vater erinnert zu werden. An die Schuld..."
Joanna erwiderte das Lächeln. "Na siehst du, es hat nicht alles nur schlechte Seiten.", munterte sie ihn auf und bugsierte ihn dann in ihre Gemächer, wo schon ein Badezuber auf ihn wartete.
"Und nun raus aus diesen Sachen..."

William nickte bedächtig. "Ja, vermutlich wollte er gleich von Anfang an klar machen, wer nun das Sagen hat, dennoch hätte er ruhig ein wenig taktvoller sein können." Aber im Grunde hätte es ihn nicht überraschen dürfen, so war Richard nun einmal. Gerne mit dem Kopf durch die Wand, wenn er sich einmal etwas überlegt hatte.
Als sie ihr Gemach erreicht hatten, ließ William kurz den Blick durch den Raum gleiten. Ein halbes Jahr war er fort gewesen und doch, wenn er hier herein kam, war es als wäre er nur einen Moment zur Tür hinaus gewesen. Er drehte sich zu Joanna herum, zog sie noch einmal in die Arme und küsste sie liebevoll. "Wie gut, dass ich dich noch habe." murmelte er leise, ehe er sie wieder frei gab und zunächst seinen Schwertgurt ablegte und sich dann an den Kleidern zu schaffen machte. Ein heißes Bad in aller Ruhe war wirklich verlockend.

Joanna konnte ihm nur zustimmen. "Natürlich wollte er das, er ist jung und ungestüm. Erinnere dich daran, wie unsere jungen Hengste ihre Position sichern. Sie verweisen die alten in die Schranken. Aber sicherlich hätte er ein bisschen höflicher sein können. Etikette war noch nie seine Stärke."
Sie erwiderte den Kuss und die Umarmung, schmiegte das Gesicht an seine Brust. "So lange wir uns haben kann uns niemand etwas anhaben, Liebster. Zusammen sind wir so stark. Wir werden auch diese schwere Zeit überstehen, sorge dich nicht."
Sie löste sich von ihm, damit er seine Kleider ablegen konnte und leistete ihm dann Gesellschaft.
"Wie geht es den Kindern?"

William lachte trocken auf. "Ja, das tun sie. Und ich fühle heute mehr denn je mit unseren alten Hengsten. Es ist weiß Gott kein schönes Gefühl, wenn man so mir nichts dir nichts verdrängt wird." bemerkte er, ließ sich dann jedoch schlichtweg von dem Gefühl ablenken, Joanna wieder in den Armen halten zu können. Er strich über ihre wunderbar samtenen Haare und hauchte einen Kuss auf ihre Stirn als sie den Kopf an seine Brust legte. "Du hast mir so gefehlt ..."
Als er sich schließlich seiner Kleider erledigt hatte, stieg er in den Zuber mit dem dampfenden Wasser und ließ sich mit einem leisen Seufzen hinein sinken. "Ah ... noch eins der Dinge, die mir auf solch einem Feldzug immer fehlen." Er schloss einen Moment die Augen und legte den Kopf zurück, dann sah er wieder zu Joanna auf. "Gut würde ich sagen. Sie sind soweit alle unverletzt geblieben, der einzige aus der Familie, der etwas abbekommen hat, ist Charles. Er hat mir gleich in der ersten Schlacht das Leben gerettet indem er sich zwischen einen ziemlich feigen Angreifer und mich gestellt hat. Dafür musste er mit einer Verletzung am Bein bezahlen und so wie es aussieht, wird sein Knie bis zu einem gewissen Punkt steif bleiben." berichtete William und seufzte leise. "Aber immerhin ist er in einem Stück und ansonsten wohl auf mit zurück nach England gekommen. Alles andere wäre für Mary furchtbar gewesen." William fuhr sich durch die dunklen Locken und runzelte leicht die Stirn. "Robert ist vorerst bei Richard geblieben, alle anderen sind wieder in England. Es war für uns alle Zeit wieder nach Hause zu kommen."

"Nein, wahrlich nicht. Aber vielleicht ist es irgnedwann einfach Zeit Platz zu machen und der jungen Generation das Feld zu überlassen. Wir haben unseren Teil zu dieser Welt beigetragen, sollen sie doch versuchen es besser zu machen. Immerhin habe ich dich jetzt wieder bei mir, du hast mir nämlich auch sehr gefehlt. Du wärst sicher noch nicht hier, hätte er dich nicht fort geschickt."
Joanna setzte sich auf den Schemel neben dem Badezuber. "Wenn du soweit bist, wasche ich dir die Haare..."
Sie verzog leicht das Gesicht. "Armer Charles, damit wird er sicher noch etwas zu kämpfen haben. Aber ich bin ihm so dankbar für dein Leben. Und gut für Mary, dass er nicht schwerer verletzt wurde. Ich hatte wirklich die Befürchtung, dass ihr alle nicht so munter heim kommt. Philippe ist mit dir gekommen? Ich hatte nicht auf ihn geachtet. Amélie vermisst ihn schmerzlich hier...Robert wird hoffentlich auch bald Josie und die Kinder wieder her bringen. Sie fehlen mir. Aber er muss vermutlich gerade jetzt an Richards Seite sein."

"Da hast du allerdings Recht. Ich wäre dann noch immer dort, um alles für die Krönung vorzubereiten." gab William zu. Denn bei allem Groll hätte sein Pflichtgefühl ihn trotzdem dazu getrieben und er wäre unter keinen Umständen abgereist.
Er warf Joanna einen Blick zu und grinste leicht. "Ah, was für ein Luxus." murmelte William und tauchte einmal im Wasser unter, so dass auch seine Haare nass wurde. "Ob ich nach dem Bad auch eine Rasur von dir bekomme? Ich hab's vermutlich mehr als nötig." Dass sein Knappe seinen Bart ordentlich gestutzt hatte, war immerhin auch schon wieder so einige Tage her.
William nickte entschieden. "Ja, glaub mir, ich ihm auch. Aber wer weiß, vielleicht entpuppt sich diese Verletzung für ihn und Mary auf gewisse Weise auch als segensreich. So wird er jedenfalls nicht mehr zum Kriegsdienst gefordert." sinnierte William. Kurz verzogen sich seine Lippen zu einem Grinsen. "Oh ja, das ist er. Allerdings hättest du ihm im Hof auch vergeblich gesucht, er hat sich verabschiedet kaum dass das Gestüt in Sicht war. So sehr wie Amélie ihn vermisst hat, so schlimm stand es um ihn zweifelsohne auch. Er ist es ja kaum noch gewohnt hier aus Truro rauszukommen, er war erleichtert wieder her kommen zu können. Und Robert wird nach der Krönung mit seiner Familie zurück kommen, denke ich. Wie lange Richard ihm dann Zeit zum durchatmen lässt, weiß allerdings niemand. Es würde mich nicht wundern, wenn er Robert rasch wieder an seinem Hof haben will."

Joanna lächelte. "Siehst du...und deshalb bin ich froh, so habe ich dich endlich wieder." Als er seine Haare ausreichend gewässert hatte,, griff sie nach der Seife und begann ihm geduldig die Haare zu waschen. "Oh, sicher...Das tue ich gern."
Und wenn sie ihn ein bisschen verwöhnte, würde er auch nicht ganz so viel über Henry nachdenken. Das war gar nicht so verkehrt.
"Er wird nicht mehr gefordert, das ist wahr. Aber ich hoffe nicht, dass wir so rasch wieder in einen Krieg verwickelt werden. Es ist gerade gut, dass ihr Männer einfach einmal wieder nach Hause kommt. Ihr wart lange weg, kein Wunder, dass Philippe es kaum erwarten kann. Und Robert....nun wir werden sehen. Aber eins steht fest, es ist nicht schlecht, wenn Robert eine gute Beziehung wahrt. So wird Richard uns niemals Schwierigkeiten machen, wenn seine Frau und einer seiner engeren Vertrauten unsere Kinder sind."

William schloss die Augen während Joanna seinen Haaren mit der Seife zu Leibe rückte. "Hm, da würde ich nicht zu sehr hoffen." murmelte er und schlug die Augen wieder auf. "Denk dran, Richard hat gelobt das Kreuz zu nehmen und er wird sicher nicht alleine nach Jerusalem ziehen. Dafür wird er erneut ein ganzes Herr aufstellen." Der nächste Krieg würde also nicht lange auf sich warten lassen und dieses Mal würde er obendrein noch weit weg stattfinden. William wusste aber schon ganz genau, dass er an diesem Unsinn nicht teilnehmen würde, selbst wenn Richard ihn auf Knien darum anbetteln würde.
William nickte langsam. "Ja, Robert handelt durchaus richtig, wenn man bedenkt, dass er immerhin seine Zukunft und die seiner Familie damit sichert." Eines Tages würde Robert immerhin Earl of Cornwall werden und als solcher war es nur gut, dem König nahe zu stehen.

"Ja, ich weiß. Aber der Krieg findet ja zumindest nicht in unmittelbarer Nähe statt. Und ich hoffe nicht, dass einer unserer Söhne oder Schwiegersöhne so dumm ist sich diesem Kreuzzug anzuschließen. Richard braucht sicher auch Leute hier."
Joanna wollte einfach mit dieser ganzen Politik nichts mehr zu tun haben. Es war genug. Sie wollte noch ein paar ruhige Jahre mit ihrem Mann verbringen.
"Das ist wahr. Je enger er an den König gebunden ist, desto besser für ihn und seine Familie. Nun, wir werden sehen..."
Sie lächelte leicht. "Komm, spül dir die Seife aus und dann lass uns gleich etwas essen."

Jonathan

Jonathan saß auf der kleinen Mauer, die den Kreuzgang des Klosters von dem innen liegenden Garten trennte und starrte auf das frische Grün. Er hatte sich mit dem Rücken an einen der großen gemauerten Bögen gelehnt, ein Knie angewinkelt und den gesunden Arm darum geschlungen. So saß er hier schon bald eine Stunde und hing einfach seinen Gedanken nach.
Nach der Beisetzung seines Großvaters waren sie zunächst in Fontevrault geblieben. Sein Vater würde Anfang September in Winchester zum neuen König von England gekrönt werden und Jonathan graute ein klein wenig davor. Sicher, er war stolz auf seinen Vater und freute sich für ihn, aber er sah dieser Veränderung eher düster entgegen was seine eigene Person anging. Sie würden nicht mehr nur in Bordeaux, Poitiers oder anderen Orten in Aquitanien sein, sie würden durch das ganze Reich reisen, viel im Mittelpunkt stehen ... und das bedeutete, dass noch mehr Augen auf ihm ruhen würde, noch mehr Leute die Stirn über ihn runzeln würden. Wie konnte der Sohn des Königs nur so sein? Wie konnte ein Prinz so voller Makel sein? Jonathan konnte es förmlich hören, wie sie über ihn herzogen und bei dem Gedanken wünschte er sich nur noch, er könne hier einfach in Fontevrault zurück bleiben.