William und Joanna - 1192

Leopold von Österreich

Leopold konnte sehen, wie viel es den Engländer kostete sich zurückzunehmen und höflich zu sein. "Nun, ich war neugierig, was Ihr zu sagen habt." Er hob die Augenbrauen. "Eine Bitte? So, so..." Er lauschte aufmerksam und eigentlich passte ihm das alles gar nicht in den Kram. Er wollte diese Geisel nicht gehen lassen. Sicher, vielleicht käme das Geld etwas schneller beisammen, aber zunächst würde es ohnehin nur Heinrich bekommen.
"Und was sollte mir das nutzen? Ich gebe einen Trumpf aus der Hand. Ihr seid sicherlich Eurer Familie auch Einiges wert. Und ich soll Euch einfach laufen lassen? Womöglich führt Ihr noch Truppen gegen mich. Nein, nein, das könnt Ihr nicht verlangen."
Da fand er nicht klug.

Edward hatte gewusst, dass es nicht so einfach werden würde, also schreckte ihn Leopolds Ablehnung zunächst nicht. Er musste nur weiter klug vorgehen und an Leopolds Ehrgefühl appellieren. Edward nickte leicht. "Sicher, ich bin meiner Familie einiges wert, aber meine Freiheit wäre mir selbst womöglich noch mehr wert. Ich wäre bereit eine Urkunde zu unterzeichnen, die Euch eine entsprechende Summe zuspricht und ich werde Euch das Gold eigenhändig bringen. Gold von dem niemand außer Euch und mir etwas erfahren muss, wenn Ihr mich jetzt gehen lasst und nicht zusammen mit Richard an Heinrich übergebt." erklärte Edward ernst. "Außerdem wäre ich bereit einen Eid zu leisten keine Waffen gegen Euch zu führen. Es gibt wirklich nichts, das mir ferner läge als gegen Euch ins Feld zu ziehen."

Leopold von Österreich

Leopold geriet ins Grübeln. Edwards Vorschläge waren gar nicht schlecht. Vielleicht würde ein größeres Stück vom Kuchen für ihn bleiben, wenn er das so abwickelte. heinrichmusste davon in der Tat nicht wissen und er konnte es ihm einfach als Maßnahme zur Beschleunigung verkaufen, wenn er es doch herausbekam. Das war klug...
"Nun gut. Euer Vorschlag ist nicht ohne Reiz...Ihr werdet diese Urkunde unterzeichnen, aber die Summe wird stattlich sein müssen. Und Ihr werdet Euch verpflichten zu niemandem von dieser Vereinbarung zu sprechen. Den Eid werdet Ihr leisten, aber kann ich sicher sein, dass Ihr ihn auch haltet? Ich weiß nicht, wie weit Euch zu trauen ist."

Edward breitete ergeben die Hände aus. "Ihr bestimmt die Summe und ich werde sie beschaffen. Und selbstverständlich wird niemand davon erfahren." Edward sah Leopold fest in die Augen. "Ich werde den Eid leisten und ihn halten. Ich habe kein Interesse daran mein Seelenheil zu verspielen, um Truppen gegen Euch zu führen mit denen ich vermutlich nicht einmal bis hier her kommen würde, da Philippe von Frankreich mich vorher aufreiben würde. Glaubt mir, ich werde mich schon aus purem Eigennutz daran halten." Ganz zu schweigen davon, dass Edward solche Dinge wirklich ernst nahm. Er war ein Sturkopf, ein Taugenichts und oft genug schoss er über das Ziel hinaus - in so ziemlich jeglicher Hinsicht - aber Rittertum und Ehre waren für ihn nicht nur bloße Floskeln.

Leopold von Österreich

"Nun gut. Dann haben wir eine Vereinbarung. Solltet Ihr Euren Eid brechen, werde ich Euch finden und zur Rechenschaft ziehen. Aber fürs Erste will ich an Eure Ehre glauben. Ihr habt allerdings Recht, Ihr kämt nicht allzu weit."
Das hatte nun eine wirklich unerwartete Wendung genommen, aber für ihn eine wirklich gute. Damit konnte er zufrieden sein. Heinrich würde davon nie erfahren, er würde viel Gold einheimsen und zusätzlich noch am Lösegeld des Königs beteiligt werden.
"Nun, Ihr werdet die Nacht noch bei Eurem König verbringen, aber plant keine Dummheiten. Bis morgen früh haben meine Gelehrten einen Vertrag aufgesetzt."

Edward verneigte sich vor dem Herzog. "Ich danke Euch vielmals. Ich versichere Euch, Ihr werdet es nicht bereuen." erklärte Edward entschlossen bevor er von den Wachen wieder zurück zu Richard gebracht wurde. Mit einem schweren Seufzen ließ Edward sich dort auf den Schemel fallen und fuhr sich kurz mit den Händen über das Gesicht. "Es hat geklappt, Richard." erklärte er dann ein wenig erschöpft. "Ich glaube zwar, dass ich mein zukünftiges Dasein als Bettelritter werde fristen müssen, aber morgen früh lässt Leopold mich als Boten zurück nach England reiten. Oder dorthin wohin auch immer ich muss, um Beatrice und deine Mutter aufzusuchen." Edward war unendlich erleichtert, dass es gelungen war den Österreicher zu überzeugen. So würde es kein Fremder sein, der die Nachricht von Richards Gefangennahme nach Hause brachte.

Richard sprang auf, als Edward endlich zurück gebracht wurde. Er musterte ihn ungeduldig, als Edward sich auf den Schemel fallen ließ und atmete schließlich erleichtert auf.
"Tatsächlich? Oh, Ed...Es schmerzt mich, dass du gehen musst, aber es macht die Dinge einfacher. Bring es Bea schonend bei, schreib dem Papst und versuch die Dinge zu beschleunigen."
Das nahm immerhin schon einmal eine Sorge von seinen Schultern.
"Und eil dich ein bisschen, ja? Ich möchte hier ungern versauern." Er war froh, endlich einen Fortschritt greifbar machen zu können.
"Sag ihr, dass ich sie liebe."

Edward lächelte kläglich. "Ich würde auch lieber hier bleiben, aber es muss sein, nicht wahr? Es ist die beste Lösung, wenn wir nicht wollen, dass ein Bote von Leopold nach England kommt und wenn es schnell gehen soll." Er nickte entschlossen. "Ich werde alles tun, was nötig ist, um dich hier möglichst rasch wieder heraus zu bekommen. Und ich werde es Beatrice schonend beibringen." Zwar hatte er seiner Halbschwester nie so nahegestanden wie sie und Robert es zum Beispiel taten, aber Edward hoffte, dass er dennoch der bessere Überbringer einer solchen Nachricht war, dass sie zumindest soweit ein Vertrauensverhältnis hatten, dass sie dieses schwierige Gespräch führen konnten und er ihr ein wenig Trost würde spenden können. Edward wusste, dass Beatrice nach außen hin nie jemanden merken lassen würde, wie es in ihr aussah, aber in vertraulicher Zweisamkeit konnte sie ihre Gefühle vielleicht zumindest kurz heraus lassen.

Beatrice war völlig außer sich vor Aufregung, als ein Reiter in den Hof ritt. Man hatte ihr gesagt, es handele sich um Edward und so eilte sie wie ein junges Mädchen die Treppen hinab. Vergessen war für einen Moment die Würde der Königin. Wenn Edward da war, war er bestimmt als Bote für Richard vor geschickt worden. Das bedeutete, ihr Mann würde bald heimkehren!
Er war kaum vom Pferd abgestiegen, als Beatrice ihm um den Hals fiel. Sie hatte schließlich auch ihren kleinen Bruder Jahre nicht gesehen...
"Edward! Oh Gott, Edward, wie gut es tut dich heil zu sehen..." Sie strahlte ihn an. "Wann kommt Richard heim? Er folgt dir doch, nicht wahr? Du bist sein Bote?"

Edward war vollkommen am Ende. Er hatte die Reise nach Bordeaux so schnell wie möglich hinter sich gebracht, hatte sich und sein Pferd immer wieder bis an den Rand der Erschöpfung getrieben, damit er möglichst schnell bei Beatrice ankam.
Als er nun im Burghof von Bordeaux sein Pferd zügelte und aus dem Sattel glitt, glaubte er kurz seine Beine würden einfach nachgeben, doch noch bevor er darüber nachdenken konnte, wie albern das wäre, wurde er schon von Beatrice in eine stürmische Umarmung gezogen.
Trotz aller Erschöpfung brachte Edward ein Lächeln zu Stande. "Bea ..." Edward schöpfte Atem. "Bea, ich ... ich bin sein Bote, aber es gibt da ... ein paar Schwierigkeiten." Edwards Blick huschte über den Burghof, doch noch waren sie alleine. "Wir sind in der Adria in einen heftigen Sturm geraten und mussten dann mit kleinstem Gefolge über die Alpen und ... Leopold von Österreich hat uns vor Wien gefangen genommen." berichtete Edward und senkte den Blick. Kurz biss er die Zähne aufeinander. "Er hat mich unter diversen Bedingungen als Boten gehen lassen."

Beatrice wurde blass, als Edward so herumdruckste und dann doch mit der Wahrheit herausrückte. "Was? Aber wie..." Sie brach ab und schüttelte den Kopf, musterte ihren Bruder eindringlich. Edward wirkte reichlich abgerissen und ziemlich erschöpft. Es nutzte niemandem etwas, wenn er hier draußen zusammen brach.
"Komm erst mal mit hinein und stärke dich, ehe du mir umfällst. Und dann erklärst du mir alles in Ruhe." Sie hatte gelernt ihre Ängste und Gefühle hinten an zu stellen und Dinge rational zu bewerten.
Sobald der Stallbursche das Pferd in die Stallungen brachte, führte sie ihren Bruder hinein und gab einem Diener Anweisung Gemächer für ihn herrichten zu lassen und etwas zu essen in ihre eigenen zu bringen.
"Setz dich ans Feuer und iss etwas. Und dann erzählst du mir alles..."

Edward war erleichtert als Beatrice ihn erst einmal herein führte, so würde er in Ruhe erzählen können. Der Weg zu Beatrices Gemach kam ihm schon unendlich lang vor und erleichtert ließ Edward sich in einen der Sessel vor dem Kamin fallen. "Großer Gott, ich dachte zwischendurch wirklich, ich schaff es nicht." murmelte Edward und lehnte sich zurück, um einen kurzen Moment wenigstens die Augen zu schließen. Doch dann zwang er sich sie wieder zu öffnen, andernfalls wäre er wohl umgehend eingeschlafen.
Edward sah zu Beatrice und seufzte leise. "Es tut mir so Leid, Bea. Ich ... ich weiß nicht, ich hätte vielleicht aufmerksamer sein müssen, dann wäre all das nicht geschehen." bemerkte er bedrückt. "Wir wollten nach Bayern zu Mathilda und ihrem Mann. Richards Schwager hätte uns sicher mühelos zurück nach Hause geholfen, aber vor Wien hat man uns in einem Gasthaus aufgegriffen. Es waren die Männer Leopolds von Österreich. Er ... er hegt einen gewissen Groll gegen Richard wegen eines unsinnigen Streites, den sie vor Akkon gehabt hatten. Aber viel wichtiger war, dass Kaiser Heinrich und Philippe Auguste sich offenbar in den Kopf gesetzt hatten, Richard gefangen zu nehmen und Leopold hat dem Wunsch seines Lehnsherren natürlich nur zu gern befolgt. Nun sitzt Richard mit der handvoll Männer, die uns begleitet hat irgendwo in der Umgebung von Wien auf einer Burg fest und Leopold führt Verhandlungen mit dem Kaiser damit sie eine Lösegeldsumme festlegen."

Beatrice nickte langsam. "So siehst du auch aus...und dieses Wetter war sicherlich nicht förderlich." Sie ließ ihm einen Moment der Ruhe, bis er von selbst zu erzählen begann. "Was geschehen ist, ist geschehen. Es nutzt gar nichts sich Vorwürfe zu machen. Euer Plan war gut, leider kam Leopold euch zuvor....Dieser elende Bastard....und ich habe Richard gleich gesagt, dass seine Freundschaft zu Philippe Auguste mich beunruhigt, er wollte mir ja nicht glauben!"
Sie vergrub das Gesicht in den Händen. "Herrje, was sollen wir nur tun...sie werden ein stattliches Lösegeld fordern und ich bin nicht sicher, ob wir das aufbringen können. Wie geht es nun weiter? Müssen wir warten, bis sie eine Summe festsetzen? Können wir irgendetwas tun um die Sache zu beschleunigen? Oh mein armer Richard...."
Sie hatte sich so auf seine Rückkehr gefreut, nun rückte sie in weite Ferne. "Wie geht es ihm?"

Edward zuckte mit den Schultern. "Nicht unbedingt. Aber es ging nicht anders, ich wollte keine Zeit verschwenden." erwiderte er, dann seufzte er leise. "Ich weiß, dass es nichts nützt, aber trotzdem ..." Es kam ihm falsch vor, dass er nun auch noch hier am warmen gemütlichen Feuer saß.
Edward schluckte leicht, beugte sich vor und legte eine Hand auf Beatrices Oberarm. "Wir werden es aufbringen, egal, was sie fordern. Wir müssen Eleonore informieren, sie muss wissen, wie es um ihren Sohn steht und sie muss all diejenigen informieren, die es umgehend erfahren müssen - und vor allem, die uns helfen können. Wir werden sicher einiges tun müssen, um das Lösegeld zusammen zu tragen, aber es wird schon irgendwie gehen. Und deshalb sollten wir auch umgehend überlegen, wen wir alles informieren müssen. Je eher wir tätig werden, desto besser." Edward fuhr sich mit der freien Hand kurz über die Augen. "Ich kann morgen nach England aufbrechen, dann sind die Nachrichten auch in Kürze dort." bot er an, wenngleich er sich im Moment fühlte als müsse er erst einmal drei Tage durchschlafen.
"Den Umständen entsprechend gut. Er ist sehr gefasst, macht sich mehr Sorgen um dich und wie du es aufnimmst als um sich selbst. Er hat bei Leopold keinen übermäßigen Komfort, aber es geht ihm nicht schlecht. Du musst dir keine Sorgen machen, zumal Leopold und Kaiser Heinrich ein großes Interesse daran haben, dass Richard lebend und heil wieder hier ankommt, damit sie ihr Gold bekommen. Ihm wird nichts geschehen."

Beatrice nickte. "Mach dir keine Vorwürfe. Ohne dich würde ich immer noch auf meinen Mann warten und irgendwann einen hämischen Österreicher hier haben."
Sie erwiderte seinen Blick und legte die Hand auf seine. "Ich bin dankbar für deine Zuversicht. Du hast Recht. Eleonore muss Bescheid wissen. Vater ist hier, Ed. Er hat viele Kontakte, er wird helfen können, auch wenn es ihm schwer fällt. Und letztendlich werden wir ohnehin warten müssen, bis sie sich auf eine Summe festlegen. Ruh dich aus und dann brich auf. Auf einen Tag wird es nun nicht ankommen...Ich will nicht, dass du dich zu sehr erschöpfst."
Beatrice drückte leicht seine Hand.
"Mein armer Richard....ich mache mir aber Sorgen. Aber wenigstens muss er nicht im Verlies sitzen. Wenn du sagst, er wird halbwegs anständig behandelt."

Edward lächelte leicht. "Für irgendetwas muss es ja gut sein, dass ich ein unverbesserlicher Optimist bin. Im Zuversicht spenden bin ich ganz gut." erwiderte er augenzwinkernd, sah Beatrice dann ein wenig überrascht an. "Vater ist hier? Und Mutter auch?" fragte er und klang fast ein wenig aufgeregt. Er hatte seine Eltern so lange nicht mehr gesehen, es würde gut tun sie in die Arme zu schließen und zu sehen, dass sie noch immer gesund und munter waren.
Edward machte eine beiläufige Geste. "Ach, ein bisschen Schlaf und dann geht es schon wieder." erwiderte er lässig und erwiderte dann sachte den Druck von Beatrices Hand. "Naja, das bleibt wohl auch nicht aus, wenn man sich liebt, hm? Aber du musst zumindest keine Angst um ihn haben, auch wenn die Situation schwer ist, er ist immerhin wohlauf." Und das war erst einmal das allerwichtigste.

Beatrice erwiderte sein Lächeln. "Da hast du sicher Recht. Du bist ein Optimist und das tut gut. Du warst schon immer so, schon als Kind hast du immer das Positive gesehen."
Sie nickte zustimmend. "Ja, sie sind Beide hier. Sie waren in Fontevrault und sind dann hierher gekommen. Sie sind schon eine Weile hier, sie wollten eigentlich auf Richard warten. Aber sie werden überglücklich sein dich wiederzusehen, Ed."
Sie hatten ihren Sohn lange genug nicht gesehen.
"Ja, so ist es. Ich werde mir immer Sorgen machen, aber wenigstens muss ich mich nicht ängstigen, dass er allzu schlecht behandelt wird."

Edward grinste schelmisch. "Irgendeinen Vorzug muss Gott mir ja mitgegeben haben, nicht wahr? Robert und du haben die Tugendhaftigkeit bekommen, davon war für mich erst einmal nichts mehr übrig." scherzte Edward und seufzte dann zufrieden. "Gut. Ich freue mich darauf sie wieder zu sehen. Ich denke, ich werde gleich einmal nach ihnen sehen. Und dann" Edward gähnte herzhaft. "Werde ich in mein Bett fallen. Es wird ein Segen sein einmal wieder in einem warmen Gemach in einem weichen Bett zu schlafen." In den letzten Wochen hatte er für seinen Geschmack viel zu oft auf dem aufgeweichten oder hartgefrorenen Boden schlafen müssen.
Und morgen würde er ein Bad nehmen. Heute war er zu erschöpft dafür, er würde in dem wohltuenden Wasser vermutlich einfach einschlafen und es wäre mehr als unrühmlich, wenn er beim Baden ertrank.

Joanna hatte es nicht abwarten können. Kaum hatte man ihr gesagt, dass Edward hier war, hatte sie sich auf den Weg gemacht und sich in seine Gemächer begeben. Sie klopfte und schlüpfte dann hinein. Ehe Edward reagieren konnte, der in leichter Hose und Hemd vor dem Kamin stand, fiel sie ihm mit Tränen in den Augen um den Hals.
"Oh, mein Junge, wie schön dich zu sehen....ich bin so froh, dass du wieder da bist, du hast mir so gefehlt..."
Sie hatte wirklich große Sorgen um ihren Sohn ausgestanden. Es hatte ihr ein bisschen Trost gespendet, dass Gabriel in Truro war, aber sie hatte trotzdem Angst um ihren Sohn gehabt.
"Geht es dir gut?"

Edward hatte noch kurz mit Beatrice zusammen gesessen, dann hatte er sich verabschiedet und hatte sein Gemach aufgesucht, um wenigstens die von der Reise verschmutzten und zerschlissenen Kleider gegen saubere zu tauschen. Er war noch nicht allzu weit damit gekommen als es an der Tür klopfte und seine Mutter herein schlüpfte. Edward bleib gerade genug Zeit sich zu ihr umzudrehen, da fiel sie ihm schon um den Hals und er schloss sie mit einem leisen Lachen in die Arme, von dem er hoffte, dass es seine eigene Rührung überspielte.
"Mutter ..." Er drückte sie vorsichtig an sich und schloss einen Moment die Augen, genoss es diese vertraute Nähe zu spüren ... sich ein wieder ein wenig heimisch zu fühlen.
Edward löste sich ein wenig von seiner Mutter, um sie anzusehen und lächelte schief. "Naja, ich könnte eine Woche lang schlafen, aber ansonsten bin ich wohl auf." erklärte er. "Und du? Wie geht es dir und Vater?

Joanna genoss das Gefühl ihren Sohn endlich wieder in den Armen zu halten. Edward war ihr erstes leibliches Kind und auch deswegen hing sie ganz besonders an ihm. Sie hatte sich sehr um ihn gesorgt und jetzt stand er endlich unversehrt hier, nach all den Jahren.
Und sie konnte spüren, dass Edward das Wiedersehen genauso viel bedeutete wie ihr. Joanna lächelte ihn an und legte die Hand an seine Wange.
"Nun, hier kannst du dich ja erst einmal ein klein wenig ausruhen. Das ist nichts, was sich nicht beheben ließe. Ich bin froh, dass dir sonst nichts fehlt. Uns geht es gut. Dein Vater war ein bisschen schwermütig, aber er hat sich endlich entschieden, wie er weiterverfahren will und seitdem geht es ihm besser. Wir waren an Henrys Grab und nun sind wir hier. Umgeben von all dem Trubel blüht er ohnehin immer auf, du kennst ihn ja."

Edward erwiderte das Lächeln seiner Mutter, legte die raue, schwielige Hand auf ihre schmale an seiner Wange und musste schlucken. Als er aufgebrochen war ins Heilige Land war klar gewesen, dass sie sich lange Zeit nicht wieder sehen würden, ja, es war nicht einmal sicher gewesen, ob sie sich überhaupt je wiedersehen würden. Und der Umstand, dass Gott ihn gesund wieder hatte Heim kehren lassen und seine Eltern noch wohl auf waren, erfüllte Edward mit einem wirklich überwältigenden Gefühl der Dankbarkeit.
Dann seufzte er jedoch leise. "Naja, eine Woche werde ich wohl schwerlich schlafen können. Es gibt so furchtbar viel zu tun." räumte er ein, dann lächelte er wieder leicht. "Tatsächlich? Was hat er sich denn Neues in den Kopf gesetzt?" erkundigte Edward sich und nickte versonnen. Er konnte sich vorstellen, dass sein Vater besonders nach einem Besuch in Fontevrault all das Leben hier in Bordeaux erst recht genoss und vor allem auch brauchte.

Joanna schaute in seine Augen, die den ihren so exakt glichen und nickte dann. "Du hast Recht, es gibt viel zu tun. Aber wenigstens heute Nacht wirst du Ruhe haben und sicher schlafen können. Und dann schauen wir, wie wir weiter machen."
Sie lachte leise. "Eigentlich hat er sich nur mit seinem Schicksal abgefunden....Er wird Richard den Eid leisten, wenn er zurückkehrt. Und dann wird er Robert zu seinem Stellvertreter machen und ihm alle größeren Aufgaben überlassen, nur den Titel wird er noch behalten. Und ich glaube, das wird ihm gut tun. Er wird sich mehr auf die Familie konzentrieren und wir werden vielleicht die ein oder andere Reise machen. Ich bin jedenfalls sehr dankbar für diese Entscheidung."
Damit würden Williams Selbstzweifel aufhören und er würde mit Englands Zukunft versöhnt sein.

Edward musste lachen. "Ja, das stimmt. Wenigstens heute Nacht und glaub mir, ich freue mich wirklich sehr auf dieses Bett. Solch scheinbar einfachen Dinge lernt man nach solchen Zeiten wirklich sehr zu schätzen." Mit ein wenig Verblüffung lauschte Edward dann der Erklärung seiner Mutter. Sicher, letztlich war die Entscheidung seines Vaters die einzig vernünftige, aber Edward hätte es auch nicht gewundert, wenn er es vorgezogen hätte, Richard weiter störrisch die kalte Schulter zu zeigen. "Wirklich? Nun ... ich glaube, das wird ihm tatsächlich gut tun. Und Robert auch. Er würde es nie zugeben, aber ich glaube durchaus, dass es ihn ein wenig stört, dass ausgerechnet ich schon so lange meinen Titel habe und über meine Grafschaft verfüge und er, der heilige Robert, immer ein wenig hinten an stehen muss." bemerkte Edward nachdenklich. "Ich hoffe nur, Vater hat nicht schon allzu viele, drängende Pläne für seinen Ruhestand geschmiedet. So wie es derzeit steht, wird er Richard noch eine ganze Weile lang seinen Eid nicht leisten können." seufzte Edward dann.

"Das glaube ich dir sofort. Es war eine entbehrungsreiche Zeit für euch. Du wirst sicher überglücklich sein England wiederzusehen. Es ist so lange her..."
Joanna nickte. "Das glaube ich auch. Robert ist längst schon soweit. Und nun ist er eben inoffiziell Earl, nur auf den Titel muss er noch verzichten. Aber das stört ihn wohl nicht weiter. Ich denke, das ist die beste Entscheidung."
Sie seufzte tief. "Beatrice hat so etwas erwähnt. Erzähl mir genauer davon... Was glaubst du, wie lange es dauert? Wie es weitergeht? Dein Vater wird sicherlich auch alle Kontakte spielen lassen und einen Beitrag leisten..."