William und Joanna - 1194

"Da hast du Recht. Wir sind schließlich beide nicht gerade stille Wasser, Ed." Hanna lächelte und nickte dann. "Ja, er schläft, aber nicht hier. Es mag dir seltsam vorkommen, aber er ist bei Matthew. Matthew nimmt ihn öfter einmal in seinem Körbchen mit in die Schmiede. Dort ist es warm und irgendwie scheint er bei den Arbeitsgeräuschen leichter einzuschlafen. Wenn er wach wird, bringt Matthew ihn her, es ist ja nicht weit."
Sie brachte ihren Gästen einen Becher Ale und setzte sich dann zu ihnen. "Ich bin froh, dass es ihm wieder besser geht. Er ist ein großer Mann, es wäre einfach zu früh gewesen. Uns geht es gut. Wir kommen gut zurecht. Matthews Lehrling hat beschlossen, jetzt als Geselle bei ihm in der Schmiede zu bleiben und die Beiden können sich vor Arbeit kaum retten. Es läuft alles wirklich gut. Vielleicht werden wir noch ein bisschen unser Häuschen erweitern im nächsten Frühjahr. Du siehst also, das Leben geht endlich ganz normale Wege."

Edward lachte leise. "Nein, das sind wir wirklich nicht." pflichtete ihr bei, zog dann überrascht die Augenbrauen in die Höhe und grinste im nächsten Moment. "Ich würde sagen, dann scheint ja schon jetzt klar zu sein in wessen Fußstapfen Owen treten wird, was?" bemerkte er heiter und nahm dankbar das Ale entgegen. Er trank einen großen Schluck und seufzte zufrieden. "Ah, ein hervorragendes Ale, Hanna!" verkündete Edward, lehnte sich etwas zurück und hörte Hannas Bericht aufmerksam zu. "Das klingt wirklich gut. Es freut mich, dass sich für euch alles so gut fügt." Bemerkte er und meinte es auch von Herzen so. Seit er Claire an seiner Seite hatte, fiel es ihm leicht Hanna ihr Glück zu gönnen.
Er schmunzelte leicht und musterte sie aufmerksam. "Gibt es denn schon einen weiteren Anlass, um euer Haus zu vergrößern?" fragte er mit schelmischem Grinsen.

Hanna stimmte in sein Lachen ein und hob die Schultern. "Das wäre durchaus möglich. Wenn er daran Interesse hat, würde Matthew sich sehr freuen. Ich würde allerdings sagen, es sieht schwer danach aus." Sie lächelte zufrieden. "Danke. Du hast vollkommen Recht. David hat es gebraut, er wohnt ein paar Häuser weiter. Er hat uns ein Fass geschenkt, weil Matthew seinen Wagen repariert hat. Die Achse war gebrochen. Man kann den Walisern nachsagen, was man will, aber Ale brauen können sie."
Hannas Augen leuchteten auf.
"Ich bin froh, dass du das inzwischen so sehen kannst. Das macht es viel einfacher. Hm, und möglicherweise gibt es Anlass, ganz sicher bin ich noch nicht. Wie steht es bei euch? Noch kein Nachwuchs in Sicht?"

Edward nickte leicht. "Verständlich. Väter freuen sich immer, wenn ihre Söhne in ihre Fußstapfen treten." Das konnte er mittlerweile aus eigener Erfahrung genau sagen. Für Gabriel hatte es natürlich außer Frage gestanden, etwas anderes zu tun, Oxford war immerhin sein Erbe, aber Edward ging es mit seinen jüngeren Söhnen kaum anders.
"Denkst du, er hat genügend Fässer übrig, um mir vielleicht ein oder zwei zu verkaufen?" Edward war durchaus daran gelegen seinen Keller nicht nur mit erlesenen Weinen zu füllen, er selbst liebte ein gutes Ale mindestens genauso sehr.
Edward lächelte und legte Claire einen Arm um die Taille. "Dieses Wunder hat allein die reizende Dame neben mir bewirkt." erklärte er. "Ah, ein heikles Thema, meine Liebe. Bisher ist keiner in Sicht und ich bin darüber ehrlich gesagt sehr froh, wir haben noch so viel Zeit für Kinder ... aber in diesem Punkt sind Claire und ich wohl ausnahmsweise nicht einer Meinung." Claire machte ihre bisherige Unfruchtbarkeit etwas Sorgen.

"So ist es. Ich könnte mir vorstellen, dass Owen hier glücklich wird. Edmund ist so verrückt nach Rittern und Pferden, er wird wohl eher in deine treten. Oh, bestimmt. Ich wette, David würde sich geehrt fühlen. Er wird ganz aus dem Häuschen sein, wenn ein Earl sein Ale kaufen möchte."
Hanna hob leicht die Augenbrauen.
"Ach, du hast ganz Recht. Ich würde mir keine Sorgen machen. Die Natur nimmt sich die Zeit, die sie braucht. Manchmal dauert es eben etwas länger, manchmal geht es schnell. Aber ich würde das Ganze nicht so pessimistisch sehen."
Sie legte den Kopf schief.
"Außerdem habt ihr so viel Trubel um euch herum, da ist es vielleicht erst einmal besser so,  hm?"

Edwards Blick huschte kurz zu seinem Sohn hinüber, der noch immer völlig in sein Spiel vertieft war. Das Geschenk schien also wirklich genau die richtige Wahl gewesen zu sein. "Nun, ich hätte nichts dagegen." räumte Edward grinsend ein. Zu gerne würde er Edmund eines Tages zu sich holen und ihm alles beibringen, was er wusste. Aber noch war der Junge zu klein und wer wusste, wie sein Weg tatsächlich noch verlaufen würde.
Edward nickte versonnen, zuckte aber zeitgleich auch mit den Schultern. "Nun, ich hoffe, mit dem Trubel ist es nun erst einmal etwas vorbei, jetzt da Richard wieder hier ist und der König seine Aufgaben wieder selbst wahrnimmt. Zudem waren wir lange am Hof, wir haben uns etwas Zeit und Ruhe in Oxford wohl auch verdient, schließlich muss ich in meiner Grafschaft ja doch noch nach dem Rechten sehen." Dennoch, Edward hätte nichts dagegen, wenn Claire frühestens im nächsten Jahr schwanger wurde, er hatte es nicht eilig und sie war noch so jung ... er genoss die Zeit mit ihr im Moment einfach in vollen Zügen.

Hanna schüttelte leicht den Kopf. "Ich auch nicht. Ich möchte, dass er tut, wobei er glücklich ist. Und wenn er gern Ritter werden möchte, soll er das tun. Wir werden ihm nicht im Weg stehen. Aber er hat noch eine ganze Menge Zeit."
Sie seufzte leise. "Ja, der König ist wieder da. Und ich hoffe, dass sich deine Hoffnung bewahrheitet und alles sich findet.  Aber ich bin sicher, du wirst zumindest in Ruhe nach Oxford sehen können. Das wird euch gut tun."
Sie hoffte, dass es Edward vergönnt sein würde, bevor er wieder Scherben für seinen König aufsammeln musste.
"Bleibt zum Essen, was meint ihr? Ich bin sicher, Juliana will auch auf jeden Fall gleich noch ihr Kleid präsentieren."

William war reichlich aufgeregt als er das Gemach betrat, versuchte aber sich zusammen zu nehmen, damit Joanna ihn nicht sofort durchschaute. Es tat gut endlich wieder so weit auf den Beinen zu sein, dass ihn nicht jeder in seiner Umgebung mit skeptischen Blicken musterte, wenn er einmal einen Schritt alleine tat.
Und da es ihm nun wieder so gut ging, hatte William sich etwas besonderes überlegt.
Er trat zu Joanna, die mit einem großen Buch am Fenster saß und strich ihr sanft über den Rücken. "Meine Liebe, wie wäre es, wenn du das Lesen auf heute Abend vertagst und mich stattdessen auf einen Ausritt begleitest? Das Wetter ist doch viel zu schön, um hier drinnen zu sitzen und wir haben ja einige Zeit an der frischen Luft nachzuholen."

Joanna hob den Blick von ihrer Lektüre, als William beschwingt das Zimmer betrat und sich zu ihr gesellte. Es wärmte ihr immer wieder das Herz ihn so munter zu sehen, denn sie hatte wirklich geglaubt, dass sie ihn verlieren würde. Immer noch war die Sorge nicht ganz vergangen, aber sie bemühte sich, die Schatten abzustreifen.
"Hm, dagegen hätte ich nichts einzuwenden.", erwiderte sie lächelnd. "Aber bist du sicher, dass du dich für einen Ausritt schon fit genug fühlst, Liebster? Das Wetter ist wirklich schön, du hast ganz recht. Ich will nur, dass du dich nicht überanstrengst."

William beugte sich zu Joanna und gab ihr einen liebevollen Kuss. "Ganz sicher. Und es wird auch ein gemütlicher Ausritt, einverstanden? Mit einer Pause zwischen drin. So kann ich mich gar nicht überanstrengen." erklärte er lächelnd. Er wusste, dass Joanna es nur gut mit ihm meinte und mittlerweile konnte er diese Fürsorge gelassen hinnehmen.
"Komm, lass die Bücher Bücher sein, die laufen dir schon nicht weg." erklärte William gelassen, nahm Joanna das Buch ab, um es zur Seite zu legen und bot ihr dann eine Hand an. "Mylady, wenn ich bitten dürfte ..."
Er freute sich wie ein kleines Kind auf diesen Ausritt - die Zeit mit Joanna zu genießen, erschien ihm nach seiner schweren Krankheit nur noch umso kostbarer. Und deshalb hatte er für ihre Pause auch ein bisschen was vorbereiten lassen, so dass sie es sich für eine Weile dort im Wald gemütlich machen konnten, fern ab von allem Trubel.

Joanna erwiderte den Kuss und ließ sich dann bereitwillig das Buch abnehmen. "Na gut, einverstanden. Dafür wirst du wieder gesund genug sein."
Sie nahm seine Hand und rutschte von der Fensterbank, auf der sie gesessen hatte. "Aber gern, Mylord." Sie ließ sich von ihm zufrieden hinaus in die Stallungen führen. Wenig später saßen sie im Sattel. Joanna hatte ihren Schimmel dabei.
"Es ist ein Wunder, dass wir wieder zusammen ausreiten können. Ich hätte es nicht zu hoffen gewagt. Aber uns kann niemand etwas anhaben, scheint mir."
Und Joanna genoss die warmen Sonnenstrahlen, die entspannte Stimmung. Nach all der angespannten Zeit war das eine wirkliche Wohltat.

William atmete tief durch als er im Sattel saß und schenkte Joanna ein Lächeln. "Tja, seit wir einander über den Weg gelaufen sind, erleben wir gemeinsam doch immer wieder Wunder, nicht wahr?" wandte William ein und ließ sein Pferd im Schritt antreten. "Aber für dieses hier bin ich Gott ganz besonders dankbar. So können wir unsere Reise letztlich wohl doch noch antreten, auch wenn es ein wenig dauert."
William sah Joanna an und konnte nicht anders als zu lächeln, denn dieser Anblick war einfach nach wie vor etwas, das ihm den Atem raubte. Wie sehr er diese Frau nach all den Jahren doch liebte ...
"Hier, lass uns diesen Weg nehmen." schlug er vor als sie den Wald erreicht hatten und an die erste kleine Weggabelung kamen.

Joanna lachte leise auf. "Das ist wahr. Ein Wunder nach dem Anderen, aber das ist gut so. So wird es auch niemals langweilig. Und ich hoffe doch sehr, dass wir diese Reise noch machen können, darüber werde ich mich wirklich sehr freuen. Wir haben ja hoffentlich noch ein bisschen Zeit, also eilt es nicht."
Sie beobachtete ihn wohlwollend. Wie gut es tat, ihn wieder so aufrecht auf dem Pferd zu sehen, zurückfindend zu alter Stärke.
Sie lächelte und nickte dann.
"Gut, lass uns da lang gehen. Ich vertraue mich wie immer deiner Führung an." Sie war schon glücklich über seine Nähe, einmal wieder ganz allein mit ihm.

"Wahrlich, ich könnte nicht behaupten, dass ich mich an deiner Seite jemals gelangweilt hätte, meine Schöne." stimmte William zu. Von ihrer ersten Begegnung an, hatten sie ein ständiges Auf und Ab zusammen erlebt und durchgestanden und jede Unwegsamkeit hatte sie stärker gemacht, jeder Glücksmoment sie mehr vereint.
William lachte auf. "Wie immer? Ich wage wirklich zu bezweifeln, dass du dich immer so klaglos meiner Führung anvertraut hast." bemerkte er amüsiert. "Aber in diesem Fall lohnt es sich, glaub mir." versicherte er und sah Joanna mit funkelnden Augen kann. "Komm, lass uns ein wenig schneller Reiten. Nur ein kurzes Stück. Ich will dieses Gefühl endlich wieder genießen können." Und dann würden sie auch schon fast an der Lichtung sein, wo William Decken und Kissen, sowie einige Köstlichkeiten zu Essen und zu Trinken hatte hinbringen lassen.

Joanna grinste flüchtig. "Nein, Langeweile gehört nun wirklich nicht zu unserer Ehe. Das hat sie noch nie..." Sie zwinkerte ihm zu und lächelte. "Da hast du natürlich Recht, klaglos jemandem zu folgen war noch nie meine Stärke. Wenn du allerdings so dafür wirbst, will ich mich dir anvertrauen."
Sie hob flüchtig eine Augenbraue. "Na gut, aber streng dich nicht zu viel an." Sie ließ ihr Pferd antraben, weil sie wusste, wie sehr es ihm behagte, endlich wieder frei zu sein.
Sie konnte sich vorstellen, dass es sich lohnen würde, denn William überließ nichts dem Zufall. Sie liebte diese Seite an ihm, also würde sie sich darauf einlassen.

William zwinkerte Joanna zu. "Ich werde mich zurück halten, versprochen." gelobte er und ließ sein Pferd ebenfalls in einen entspannten Trab übergehen. Ein seliges Lächeln breitete sich auf Williams Lippen aus als sie beide nun nebeneinander den Weg entlang trabten.
Er hatte schon vor einer kleinen Weile wieder angefangen zu reiten, allerdings hatte er sich dabei zunächst auf den Übungsplatz des Gestüts beschränkt und war höchstens die Weiden einmal im Schritt entlang geritten, wenn er den Platz verlassen hatte. Das hier war seit seiner Rückkehr nach Truro sein erster richtiger Ausritt und das Gefühl war einfach unbeschreiblich. William schluckte leicht als die Gefühle ihn beinahe überwältigten. Es war in der Tat ein Wunder, dass Joanna und er nun wieder so unbeschwert zusammen sein konnten.
Schließlich nahm er die Zügel wieder auf, ließ seinen treuen Gefährten in den Schritt übergehen und dann sogar anhalten als sie eine kleine Lichtung erreichten. William glitt aus dem Sattel und trat zu Joanna, die neben ihm anhielt. "Darf ich Euch aus dem Sattel helfen, Mylady?" fragte er lächelnd.

Joanna nickte. "Wunderbar, dann bekommen wir kein Problem." Sie wusste, dass William auf diesen Moment hingefiebert hatte wie ein kleines Kind und sie gönnte es ihm.
Als sie die Lichtung erreichten, sah sie sich neugierig um und lächelte zufrieden. "Du warst nicht untätig, wie es scheint.", stellte sie erfreut fest.
"Aber sicher, Mylord, nur zu gern." Joanna ließ sich bereitwillig helfen und ließ die Hände dann auf seiner Brust liegen.
"Was für ein schöner Moment...Ich liebe dich so sehr, William. Und ich genieße jede Sekunde, die ich in deiner Nähe verbringen kann."

William schmunzelte. "Ganz und gar nicht. Aber damit du dich nicht sorgen musst: ich habe es herbringen lassen." erklärte er amüsiert und half Joanna aus dem Sattel.
William legte die Arme um Joannas Taille und zog sie an sich als sie die Hände auf seine Brust legte. "Und ich dich, mein Herz." wisperte er sanft. "Und dass du das nach so vielen Jahren mit mir immer noch sagen kannst, bedeutet mir wirklich viel." fügte er hinzu und gab ihr einen langen Kuss.
"Ich dachte mir nach all dem Kummer, den du meinetwegen hattest, ist das hier wenigstens eine kleine Entschädigung, was denkst du?" Er strich Joanna zärtlich über die Wange. "Lass und die Pferde anbinden, so dass sie ein wenig fressen können und wir machen es uns gemütlich, hm?" schlug er dann vor.

"Hm, weise voraus gedacht, mein Liebster. Besser so, wenn du es hast herbringen lassen, sonst hätte ich dich vielleicht noch eigenhändig umgebracht." Joanna erwiderte seinen Kuss.
"Es wird nie anders sein, William. Ich werde nie anders darüber denken. Und das hier....ist nicht nur eine kleine Entschädigung, es ist wundervoll! Ich freue mich wirklich sehr darüber."
Sie gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange und nickte dann. "Eine gute Idee..." Sie folgte dem Vorschlag und band ihr Pferd an.
"Oh Will, es sieht so schön aus! Das ist wundervoll, du hast dir so viel Mühe gegeben. In dir steckt also dennoch ein Romantiker,  hm?"

"Ich schätze vor diesem Tod bin ich sicher, ohne mich hättest du es ja doch nicht ausgehalten. Aber ich hätte es mir mit dir ganz sicher nicht verscherzen wollen." bemerkte er vergnügt. "Das freut mich. Ich hatte gehofft, dass es dir gefällt."
Sie banden die Pferde an und nahmen ihnen die Sättel ab, dann gingen sie hinüber zu dem kleinen Lager aus Decken und Kissen. William schlang von hinten die Arme um Joanna und schaute über ihre Schulter hinweg auf die weichen Decken und den Korb, der mit Essen und Trinken gefüllt war. "Scheint wohl so. Ich vermute in all den Jahren hast du den Romantiker in mir langsam, aber sicher hervor gekitzelt und mir gezeigt, wie ich dir eine Freude bereiten kann." mutmaßte William heiter.

"Hm, zugegeben, da könntest du Recht haben. Aber nein, mit mir möchte es sich niemand verscherzen. Das wirst du aber wohl auch niemals."
Joanna lachte leise auf. "Wie könnte es mir denn nicht gefallen, Liebster? Es ist wunderschön und gemütlich und wir haben einfach Zeit genug."
Sie lehnte sich zurück, als er die Arme um sie schlang und genoss die innige Nähe. "Das habe ich. Und das gefällt mir ausgesprochen gut. Du bist wunderbar als Romantiker."
Joanna zog ihn mit sich auf das hübsch hergerichtete Plätzchen aus Decken. "Wundervoll....Es ist idyllisch hier."

"Alles dein Werk. Du hast all die guten Seiten an mir hervor gezaubert." wisperte William und hauchte einen Kuss auf Joannas Nacken, ehe diese sich von ihm löste und sich auf den Decken niederließ, nach seiner Hand griff und ihn zu sich hinab zog.
Willig ließ William sich neben seiner Frau auf die Decken sinken und legte dann die Arme um Joanna. "Fast wie damals als wir uns kennen gelernt haben." murmelte er versonnen und küsste Joanna zärtlich. "Man könnte beinahe meinen, die letzten 40 Jahre hätte es gar nicht gegeben." scherzte er leise und strich ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr. "Jedenfalls bin ich immer noch so über beide Ohren in dich verliebt wie ich es damals war als du mich fast über den Haufen gerannt hast."

"Hm und du hast mich Langmut gelehrt, Liebster. Ich bin so viel geduldiger und genügsamer als früher. Wir haben Beide viel gelernt."
Joanna lehnte sich an William, als er sich mit ihr nieder ließ. Es tat so gut hier in seinen Armen zu sitzen und die Ruhe zu genießen. Sie erwiderte seinen Kuss.
"Ja, wie damals....Es ist so viel Zeit vergangen, William. 40 Jahre, das ist ein kleines Wunder....Aber ja, sie sind vergangen wie im Flug. Und ich bin auch noch genauso vernarrt in dich. Das war ein ganz großer Moment damals, als wir uns im Gang begegnet sind. Wo wären wir heute wohl, hätte ich dich nicht umgerannt?"

"Genügsamer?" wiederholte William ungläubig. "Ich hoffe, ich habe dich nicht dazu gebracht auf irgendetwas zu verzichten, das du gerne wolltest! Genügsamer klingt nicht unbedingt erstrebenswert." wandte er halb amüsiert ein.
William atmete tief durch als Joanna sich an ihn lehnte. "Wie damals ..." wiederholte er leise. Dieser Moment hier im Wald mit Joanna in seinen Armen war so unendlich friedvoll, dass er schon wieder versöhnt war mit der Zeit, die er krank danieder gelegen hatte, so kurz vor dem Tod. Wenn Gott ihm nun wieder solche Momente mit seiner Liebsten gönnte, war William zufrieden. Und was gäbe er drum, wenn er eines fernen Tages in einem so friedfertigen Moment einfach einschlafen könnte? Ohne lange Krankheit, ohne Siechtum und traurige Abschiede ... einfach seine letzten Minuten auf Erden rundum glücklich verbringen.
William lächelte. "Oh ja, und was für ein großer Moment." stimmte er zu. "Tja, hättest du es nicht getan ... ich weiß es nicht. Unserer beider Leben wäre wohl ziemlich anders verlaufen. Was ich aber weiß, ist, dass wir ohne diese Begegnung nicht so viele glückliche Momente erlebt hätten, keine so wundervolle Schar an Kindern, Enkeln und Urenkeln bekommen hätten ... und dass ich niemals erfahren hätte, was wahre und bedingungslose Liebe ist." erklärte William sanft.

"Oh nein, keine Sorge. Aber es ist erstrebenswert. Ich habe gelernt, die Dinge im Leben zu nehmen, wie sie eben kommen und das Beste darauf zu machen. Das ist eine wertvolle Gabe, finde ich." Joanna seufzte zufrieden. Sie wollte, dass es niemals endete. So ruhig und friedlich würde sie gern den Rest ihres Lebens vollbringen.
"Ich glaube auch. Vermutlich wäre ich in einer langweiligen Ehe gefangen oder im Kloster. Beides würde mich nicht ansatzweise glücklich machen. Ich hätte auch nie erfahren, wie sich Liebe anfühlt. Ich dachte auch lange, ich wäre unfruchtbar, weil ich in den Jahren meiner ersten Ehe nie schwanger geworden bin. Und wenn ich jetzt unsere Familie ansehe, könnte ich darüber lachen. Es ist schon alles gut, wie es gekommen ist. Mit Höhen und Tiefen."