William und Joanna - 1194

Beatrice nickte. "Das ist er, er ähnelt dir sehr. Ich bin selbst immer wieder fasziniert wie sehr. Du kannst sehr stolz auf ihn sein. Es ist schade, dass er ein unehelicher Sohn ist, er wäre....sicherlich unter anderem Umständen formbar genug um dein Erbe zu sein. Aber es geht nicht."
Sie war ein wenig erleichtert, dass Guillaume so besonnen auf ihre Worte reagierte. "Nein, das kannst du nicht. Du brauchtest diese Zeit, sogar dein Vater hat das verstanden. Aber langsam musst du deine Geschäfte wieder aufnehmen. Und auch, wenn du es nicht hören willst, irgendwann wirst du auch wieder heiraten müssen. Doch ich denke, ich werde deinen Vater soweit bekommen, dass wir noch einige Zeit warten. Es muss ohnehin erst nach einer passenden Partie gesucht werden und ich werde es hinauszögern. Vorerst kümmere dich um dich selbst und deine kleine Familie. Emma deutete an, du habest ehrgeizige Pläne mit Gui?"

Guillaume

Guillaume spürte wie ihm ein kleiner Schauer über den Rücken lief als seine Mutter solche Worte für seinen Sohn fand. Er war stolz, ja. So sehr sogar, dass er Gott regelmäßig um Verzeihung bat für diese eitlen Gefühle.
Guillaume seufzte leise. "Beten wir alle zu Gott, dass ich irgendwann einen legitimen Erben haben werde, der ebenso würdig ist." Murmelte Guillaume.
Dann runzelte er die Stirn. "Das ist mir bewusst, aber ich schwöre dir, wenn Vater der Meinung ist, er müsse jetzt, kaum dass Berengaria beigesetzt ist, schon eine neue Braut suchen, dann wird er mich kennenlernen. Ich will von irgendwelchen Heiratsplänen in diesem Jahr nichts mehr hören. Mir ist klar, dass ich wieder heiraten muss, aber ein bisschen respektvoll sollte die Sache schon behandelt werden." Erklärte er entschieden.
Bei ihren nächsten Worten malte sich jedoch Überraschung auf Guillaumes Zügen ab. "So? Was ... hat sie denn angedeutet?" Fragte er langsam. Es gefiel ihm eigentlich nicht, dass seine Mutter offenbar schon mehr über seine Pläne wusste, denn das letzte was er wollte, War dass sein Vater womöglich schon jetzt Wind davon bekam, dass er Gui das Herzogtum überlassen wollte.

Beatrice seufzte ebenfalls. "Oh ja, darauf hoffe ich sehr, damit unser Vermächtnis erhalten bleibt. Du brauchst einen Erben."
Sie konnte Guillaume ja gut verstehen, dass ihm das alles ein wenig zu schnell ging, aber Richard dachte eben schon weiter. Sehr viel weiter... Darin musste sie ihn ein bisschen bremsen.
"Nein, so rasch wird es nicht mehr gehen. Dein Vater wird warten, dafür sorge ich. Du hast ja Recht, wir sollten nichts überstürzen und respektvoll mit der Sache umgehen. Aber ich bin froh, dass du dir deiner Pflicht bewusst bist und nicht trotzig einfach ablehnst. Manchmal....verleiten die Umstände einen dazu, ich weiß das."
Beatrice lächelte verschmitzt. "Keine Sorge. Nur, dass Gui vielleicht hier bleiben wird. Aber ich bin seit so vielen Jahren mit dem politischen Denken vertraut, Guillaume, denkst du, ich würde keine Schlüsse ziehen? Du willst Freundschaftsbande mit dem französischen Könighaus und die Ausbildung eines hohen Adeligen für ihn, mit den besten Lehrern. Du musst also ehrgeizige Pläne haben, sonst würdest du ihn einfach von einem Priester unterrichten lassen."

Guillaume

Guillaume nickte dankbar. "Ich ich weiß wirklich zu schätzen, dass ich dich in dieser Sache auf meiner Seite habe." Erwiderte und lächelte sanft. "Dass du ihn davon abhältst mir gleich bei meiner Rückkehr eine Braut zu präsentieren." Er musterte seine Mutter aufmerksam und grinste dann breit. "So wie euch damals?" neckt Guillaume, fuhr sich dann mit der freien Hand über das Gesicht und seufzte leise. "Ich würde es gerne tun, weißt du? Emma heiraten. Aber ... es geht aus so unzähligen Gründen nicht. Es wäre nicht angemessen und mein Pflichtgefühl verlangt, dass ich das richtige für England tue, ja ja, aber ... zudem würde ich meine Liebsten damit nicht glücklich machen. Weder Emma, noch die Kinder. Und ich will die beiden Kinder bei denen ich eine andere Möglichkeit habe, nicht unnötig der Politik opfern." Erklärte Guillaume bedächtig.
"Das stimmt, es sind wohl ehrgeizige Pläne. Dass er hier bleiben soll hat sich eher zufällig entwickelt, weil der Prinz und er gute Freunde geworden sind und Eleonore es mir angeboten hat. Und noch ist es auch nicht fest, Gui weiß noch nichts davon und soll selbst entscheiden, ob er schon bleiben will." Berichtete Guillaume, doch dann zögerte er. "Weißt du, ich will noch nicht, dass Vater von meinen Plänen erfährt, es ... wird ihm vermutlich nicht sonderlich gefallen und daher will ich erst noch besser vorbereitet sein bevor er meine Pläne erfährt. Deshalb ... ist es vielleicht besser, auch wir belassen es vorerst dabei. Sollte er fragen, ob du davon gewusst hast, kannst du dann ruhigen Gewissens Nein sagen. Was denkst du?" Schlug er dann vor.

"Ich will, dass es dir gut geht und im Moment würde dir diese Sache zu sehr zu schaffen machen. Natürlich stehe ich hinter dir." Beatrice grinste zurück. "Das war keine Trotzreaktion, wir sind nur allen zuvor gekommen, die uns Steine in den Weg gelegt haben. Ich war eine angemessene Partie, wir haben uns geliebt und es war nicht abzusehen, dass dein Vater König werden würde. Wir haben die Regeln einfach ein bisschen gebeugt und alle vor vollendete Tatsachen gestellt. Ich würde es wieder tun, denke ich. Aber du kannst es nicht und ich bin froh, dass du dir dessen so bewusst bist, mein Lieber. So schade es auch ist. Und du hast Recht, glücklich wären sie niemals."
Sie lauschte aufmerksam. "Ich ahne, was du im Schilde führst, aber ja, behalte deine Pläne einstweilen für dich. Du hast Recht, das bringt mich nicht in Erklärungsnot und Gewissensbisse. Aber sei vorsichtig und bereite die Dinge in aller Ruhe vor. Du brauchst genügend Fürsprache."

Guillaume

Guillaume lachte leise. "Keine Trotzreaktion, aber dennoch habt ihr alle ziemlich vor den Kopf gestoßen wie ich hörte." Bemerkte er amüsiert. Dann wurde Guillaumes Blick wieder ernst und er legte die freie Hand auf die seiner Mutter, die auf seinem Arm ruhte. "Ich bin mir dessen bewusst, weil du mir immer eine gute Mutter warst und mich so vieles gelehrt hast, was ich mitunter erst nach und nach entdecke." Unter anderem auch auf einen klugen Rat zu hören und das half Emma außerordentlich dabei ihn zu lenken, das wusste er genau.
Guillaume suchte den Blick seiner Mutter und für einen Moment lang schienen sie sich wortlos über das auszutauschen, was er noch nicht wagte auszusprechen. Dann nickte er langsam. "Das werde ich." versicherte Guillaume, ehe sein Blick wieder den Weg entlang glitt und sich seine Miene aufhellte. Unbekümmert, so als hätten seine nächsten Worte nicht mehr das geringste mit ihrem vorherigen heiklen Thema zu tun.
"Weißt du, ich habe mir gedacht, es wäre eine gute Gelegenheit von hier aus mal wieder in Fontevrault vorbei zusehen. Großmutter ist im Moment noch dort, hörte ich."

"Ja, das leugne ich nicht.", erwiderte Beatrice grinsend. "Aber wie du siehst, sind wir sehr gut damit durchgekommen. Auch wenn deine Großväter Richard am Liebsten Beide erschlagen hätten." Sie bedachte ihn mit einem liebevollen Blick. "Ich schätze, das ist die Kunst einer guten Erziehung. Die Saat auszubringen und zu sehen, was aus ihr erwächst. Ich kann sehr zufrieden sein damit, ich hatte großen Erfolg. Auch wenn ich nicht immer so handelte, wie dein Vater es für gut hielt."
Beatrice lächelte wissend und neigte den Kopf. "Du bist ausgesprochen gerissen." Eleonore von Aquitanien war die einzige Frau, die außer ihr Einfluss auf Richard nehmen konnte. "Ich halte das für eine wundervolle Idee, sie wird sich freuen. Vielleicht solltest du den Jungen mitnehmen für diesen Besuch, hm? Sie würde sich freuen ihren Urenkel zu sehen, denkst du nicht?"

Guillaume

"Gut, dass sie es nicht getan haben." bemerkte Guillaume amüsiert und nickte dann. "Das hattest du wohl. Wenngleich du uns allen wohl auch deinen etwas rebellischen Kopf mitgegeben hast." fügte er augenzwinkernd hinzu. Er mit seiner Liebschaft, Stephan mit seiner Heirat unter seinem Stand, Eleonore, die mit dem Feind ins Bett gestiegen war, Isabel, die gegen den Willen ihres Vaters sich ihre geistliche Laufbahn erkämpft hatte. "Nur Jonathan fällt da vielleicht ein wenig aus dem Raster ... und Richard, weil er derzeit noch zu klein ist, aber das kommt vermutlich noch." scherzte Guillaume und grinste breit. "Ich hatte die beste Lehrmeisterin dafür." Seine Mutter war schließlich meisterhaft darin geschickte Pläne auszuarbeiten und bewegte sich so sicher und geschickt auf der politischen Bühne dass sie manchmal Dinge bereits durchgesetzt hatte, ehe die Betroffenen begriffen was geschehen war.
"Das ist eine wundervolle Idee. Es wird ihm sicher gefallen seine Urgroßmutter zu besuchen." pflichtete Guillaume ihr lächelnd bei und entspannte sich unbewusst ein wenig mehr. Seine Mutter schien in dieser Sache durchaus hinter ihm zu stehen, sonst hätte sie versucht es ihm auszureden. Das war ausgesprochen wichtig für seine weitere Planung.

"Ja, nur zu gut. Wobei ich schätze, du warst zu diesem Zeitpunkt schon gezeugt.", zwinkerte Beatrice ihm munter zu. Es tat gut mit ihrem Sohn so offen sprechen zu können. Es gehörte sich wohl nicht, aber wann hätte sie das jemals gekümmert?
"Ja, das habe ich wohl. Allerdings hat dein Vater auch schon so manche Rebellion angezettelt. Trotzdem, es hilft euch, besser durch das Leben zu kommen. Zu bestehen in der Welt der Politik. Und vor allem sollt ihr glücklich werden."
Der Gedanke an Jonathan entlockte ihr erneut ein Lächeln. "Richard ist zu klein, das ist wahr. Aber Jonathan war der Weg ins Kloster vorgezeichnet und er hat sich durchgesetzt etwas Anderes zu tun. In gewisser Weise hat er also auch mein Wesen. Er ist mir beinahe am Ähnlichsten von euch allen. Geschickte Pläne auszuarbeiten habt ihr alle im Wesen."
Und Guillaume würde auch seine Pläne durchsetzen. Warum denn auch nicht? Nirgendwo stand geschrieben, dass alle Herzogtümer an den legitimen Erben gehen mussten.

Guillaume

Guillaume schürzte in gespielter Empörung die Lippen. "Also wirklich, Mutter! Solch ein untadeliges Verhalten." neckte er und begann dann zu lachen. Es schockierte ihn nicht im geringsten solche Dinge von ihr zu hören, im Gegenteil, er war froh, dass es zwischen ihnen keine Hindernisse gab, dass sie über alles sprechen konnten.
Guillaume dachte kurz nach und nickte dann langsam. "Du hast Recht. Mein Brüderchen ist ein wirklich besonders schlauer Kopf, er wird es noch sehr weit bringen." Und im Kloster wäre Jonathan wirklich falsch gewesen, ganz besonders wenn man ihn jetzt so mit seiner Philippa sah. Er war glücklich, dass Jonathan auf sein Herz gehört und nicht nur seine Karriere, sondern auch seine Wunschehe bekommen hatte. Sein kleiner Bruder hatte schon von klein auf immer ganz besonders Guillaumes Beschützerinstikt geweckt, umso mehr freute er sich auch jetzt über dessen Glück.

"Hast du geglaubt, ich hätte mich in meinem Leben immer an die Etikette gehalten, Sohn? In dieser Hinsicht bin ich wie deine Großmutter Joanna. Immer den eigenen Kopf durchsetzen." Zumindest meistens.
Beatrice neigte den Kopf. "Dieser Ansicht bin ich auch. Er hat seinen Weg gefunden und Philippa tut ihm gut. Wenn er jetzt noch Vater eines gesunden Kindes wird, ist eine große Last von seinen Schultern genommen."
Aber das lag letztlich in Gottes Hand. "Nun komm, lass uns deinen kleinen Wirbelwind abholen und hören, was er Schönes zu erzählen hat."
Die Lebhaftigkeit ihres Enkels erfreute sie jeden Tag von Neuem und sie war gern in seiner Gesellschaft.

Guillaume

"Was auch ihr keineswegs geschadet hat. Ich glaube, das ist eine wirklich gute Familientradtion." bemerkte Guillaume amüsiert. Und er war froh darum. Natürlich mussten sie oft genug auf Etikette achten und als Königsfamilie mussten sie einen gewissen Stand wahren und repräsentieren, aber nicht immer um jeden Preis.
"Das wäre zweifelsohne ein Segen für ihn. Ich weiß, dass er sich davor fürchtet, dass seine Kinder mit einer ähnlichen Beeinträchtigung geboren werden könnten. Aber selbst wenn das so sein sollte, er wird in jedem Fall ein großartiger Vater werden." Dessen war sich Guillaume absolut sicher, denn sein Bruder war ein ausgesprochen feinfühliger Mensch.
Guillaume nickte lächelnd. "Eine gute Idee. Und wenn er nun die ganze Zeit erzählt, haben wir wenigstens ein bisschen Pause." bemerkte er augenzwinkernd und sie schlugen den Weg ein, der sie in einem kleinen Bogen aus den Gärten heraus führen würde.

Miriam


Eine Weile war Miriam nun schon hier in Cornwall und langsam erholte ihr Körper sich von den Strapazen der Gefangenschaft. Die Rippen bekamen ganz langsam wieder Fleisch und ihr Gesicht wirkte nicht mehr wie ein Totenschädel.
Ihre Finger waren immer noch etwas unsicher, daher hatte sie sich gar nicht erst an Handarbeiten zum Zeitvertreib versucht. Stattdessen saß sie viel am Fenster und beobachtete das Treiben aus der Ferne. Sie verließ noch kaum ihre Kammer, hier fühlte sie sich sicherer.
Als es klopfte, erkannte sie schon am Klopfen, dass es Levi war und bat ihn leise herein. Inzwischen wechselten sie zwischen englischer und hebräischer Sprache, ein bisschen Normalität war eingetreten. Und sie war ihm wirklich dankbar, auch wenn sie noch nicht vollkommen Vertrauen konnte.
Wahrscheinlich würde er sie wieder zu einem Ausflug aus ihrem kleinen Reich überreden wollen.

Levi

Es war zu Levis täglichen Routine geworden bei Miriam vorbei zu schauen. Anfangs hatte er noch täglich, sogar mehrmals am Tag, ihre Verletzungen versorgt, doch mittlerweile waren die zumindest soweit verheilt, dass sie keine tägliche Versorgung mehr erforderten. Zumindest die äußerlichen Verletzungen. Die, die Miriams Seele hingegen davon getragen hatte, würden noch viel Zeit brauchen und vermutlich nie alle ganz abheilen. Dafür war das Grauen, das sie durchgestanden hatte einfach viel zu gewaltig gewesen.
Das zeigte sich auch daran, dass Miriam die meiste Zeit des Tages in ihrer Kammer verbrachte, obwohl sie mittlerweile wieder gesund genug war, um das Bett und auch den Raum zu verlassen. Aber die Furcht vor der Welt war einfach noch zu groß.
Und auch deshalb kam Levi nach wie vor täglich zu ihr, wenn seine Zeit es erlaubte auch mehrmals. Es war vertraut geworden, so wie jetzt an die Tür zu klopfen und ihre leise, scheue Stimme von drinnen zu vernehmen. Langsam trat Levi ein und schloss die Tür hinter sich. Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen trat er näher zu Miriam, die am Fenster saß und hinaus gesehen hatte - so oft tat sie das, betrachtete das Leben draußen aus sicherer Entfernung.
"Ich wollte sehen, wie es dir heute geht." begann Levi langsam. "Wie fühlst du dich?"

Miriam


Miriam wandte den Kopf und deutete ein zartes Lächeln an, als Levi herein kam. Er war so gut zu ihr und nahm immer so viel Rücksicht, das würde sie niemals wieder gut machen können.
"Das ist sehr freundlich von dir. Es geht mir...ganz gut heute, denke ich. Ich konnte nicht viel schlafen, die Träume waren wieder da."
In vielen Nächten verfolgte ihr Kerker sie in den Schlaf, ebenso wie die Worte des Abtes und der Anblick dieses Kreuzes.
"Aber es geht schon, sorge dich nicht." Miriam legte die Hände in den Schoß. "Es gibt viele Kinder hier, nicht wahr? Ich sehe sie so oft auf dem Hof herumtollen. Das ist....wirklich schön." Es war immer ein wenig Trubel hier in Truro, das war schön.

Levi

Levi bedachte Miriam mit einem besorgten Blick. "Ich kann dir ein paar Kräuter zusammen stellen, wenn du möchtest. Wenn du sie in einem Sud kurz vor dem Schlafengehen zu dir nimmst, solltest du ruhiger schlafen können." bot er an und trat nun ganz zu ihr, setzte sich zu Miriam auf die Fensterbank und achtete dabei aber genau darauf genügend Abstand zu ihr zu halten, um sie ja nicht zu bedrängen.
Ihre Frage ließ Levi lächeln. "Oh ja, unzählige. In dieser Hinsicht sind die Menschen hier ausgesprochen fleißig. Aber es ist auch ein guter Ort für Kinder zum Aufwachsen. Es ist friedlich hier, sie brauchen keine Angst vor äußeren Bedrohungen haben, können behütet aufwachsen und finden trotzdem genügend Abenteuer damit sie sich nicht langweilen." erwiderte Levi amüsiert. "Schon allein die Familie des Earls ist sehr weitläufig und dann all die Menschen, die auf der Burg, im Gestüt, dem Hospital und im Ort leben ... da kommt eine Menge zusammen. Und trotzdem ist es in Truro noch viel überschaubarer als in all den Städten in denen sich die Menschen gegenseitig auf die Füße treten, wenn sie nur vor die Haustür gehen."

Miriam


Miriam überlegte einen Moment und nickte dann. Seine Kräutermischungen halfen immer, das hatte sie schon gelernt. "Das wäre sehr freundlich von dir. Ich denke, ich könnte eine Nacht ruhigen Schlaf gut gebrauchen."

Es war ein vertrautes Ritual geworden, dass Levi sich mit genügend Abstand zu ihr auf die Fensterbank setzte. Es ängstigte sie nicht, denn er achtete immer sehr darauf, dass sie sich von ihm nicht bedrängt fühlte. Auch dafür war sie ausgesprochen dankbar.
"Das klingt beinahe wie das Paradies, findest du nicht? Ein Ort, an dem Kinder ohne Angst und wohl behütet aufwachsen können. Man kann sie einfach hinaus lassen und kann sicher sein, dass es ihnen gut geht." Und das war weiß Gott nicht überall so.
"Du hattest Recht, Truro ist ein guter Ort." Auch wenn sie noch nicht allzu viel davon gesehen hatte, sie mochte diese friedliche Betriebsamkeit, die in der Burg herrschte.

Levi

"Gut, ich werde es nachher zusammen mischen und dir bringen. Es wird helfen, da bin ich sicher und Schlaf ist für dich wirklich wichtig." Schlaf war mit die beste Medizin damit sich ihr Körper wieder erholen konnte.
Levi lächelte ein wenig wehmütig. "Beinahe, ja. Und es ist gut, dass es so einen Ort auf der Welt gibt. Es hat mir ein Stück weit den Glauben an die Menschheit zurück gegeben." Es gab so unglaublich viel Elend überall, da war es umso wichtiger auch zu sehen, dass es auch gute Orte gibt, Orte an denen die Menschen tatsächlich einvernehmlich miteinander umgehen können.
Als Levi nun lächelte, war die Wehmut daraus verschwunden. "Es freut mich, dass du das so siehst. Mir hat es sehr geholfen hier her zu kommen, wenn es dir ebenso ergeht, umso besser." erwiderte er und sah dann kurz aus dem Fenster, ehe er wieder Miriams Blick suchte. "Und weil dieser Ort so gut ist und heute die Sonne ein wenig scheint, sollten wir etwas vor die Tür gehen, denkst du nicht?" schlug Levi mit einem kleinen Augenzwinkern vor. Bei so gut wie jedem Besuch schlug er vor einen Spaziergang zu machen oder wenigstens kurz in den Hof zu gehen. Je nachdem wie Miriam sich fühlte, willigte sie mal ein und mal lehnte sie ab, aber Levi drängte sie nie dazu hinaus zu gehen. Er fragte nur jedes Mal, wenn er kam.

Miriam


"Danke, Levi. Ich bin sicher, ich werde heute Nacht in Frieden schlafen können." Das würde ihr sicher gut tun. "Es hilft mir durchaus, ich komme ein wenig zur Ruhe." Bald würde sie Arbeit brauchen, dessen war sie sicher, aber noch war sie nicht in der Lage dazu.

Miriam musste lächeln. "Du wirst dieser Frage nie müde, nicht wahr?" Jeden Tag fragte er sie und er tat es immer freundlich, nie fordernd. Er zwang sie nicht aus ihrer Kammer, sondern ließ ihr die Wahl. Wenn sie nicht wollte, akzeptierte er es.
"Na gut. Zeig mir ein bisschen mehr von Truro.", willigte sie dann ein. Vielleicht verlor die Welt ja ihren Schrecken ein wenig, wenn sie etwas mehr davon sah. Sie musste begreifen, dass das Leben weiter ging. Doch das war schwierig.

Levi

Levi wurde ein wenig wärmer ums Herz als Miriam über seine Frage lächelte. Es tat so gut zu sehen, dass sie ihre Angst etwas hinter sich ließ, dass sie wieder gute Gefühle zulassen konnte. "Nein, wieso auch? Solange die Chance besteht, dass du ja sagst, werde ich sie immer wieder und wieder stellen." erklärte Levi mit einem kleinen Grinsen und nickte dann zufrieden.
"Sehr wohl, Madame." Er deutete im Sitzen eine Verbeugung an und glitt dann von der Fensterbank, ein Lächeln umspielte dabei seine Lippen und seine Augen funkelten zufrieden. "Du wirst es nicht bereuen, glaub mir. Es gibt noch so viel in Truro zu sehen, wir werden noch viele Spaziergänge brauchen, um alles zu erkunden." Und nach und nach würde sie auch ein paar mehr Leute kennen lernen. Während er sie jeden Tag nach einem Spaziergang fragte, ließ er sich mit diesem Thema aber noch viel mehr Zeit. Fürs erste war es gut, wenn Miriam mit ihm und ihrer kleinen Magd zu tun hatte und jetzt, da sie sich immer weiter erholte, konnte man vielleicht bald an ein erstes Treffen mit Giselle denken. Aber dazu wollte er sie auf keinen Fall drängen, denn er vermutete, dass sie sich dann nur wieder zurück ziehen würde.

Miriam


"Manchmal bist du wirklich seltsam. Dass du immer solche Hoffnung hast...Nie verlierst du sie, immer bist du frohen Mutes. Ich wünschte, ich könnte auch so zuversichtlich sein wie du. Ich gebe dir nun wirklich nicht viel Grund dazu so an mich zu glauben, aber dennoch tust du es. Egal wie ich mich verhalte.", stellte sie sanft fest.
Sie sah ihn an, als er von der Fensterbank glitt und erhob sich ebenfalls. "Nun, dann sollte ich wohl öfter zustimmen dich zu begleiten, nicht wahr? Damit wir all das langsam sehen können. Ich bin wohl lange genug hier, ich....sollte langsam den Ort kennenlernen, an dem ich leben werde. Es fällt mir schwer, aber ich....ich kann schließlich nicht ewig nur hier sitzen." Irgendwann würde sie aus ihrem eigenen kleinen Refugium kommen müssen, besser, sie gewöhnte sich langsam daran.

Levi

"Seltsam?" wiederholte Levi verwundert, musste dann aber leise lachen. "Tja, weißt du, das sagst du, weil du mich jetzt kennengelernt hast. Vor gut einem Jahr wäre das noch ganz anders gewesen. Und das ist auch der Grund, weshalb ich so unermüdlich meine Hoffnungen in eine positive Antwort von dir setze: ich bin an einem recht ähnlichen Punkt gewesen wie du. Auch ich hatte Angst vor all dem Hass und dem, was mir dadurch passieren könnte und ich weiß, wie lange es dauert wieder Vertrauen in die Menschen zu finden." Und verglichen mit dem, was Miriam durchgestanden hatte, war es ihm ja noch gut ergangen in seinem Leben.
Levi lächelte spitzbübisch als Miriam sich von der Fensterbank erhob. "Siehst du, der erste Schritt zur Einsicht ist schon erfolgt." bemerkte er augenzwinkernd und deutete zur Tür. "Komm, lass uns sehen, was uns heute dort draußen so alles erwartet."

Miriam

"Vielleicht, aber so erlebe ich dich nun einmal. Immer so zuversichtlich." Und das konnte sie nur so schwer nachvollziehen. "Wenn du aber sagst, dass es ganz anders war....dann hab ich noch Hoffnung, dass ich vielleicht auch irgendwann wieder anders sein kann."
Miriam lauschte ihm aufmerksam und nickte leicht. "Es scheint ein aussichtsloses Unterfangen zu vertrauen, ich habe....zu viel Furcht. Aber irgendwann vielleicht..."
Und er hatte ja Recht, es war der erste Schritt. Sie nahm sich vor ihm öfter zuzusagen, wenn er sie nach einem Spaziergang fragte. Das tat ihrem Körper gut und offenbar auch ihrer Seele.
"Na gut. Lass uns sehen...." Und eines fand sie immer angenehm, nämlich dass es hier so viele Tiere gab, die man duldete. Sie mochte die Katzen, die gern über den Hof streunten und die Mäuse in den Stallungen fingen. Die Pferde waren so schön anzusehen auf den grünen Wiesen und die wuscheligen Hunde, die hier viel vertreten waren, flößten ihr auch bedeutend weniger Furcht ein als jeder Mensch.

Levi

Levi nickte langsam. "Es wird dauern, da will ich dir nichts vormachen. Aber du bist eine wirklich starke Persönlichkeit, du wirst es schaffen." Auch wenn sie darüber hinweg womöglich Frühjahr oder gar Sommer bekommen würde. Levi wusste ja, wie lange es für ihn gedauert hatte. Levi lächelte sanft. "Irgendwann. Ganz sicher." Erwiderte er, ehe sie hinaus traten.
Draußen im Hof wurden sie von der Sonne begrüßt und Levi atmete tief durch. "An solchen Tagen kann man fast vergessen wie viel es hier manchmal regnet." Bemerkte er vergnüglich, ehe sie den Hof in gemächlichem Tempo überquerten. "Wohin möchtest du gerne gehen? Wir könnten -" Levi brach ab, denn seine Worte wurden bereits von lautem, ausgelassenen Gebell übertönt. Er wandte den Kopf in die Richtung aus der der Lärm kam und sah die kleine Hundeschar, die gerade aus einem der Stallgebäude kam und nun ausgelassen über den Hof zu toben begann.
"Ah, Jim, gewährst du ihnen Ausgang?" Fragte Levi amüsiert als ein junger Mann aus dem Gebäude kam und die tobenden Fellknäule im Auge behielt. Jim war für die Versorgung der kleinen Vierbeiner hier auf der Burg zuständig und wachte über jeden Wurf mit ebensolcher Umsichtigkeit wie es der Stallmeister bei seinen großen Schützlingen tat, wenngleich die Hunde hier bei weitem nicht so zahlreich waren wie die Pferde.

Miriam


"Du denkst so gut von mir, Levi....Ich hoffe, du bist nachher nicht enttäuscht von mir." So stark wie er sie sah, fühlte sie sich keineswegs. Aber letztendlich hatte sie ja auch Zeit...sie hatte es nicht eilig sich hier richtig einzuleben.
Sie überlegte gerade, wohin sie gerne wollte, als sie unterbrochen wurden. Sie zog sich erst ein wenig hinter Levi zurück, als Jim grinsend näher kam. "Oh ja, Levi, die Rasselbande braucht dringend Bewegung, bevor sie alle in den Wahnsinn treiben. Dann schlafen sie wenigstens nachher ein bisschen." Aber letztlich liebte er die Hunde ja wirklich.
Während Levi sich mit Jim unterhielt, hatte einer der Hunde sich bei seinem Spiel ihnen genähert und sah schließlich neugierig zu Miriam auf. Sie vergaß für einen Moment ihre Umwelt und all ihre Angst, all die Erinnerungen. Stattdessen zeigte sich ein Strahlen auf ihrem Gesicht, als sie in die Hocke ging, dessen sie sich gar nicht selbst bewusst war.

Sie streichelte das kleine, neugierige Fellknäuel und vergrub die Finger im dichten Fell. Der Hund leckte ihr durch das Gesicht und sie lachte für einen kleinen Moment leise auf.