William und Joanna ab 09.09.12 - Teil 5

 

"Du kannst eben nicht jeden in eine Form pressen...wir müssen sie ihren Weg gehen lassen. Mehr können wir nicht tun. Und ich bin sehr froh über deine Einsicht, was James betrifft. Wie lange ich auf dich eingeredet habe wegen ihm...Und wegen der Kirche."
Es hatte lange gedauert, bis sie einmal zusammen eine Messe besucht hatten. "Und jetzt lässt du sogar eine eigene Kirche hier bauen."
Sie lachte und erwiderte seinen Kuss. "Das lässt sich einrichten, Liebster. Etwas Ablenkung kommt für dich gerade recht."

 

William zog eine Augenbraue in die Höhe. "Du nimmst das alles erstaunlich gelassen." stellte er fest. "Hat sie dir in dem Brief irgendetwas geschrieben, das sie mir nicht sagen wollte oder ist das bei euch Frauen einfach so? Mehr Verständnis für einander ..." William schüttelte den Kopf. "Ich will sie nicht in eine Form pressen, aber das was sie da treibt ist einfach ... das geht einfach nicht! Meine Tochter kann sich doch nicht einfach so ohne mit der Wimper zu zucken zu einer Mätresse machen lassen!" erwiderte William ein wenig verzweifelt.
Dann musste er lächeln. "Ja, eine eigene Kirche. Eine Kirche, die ich wohl nie im fertigen Zustand sehen werde, aber ich bin sicher, dass sie einmal wunderschön sein wird." bemerkte William eine Spur zufriedener und grinste dann leicht als Joanna einwilligte. "Wunderbar, ich freue mich schon darauf."

 

"Nun....ich bin ihr Mutter, vermutlich muss einer von uns wenigstens gelassen bleiben. Außerdem ist es nicht so, dass ich gar nicht verstehen kann, warum sie es getan hat. Ich hätte es auch fast getan. Vielleicht kann ich sie deshalb besser verstehen als du. Für uns Frauen sind solche Dinge ganz anders als für euch Männer. Schließlich hat so etwas keine Konsequenzen für euch. Sie hat mir in ihrem Brief nur erklärt, warum sie es tun musste. Und dass es ihr leid tut, dass sie uns solche Sorgen bereitet hat. Vielleicht kann ich aus dem Brief mein jüngeres Ich herauslesen. Du wirst an ihrer Entscheidung nichts ändern können."
Joanna erwiderte sein Lächeln und schüttelte den Kopf. "Abwarten...vielleicht sind wir steinalt bis dahin, aber wir werden es noch erleben, da bin ich sicher."

 

"Zwischen es fast tun und es tun liegen in dem Fall allerdings Welten." entgegnete William und schüttelte dann den Kopf. Aber du hast Recht, ich kann es weder verstehen, noch kann ich es ändern."
William strich Joanna über die Wange. "Dein jüngeres Ich, hm? Nun, ich hätte dein jetziges Ich unglaublich gerne mit mir in einer Wanne voll mit heißem Wasser." erklärte William, erhob sich und ging zur Tür, um dem davorstehenden Diener aufzutragen das Badewasser vorzubereiten.
Dann kehrte er zu Joanna zurück und legte die Arme um ihre Taille. "Ich schätze, du wirst mich in den kommenden Tagen sehr viel ablenken müssen ... das alles sorgt nicht unbedingt für gute Laune bei mir." bemerkte er seufzend und gab ihr einen langanhaltenden Kuss.

 

Joanna nickte langsam. "Das ist natürlich war. Und jetzt lass uns über etwas Anderes sprechen." Sie lächelte, als er hinaus ging um den Diener zu beauftragen und legte die Hände dann auf seine Brust. "Nun, das lässt sich machen. Sowohl der Wunsch mit der Wanne als auch die Ablenkung in den kommenden Tagen. Ich werde mirMühe geben. Im Übrigen wurdest du ziemlich vermisst in den letzten Tagen. Die Kleinen wollten unbedingt mit dir spielen, aber du warst nicht da. Das musst du nachholen."
Sie lachte und ging in den Nebenraum um nachzuschauen, wie weit das Wasser war. "Fast fertig, mein Liebster."

 

Williams Blick wurde sanft. "Ist das so? Ich werde die Zeit mit ihnen nur zu gerne nachholen. Aber erst einmal unser Bad, danach werde ich die Kinder suchen." Besonders sein Jüngster machte ihm im Moment sehr viel Freude, zu sehen, wie er sich entwickelte sorgte immer dafür, dass William warm ums Herz wurde.
Er wartete bis Joanna zurück kehrte, dann stand er auf und ging ebenfalls in den Nebenraum. Zufrieden betrachtete er das leicht dampfende Wasser und wandte sich dann Joanna zu.
"Dann lassen wir den Spaß einmal beginnen ..." murmelte er und machte sich kurzer Hand an der Schnürung ihres Kleides zu schaffen.

Amélie

Drei Wochen war Philippe nun unterwegs gewesen und Amélie hatte ihn sehr vermisst. Etwas, das sie durchaus in seiner Heftigkeit überrascht hatte. Sie mochte ihren Mann sehr gern und sie hatte sich so sehr an seine Gesellschaft gewöhnt, gerade jetzt, da sie sein Kind erwartete. In den letzten beiden Wochen hatte sie noch einmal deutlicher an Umfang zugelegt und er würde wohl überrascht sein.
Doch vor allem war sie ein wenig einsam gewesen, plötzlich allein in ihrem gemeinsamen Haus. Sie hatte oft ihre neuen Freundinnen besucht und auch Josephine angeboten, auf die Kinder aufzupassen.
Also saß sie heute auf dem Boden und spielte mit Philippes Patenkind. Sie unterhielt die Kleine mit bunten Holzklötzchen und sie Beide hatten viel Spaß daran. Amélie mochte die Vorstellung sehr, bald mit ihrem eigenen Kind hier zu sitzen.

Philippe

Philippe wurde von einem Gefühl der Erleichterung überwältigt als das Haus in Sicht kam, dass er mit Amélie bewohnte. Er hatte sein Pferd einem Stallburschen überlassen und da Robert mit ihrem Vater reden würde, konnte er zuerst bei seiner Frau vorbei sehen.
Es war immer noch eigenartig, dass sie so rasch ein Teil seines Lebens geworden war, den er für selbstverständlich ansah, aber er wollte es auch gar nicht mehr anders haben.
Als Philippe eintrat, erstarrte er regelrecht in der Tür. Dort saß seine Gemahlin und spielte einträchtig mit Diana - ein Anblick, der Philippe die Kehle zuschnürte. Besonders die Tatsache, dass Amélie sich in seiner Abwesenheit sichtlich verändert hatte, ihr Bauch deutlich runder geworden war - ein Zeichen dafür, dass sie beide nicht mehr allzu lange allein sein würden.
Philippe schluckte und löste sich dann aus dem Türrahmen, um zu den beiden hinüber zu gehen. "Sieh an, wen haben wir denn da?" Dianas kleiner Kopf fuhr herum als sie Philippes Stimme hörte und im nächsten Moment war die Kleine auf den Beinen und kam zu ihm hinüber gerannt. Philippe hob sie in die Höhe und gab ihr einen Kuss. "Hast du gut auf meine Frau aufgepasst, Süße?" fragte er seine Patentochter, die eifrig nickte. "Hap ich!" verkündete sie stolz, während Philippe vor Amélie stehen blieb und neben ihr in die Hocke ging. "Ich habe dich vermisst." erklärte er leise und setzte Diana auf dem Boden ab, um Amélie einen Kuss geben zu können. "Und wie mir scheint, habe ich einiges verpasst." murmelte er und legte die Hand auf ihren Bauch.

Amélie

Auch Amélie hob den Kopf, als sie Philippes Stimme hörte und lächelte sanft. Endlich war er zurück, das war wunderbar...Sie hatte so gehofft, dass es bald soweit sein würde. Und wie die Kleine ihren Patenonkel begrüßte...Es war zu süß ihn mit einem Kind zu sehen. So freute sie sich nur noch mehr darauf ihn als Vater zu erleben.
Als er neben ihr in die Hocke ging, genoss sie seinen Kuss und schenkte ihm ihr schönstes Lächeln. "Ich dich auch...du warst mal wieder viel zu lange weg. Es waren nur drei Wochen, aber es kam mir vor wie eine Ewigkeit."
Sie legte die Hand auf seine. "Das hast du...und wenn du Glück hast, wirst du gleich spüren, wie sehr. Es tritt in letzter Zeit schon öfter einmal."

Philippe

Philippe wurde warm ums Herz als Amélie ihn so anlächelte. Es tat so gut mit ihr kein Verstecken spielen zu müssen, dass er sie einfach küssen durfte, ohne zu befürchten, dass sie jemand beobachtete.
Dann zog er leicht die Augenbrauen nach oben und betrachtete seine Hand, die auf Amélies Bauch lag und wartete gehorsam ab. Und mit einem Mal machte sich ein Grinsen auf seinen Lippen breit und sein Herz begann ihm bis zum Hals zu schlagen. "Gott im Himmel ..." flüsterte er leise.
Es war doch wirklich ein Wunder, wie so ein kleiner Mensch entstand. Und dass er ihn spüren konnte, wie er im Bauch seiner Mutter seine kleinen Füßchen und Händchen ausprobierte.
"Ich liebe dich, Amélie." erklärte Philippe ohne darüber nachzudenken, den Blick noch immer auf ihren Bauch gerichtet.
Dann wurde ihm bewusst, was er da gerade gesagt hatte und er erstarrte regelrecht. Dass er verliebt war, ja, das hatte er ihr mittlerweile schon öfter gesagt, aber ein 'Ich liebe dich' hatte er noch nie über die Lippen gebracht. Langsam hob er den Blick und sah ihr ins Gesicht, wartete angespannt auf ihre Reaktion.

Amélie

Amélie beobachtete seine Reaktion und ihre Augen strahlten, als das Kleine sich tatsächlich bemerkbar machte. "Es ist ein kleines Wunder, nicht wahr? Man kann es sich kaum vorstellen, dass ein kleiner Mensch da drin steckt."
Aber sie liebte ihr Kind jetzt schon sehr. Im nächsten Augenblick erstarrte auch sie leicht. Das hatte er noch nie gesagt. Sie wusste, er war ihr trotz seiner Vergangenheit zugeneigt, ein wenig verliebt. Aber dass er sie liebte?
Doch nach der ersten Überraschung freute sie sich darüber. In den vergangenen Monaten waren sie immer mehr zusammen gewachsen und führten eine glückliche Ehe. Warum also nicht? Und sie hatte ihn ja auch von Anfang an so gemocht.
"Ich dich auch, Philippe...Und ich bin wirklich froh, dass ich hier sein darf."

Philippe

Philippes Hand strich sanft über den Bauch seiner Frau, fuhr über die Wölbung als müsse er sie erst einmal genau erkunden nachdem er drei Wochen weg gewesen war, dann nickte er. "Ein wahres Wunder." bestätigte Philippe zärtlich.
Als Amélie seine Worte erwiderte, schloss Philippe die Augen und seufzte erleichtert auf. Er wusste nicht, was er erwartet hatte, was geschehen würde, aber dass sie sein Liebesbekenntnis einfach erwidern würde, nahm ihm eine zentnerschwere Last von den Schultern. Mit einem Mal fühlte er sich unglaublich befreit.
Er lächelte und schlug die Augen wieder auf. "Ich bin auch froh, dass du hier bist. Dass du mir zeigst, dass mein Leben weiter geht." Und dass sie es nun um so viel bereicherte.
Mit einem Mal zog etwas so heftig an seinem Ärmel, dass Philippe beinahe erschrocken zusammen gefahren wäre und als er den Kopf umdrehte, grinste Diana ihn fröhlich an. "Ich auch liep, Onel Fil!" verkündete sie strahlend und Philippe musste lachen.
Er ließ Amélie los und nahm Diana wieder auf den Arm, die er für einen Moment völlig vergessen hatte. "Ich weiß zwar nicht, ob du mich lieb hast oder ob du meinst, dass du lieb bist, aber egal was, es klingt hervorragend." erklärte er lachend und strich seiner Patentochter über die Wange.

Amélie

"Es wächst im Moment sehr schnell, scheint mir. Du warst nur drei Wochen fort, aber trotzdem sieht man einen deutlichen Unterschied. Ich freue mich schon sehr auf das Kleine..."
Amélie wusste zwar nicht so recht, was als Mutter auf sie zu kam, aber sie vertraute darauf, dass ihr Instinkt ihr das schon zeigen würde.
Sie küsste ihn sanft auf die Wange. "Das tue ich gern, es wäre sehr schade um dich gewesen." Amélie musste lachen, als Diana sie unterbrach.
"Ich glaube, sie möchte sagen, dass sie ihren Patenonkel sehr lieb hat. Und dass sie dich genauso vermisst hat wie ich."

Philippe

"In der Tat, aber zum Glück muss ich jetzt nicht wieder weg, so dass ich vor Ort verfolgen kann, wie die hübscher Bauch runder wird." erwiderte Philippe und küsste Amélie zärtlich. "Ich freue mich auch." Wenngleich er auch immer noch mit Sorge an die Geburt und vor allem die erste Zeit danach dachte. Doch gerade konnte er daran ohnehin nichts ändern, er würde es nehmen müssen, wie es kam.
Philippe schenkte Amélie noch ein Lächeln, ehe er sich wieder Diana zuwandte und ihr durch die Haare strich. "Ach Kleine, ich habe dich auch vermisst. Aber wollen wir dich nicht zurück bringen? Dein Papa ist immerhin auch wieder zu Hause." erklärte er der Kleinen und sah kurz zu seiner Frau hinüber. Sobald die Kleine weg war, würde er sich in Ruhe Amélie widmen können.

 

Joanna hatte ihren Mann nach London begleitet. Sie wollte sehen, ob Edwards Verletzungen völlig ausgeheilt waren und wie es ihm ging. Und, so musste sie gestehen, sie hatte die Hoffnung ihre Tochter zu sehen, die vielleicht Roger Bigod begleitete.
In diesem Punkt war sie enttäuscht worden, aber es war ein wundervoller Frühlingstag und William würde wohl den ganzen Tag mit Henry beschäftigt sein.
"Ich denke, ich werde nachher einen kleinen Ausritt machen und die Sonne genießen." Sie schaute mir einem fröhlichen Lächeln aus dem Fenster.
Ja, das war sehr verlockend.

 

William legte sich gerade seinen Gürtel um, also Joanna ihren Wunsch nach einem Ausritt äußerte. Er hielt in der Bewegung inne und sah zu seiner Gemahlin hinüber, die am Fenster stand. Sie waren vor ein paar Tagen in London angekommen und tatsächlich mit hervorragendem Wetter gesegnet, dennoch war William gar nicht wohl bei dem Gedanken Joanna alleine ausreiten zu lassen und diese Bedenken äußerte er auch.
"Ich weiß, dass das Wetter verlockend ist, Liebes." begann er, schnallte den Gürtel zu und ging zu ihr hinüber. "Aber ich denke, es ist keine gute Idee, wenn du alleine ausreitest. Wir sind nicht in Cornwall, Joanna, hier ist nicht alles so beschaulich wie bei uns zu Hause. Gerade vor den Stadtmauern Londons treibt sich alles mögliche an Gesindel herum." William strich Joanna über die Wange. "Heute habe ich keine Zeit dich zu begleiten, aber was hältst du davon, wenn wir Morgen einfach zusammen ausreiten, hm?" schlug William vor und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

 

Joanna sah ihren Mann an und seufzte. "Du vergisst, dass ich früher auch oft genug allein ausreiten war, bevor wir uns kennengelernt haben. Und es ist so schön draußen. Edward hat keine Zeit und du auch nicht, warum also soll ich mich den ganzen Tag alleine hier langweilen? Hier ist ja keiner, mit dem ich mich unterhalten könnte.", erwiderte sie ein wenig missmutig.
"Ich passe schon auf....aber wir können morgen ja trotzdem zusammen ausreiten, das wäre wirklich schön. Ich freue mich darauf.", erwiderte sie mit einem sanften Lächeln.
"Viel Spaß, wenn du heute den ganzen Tag mit Henry in seinem warmen Arbeitszimmer sitzt."

 

"Nein, das vergesse ich ganz und gar nicht, aber damals war ich auch noch nicht in deiner Nähe, um mir Sorgen um dich zu machen. Und darf ich dich daran erinnern, dass ich dich, kaum dass wir uns kennengelernt hatten, vor einem Eber retten musste? Und glaub mir, hier in London gibt es grausamere Geschöpfe als einen Eber." erwiderte William und legte die Arme um Joanna. "Ich will doch nur, dass es dir gut geht und dir nichts geschieht, Liebste." murmelte er leise.
Dann grinste William leicht. "Oh, ich werde mir Mühe geben Spaß zu haben." versprach er. "Besonders in den Momenten in denen ich an dich denken kann und mir ausmale, was wir heute Abend so alles tun können, werde ich Spaß haben." flüsterte William Joanna dann ins Ohr.

 

"Ja, ich erinnere mich, du hast recht. Aber wer konnte auch mit einem Eber rechnen? Den habt ihr ja mit eurer Jagd damals erst aufgescheucht." Joanna lachte leise. "Mein tapferer Ritter...Und ich weiß, dass es schlimmere Dinge gibt. Aber ich bin nicht mehr jung und schön und kann auf mich selbst aufpassen." Sie legte ebenfalls die Arme um ihn und lächelte. "Ich weiß. Du willst immer nur mein Bestes." Sie gab ihm einen sanften Kuss.
"Dann ist es ja gut...solange du nur an mich denkst.", erwiderte sie mit einem Zwinkern. "Lass es Henry nicht merken...und nun los, er wartet sicher schon auf dich. Du weißt, er schätzt es nicht, wenn man ihn warten lässt."

 

William grinste breit, dann gab er Joanna einen Kuss. "Vielleicht nicht mehr so jung wie früher, aber zweifelsohne noch unglaublich hübsch." bemerkte er lächelnd. Dann seufzte William theatralisch und machte sich widerwillig von Joanna los. "Ja, ja, ich gehe schon. Ich sehe, du willst mich los werden." feixte er, wurde dann jedoch wieder ernst.
"Aber Joanna, ich bitte dich, reite nicht alleine aus, ja? Ich finde keine ruhige Minute wenn du weg bist so ganz allein." Dann würde er die ganze Zeit darüber nachdenken, was ihr alles zustoßen könnte ... das würde ihn wahnsinnig machen.

 

Doch Joanna hatte Williams Warnung in den Wind geschlagen. Sie war oft genug in London alleine ausgeritten und sie hatte immer gut auf sich selbst aufpassen können.
Sie hatte sich also ihren Schimmelwallach gesattelt und war losgeritten. Sie genoss die Sonne in vollen Zügen, das hatte sie lange nicht mehr getan. Hier aber hatte sie keine Pflichten und konnte sich einmal ganz auf sich und ihren Mann konzentrieren.
In Gedanken war sie schon beim Abend. Auch, wenn sie schon viele Jahre verheiratet waren, sie war genauso verrückt nach William wie am ersten Tag. Und das Schönste daran war, dass es ihm ganz genauso ging.

Humphrey

Humphrey kratzte sich über das stoppelige Kinn und spähte zwischen den Ästen des Busches hindurch auf den Waldweg hinaus. Hier war einfach die beste Stelle, um jemandem aufzulauern. Das taten sie hier nicht zum ersten Mal und jedes Mal gelang es vortrefflich, deshalb hatten sie sich auch heute wieder für diese Stelle entschieden.
Bisher war jedoch noch niemand vorbei gekommen, der Humphrey gereizt hatte. Ein alter Mann mit einem Esel und der Müller, der seine Mühle ein Stück weiter unten am Fluss hatte ... niemand den Humphrey überfallen würde.
Dann allerdings verengte er die Augen ein wenig, dort hinten kam ein Reiter. Zwar allein, aber allein die Tatsache, dass sich jemand ein Pferd leisten konnte, sagte schon einiges. Als sein mögliches Opfer näher kam, begann Humphrey breit zu grinsen. Nun, das sah wirklich mehr als vielversprechend aus.
Er gab seinen Männern ein Zeichen und trat dann möglichst unauffällig auf den Weg hinaus, ging der Dame auf ihrem Schimmel ein paar Schritte entgegen und verneigte sich dann vor ihr.
"Mylady, ganz allein unterwegs?" fragte er und bemühte sich um ein höfliches Lächeln. "Ihr solltet Acht geben, hier sind manchmal finstere Gestalten unterwegs. Nicht ungefährlich für eine hübsche Frau wie Euch, Mylady."
Allein ihre Kleider waren für Humphreys Verhältnisse schon fast ein Vermögen wert. Und das Pferd! Sicher hatte sie auch Münzen dabei und was er mit ihr selbst alles anstellen konnte ... daran wollte Humphrey lieber noch gar nicht denken.

 

Joanna war in Gedanken versunken, als ihr Pferd plötzlich den Kopf hob. Sie schaute nach vorne und sah, dass einige Schritte vor ihr ein mann stand, wie aus dem boden gewachsen. Er sah abgerissen aus und ein mulmiges Gefühl machte sich in ihr breit, als er sie ansprach. Joanna beschloss, sich ein wenig hinter ihrer vornehmen Höflichkeit zu verstecken, die sie nach Belieben ausgraben konnte.
"Ich wüsst nicht, was dich das angeht. Finstere Gestalten wie dich, meinst du, ja? Keine Sorge, ich bin nicht allein. Mein Gemahl folgt mir, ich bin nur ein Stückchen voraus geritten. Und wenn du es nicht für ungefährlich hältst, wirst du mich sicher jetzt rasch weiterreiten lassen."
Das hier wurde ihr unheimlich, sie hätte wirklich auf William hören sollen.

Humphrey

Humphrey spielte den Überraschten und fasste sich an die Brust. "Aber Mylady, ich doch nicht! Ich bin nur ein armer Kerl, der in der Gegend lebt und wollte Euch nur warnen, Mylady." erwiderte er und ließ den Blick den Weg hinab gleiten, den sie gerade entlang gekommen war. Humphrey nickte. "Dann is gut, Mylady. Er sollte gut auf Euch aufpassen." erklärte er und ließ den Blick kurz zur anderen Seite des Weges huschen. Dort hatte gerade ein Ast geraschelt, für den unbedarften Beobachter kaum auffällig, Humphrey wusste jedoch, dass Tom zurück war. Und ganz offensichtlich hatte ihn die feine Lady angelogen, denn wäre tatsächlich noch jemand weiter hinten auf dem Weg unterwegs, hätte Tom ihm eine Warnung zukommen lassen, doch alles blieb still.
"Ihr solltet besser nicht zuweit voraus reiten, Mylady. Nur n guter Rat von mir." erklärte Humphrey dann und senkte den Blick als wolle er sich abwenden. Aber seine Jungs wussten was gleich kommen würde, sie taten das nicht zum ersten Mal. Gleich, gleich, wenn die feine Dame dachte, die Gefahr würde vorüber gehen, weil Humphrey sich abwandte, würde ihre Falle zuschnappen.

 

"Natürlich...hab Dank für deine Warnung." Joanna glaubte diesem Kerl kein Wort, aber sie wollte wenigstens ein bisschen so tun. Und sobald er aus dem Weg war, würde sie Cäsar angaloppieren. Normalerweise war auf den Wallach Verlass.
"Das tut er, keine Sorge. Und er wird mich bald eingeholt haben." Wenn es doch nur wirklich so wäre...
Als der Mann sich abwandte, zögerte Joanna nur einen Augenblick zu lang. Doch sie konnte es nicht mit sich vereinbaren ihn einfach über den Haufen zu reiten, er hatte ihr ja nichts getan. Und was, wenn sie sich irrte?