William und Joanna - ab 1167 bis 1169

"Du wirst es bestimmt ganz wunderbar machen." bemerkte Robin entschlossen und lächelte. Dann war es an ihm ein klein wenig verlegen zu werden. "Tatsächlich? Aber ich glaube, damit dein Vater sich auch darüber freut, muss ich noch ein wenig mehr lernen. Noch könnte er mich ja nicht einmal alleine aufs Feld schicken." scherzte Robin, wirkte aber deutlich erleichtert, dass Rose ihm ein solches Zugeständnis gemacht hatte. Er mochte die junge Frau sehr gerne und ohne sie wäre es hier für ihn wohl deutlich trister.
Robin war allerdings sichtlich überrascht als Rose ihm vor Freude um den Hals fiel, zögerte einen Moment, legte dann jedoch sachte die Arme um sie. "Aber sicher doch, wenn du es gerne lernen möchtest." bestätigte er. "Aber ich glaube, du musst mir noch ein, zwei Tage Zeit geben ... sonst schlafe ich beim Satteln bereits ein." lachte er leise.

Rose

"Noch nicht. Aber bald. Du wirst es schnell lernen, da bin ich ganz sicher. So schwer ist es auch nicht, aber Vieles kommt erst mit der Erfahrung. Und die hat Vater ja. Ihr würdet euch sicher gut ergänzen bei der Arbeit."
Rose löste sich wieder von ihm, ein wenig überrascht über sich selbst, weil sie ihm einfach so um den hals gefallen war vor Freude. Sie kannte diesen Mann doch erst zwei Tage. Trotzdem war es nur zu angenehm gewesen, wie er die Arme um sie gelegt hatte. Sie hatte sich geborgen gefühlt und er strahlte eine so angenehme Wärme ab.
"Ich danke dir wirklich. So eine Gelegenheit bekomme ich nie wieder. Lass dir nur so viel Zeit wie du brauchst. Dass du dabei einschläfst, will ich ja nicht. Dann könntest du mir ja gar nicht mehr sagen, was ich zu tun habe. Ich wüsste zu gerne seinen Namen...aber ich glaube, er muss erst einmal Fuchs heißen."

Einige Tage später konnte Robin sich noch immer an nichts erinnern, hatte sich aber mittlerweile bei Tom und seiner Familie gut eingelebt. Der Bauer und seine Frau hatten ihn wirklich herzlich aufgenommen und Rose ... nun Rose war noch einmal etwas ganz anderes.
Allmählich kam er auch ganz gut mit der Arbeit auf dem Feld und mit dem Vieh zurecht und so war heute schließlich genug Zeit, um sein Versprechen wahr zu machen und Rose ein bisschen das Reiten zu zeigen.
Sie hatten den Hengst gemeinsam gestriegelt und Robin hatte ihr gezeigt wie man Sattel und Zaumzeug anlegte - etwas, was er seit seiner Ankunft hier nicht getan hatte, denn der Fuchs hatte ebenfalls auf dem Feld helfen müssen und es war einfach keine Zeit zum Reiten gewesen.
Schließlich half er ihr in den Sattel und erklärte ihr, wie sie sich zunächst festhalten sollte. "Einfach ganz ruhig sitzen bleiben. Wir gehen erst einmal ein Stückchen, damit du dich ein wenig einfühlen kannst. Du wirst merken, es ist recht bequem im Sattel."

Rose

Rose war aufgeregt wie ein kleines Kind, dass Robin ihr heute das Reiten beibringen würde. In den letzten Tagen hatte sie ihn immer mehr ins Herz geschlossen und sie wollte sich gar nicht vorstellen, dass er wieder fort ging. sie verstand sich so gut mit ihm, sogar ihre Eltern betrachteten das mit Wohlwollen.
Aufmerksam schaute sie zu, wie man den Hengst sattelte und auftrenste, nachdem sie ihn gestriegelt hatten. All das interessierte sie brennend, schließlich war Peggy für solche Sachen einfach ungeeignet. Schließlich aber saß sie ein wenig angespannt im Sattel und klammerte sich fest, vertraute ihm aber und ließ sich führen.
"Das fühlt sich toll an. Es ist...wunderbar...", bemerkte sie dann freudig, wurde mutiger und ließ sich mit einer Hand los um den Hengst zu streicheln. Wenn man sich einmal an die schaukelnde Bewegung gewöhnt hatte, war es das schönste Gefühl der Welt. Man fühlte sich so frei...

Robin lachte zufrieden. "Es freut mich, dass es dir gefällt." Es war ein gutes Gefühl, Rose so glücklich zu sehen. Sie hatte ihn seit seiner Ankunft hier mit ihrer Art erfolgreich davon abgehalten in ein Loch zu fallen, denn es war nicht unbedingt einfach damit umzugehen, dass man mit einem Mal keine Erinnerung an sein früheres Leben hatte.
Nachdem Rose sich ein wenig an die Bewegung des Pferdes gewöhnt hatte, übergab er ihr die Zügel und erklärte, wie sie den Fuchs lenken konnte und lief nur noch neben den beiden her. Gegen Ende ließ er den Fuchs sogar ein ganz kleines Stück traben und lief nebenher, damit Rose auch ja nichts passierte.
Schließlich hielten sie an und Robin sah grinsend zu ihr hinauf. "Und was sagst du? War es ungefähr so, wie du es dir erhofft hattest?" fragte er gut gelaunt.

Rose

Rose war unglaublich stolz, dass sie dieses große Pferd so allein lenken konnte. Es fühlte sich unbeschreiblich an und am Ende traute er ihr sogar ein Stück Trab zu. Sie war glückselig damit, so oft machte ihr schließlich niemand eine solche Freude und erfüllte ihr einen sehnlichen Wunsch.
Schließlich sah er zu ihr auf und sie lächelte ihn an. "Besser. Ich danke dir wirklich. Das macht wirklich Spaß und ich hätte nie geglaubt, das einmal erleben zu dürfen. Es ist so ein großes Erlebnis für mich, auch wenn das für dich sicher albern klingt. Du kannst schließlich reiten, wann immer du willst. Das ist für dich sicher nichts Besonderes mehr."
Sie schwieg einen Moment. "Fängst du mich auf?" Er nickte und sie ließ sich schließlich vorsichtig aus dem Sattel in seine Arme gleiten, ihre um seinen Hals geschlungen. Und als sie ihm in die Augen sah, war alles plötzlich ganz anders...

Robin freute sich darüber, wie unglaublich glücklich Rose über diesen ersten Ritt war. Sie glücklich zu sehen, stellte ihn unglaublich zufrieden. "Na bitte. Und wenn wir nun regelmäßig üben, bist du bald eine richtig gute Reiterin." lobte er sie, um ihr im nächsten Moment aus dem Sattel zu helfen.
Als sie die Arme um seinen Hals schlang und er seine Hände an ihre Hüften legte, um sie aufzufangen, wurde dieses Kribbeln, das er in ihrer Gegenwart spürte deutlicher, meldete sich eindeutig zu Wort.
"Ich ... es freut mich, dass ich dir eine Freude machen konnte." murmelte Robin während er ihrem Blick begegnete und sich für einen Moment darin verlor. Er schluckte leicht und legte im nächsten Moment die Hand an ihre Wange und küsste sie.
Er hatte einfach nicht widerstehen können, sie verdrehte ihm mit ihrer Art regelmäßig den Kopf und sie nun so dicht bei sich zu haben ... er konnte einfach nicht anders als ihre Lippen mit den seinen zu verschließen.

Rose

"Meinst du wirklich?" Rose lächelte, als sie schließlich vor ihm stand und er die Hände an ihre Hüfte gelegt hatte. So nah war ihr noch nie ein Mann gewesen und ein leichtes Schwindelgefühl erfasste sie in seiner Gegenwart, ihr Bauch kribbelte und sie konnte ihren Blick nicht mehr lösen. Als er sie im nächsten Moment küsste, fühlte sie sich, als würde etwas in ihr explodieren. Sie hatte geglaubt, das Reiten würde das schönste Gefühl der Welt verursachen...sie hatte sich geirrt. Das hier war es. Es war fantastisch und sie fühlte sich, als sei sie angekommen, obwohl sie noch nie geküsst worden war.
Einen kurzen Augenblick ließ sie es einfach nur geschehen, dann begann sie den Kuss vorsichtig zu erwidern. Sie hatte von Anfang an gewusst, dass dieser Fremde etwas Besonderes war. Etwas ganz Besonderes...Und dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte.
Rose schloss die Augen und genoss einfach nur das, was er in ihr auslöste.

"Aber natürlich." bestätigte Robin. "Wenn ich die Feldarbeit lernen kann, kannst du auch das Reiten lernen."
Als Robin Rose küsste hatte er zunächst Sorge gehabt, sie würde vielleicht zurück weichen oder ihn von sich stoßen, doch das Gegenteil war der Fall, sie begann sogar den Kuss zu erwidern.
Bestärkt durch diese Reaktion zog Robin sie etwas enger an sich. "Du bist wundervoll, hat dir das schon mal jemand gesagt?" murmelte er als sich ihre Lippen schließlich von einander lösten. Er sah sie einen Moment lang nur lächelnd an und gab ihr dann noch einmal einen etwas kürzeren Kuss.
Es fühlte sich gut an sie in den Armen zu halten und dass seine Gefühle erwidert wurde, machte Robin mehr als zufrieden. Allerdings würde er so nicht umhin kommen mit Tom zu sprechen, schließlich würde das hier kaum lange geheim bleiben und Robin wollte nicht, dass sein Gönner schlecht von ihm dachte.

Rose

"Ja, vermutlich hast du Recht." Rose fühlte sich glücklich wie noch nie zuvor und am liebsten hätte sie ihn gar nicht mehr los gelassen. "Nein...", sagte sie leise. "Aber es hört sich so gut an." Dass er ihr ein solches Kompliment machte, sagte ihr viel und sie wusste einfach, dass er perfekt war. Sie wollte verdrängen, dass er eigentlich nicht hier her gehörte und dass er vielleicht irgendwo Familie hatte. Sie wollte, dass er bei ihr blieb und mit ihr eine Familie gründete. Dass er sie zu seiner Frau nahm, wie es sich gehörte. Er empfand für sie und sie für ihn. Eigentlich war die Lage klar. Wenn da nicht seine Vergangenheit wäre. Aber vielleicht erinnerte er sich ja nie mehr und begann einfach ein neues Leben mit ihr und mit ihrer Familie.
"Wirst du mit meinem Vater reden?", fragte sie leise. Denn das musste er ganz dringend tun, wenn das zwischen ihnen noch weiter ging. "Ich möchte, dass du bei mir bleibst. Du weißt nicht, wohin du gehörst, also gehörst du jetzt zu uns. Zu mir."
Rose schaute ihn ernst an. "Du bedeutest mir so viel und du machst mich glücklich. Deine Vergangenheit ist egal, wichtig ist die Zukunft."

Robin schluckte kurz. Ganz so einfach war das eigentlich nicht, was sie beide sich gerade ausmalten. Wer wusste, wo er eigentlich hin gehörte? Aber was halfen solche Gedanken, wenn er sich ohnehin nicht erinnern konnte?
"Rose, ich ... ich weiß nicht, ob es nicht vielleicht jemanden gibt, der auf mich wartet." begann er zögerlich und strich ihr sanft über die Wange. "Aber ich werde mit Tom sprechen. Ich würde gerne hier bleiben bei euch ... bei dir." fuhr er fort, sah Rose einen Moment lang schweigend an, dann gab er ihr einen weiteren Kuss.
Hätte er sich nicht spätestens jetzt daran erinnern müssen, wenn er tatsächlich Frau und Kinder hatte? Jetzt, wo er eine andere küsste und ihr versprach bei ihr zu bleiben? Vielleicht gab es ja tatsächlich niemanden ... oder jemanden, den er ohnehin verlassen hatte oder es tun wollte und sich deshalb nicht daran erinnerte.
Für Robin war gerade jedoch nur die Aussicht auf ihre Zukunft wichtig. Er könnte gut damit leben hier zu bleiben und irgendwann Toms Hof zu übernehmen, mit Rose an seiner Seite.

Rose

"Wenn jemand auf dich warten würde, der dir etwas bedeutet, würdest du es dann nicht spüren? Du spürst nichts, deine Augen sind ehrlich, wenn du mich küsst und mich ansiehst. Verstehst du? Wenn du eine Frau lieben würdest, würde dein Herz es dir sagen. Also gehörst du zu mir.", entgegnete Rose eine Spur verzweifelt. Sie wollte nicht, dass er wieder fort ging und sie allein ließ. Sie brauchte ihn - sie liebte ihn doch!
"Ja, sprich mit meinem Vater. Mein Vater würde dich so gerne in unsere Familie aufnehmen. Ich will, dass du bei mir bleibst. Dass wir zusammen sein können und irgendwann eine eigene Familie gründen."
Rose legte die Hände an seine Wangen.
"Die Zukunft zählt. Du kannst dich jetzt noch nicht erinnern, also wirst du dich wohl auch nicht mehr erinnern. Die Chance ist so gering. Lass deine Vergangenheit ruhen, hier hast du ein neues Leben. Ein Leben mit mir...Bedeutet das denn gar nichts für dich?"

Robin legte die Stirn an ihre und lächelte. "Vermutlich hast du recht." stimmte er ihr dann zu. Wenn er in sich hinein lauschte, war da nichts ... nichts außer den Gefühlen, die er für Rose empfand und die ihm rieten hier zu bleiben.
Er legte die Arme um Roses Hüften und zog sie eng an sich. "Es bedeutet mir sogar eine ganze Menge, Rose." erklärte er dann und strich ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr. "Allerdings solltest du beten, dass ich noch etwas geschickter auf dem Feld werde, sonst wirst du einen recht erfolglosen Bauern zum Mann bekommen." scherzte er dann und hob sie spontan hoch, um sich mit ihr einmal im Kreis zu drehen.
"Na komm, wir sollten den Dicken in den Stall bringen, er hatte einen langen Tag." schlug er dann vor. Immerhin hatte der Fuchs heute bereits fleißig mit auf dem Feld geholfen und hatte nun auch noch so brav Rose durch die Gegend getragen, da hatte er sein Futter heute erst recht verdient.

Joanna seufzte schwer und klopfte an die Tür. Sie hätte nie geglaubt das hier einmal freiwillig zu tun, aber ihr blieb gar keine Wahl. Bei Henry war sie schon gewesen - erfolglos - und wurde beinahe wahnsinnig vor Sorge. Sie trat ein, als sie dazu aufgefordert wurde und richtete ihren Blick auf Eleonore.
"Ich muss Euch sprechen, Majestät.", sagte Joanna leise.Sie hasste es, ausgerechnet zu Eleonore gehen zu müssen, aber es gab keine andere Möglichkeit mehr. "Wisst Ihr, wo William sich aufhält? Erledigt er vielleicht einen Auftrag für Euch? Ich muss es wissen, ich...ich mache mir solche Sorgen." Wieder standen die Tränen in ihren Augen und sie hasste sich dafür, dass sie Eleonore ihre Schwäche so zeigte.
"Er ist seit zwei Wochen nicht nach Hause gekommen, ohne irgendeine Nachricht, das sieht ihm so gar nicht ähnlich. Ich habe solche Angst, dass ihm etwas zugestoßen ist. Wisst Ihr irgendetwas? Bitte sagt es mir....."

Eleonore zog überrascht die Augenbrauen in die Höhe als Joanna ihr gemacht betrat. Sie hätte nie gedacht, dass sie einmal freiwillig zu ihr kommen würde, doch Eleonore hatte keine Ahnung was sie hier her gebracht haben sollte.
"Setz Euch." wies sie Joanna an und lauschte dann aufmerksam ihren Worten.
Mit einer Mischung aus Verwunderung und Sorge runzelte sie schließlich die Stirn. "Ich weiß nur, dass er nach Norfolk wollte, aber das wisst Ihr ja sicher selbst. Warum er jedoch noch nicht wieder aufgetaucht ist, kann ich Euch nicht beantworten." erwiderte sie dann.
Das klang in der Tat nicht nach William. Wann immer er unterwegs war, sorgte er dafür, dass man immer einen Zeitrahmen wusste in dem er fort sein würde und sobald sich etwas änderte, ließ er eine Nachricht kommen.
"Das ist in der Tat mehr als eigenartig. Mit meinem Mann habt Ihr schon gesprochen, nehme ich an?" fragte sie dann. Joanna würde wohl kaum erst zu ihr kommen, wenn Henry vielleicht in der Lage war das Rätsel zu lösen.

Joanna konnte Eleonore die Überraschung ansehen, dass ausgerechnet sie sie aufsuchte, ließ sich aber folgsam auf einen Stuhl sinken. Mittlerweile war sie mit den Nerven völlig am Ende, Eleonore war ihre letzte Hoffnung gewesen. Und diese erfüllte sich nun nicht. Niemand wusste, wo William war. Er war verschwunden und konnte schwer verletzt oder tot irgendwo liegen. Was, wenn sie ihn diesmal verlieren würde? Ohne ihn schaffte sie das alles doch gar nicht!
"Ja, das weiß ich auch. Und ich war bei Henry, aber er hat auch nichts gehört und niemand weiß, wo er ist, nur dass er längst zurück sein sollte. Keine Nachricht, kein Lebenszeichen....nichts." Joanna legte die Hände vor das Gesicht und brach endgültig in Tränen aus. "Ich habe solche Angst um ihn. Es könnte ihm so viel passiert sein...."
Und sie konnte nicht fassen, dass sie mit Eleonore redete.

Eleonore biss die Zähne aufeinander. Die Nachricht von Williams Verschwinden ließ sie keineswegs kalt, im Gegenteil. Und sie musste sich eingestehen, dass sie Mitleid mit Joanna hatte. Wenn es sie selbst schon so traf, dass William verschwunden war, wie musste es dann erst seiner Frau gehen?
Sie zögerte einen Moment, streckte dann jedoch langsam die Hand nach Joanna aus, um sie ihr auf die Schulter zu legen. "Ich weiß, dass sich das nicht viel versprechend anhört, aber ... macht Euch keine Sorgen, wir werden ihn finden. Ich werde Euch alle Unterstützung zukommen lassen, die Ihr benötigt. Sei es bei der Suche nach ihm oder um Aufgaben in Cornwall zu bewältigen. Sprecht aus, was Ihr braucht und ihr bekommt es." versicherte sie Joanna dann.

Joanna schluckte. Sie war wirklich überrascht, dass Eleonore ihr so bereitwillig Hilfe anbot, schließlich waren sie in den letzten Monaten nicht gut miteinander ausgekommen.
"Ich möchte mich auf den Weg machen um ihn selbst zu suchen. Einfach nur abwarten, das kann ich nicht, das würde mich wahnsinnig machen. Ich würde gerne Geoffrey mitnehmen, aber John kann Cornwall nicht allein verwalten, schließlich hat er noch Familie und wird die Kinder unter seine Fittiche nehmen. Ich bräuchte einen zuverlässigen Mann, der das tun kann, aber sich nicht anmaßt, eigenmächtig weitreichende Entscheidungen zu treffen und sich in fremde Angelegenheiten einzumischen. Kennt Ihr so jemanden?"
Joanna wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und schaute Eleonore ein wenig zweifelnd an. "Warum tut Ihr das? Warum wollt Ihr mir helfen? Müsste es Euch nicht freuen mich so zu sehen?"

Eleonore nickte. "Ich werde mich darum kümmern. Keine Sorge, ich habe da schon jemand geeignetes im Sinn." beruhigte sie Joanna und sah sie dann ernst an.
"Das hat mehrere Gründe." erklärte sie dann ruhig. "Zum einen bin ich nicht ganz so niederträchtig, wie ihr denkt. Und dann weiß ich, wie es sich anfühlt den eigenen Mann zu verlieren. Mit dem Unterschied, dass ich meinen fast jeden Tag zu sehen bekomme und ihn trotzdem nicht mehr bei mir habe." Sie seufzte leise und sah Joanna nachdenklich an. "Und zudem liegt mir einiges an Eurem Mann, was hätte ich also davon, wenn er verschollen bleibt? Ich sehe ihn lieber in Euren Armen als ihn ganz verloren zu wissen." fuhr sie dann fort, um Joanna verständlich zu machen, wieso sie so handelte.

"Das ist gut.", seufzte Joanna leise. "Ich habe immer bedauert, wie Henry Euch behandelt.", begann sie dann leise. " Das verdient keine Frau. Aber ich weiß auch, dass er....dass er Jane wirklich liebt. Es ist anders als sonst, er hat sich verändert. Aber das rechtfertigt dennoch nicht, wie er in den letzten Jahren mit Euch umgegangen ist.", gestand sie schließlich ein. "Ich....will wirklich nicht ständig mit Euch streiten. Aber es tut mir weh daran erinnert zu werden, dass er...Euch so nahe war und dass ihr eine Tochter habt. Weil ich ihn so sehr liebe. Ich würde für ihn sterben, wenn es sein müsste. Ich gebe zu, ich habe mich auch nicht sehr zurückhaltend benommen, aber wenn Ihr mich ständig provoziert...ich kann mich einfach nicht beherrschen, es geht nicht. Aber ich war schon immer eher....temperamentvoll. Zurückhaltung ist nicht meine Stärke."
Wenn sie schon zusammen arbeiten mussten, war es besser, wenn zwischen ihnen die Fronten geklärt waren.

Eleonore lächelte müde. "Lasst uns jetzt nicht über seine neuste Geliebte sprechen, ja? Es reicht mir, wenn ich jeden Tag über sie nachdenken muss." erwiderte Eleonore und seufzte erneut. "Wisst Ihr ... Euer Mann ist wahrscheinlich der Einzige, der mir gegenüber eine Zuneigung empfindet, die nicht aus meiner Position heraus resultiert. Er war lange Jahre mein bester Freund und Vertrauter bevor Ihr kamt. Es ist nicht ganz einfach, wenn man erst seinen Ehemann an andere Frauen verliert und dann auch noch den einzig wahren Freund für eine andere gehen lassen muss." erwiderte Eleonore.
Sie hätte nie erwartet, dass sie mit Joanna einmal ein solches Gespräch führen würde ohne dass sie beide sich gegenseitig an die Gurgel gingen.

Joanna nickte leicht. Sie konnte Eleonore in diesem Punkt verstehen, aber Jane war ihre Freundin. Deshalb hielt sie sich da besser raus. "Ich habe Euch früher auch gern gehabt. nicht Eurer Position wegen, so bin ich einfach nicht. Euretwegen. Und was tut Ihr? Ihr steigt mit meinem Mann ins Bett, nachdem ich zwei Wochen vorher sein Kind zur Welt gebracht habe. Und da wundert Ihr Euch, dass Ihr ihn verliert? Ich hatte nichts gegen Eure Freundschaft, ich hätte ihm blind vertraut. Aber das kann ich jetzt nicht mehr so bedingungslos wie vorher. Weil ich weiß, was passiert ist. Ihr hättet ihn nicht gehen lassen müssen, ich war bereit das zu akzeptieren. Aber nicht, wenn ich Angst haben muss, wieder hintergangen zu werden. Ihr könnt das vielleicht nicht verstehen, aber William ist für mich einfach...der Eine. Ich würde alles für ihn tun, er ist meine große Liebe. Und darum verletzt es mich so. Ich habe Angst ihn zu verlieren. Ich hatte nie die Absicht Eure Freundschaft zu ihm zu zerstören. Aber wenn ich Euretwegen zweifeln muss....wie soll ich da eure Freundschaft bestehen lassen können? Ich wäre auch Eure Freundin gewesen. Aber nicht so...."

Eleonore lächelte schief. "Ja, wahrscheinlich war das ein Fehler, den ich nie hätte begehen sollen. Aber - verzeiht die Wortwahl - Ihr seid wirklich dumm, ihm deswegen nicht mehr zu vertrauen. Glaubt Ihr wirklich, er würde das noch ein einziges Mal tun?" Eleonore schüttelte den Kopf. "Eher würde er sich wahrscheinlich in sein Schwert stürzen als Euch noch einmal zu betrügen, der verliebte Dummkopf." erklärte Eleonore sanft.
Jedes Mal, wenn sie William begegnete, spürte sie einen leisen Neid in sich aufsteigen. Warum hatte sie nicht einen solchen Mann an ihrer Seite? Oder wenigstens einen, der sie nicht permanent hinter gang, sondern wert schätzte, was er an ihr hatte.
"Es ist gar nicht so einfach Euch zuzusehen, wie Ihr von ihm überschüttet werdet mit Liebe. Besonders nicht, wenn man selbst nichts davon zu spüren bekommt."

"Ich vertraue ihm durchaus. Nur nicht mehr so bedingungslos wie zuvor, auch wenn ich mir Mühe gebe. Ein bisschen Zeit brauche ich noch, bis ich soweit bin. Aber ich glaube nicht, dass er es noch einmal tun würde. Ich weiß, dass er es nicht mehr tun wird. Ich weiß, wie er gelitten hat. Aber es ist einfach...schwer. Ich würde ihm das niemals antun und er hat es getan. Aber ich habe ihm schon lange verziehen."
Joanna seufzte leise. "Ich kann das verstehen. Aber ich habe auch so lange gekämpft, damit ich ihn bei mir haben kann. Ihr könnt da einfach nicht dazwischen. Aber ich weiß, dass es hart ist, sich ungeliebt zu fühlen. Ich war sechs Jahre lang im Kloster und glaubte, er habe mich vergessen. Ihr werdet auch jemanden finden, der Euch liebt. Henry hindert seine Ehe daran ja auch nicht. Warum sollte Euch das Recht nicht zustehen?"
Joanna konnte nicht fassen, was sie da gerade tat. Aber es war gut, endlich dieses Hindernis aus der Welt zu schaffen.
"Dieser ewige Streit belastet uns nur. Ich will das nicht mehr. Und es tut mir leid, dass ich so eifersüchtig war. Aber Ihr habt mir auch allen Grund dafür gegeben..."

"Es wäre schön, wenn Ihr recht behaltet. Es fällt nur schwer, einen Mann aus dem Herzen zu streichen, den man geliebt hat, auch wenn er mir mit seinen Affären allen Grund dazu gibt ihn zu hassen." erwiderte Eleonore. Denn zwischen ihr und Henry hatte es bei weitem nicht immer so ausgesehen wie jetzt. Sie hatte Henry Plantagenêt geliebt, sie war vernarrt gewesen in seine offene, lebenslustige Art, besonders nach einem solchen Mann wie Louis. Er hatte ihr unwahrscheinlich gut getan - bis er anfing sich jüngere Frauen ins Bett zu holen.
Sie lächelte als Joanna sich bei ihr entschuldigte und griff dann nach der Hand ihrer ehemaligen Hofdame. "Es tut mir Leid, dass ich Euch solchen Schmerz zugefügt habe. Glaubt mir, das war keineswegs das, was ich im Sinn hatte als ich mit Eurem Mann schlief."