William und Joanna - bis 1188

Helene

Helene war beunruhigt. Edward hatte eine Verabredung mit einem der benachbarten Grafen, der jederzeit eintreffen konnte, war aber nicht auffindbar. Das war wirklich untypisch, schließlich war Edward wieder auf den beinenund ging seinen Pflichten wieder zuverlässig nach.
Sie hatte schon in den Ställen nachgesehen, war aber schließlich nach erfolgloser Suche in ihr Gemach zurückgekehrt. Und dort hatte sie ihn gefunden.
Verträumt saß ihr Mann in der Nische und starrte abwesend nach draußen. Helene trat zu ihm. "Edward....es wird Zeit. Der Graf trifft gleich ein und du bist noch nicht umgezogen. Du solltest dich beeilen. Ich habe dich schon gesucht."

Edward hörte eine Stimme, die seinen Namen rief. Eine Stimme, die ihm irgendwie vertraut vor kam, aber sie klang so ... dumpf, als wäre sie weit weg oder müsste durch eine dicke Mauer hindurch dringen. Aber trotzdem reichte sie aus, um seinen wundervollen Traum ein wenig ins Wanken zu bringen. "Julia?" murmelte er leise und eine Spur undeutlich. Dann wieder diese Stimme ... Sätze, die nicht so wirklich zu ihm durchdrangen, aber Edward zwang sich schließlich dazu die Augen zu öffnen und den Kopf zu drehen.
Er musste blinzeln und nur langsam klärte sich sein Blick. "Helene ..." stellte er beinahe ernüchtert fest. Es war Helene, nicht Julia. Julia war fort ...
Edward zuckte leicht mit den Schultern und versuchte Helene weiter anzusehen, wenngleich es ihm schwer fiel den Blick fokussiert zu halten. "Sprich du doch mit ihm." schlug er schließlich ein wenig schleppend vor und grinste leicht. "Ich ... ich hab jetzt keine Zeit." erklärte Edward dann, als wäre das doch offensichtlich.

Helene

Helene runzelte die Stirn, als er sie mit dem Namen seiner verstorbenen Frau ansprach. Edward wirkte völlig neben sich, selbst, als er sie schließlich erkannte.
"Natürlich Helene, wer denn sonst?" Sie schüttelte verständnislos den Kopf. "Aber Edward, ich kann nicht mit ihm reden. Ich habe gar keine Ahnung von den Grenzen, über die ihr sprechen wolltet. Du hast dich doch so dafür eingesetzt, dass er her kommt."
Sie musterte ihn besorgt. Edward schien regelrecht durch sie hindurch zu sehen und dann dieses abwesende Grinsen. Als wäre er weit weg. Seine Augen waren so glasig, nicht so strahlend blau wie gewöhnlich.
"Keine Zeit? Aber du sitzt doch nur hier. Edward..." Sie legte die Hand auf seinen Unterarm. "Fühlst du dich nicht gut? Hast du Schmerzen? Soll ich den Arzt holen?"

Edward zuckte mit den Schultern. "Grade war ... Julia noch hier ..." erwiderte er fast ein wenig irritiert und ließ den Blick kurz schweifen, so als würde er sie hier im Gemach suchen. "Ich hab auch keine Ahnung davon. Du kannst also ruhig mit ihm reden." stellte er fest und unterdrückte ein Kichern.
"Hier sitzen? Nein. Nein, ich ... ich muss ausreiten." erwiderte Edward. Ausreiten und diese Lichtung wieder finden an der er gerade noch mit Julia gewesen war. Wieso war er jetzt eigentlich wieder in seinem Gemach?
Als Helene eine Hand auf seinen Unterarm legte, gab das Edward den Antrieb aufzustehen, entschlossen sein Vorhaben umzusetzen und sich auf die Suche zu machen. Doch kaum war er auf den Beinen, begann sich das Gemach um ihn herum zu drehen und Edward stützte sich mit einer Hand an der Mauer und mit der anderen an Helenes Schulter ab. "Schmerzen? Nein, ich glaube, ich ... ich muss mich nur kurz hinlegen. Geht gleich wieder." versicherte er Helene halb belustigt, halb verwirrt darüber, dass sich der Boden unter seinen Füßen noch immer zu bewegen schien.

Helene

Helene war nun vollends verwirrt. "Edward...Julia ist seit Jahren tot. Sie war nicht hier. Nur ich bin hier bei dir.", erwiderte sie. "Natürlich hast du Ahnung davon, deshalb hast du ihn ja eingeladen! Du...du musst ausreiten? Ich glaube nicht, dass das nun eine gute Idee ist, cheri. Du bist völlig neben dir!"
Sie schluckte, als er aufstand und ins Schwanken geriet.
"Ja, hinlegen ist gut. Komm, ich helfe dir." Im Bett würde Edward wenigstens keinen Unfug machen. "Hast du getrunken?"
Sie half Edward auf das Bett. "Bleib einfach einen Moment liegen, ruh dich aus. Dann kannst du immer noch deinen Ausritt machen."
Helene wusste sich nicht mehr anders zu helfen, als einen Diener nach Eric zu schicken. Das hier berforderte sie völlig.

Edward runzelte die Stirn. Tot? Seit Jahren? "Nein, sie war hier ... bei mir. Wir waren im Wald ..." hielt er irritiert dagegen. Nun, Julia war nicht hier in seinem Gemach gewesen, aber er ja eigentlich auch nicht ... sie waren unterwegs gewesen und nun plötzlich saß er hier und Helene war bei ihm.
Edward folgte Helenes Angebot und stützte sich auf ihr ab, während sie ihn zum Bett hinüber führte. Ein Grinsen huschte über seine Lippen. "Getrunken?" wiederholte er erstaunt, sah zu dem Tisch hinüber und nickte dann. "Ja. Ja, aber nur ein wenig." Er hielt Daumen und Zeigefinger mit geringem Abstand zueinander in die Höhe, um Helene zu verdeutlichen, dass er nur einen Schluck Wein getrunken hatte.
Er ließ sich auf das Bett sinken und nickte. "Ja, das ist gut. Ich muss nachher noch ausreiten." Nicht, dass Julia zu lange auf ihn warten musste.
Edward hatte den Eindruck, dass er sich gerade erst gesetzt hatte als die Tür aufging und Eric herein kam. "Eric!" Edward schenkte seinem Knappen ein strahlendes Lächeln. Eric würde ihn sicher verstehen! Edward versuchte wieder aufzustehen - ein nicht ganz einfaches Unterfangen, drehte sich das Gemach um ihn herum doch bei jeder Bewegung die er tat. "Eric, lass mein Pferd satteln, ja? Ich muss ausreiten. Julia und ich waren im Wald, ich kann sie doch nicht allein dort warten lassen!" berichtete er seinem Knappen von seiner Sorge um Julia.

Helene

"Edward, du warst die ganze Zeit hier, nicht im Wald. Julia ist tot.", versuchte Helene ihrem Mann ein bisschen verzweifelt klar zu machen.
"So viel? Das glaube ich aber nicht, so wie du dich aufführst." Wie viel hatte Edward bloß in sich hinein geschüttet? "Du kannst so nicht ausreiten! Du wirst dich zu Tode stürzen."
Als Eric herein kam und seinen belustigten Herrn staunend betrachtete, trat Helene auf ihn zu. "Eric, du musst mir helfen. Ich habe keine Ahnung, was ich mit ihm machen soll. Er redet die ganze Zeit solchen Unsinn von Julia und dass ich mit dem Grafen reden soll, weil er auch keine Ahnung hätte. Er sagt aber, er hätte nur einen Schluck getrunken.", erklärte sie sorgenvoll.
"Edward, niemand wartet auf dich im Wald. Du kannst jetzt nicht reiten!"

Eric

Edward schüttelte den Kopf. "Jetzt bin ich hier, aber vorher nicht." belehrte er Helene und ging über ihre erneute Bemerkung, Julia sei tot, einfach hinweg. Eben war Julia noch bei ihm gewesen, sie konnte also nicht tot sein. Sie war wieder hier!
"So nicht, aber ... aber wenn ich mich ausgeruht habe, kann ich." erklärte Edward mit einem siegreichen Lächeln und lehnte den Kopf gegen den Bettpfosten, um Eric und Helene zu beobachten.
Eric warf seinem Herren einen Blick zu und schon Edwards Reaktion bestätigte Erics Befürchtung. Er hatte schon länger einen Verdacht gehegt, hatte sich Sorgen gemacht und das hier, das war nun der eindeutige Beweis dafür, dass Edward wieder rückfällig geworden war. Eric seufzte leise. "Tja, vermutlich erinnert er sich nur noch an einen Schluck." murmelte er und trat an das Bett um Edward wieder auf die Matratze hinab zu drücken als er versuchte aufzustehen. Eric brauchte nicht lange nachzudenken um eine Entscheidung zu treffen. Er sah Helene an und seufzte leise. "Geht, Mylady. Ich kümmere mich um ihn. Ihr müsst alles für den Grafen vorbereiten. Sagt ihm, Euer Gemahl sei krank ... notfalls erzählt ihm von dem Jagdunfall und sagt, eine der Wunden sei wieder aufgebrochen, denkt Euch irgendetwas aus, aber in dem Zustand kann der Earl nie im Leben irgendwelche Verhandlungen führen.
Edward hatte den Blick zwischen seiner Frau und seinem Knappen hin und her wandern lassen, hatte dem Gespräch aber nicht wirklich folgen können. "Eric ... ich habe wirklich nur so viel getrunken. Helene glaubt mir nicht." erklärte er und hielt erneut Daumen und Zeigefinger in die Höhe. "Nur so viel!" beteuerte Edward.

Helene

"Mon dieu, ich weiß wirklich nicht, was in ihn gefahren ist.", murmelte Helene fassungslos. Während Eric zu Edward ging, warf Helene einen Blick in die Weinkaraffe, um nachzusehen, wie viel er wirklich getrunken hatte.
"Aber es fehlt kaum etwas, Eric. Es sei denn, er hat sich neuen Wein bringen lassen. Ich verstehe das nicht, am hellichten Tage. Es geht ihm doch gut."
Sie schaute Eric zweifelnd an. "Ich weiß gar nicht, was ich ihm sagen soll. Er wollte mit Edward über ein paar Grenzverläufe reden. Ich habe nicht das geringste Wissen darüber. Aber du hast Recht, so kann er wirklich nicht mit dem Grafen sprechen. Ich muss einfach hoffen, dass ich das in seinem Sinne regeln kann."
Helene drehte sich zur Tür, hielt noch einmal inne.
"Glaubst du wirklich, er hat nur zu viel getrunken? Er war sonst nie so neben sich, wenn er getrunken hatte."

Eric

"So wie er sich benimmt, hat er sich mehr als einmal neuen Wein bringen lassen." erwiderte Eric und sah Helene dann eindringlich an. "Sprecht mit dem Grafen und wenn Ihr Euch nicht sicher seid, dann müssen diese Grenzen eben warten und Ihr ladet den Grafen noch ein weiteres Mal hier her ein. Haltet Ihn bei Laune und beteuert, dass es Euch Leid tut, die Erkrankung Eures Mannes aber erst heute so stark wieder aufgetreten ist, dass er das Bett nicht verlassen kann."
Edward griff nach Erics Arm. "Ich kann mein Bett verlassen!" protestierte er entschlossen. "Ich war gerade noch ausreiten." Eric unterdrückte ein Stöhnen. "Ich weiß, Mylord. Ich weiß ..."
Er wandte sich Helene noch einmal zu und zuckte mit den Schultern. "Das muss er wohl, oder habt Ihr eine andere Erklärung? Ich bin sicher, wenn er etwas geschlafen hat, wird es ihm wieder gut gehen."
Edward beobachtete wie Helene ihn ein letztes Mal besorgt ansah und dann aus dem Gemach verschwand. "Eric!" Seine Stimme war ein wenig gesenkt, so als hätte er Angst, man würde sie belauschen. "Eric, Julia ist wieder da. Sie ist hier, im Wald. Helene ist nur eifersüchtig, deshalb sagt sie, es würde nicht stimmen." Edward drückte sich in die Höhe und wollte an Eric vorbei treten. "Ich muss sie suchen ..."

Helene Eric

"Ich...ja, ich werde sehen, was ich tun kann. Er wird es mir schon abkaufen. Wenn nur nicht gerade dieser Graf etwas gegen Franzosen hätte..." Helene seufzte schwer und nach einem letzten Blick verließ sie das Zimmer. Sie machte sich nun wirklich Sorgen.
Eric atmete ein wenig erleichtert durch. Offenbar hatte Edward Helene nicht in seine Probleme eingeweiht. Und er wollte nun wirklich nicht derjenige sein, der es tat.
"Mylord..." Er hielt Edward an den Schultern auf und drückte ihn aufs Bett zurück. Inzwischen hatte er eine stämmige Statur entwickelt, sodass ihm dies auch gut gelang.
"Ihr müsst jetzt gar nichts, Euch nur ausruhen. Verdammt noch mal, wo habt Ihr das Teufelszeug schon wieder her? Wisst Ihr nicht mehr, wie das das letzte Mal geendet hat? Die Kinder brauchen Euch! Und Helene gegenüber ist es auch nicht gerecht. Ich habe sie gerade für Euch angelogen!"
Eigentlich wusste er, dass es wohl eher sinnlos war, ihm das zu sagen, aber er musste seinen Gefühlen Raum verschaffen.

Edward hatte Eric in diesem Zustand nicht wirklich fiel entgegen zu setzen, also fand er sich im nächsten Moment erneut auf dem Bett wieder. "Teufels ... zeug?" wiederholte Edward mit gerunzelter Stirn und dachte über dieses Wort nach. "Das klingt seltsam, Eric ... der Teufel war doch gar nicht hier."
Edward setzte sich etwas auf, da der Raum um ihn herum sich jedoch wieder zu drehen begann, beließ er es dabei und verzichtete darauf, erneut aufzustehen. "Ich nehme nur, was der Arzt mir gegeben hat." erklärte Edward und lächelte leicht. "Gegen die Schmerzen, weißt du? Helene hat gesagt, ich solle mir das Leben doch nicht schwerer machen und etwas gegen die Schmerzen nehmen."
Edward griff nach Erics Arm und zog seinen Knappen etwas zu sich. "Eric, wir müssen Julia wiederfinden. Sie wartet sicher ganz allein im Wald, jetzt wo ich hier bin ... wir waren auf der kleinen Lichtung. Dort ist sie bestimmt immer noch." vertraute er sich seinem Knappen an.

Eric

Eric atmete langsam durch und rieb sich hilflos die Stirn. So neben sich war Edward noch nie gewesen. Er musste es heute wahrlich übertrieben haben mit der Menge.
"Nein, natürlich nicht. Ihr nehmt, was der Arzt Euch gegeben hat. Und Ihr seid nicht auf die Idee gekommen Helene oder dem Arzt zu sagen, dass Ihr kein Opium vertragt? Ach, was rede ich eigentlich mit Euch jetzt darüber..."
Es war zum Haare raufen. Da hatten sie alle geglaubt, Edward habe es im Griff und bei der ersten Gelegenheit wurde er rückfällig. Nur, weil Edward seiner Frau nicht vertraute, die sein Bestes gewollt hatte.
Er beugte sich notgedrungen zu Edward hinunter.
"Mylord, so könnt Ihr nicht in den Wald. Wisst Ihr was? Bleibt doch einfach hier und ruht Euch etwas aus...und ich werde Julia für Euch suchen gehen. Ihr vertraut mir doch.", folgte Eric einer Eingebung um seinen Herrn ruhig zu stellen. Er musste Robert schreiben, es hatte keinen Zweck. Allein würde Edward hier nicht heraus finden und es war nicht seine Aufgabe Helene einzuweihen.

Edward legte die Stirn in Falten. "Aber ... wieso vertrage ich es nicht?" fragte er ein wenig verwirrt. "Mir geht es doch gut, Eric. Wirklich." Edward lächelte geruhsam. "Es hat gegen die Schmerzen geholfen."
Als Eric sich zu ihm hinunter beugte und seinen Vorschlag unterbreitete, begannen Edwards Augen zu leuchten und seine Miene hellte sich auf. "Du bist ein guter Junge, Eric!" erklärte er eifrig und klopfte seinem Knappen auf die Schulter. "Ein guter Junge."
Zufrieden mit der Lösung ließ Edward sich zurück in die Kissen sinken. "Sag ihr, es tut mir Leid, dass ich sie alleine gelassen habe." bat er dann und lächelte. "Ich mache es wieder gut, wenn sie hier ist. Sag ihr das."

Eric

"Weil....weil Ihr dann immer mehr und mehr davon wollt und nicht aufhören könnt." Eric raufte sich die Haare. Das war ja, als würde man mit einem kleinen Kind sprechen. "Ja, es hat geholfen..." Das war ja das Schlimme daran.
"Danke. Ich werde mein Bestes tun und sie finden. Ich werde ihr all das sagen, was Ihr mir aufgetragen habt."
Wie sehr Edward noch an ihr hängen musste, wenn er solche Fantasien hatte... Eric blieb neben dem Bett sitzen, bis sein Herr wirklich eingeschlafen war und machte sich dann auf den Weg, um einen Brief zu senden. Sicherheitshalber sperrte er allerdings die Tür ab. Helene würde ohnehin erst einmal mit dem Grafen beschäftigt sein.

Eric

Eric war erleichtert gewesen als am Morgen ein Bote den Bruder des Earls angekündigt hatte. Robert hatte Edward schon einmal aus diesem Sumpf herausgeholt und Eric hoffte, dass es auch dieses Mal gelingen würde.
In seinen Mantel gehüllt, wartete er im Hof darauf, dass Robert eintraf und atmete erleichtert durch als dieser schließlich mit kleiner Begleitung durch das Burgtor ritt. Eric trat vor und verneigte sich leicht. "Mylord, ich danke Euch, dass Ihr so schnell gekommen seid." Es war in den letzten Tagen nicht leichter mit Edward geworden und Eric war ziemlich machtlos gewesen. Das einzige, was er hatte tun können, war seinen Herren davor zu bewahren, dass er sich in seinem Rausch selbst ins Unglück stürzte.

Robert hatte wirklich gehofft niemals wieder eine solche Nachricht zu erhalten. Ihm stand noch deutlich vor Augen, wie Eric vor einigen Jahren verzweifelt vor ihm gestanden hatte, weil Edward im Verlies gelandet war in seinem Rausch. Wie ihm klar geworden war, worin das Problem seines kleinen Bruders wirklich bestand.
Er hatte geglaubt, Edward hätte es überstanden und ihm war nicht klar, wie es soweit hatte kommen können. Dennoch war er natürlich ohne Zögern nach Oxford geritten. Als er im Hof abstieg, wartete Eric auf ihn.
Robert legte Eric die Hand auf die Schulter. "Eric....sicher, bei so einer Nachricht komme ich sofort. Erzähl mir alles...wie konnte es überhaupt wieder soweit kommen? Wie schlimm ist es? Ich dachte wirklich, er hätte es im Griff."

Eric

Eric seufzte leise. "Es muss durch diesen Jagdunfall gekommen sein. Bevor Lucas gekommen ist, war ein Arzt aus der Stadt hier und hat Edwards Verletzungen versorgt. Er hat ihm etwas gegen die Schmerzen gegeben und auch etwas von dem Zeug hier gelassen. Helene weiß nicht, dass Edward mit Opium nicht mehr in Berührung kommen sollte und der Arzt hatte auch nicht gesagt, was es ist, was er da lässt. Ich glaube, es hat erst damit wieder angefangen, vorher war er jedenfalls völlig normal." begann Eric und führte Robert in Richtung der Burg. "Offensichtlich hat er begonnen sich neues zu besorgen nachdem der kleine Vorrat vom Arzt leer war und seit dem geht es stetig bergab. Ich hatte schon eine Vermutung, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist, da er so seltsame Stimmungsschwankungen hatte, aber sicher war ich mir erst, als ich Euch vor ein paar Tagen geschrieben habe. Da war er völlig neben sich, wir mussten sogar sein Treffen mit einem der Grafen hier absagen, weil er sich kaum auf den Beinen halten konnte und nur Unsinn erzählt hat. Er war fest davon überzeugt, dass Julia wieder da wäre ..." erklärte Eric seufzend.

Robert stöhnte leise. "Wundervoll...es hätte mich auch gewundert, wenn dieser Sturkopf ausgerechnet Helene davon erzählen würde. Das würde ihm ja als Schwäche ausgelegt werden. Und dieser Arzt konnte es natürlich auch nicht wissen. Aber was muss der Quacksalber auch gleich so heftige Mittel verteilen. John nutzt das Opium nur für ganz schlimme Fälle und greift sonst zu Kräuermischungen zurück."
Er folgte Eric Richtung Burg.
"Natürlich...er hat gemerkt, dass seine Sorgen ihm gleichgültig werden und sofort hat der Teufelskreis ihn wieder. Er wird sich noch umbringen mit diesem Zeug. Wenn ich es nicht vorher tue...", erwiderte er missmutig.
"Weiß Edward, dass ich hier bin?"

Eric

Eric nickte beklommen. "Es ist immer noch ziemlich kompliziert mit den beiden. Manchmal hat Euer Bruder Anwandlungen ... dann geht er wirklich zärtlich mit ihr um, doch im nächsten Moment streiten sie sich wieder so, dass man Sorge haben muss, sie würden sich an die Kehle gehen. Seit Lady Isabella hergekommen ist, war es eigentlich wirklich gut, aber er scheint Lady Helene immer noch nicht genug zu vertrauen, um ihr dieses Geheimnis anzuvertrauen."
Eric schüttelte den Kopf. "Nein, vermutlich hätte er mir den Hals umgedreht, hätte ich es ihm gesagt. Oder er hätte es überhaupt nicht begriffen." entgegnete Eric seufzend. "Mylord, ich muss Euch vorwarnen, ich habe keine Ahnung in welchem Zustand er gerade ist. Er hat sich in seinem Arbeitszimmer eingeschlossen. Ein paar Mal war er völlig weggetreten, dann einfach nur milde gestimmt, sogar leicht zu erheitern, aber manchmal wird er auch ausgesprochen wütend, wenn man ihn stört ..."

Robert seufzte. "Ich glaube, er spürt, dass Helene ihm gar nicht so schlecht tut, hängt aber noch zu sehr an Julia. Er hat ein schlechtes Gewissen, wenn er sich auf Helene einlässt. Und wie soll Helene das begreifen? Dass es Streit gibt bei den beiden Sturköpfen wundert mich nicht. Edward ist ohnehin nicht gerade feinfühlig."
Er nickte knapp.
"Ja, du hast wohl Recht. Es ist schon gut, Eric. Ich kenne meinen Bruder, ich kann ihn einschätzen. Ich werde mir zu helfen wissen. Sei so gut und warte draußen. Ich will mir allein ein Bild verschaffen. Vielleicht lässt er sich dann auf mich ein."
Robert klopfte an die Tür und öffnete dann, trat vorsichtig ein. Er würde auf der Hut sein.
"Hallo, Bruderherz."

Eric

"Da habt Ihr wohl recht, Mylord." pflichtete Eric ihm bei. "Ich glaube auch, dass er insgeheim Angst davor hat, er könnte Helene so wie Julia verlieren und deshalb will er sie gar nicht erst an sich heran lassen."
Abwehrend hob er die Hände. "Nur zu gerne. Ich lege nicht zu viel Wert mehr als nötig in seine Nähe zu kommen, wenn er so ist." gestand Eric und wartete draußen auf dem Gang, während Robert an die Tür klopfte und dann eintrat.
Das Klopfen an der Tür drang durch Edwards Gedanken und holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Die Wirkung des Opiums war bereits dabei nachzulassen, nachdem er seinen Wein gleich heute Morgen damit versetzt hatte und so erkannte er auch, wer es war, der ihn da gerade aus seinem wundervollen Tagtraum gerissen hatte.
"Robert." Edward musterte seinen Bruder misstrauisch. Ob Robert Bescheid wusste? Hatte Eric, dieser kleine misstrauische Kerl ihn hergeholt? Wieso sollte Robert sonst hier sein? "Was verschafft mir die Ehre deines Besuches?" erkundigte Edward sich und erhob sich ein wenig mühsam, um seinem Bruder zur Begrüßung entgegen zu treten. "Willst du sehen, ob der Keiler mich nicht doch zerlegt hat?" Edward versuchte sich an einem Grinsen, war aber nicht sicher, ob es recht gelang.

Robert war erleichtert, dass er offenbar einen guten Moment erwischt hatte und Edward ihn erkannte. Ein normales Gespräch würde möglich sein, das war gut. Und dringend notwendig.
Er umarmte seinen Bruder kurz. "Schön dich auf den Beinen zu sehen. Wir haben uns ein bisschen Sorgen um dich gemacht, als Eric nach seinem Vater geschickt hat. John war auch sehr beunruhigt, dass er nicht selber kommen konnte. Aber Lucas wird seinem Vater immer ähnlicher, er macht seine Sache gut."
Er setzte sich Edward gegenüber auf einen Stuhl.
"Wie geht es dir? Ich wollte einmal nach dir sehen." Er legte den Kopf zur Seite und musterte seinen kleinen Bruder. Man sah ihm an, dass er wieder mehr Opium nahm. Er war blass und hatte Ringe unter den Augen, die Augen hatten noch den Rest dieses seltsamen Glanzes.
"Außerdem hat Eric mir geschrieben. Er sorgt sich. Kannst du dir vorstellen warum?"

Edward klopfte Robert leicht auf den Rücken und ließ sich dann wieder auf seinen Stuhl sinken. "Ach, alle hier haben ein viel zu großes Gewese darum gemacht." erwiderte Edward trocken. Er hatte im Grunde keine Lust auf dieses Gespräch ... wollte lieber wieder die Augen schließen und diesem verfluchten Alltag entfliehen. "Lucas hätte im Grunde nicht kommen müssen, es war ja ein Arzt aus der Stadt hier. Aber ja, der Junge weiß was er tut."
Ein wenig desinteressiert zuckte er mit den Schultern. "Wie du siehst muss ich das Bett nicht mehr hüten, aber es dauert wohl noch etwas bis ich wieder ganz hergestellt bin." Im nächsten Moment verengten sich Edwards Augen etwas. Natürlich, Eric steckte also dahinter. "Hat er das?" fragte er und ohne dass er es verhindern konnte, huschte sein Blick kurz zu der Weinkaraffe hinüber. Wie gern würde er sich jetzt noch einen Becher nehmen, ein paar Tropfen Opium hinzu und schon wäre auch Roberts Besuch unwichtig ...
"Ach, Eric macht sich immer und über alles Sorgen. Ich hab keine Ahnung, was nun dieses Mal sein Gemüt in Unruhe versetzt." entgegnete Edward abweisend.

Robert seufzte. "Du solltest froh sein, dass sie sich um dich sorgen, Edward. Du bist wichtig für sie und sie wollen, dass es dir gut geht. Sei froh, dass du dann noch eine zweite Meinung hattest. Man weiß nie, wie die Ärzte hier so sind. Außerdem war Eric froh Lucas wieder zu sehen. Es ist vermutlich hart so lange ohne seinen Zwilling."
Er beobachtete Edwards Reaktion mit Argusaugen und wurde in seinen Befürchtungen bestätigt, als Edwards Blick zum Wein huschte und er so abweisend reagierte.
"Ich denke, du hast sehr wohl eine Ahnung. Edward, hast du vergessen, was du mir versprochen hast, als ich dich aus London fort gebracht habe? Du hast mir versprochen, dass du das Zeug nicht mehr anrührst."