William und Joanna - ab 1183 bis 1184

Edward nickte. "Wirklich." bestätigte er und grinste leicht. "Das hört man gerne. Wir werden eine Menge Spaß zusammen haben, das verspreche ich dir."
Er hatte kaum ausgesprochen als eine dröhnende Stimme erklang und Edward seufzte innerlich. Betont langsam sah er auf und musterte den Kerl vor sich. "Ich denke kaum, dass sie dir gehört. Und wie mir scheint, hat sie sich für mich entschieden oder hast du keine Augen im Kopf?" entgegnete er beinahe gelangweilt. "Also solltest du besser verschwinden, du störst gewaltig."
Typen wie diesen kannte Edward zu genüge und er wusste, dass der Große nicht so schnell abziehen würde, aber er wollte es wenigstens einmal im Guten versuchen, bevor er zu härteren Mitteln griff.

Eric

Eric drückte sich tiefer in seinen Stuhl um der Aufmerksamkeit des Hünen zu entgehen. Er wusste, das würde gewaltigen Ärger geben und verfluchte sich dafür mit hierher gekommen zu sein. Er trug nicht einmal einen Dolch und er bezweifelte, dass Edward - wenn er denn eine hatte - in der Lage wäre eine Waffe zu führen. Nüchtern war er definitiv nicht mehr.
"Pass auf dein vorlautes Mundwerk auf, sonst polier ich es dir! Das Mädel hat mir schon zugesagt für heute Nacht und ich will sie haben."
Er griff das Mädchen am Arm, zog sie von Edwards Schoß und hinter sich, ehe er wütend auf den kleineren Rotschopf hinab sah.
"Verzieh dich."

Edward lachte auf und betrachtete den Kerl an ihrem Tisch mit herablassender Geringschätzung. "Das müsstest du erstmal hin kriegen, Dickerchen." erwiderte er verächtlich und leerte seinen Weinbecher mit einem großen Zug.
Als der Hüne das Mädchen am Arm packte und hinter sich zog, kam Edward rasch auf die Beine und als er seinen Gegenüber nun ansah, lag nichts spöttisches mehr in seinem Blick, von Belustigung ganz zu schweigen. Kalt maß er seinen Gegenüber. Er wusste genau, dass dieser gleich die Faust gegen ihn erheben würde, aber Edward war bereit. "Ich denke ja nicht dran." erklärte er eisig.

Eric

Eric hörte den Großen zornig nach Luft schnappen und schloss die Augen. Das konnte nicht gut gehen. Und so war er auch nicht überrascht, als es knirschte, als der Andere fest zugeschlagen und Edwards Nase verschoben hatte, Das Mädchen hatte längst das weiter gesucht und Eric saß allein hier mittem im Schauspiel.
"Ah, du elender Bastard! Dich werd ich schon noch Mores lernen!", brüllte der stattliche Mann zornig und machte sich daran mit beiden Händen auf Edward einzuschlagen.
Das war der Moment, wo Eric wirklich beunruhigt war und überlegte, wie er dabei eingreifen konnte. Doch ihm fiel nichts ein um Edward zu helfen.

Edward sah den Schlag kommen, doch er reagierte zu langsam und so landete die Faust seines Gegners krachend in seinem Gesicht und brach ihm die Nase. Er unterdrückte mit Mühe ein Stöhnen und zwang sich dazu, den Kerl trotzdem nicht aus den Augen zu lassen. So gelang es ihm dem nächsten Schlag ein wenig auszuweichen und nutzte die Bewegung, um sich nun seinerseits auf den Hünen zu stürzen und zuzuschlagen.
Edward trug unter dem Mantel zwar einen Dolch und er würde keinen Moment zögern ihn gegen diesen Bären einzusetzen, aber bevor er an den Dolch heran kam, musste er sich den Kerl etwas vom Hals halten, sonst würde dieser ihm den Schädel einschlagen, ehe Edwards Hand auch nur das Heft des Dolches berührt hatte. "Das werden wir ja sehen." knurrte Edward und platzierte einen harten Schlag genau auf das linke Ohr seines Gegners.

Eric

Eric vergrub das Gesicht in den Händen, als er Edwards Nase knirschen hörte. Das konnte einfach nicht gut gehen und er wusste nicht woin das führen sollte. Sie würden sich gegenseitig tot schlagen! Und er war sicher, dass Edwards Reaktion früher nicht so langsam gewesen wäre.
Der Hüne brüllte auf, als der nächste Schlag sein Ohr traf und stürzte sich nun erst recht auf ihn. "Du Bastard!"
Eric öffnete die Augen wieder und schaute sich hilfesuchend um. Doch es nahm wirklich kaum jemand Notiz von den Streithähnen.

Edward konnte einige Treffer landen, steckte dafür aber ebenso auch welche ein, da er einfach nicht schnell genug reagieren konnte. Wäre er nüchtern und Herr seiner Sinne gewesen, hätte er dieser Schlägerei ein schnelles Ende bereiten können, doch so war das unmöglich.
Im nächsten Moment packte der Hüne ihn am Kragen und schleuderte ihn regelrecht von sich, so das Edward krachend auf einen der Tische fiel. Das war auch der Moment in dem der Wirt sich entschied einzuschreiten. "He, ihr Lumpen! Ihr zerschlagt mir meine ganze Einrichtung!" bellte er zornig und kam auf die beiden Streithähne zu. Da Edwards Gegner einen guten Kopf größer war als der Wirt, sah dieser davon ab, den Kerl vor die Tür zu setzen und packte stattdessen Edward am Arm, zog ihn auf die Füße und schob ihn zur Tür. "Los, wenn ihr euch prügeln müsst, meinetwegen, aber nicht hier drin." knurrte er und stieß Edward aus der Tür, so dass dieser auf die Straße stolperte.
Edward nutzte die kurze Unterbrechung, um sich etwas Blut aus dem Gesicht zu wischen, dann fuhr er herum, da er genau wusste, dass sie hier noch nicht fertig waren, und zog seinen Dolch.
"Na dann komm her, bringen wir's zu Ende!"

Eric

Eric schüttelte fassungslos den Kopf, als der Wirt einschritt und Edward vor die Tür setzte. Eigentlich war er ja dankbar dafür, denn vielleicht hatte die Sache damit ein Ende. Also legte er einige Münzen auf den Tisch um die Zeche zu zahlen und dann nach Edward zu sehen.
Doch er hatte sich getäuscht. Der grobschlächtige Mann war Edward in die Gasse gefolgt. Statt einfachzu verschwinden machte es Edward auch noch schlimmer, denn er hatte seinen Dolch gezogen. Das konnte doch nur schief gehen!
Der Andere ließ sich nicht beeindrucken und ging trotzdem auf Edward los, was er zunächst miit einer klaffenden Wunde am Arm bezahlte, ehe er mit seinem Gegner um das Messer rang.

Edward wurde nicht enttäuscht, er hatte darauf gesetzt, dass dieser grobschlächtige Kerl die Sache nicht auf sich beruhen lassen würde. Es war nicht ganz so einfach diesem Koloss stand zu halten, doch noch gelang es Edward mit ihm mitzuhalten. Dass er den Dolch gezogen hatte, hatte die ganze Sache noch einmal verschärft und vermutlich wussten sie beide, dass nur einer noch auf den eigenen Füßen von hier weg gehen würde.
Edward versuchte gerade einen weiteren Treffer zu landen als schnelle Schritte näher kamen. "He!" Ein Ruf gellte durch die Nacht, doch weder Edward noch sein Gegner ließen sich davon ablenken. "He, ihr da! Seid ihr des Wahnsinns?"
Aus dem Augenwinkel sah Edward die vier Männer auf sie zueilen. Stadtwache schoss es ihm durch den Kopf, doch er hatte keine Zeit mehr darauf zu reagieren, denn in dem Augenblick verpasste der Hüne ihm einen kräftigen Schlag gegen die Schläfe, die ihm zum einen eine ordentliche Platzwunde bescherte und ihm zum anderen um ein Haar das Bewusstsein raubte.

Eric

Ericwusste nicht, ob er erleichtert oder beunruhigt sein wollte, als vier Männer aus der Dunkelheit kamen mit einer Laterne zur Hand. Die Stadtwache also...Nun,immerhin würde das die Beiden wohl davon abhalten sich umzubringen. Im letzten Moment schlug der Große Edward halb bewusstlos und Eric zuckte zusammen. Kurz danach hatten die vier Männer die Streithähne erreicht.
Einer packte Edward, um ihn halbwegs aufrecht zu halten und dennoch seine Arme auf den Rücken zu drehen.
Zwei der Anderen bändigten den Schmied. "Der Drecksack da hat sich an mein Mädel rangemacht und eine Schlägerei angefangen! Und dann hat er einen Dolch gezogen!"
Eric wagte nicht aus dem Halbschatten neben der Tür hervor zu treten. Nur wenn er selbst nicht hinein gezogen wurde, konnte er Edward helfen. Und ganz Unrecht hatte Edwards Gegner nicht. Sein Herr hatte ihn ziemlich provoziert und schließlich den Dolch gezogen, der das Ganze auf eine neue Ebene gebracht hatte. Nur was würde jetzt geschehen?

Der Schlag des Hünen hatte Edward sichtlich aus dem Gleichgewicht gebracht, doch bevor er doch noch zu Boden gehen konnte, hatte einer der Männer von der Stadtwache ihn gepackt - und drehte ihm unsanft die Arme auf den Rücken. Edward gab ein unwilliges Knurren von sich. "Lasst mich los." forderte er verärgert und stellte fest, dass er auf Grund seiner gebrochenen Nase nicht gerade deutlich sprach. "Ihr habt ja keine Ahnung, wen ihr vor euch habt!"
Sein Kopf fuhr herum, als der Mistkerl mit dem er sich gerade noch geprügelt hatte, die Situation versuchte für sich zu nutzen. Edward spuckte dem Hünen vor die Füße. "Einen Scheiß hab ich! Sie war weder dein Mädel, noch habe ich diese Schlägerei angefangen! Du Mistkerl hast mir doch fast den Schädel eingeschlagen!" erwiderte er heftig und versuchte sich aus dem Griff des Mannes hinter ihm zu befreien.

Eric

"Es ist mir scheißegal, wen ich vor mir habe, Bursche. Wer Ärger macht, kommt hier nicht sehr weit." Der Anführer der vier Männer gebot dem Mann, der Edward festhielt, nicht loszulassen. Auch der Hüne wehrte sich, aber nicht sehr erfolgreich.
"Doch, sie hatte mir versprochen mit mir zu gehen! Außerdem hast du das Messer gezogen!" Der Wächter schnitt Beiden mit einer scharfen Handbewegung das Wort ab.
"Schluss jetzt! Es ist völlig egal, ihr habt euch Beide nicht mit Rechtschaffenheit bekleckert. Und wie mir scheint, hattet ihr auch Beide genug heut Abend. Ihr könnt euch erst mal im Gefängnis ausnüchtern und eine Weile über eure Taten nachdenken. Männer, abführen!"
Hilflos lauschte Eric dme Gespräch und überlegte fieberhaft wie er Edward helfen konnte.

Eric

Eric war völlig außer Atem als er vor dem Gemach anhielt in dem Edwards Bruder derzeit untergebracht war. Er zögerte nur einen Sekundenbruchteil, dann klopfte er an. Es war zwar schon später, aber er hoffte inständig, dass Robert noch auf den Beinen war, denn Eric wusste nicht, wer ihm sonst helfen sollte.
Er hatte hilflos mit ansehen müssen, wie die Stadtwache Edward abgeführt hatte und hatte fieberhaft überlegt, was er tun konnte, um zu helfen. Da Robert of Cornwall gerade für ein paar Tage am Hof war, war dieser Erics Lichtblick in der ganzen Sache.
Als sich die Tür öffnete, stieß Eric den Atem aus, den er unbewusst angehalten hatte. "Mylord, ihr müsst mir helfen!" brachte er atemlos hervor. "Es geht um Euren Bruder, dieses Mal hat er sich wirklich in Schwierigkeiten gebracht, fürchte ich. Die Stadtwache hat ihn festgenommen und ins Gefängnis gesteckt ..." Erics Stimme überschlug sich beinahe, so bemüht war er möglichst schnell zu berichten, was vorgefallen war.

Robert hatte sich gerade ins Bett begeben wollen, als es hektisch an seiner Tür klopfte. Stirnrunzelnd ging er hinüber, um zu öffnen, fragte sich aber wer ihn um diese Zeit noch störte. Das war doch durchaus ungewöhnlich, zumal er allein hier war. Er hatte nur einige Pferde nach London gebracht und war dann ein paar Tage geblieben.
Als er öffnete, sah er sich Eric gegenüber und hob verwundert die Augenbrauen. "Nanu, Eric, was führt dich denn zu mir?"
Edward hielt sich leider recht fern von ihm, hatte er festgestellt, und darum hatte er auch von Eric nicht viel gesehen in letzter Zeit.
"Edward? Oh nein....Was hat er diesmal angestellt? Komm rein, Junge." Das war kein Thema würde den Gang. Er trat zur Seite und ließ seines Bruders Knappen ein.
"Erzähl mir alles, Eric, und beruhig dich erst einmal. Wir werden ihn schon da raus holen können. Weißt du, wohin sie ihn gebracht haben?"

Eric

Eric war erleichtert, dass Robert ihn herein bat und fuhr sich kurz über das Gesicht, atmete tief durch und nickte dann. "Wir ... er ist einfach nicht mehr er selbst, Mylord. Es scheint mir von Tag zu Tag schlimmer zu werden seit wir hier sind und ich mache mir wirklich Sorgen um ihn." bekannte Eric betroffen. "Heute Abend wollte er schon wieder alleine verschwinden und als ich gefragt habe, wohin, hat er mit aufgefordert ihn doch zu begleiten. Ich war nicht gerade begeistert, aber da er ohnehin schon betrunken war, dachte ich, vielleicht könnte ich ein Auge auf ihn haben ... herausfinden, was er Abend für Abend treibt und ihm helfen." Eric seufzte leise. "Allerdings habe ich ganz schön versagt." murmelter er und sah Robert kläglich an.
"Wir sind in eine Spelunke in einer richtig miesen Gegend gewesen, richtig unheimlich, aber Euer Bruder ... er schien sich regelrecht wohl da zu fühlen. Und dann hat er versucht so einem riesigen Typen ein Mädchen auszuspannen. Eine Schankmagd, die er unbedingt haben wollte." Bei dem bericht errötete Eric ein wenig und sah kurz verschämt zu Boden. "Die beiden haben sich geprügelt und der Wirt hat sie vor die Tür gesetzt, da hat euer Bruder seinen Dolch gezogen und ... Himmel, ich dachte wirklich, die zwei bringen sich gegenseitig um. Die Stadtwache kam dazwischen und hat alle beide mitgenommen." berichtete Eric und nickte dann. "Ja, ich bin ihnen bis dorthin gefolgt. Ich kann Euch hinbringen."

Robert seufzte leise. "Ja, das ist mir auch aufgefallen. Er geht mir deutlich aus dem Weg und er sieht nicht gut aus." Edward wirkte auf ihn ein wenig ausgebrannt und das passte so gar nicht zu seinem kleinen Bruder, wie er ihn kannte.
"Was hättest du auch tun sollen, Eric? Ich weiß wie er ist. Vermutlich war es klüger sich rauszuhalten, damit wir dich nicht auch da raus fischen müssen. Edward will nicht, dass man ein Auge auf ihn hat und er vereitelt gern alle Möglichkeiten es zu tun. Er trinkt sehr viel, nicht wahr? Man sieht es ihm an und das erschreckt mich."
Robert grübelte einen Moment nach.
"Ich muss zuerst zum Sheriff um seine Freilassung zu erwirken. Direkt am Gefängnis werden die Wachen mich nicht zu ihm lassen. Warte hier und ruh dich ein bisschen aus, bis ich zurück bin. Dann kannst du mir den Weg zeigen. Es kann aber dauern."

Eric

Eric biss sich auf die Lippe und nickte dann. "Von morgens bis abends." erklärte er betroffen. "Er ist eigentlich ständig angetrunken und in letzter Zeit ... Mylord, ich habe wirklich keine Ahnung, was er macht, aber in letzter Zeit ist sein Zustand noch schlimmer geworden, obwohl er nicht mehr trinkt als in den Tagen davor. Aber er völlig ... ich weiß nicht, manchmal ist er regelrecht umnachtet." Eric hob hilflos die Schultern. "Man könnte den Eindruck gewinnen, er will sich förmlich zu Tode saufen. Als er sich mit diesem Kerl angelegt hat, da war irgendetwas in seinem Blick, so als hätte er nur genau darauf gewartet. Mylord, ihr müsst ihm helfen. Ihr müsst ihn aus dem Gefängnis und aus London fortschaffen, ich bitte Euch."
Eric schluckte und nickte dann. "In Ordnung, ich warte hier auf Euch." willigte er ein und war erleichtert, dass die Verantwortung nun nicht mehr auf seinen Schultern ruhte.

Roberts Miene verfinsterte sich. "Das hatte ich befürchtet. Mach dir keine Sorgen, Eric. Ich werde schon heraus bekommen, was er anstellt. Auch wenn ich da so eine Ahnung habe..." Er hatte gehört von einigen Dingen, die das Bewusstsein veränderten und viel rascher und effektiver die Sinne benebelten als Wein. Er wollte und konnte zwar nicht so einfach glauben, dass ausgerechnet sein kleiner Bruder sich solcher Mittel bediente, aber dann musste er ihm helfen. Und er würde ihm helfen, irgendwie.
"Weißt du, das würde mich nicht wundern. Julias Tod hat ihn schwerer getroffen, als wir alle vermutet haben. Er kommt aus diesem Teufelskreis nicht mehr heraus. Aber keine Sorge, ich hole ihn da raus. Und dann bringe ich ihn erst einmal auf ein kleines Landgut nicht weit von hier, da hab ich Freunde."
Aber jetzt würde er sich erst einmal auf den Weg zum Sheriff machen.

Edward lehnte mit dem Rücken an der kalten Steinmauer und ließ den Blick müde durch den Raum gleiten. Er hatte sich nicht genug konzentrieren können, um sich zu merken, wohin die Kerle von der Stadtwache ihn geschafft hatten, aber auf jeden Fall saß hier noch einiges an kleinem Gesindel ein. Vermutlich alles kleine Taschendiebe und irgendwelche Halunken, die hier für ein paar Tage - oder wie er selbst - für eine Nacht zum Ausnüchtern hier her gebracht worden waren.
Aber Edward hatte Mühe weiter darüber nachzudenken. Das Opium, das immer noch seine Wirkung entfaltete, sorgte dafür, dass er von seinen zahlreichen Blessuren zumindest keine Schmerzen hatte, aber Edward war sich sicher, dass neben seiner Nase auch eine Rippe gebrochen war.
Er verlagerte sein Gewicht ein wenig, legte die Arme auf die Knie, wobei die Ketten, die sie ihm angelegt hatten, leise rasselten und bettete dann den Kopf auf die Arme, um ein wenig die Augen zu schließen. Wäre doch nur diese verfluchte Stadtwache nicht gekommen ...

Robert hatte eine Weile gebraucht, bis er den Sheriff davon überzeugt hatte, dass der aufmüpfige Rotschopf wirklich der Earl of Oxford war und dass er ihn mitnehmen durfte. Doch schließlich war es gelungen und er hatte sich von Eric zum Gefängnis bringen lassen, in das sie ihn eingesperrt hatten. Der Morgen graute bereits, als die etwas müde Wache ihm widerwillig die Tür öffnete und schließlich Edwards Ketten löste.
Robert ging neben Edward in die Hocke und musterte ihn. "Bei Gott, Ed, du siehst aus, als hätte London dich einmal durchgekaut und in die Themse gespuckt.", begrüßte er ihn nüchtern. "Na komm, lass uns hier verschwinden. Kannst du gehen?"

Edward hörte wie sich die Tür öffnete, sah allerdings erst auf als plötzlich jemand vor ihm stehen blieb. Er erkannte die Wache und daneben stand tatsächlich sein Bruder. Er war sich nicht sicher, ob er überrascht war oder ob er geahnt hatte, dass Robert kommen würde ...
Erleichtert rieb er sich über die Handgelenke als die Ketten endlich entfernt waren, dann sah er Robert an, der neben ihm in die Hocke gegangen war. "Alter Schmeichler." brummte er und nickte knapp. "Denk schon." erwiderte er und drückte sich ein wenig mühsam in die Höhe. Auf Grund seiner Verletzungen, der steifen Glieder und der Tatsache, dass sein letzter Schluck Wein, ganz zu schweigen vom letzten Tropfe Opium, schon wieder viel zu weit zurück lag, musste Edward sich einen Moment an der Wand abstützen, dann atmete er ein wenig zittern aus und setzte sich in Bewegung.
"Hat Eric dich geholt?" fragte er im Gehen und nickte knapp als er seinen Knappen entdeckte, der vorne im Wachraum gewartet hatte.
Er legte Eric kurz eine Hand auf die Schulter. "Guter Junge." murmelte er leise. "Danke." Ohne seinen Knappen hätte er vermutlich noch eine ganze Weile länger hier sitzen müssen.

Robert grinste flüchtig. "Du hast es verdient." Eigentlich war ihm gar nicht nach Scherzen zumute. Er hatte beim Zusammenpacken von Edwards Habseligkeiten seinen Verdacht bestätigt gesehen und eine Flasche mit einer Flüssigkeit gefunden, die ihm verdächtig vorkam. Und dann hatte er den Geruch erkannt...es war das, was John in schweren Fällen zur Betäubung seiner Patienten verwendete. Opium...
Robert griff nach Edwards Arm um ihn ein wenig zu stützen und ihn vor die Tür zu bringen. "Ja, Eric ist euch gefolgt und kam dann auf direktem Wege zu mir. Du kannst wirklich froh sein, dass du den Jungen hast."
Gemeinsam traten sie hinaus ins Licht der aufgehenden Sonne und Robert machte eine auffordernde Geste. "Du wirst reiten müssen. Aber es ist nicht allzu weit, du wirst es schon schaffen. Und keine Widerrede, wir verlassen London augenblicklich."

"Hm, das bin ich." erwiderte Edward und nickte Eric noch einmal kurz zu, ehe er mit Robert weiter nach draußen ging. Er war versucht gewesen, die helfende Hand seines Bruders abzuschütteln, hatte dann aber resigniert.
Draußen angekommen, fuhr Edward sich verstohlen mit dem Ärmel über die Stirn, wo sich ein paar vereinzelte Schweißperlen gebildet hatten. Dann sah er Robert entsetzt an. "Wie bitte?" fragte er entgeistert. "Ohne mich. Ich werde London nicht verlassen. Ich kann London nicht verlassen!" protestierte er entschieden. Besonders konnte er nicht gehen, ehe er nicht in seinem Gemach gewesen war, ehe er einen neuen Wein und vor allem etwas Opium zu sich genommen hatte. Edwards Hände bebten jetzt schon leicht, wie sollte er da jetzt noch einen unsinnigen Ritt bis vor die Tore Londons überstehen?
Er sah Robert an, dass dieser ihn nicht davon kommen lassen würde und ballte kurz zornig eine Hand zur Faust. "Scheiße, Robert, dann gib mir wenigstens einen Schluck Wein, ich verdurste gleich." forderte er schließlich. Etwas Wein wäre wenigstens ein guter Anfang ...

Robert konnte Edward ansehen, dass dieser schon damit zu kämpfen hatte, in den letzten Stunden weder Wein noch Opium zu sich genommen zu haben und die Auswirkungen dieser kurzen Zeit alarmierten ihn nur noch mehr. Es war höchste Zeit, dass sich etwas änderte.
"Doch, du wirst London jetzt mit mir verlassen und ich werde nichts Anderes zulassen. Ich werde dich notfalls auf Chouchou festbinden. Und keine Sorge, ich habe höchstpersönlich deine Sachen gepackt."
Seine Augen funkelten wütend auf und er griff fester nach Edwards Arm.
"Ich kenne dein kleines Geheimnis, Brüderchen, und ich schwöre bei Gott, du wirst nicht wieder mit diesem Teufelszeug in Berührung kommen, solange ich es irgendwie verhindern kann. Du bist krank, Ed, du brauchst damit dringend Hilfe. So sehr ich deine Trauer verstehen kann, das wird dich zugrunde richten. Und jetzt komm..."
Er trat zu den Pferden, nahm einen ledernen Schlauch von seinem Sattel und warf ihn mit einem bitteren Lächeln Edward hin.
"Da, Wasser....was Anderes wirst du nicht bekommen."

Edward verdrehte die Augen. "Und das schlimme ist, du würdest es wirklich tun." brummte er verdrossen und fand sich im nächsten Moment Auge in Auge mit seinem Bruder, der seinen Arm deutlich fester gepackt hielt als noch zuvor. "Was?" fragte er verständnislos, dann glomm die Erkenntnis in seinen Augen auf. "Du hast es gefunden." stellte er fest und Edwards Blick huschte kurz zu den Sattelpacktaschen der Pferde. "Hast du es dabei? Robert, bitte, nur noch einen Schluck, damit ich diesen Ritt überstehe. Komm schon. Der Bastard hat mir die Nase und eine Rippe gebrochen und mir tut jetzt schon alles weh ... ein kleiner Schluck." versuchte er leise auf seinen Bruder einzureden.
Ein klein wenig ungeschickt fing Edward den Schlauch auf und gab ein unzufriedenes Grunzen von sich, öffnete den Schlauch dann jedoch und trank gierig einige große Schlucke von dem kühlen Wasser. "Wie großzügig ..." murmelte er leise und trat dann zu Chouchou, strich dem großen Rappen gedankenverloren über den Hals. "Na, mein Großer. Du wirst diesmal gut auf mich Acht geben müssen, schätze ich."