William und Joanna - ab 1183

James erwiderte Edwards Blick gelassen, aber ernst. Er hatte geahnt, dass Edward so unwirsch reagieren würde.
"Nun stell dich nicht so an, so lange ist es nun auch wieder nicht. Du solltest lieber nicht mit mir diskutieren. Deine Lüsternheit hat dich zum Ehebruch getrieben, also ist die passende Buße, wenn du das in den Griff bekommst und eine Weile verzichten musst. Ganz einfach. Jeder vernünftige Priester würde dir so eine Buße auferlegen."
Er hob die Augenbraue.
"Meine Eltern sind verheiratet, du wirst dich ja wohl kaum selbst als Bastard bezeichnen wollen, nicht? Aber ich danke für das Kompliment. Der Gedanke kam mir zwar, war aber nicht die Intention für diese Buße. Gib dir eben ein bisschen Mühe, Ed, dann kriegst du es schon hin."

Edward biss die Zähne aufeinander und sah James schweigend an. In ihm rangen die unterschiedlichsten Gefühle miteinander und er musste all diesen Gefühlen und auch Gedanken erst einmal Herr werden. Er wusste, dass er diese Buße annehmen musste, aber er fürchtete sich ungemein vor der Konsequenz, denn nie im Leben würde er Claire eine solch lange Enthaltsamkeit erklären können ohne ihr die Wahrheit über seinen Fehltritt zu sagen. Und das wiederum würde seine Ehe auf eine harte Probe stellen.
Edward schluckte schwer und nickte schließlich langsam. "Also gut." erklärte er sich schließlich einverstanden, wenngleich seine Stimme heiser klang und wenig überzeugt. "Und hast du womöglich auch noch einen guten Ratschlag für mich, wie ich verhindern kann, dass Claire mich wegen dieser Sache verlässt? Wenn du mich so schon zwingst ihre früher oder später die Wahrheit zu sagen ..."

James nickte zufrieden, als Edward einwilligte und die Buße annahm. Das war der erste Schritt. "Entweder du lernst kein Drama daraus zu machen und überlegst dir eine glaubhafte Ausrede oder aber du sagst ihr die Wahrheit. Erklär es ihr, bitte um Verzeihung und lass ihr Zeit. Bete, dass Philippe nichts davon erfährt." Ihr Halbbruder würde Edward den Kopf abreißen.
James schüttelte den Kopf.
"Mach mich nicht für deine Fehltritte verantwortlich. Du willst Absolution und ich werde sie nicht verschenken, weil du mein Bruder bist. Das würde ich nicht einmal für Alan tun. Claire liebt dich, also wird sie dir verzeihen. Sogar unsere unerbittliche Mutter war in der Lage Vater einen Fehltritt zu verzeihen..." Er hatte in einem tiefgründigen Gespräch mit seiner Mutter vor einigen Jahren davon erfahren, aber nichts Genaues. Er war fasziniert gewesen, dass sie ihm verziehen hatte, wo sie doch normalerweise so kompromisslos war.

Edward schürzte die Lippen. "Lernen kein Drama daraus zu machen ... jetzt klingst du eindeutig wie unsere Eltern." brummte er ungehalten. Eins stand fest, er würde nun einige Zeit zum Nachdenken brauchen. Edward musste sich darüber klar werden, wie er Claire diese Sache erklären sollte, ob er sich eine Ausrede ausdenken wollte und konnte, die tatsächlich glaubhaft war oder ob er ihr schlussendlich doch reinen Wein einschenken musste.
Edward zog eine Augenbraue in die Höhe. "Ach nein? Du willst mir doch nicht weiß machen, dass dein kleiner Maler sich ständig in Enthaltsamkeit üben muss, damit er seine Sünden in deinem Bett wieder gut machen kann, oder?" entgegnete Edward ein wenig gallig, sah James dann aber irritiert an. "Was?" hakte er geistlos nach. Er konnte kaum glauben, was er da hörte. Ganz gleich wie häufig seine Eltern früher auch unterschiedlicher Meinung gewesen waren und ihrer beider Temperament ihnen im Wege gestanden hatte, er hätte nie für möglich gehalten, dass es so etwas wie einen Fehltritt seines Vaters jemals gegeben haben könnte.

James schüttelte den Kopf. "Nun, wenn du dich daran aufhältst und darüber sprichst und so weiter, wird es ihr natürlich auffallen. Also entweder lebst du damit oder sagst ihr die Wahrheit."
Er hob spöttisch die Augenbrauen. "Nein. Weil er auch keinen Ehebruch begeht...Wir sind ungebunden. Ob unsere Beziehung nun verboten ist oder nicht machen wir mit Gott selbst aus. Es gibt keinen Priester, dem wir uns anvertrauen könnten, außer vielleicht noch Hal in Truro. Es wäre irgendwie seltsam, wenn Alan zu mir zur Beichte käme..."
James nickte bestätigend. "Ja. Ich führe immer lange Gespräche mit Mutter, wenn wir uns sehen. Irgendwann hat sie es mir gesagt...Nichts Genaues, nicht um wen es ging. Es muss schon lange her sein. Sie hat sich schwer getan, aber ihm verziehen."

"Ja ja, ich schätze als einer der obersten Hirten in England kann man sich solche Dinge immer sehr passend zurecht legen." erwiderte Edward trocken.
Nachdenklich fuhr er sich mit der Rechten über das Kinn und nickte versonnen. "Vielleicht sollte ich einmal bei ihnen in Erfahrung bringen, wie es dazu gekommen ist. Vater muss etwas wirklich außerordentliches geleistet haben, damit sie ihm wieder verziehen hat. Anders kann ich mir das kaum vorstellen." Es war so schon merkwürdig genug, waren seine Eltern in dieser Hinsicht doch immer so unerbitterlich, ganz besonders seine Mutter.
Edward atmete tief durch und erhob sich dann langsam. "Also gut, ich weiß, was ich zu tun habe ... vielen Dank nochmal für deine Zeit, ehrwürdiger Vater." erklärte er und verneigte sich noch einmal vor James, dieses Mal durchaus mit einem kleinen, spöttischen Lächeln auf den Lippen. Es fiel Edward nicht immer ganz leicht ausgerechnet von seinem jüngeren Bruder solche Ratschläge und Belehrungen anzunehmen, aber vielleicht war auch das eine Art Buße, die er verdiente.

James hob die Schultern. "Man kann mir zumindest nicht vorwerfen, dass ich die Dinge nicht durchdenke." Er lächelte matt. "Es lohnt sich sicherlich, Ed, sie danach zu fragen. Ich weiß es nicht...vielleicht liebt sie ihn einfach nur so sehr, dass sie ihn nicht verlassen konnte, weil das unerträglicher gewesen wäre. Ich bin sicher, es hat eine Weile gedauert...du solltest sie fragen."
Er nickte langsam.
"Jederzeit, Mylord. Groll nicht mir, Edward. Ich tue nur, was ich für richtig halte und ich bin nun einmal Bischof."
Edward fiel es immer schwer sich solche Dinge anzuhören, aber es war nun einmal seine Aufgabe sie auszusprechen. Edward würde sich zurecht finden und hoffentlich mit Claire alles ins Reine bringen. Das wäre das Beste.

Mary hatte schon den ganzen Morgen über dieses mittlerweile vertraute Ziehen gespürt, dass die bevorstehende Niederkunft ankündigte. Aber sie wusste genau, dass es noch viel zu früh war, um Aufsehen deswegen zu erregen; erst wenn die Wehen heftiger und schneller kamen, würde er wirklich los gehen. Trotzdem hatte sie nicht alleine sein wollen und da Charles sie ohnehin mühelos durchschaut hatte, war er den Vormittag über bei ihr geblieben, hatte hier in ihren Gemächern ein paar Briefe geschrieben und saß jetzt gerade über dem letzten, den er heute noch mit einem Boten auf den Weg bringen wollte, denn es gab noch ein paar letzte Dinge zu klären bevor er Richards Bitte folgen und nach Westminster aufbrechen konnte.
Doch all das waren Dinge, die für Mary nun gerade schlagartig in den Hintergrund traten als aus dem leichten Ziehen mit einem Mal ein stechender Schmerz wurde. Sie sog scharf die Luft ein und ballte die Hände zu Fäusten, um die Welle des Schmerzes auszuhalten, die da gerade so unvermittelt über sie herein brach und ihr den Schweiß auf die Stirn trieb.
"Charles ..."

Charles hatte geahnt, dass seine Frau Wehen hatte und war deswegen nicht von ihrer Seite gewichen. Er wollte, dass sie nicht allein war, wenn es wirklich los ging. So hatte er seine Arbeit in ihre Gemächer verlegt.
Als Mary plözlich scharf Luft holte, hob er eine Augenbraue und legte die Feder zur Seite. Er stand auf und ging zu seiner Frau, er musste nicht einmal ihre gepresste Stimme zu hören. Nun wurde es wirklich ernst. Charles legte ihr den Arm um die Taille und half ihr auf.
"Komm, ich bringe dich zum Bett und dann hole ich die Hebamme." Er war selbst ein bisschen in Sorge, diese Schwangerschaft war ein Risiko für seine Frau. Er betete zu Gott, dass alles gut gehen würde.
"Nur die Ruhe, Liebes, du schaffst das. Alles wird gut."
Wenn er versuchte wenigstens äußerlich die Ruhe zu bewahren, würde Mary wohl auch ruhiger bleiben.

Mary war unendlich dankbar, dass Charles sofort zu ihr kam und ihr zum Bett half ohne großes Aufsehen zu veranstalten. "Ja, ich denke es wird Zeit." bestätigte sie etwas atemlos, während sie sich auf ihren Gemahl stützte, um zum Bett hinüber zu gelangen. Sie war auf Grund ihres Leibesumfanges ohnehin schon schwerfällig, aber die Schmerzen taten ihr übriges, so dass Mary froh über die Hilfe war.
Mary lächelte ein wenig angestrengt als Charles ihr gut zuredete. "Natürlich. Alles andere kommt überhaupt nicht in Frage, oder?" gab sie zurück, während sie sich langsam auf dem Bett niederließ. Natürlich würde alles gut gehen ... das musste es einfach. Trotzdem spürte Mary auch die leise Angst, die ihr förmlich im Nacken saß, dass eine Schwangerschaft war immer etwas gefährlich und Zwillinge erschwerten diesen Umstand zusätzlich. Aber sie hatte das schon einmal geschafft und war wild entschlossen es auch dieses Mal zu tun.
"Ich liebe dich, Charles." murmelte sie, ehe er sich wieder aufrichtete. "Aber nun geh, hm? Je eher die Hebamme hier ist, desto besser."

"So ist es, dann sind wir uns ja einig." Doch natürlich machte auch Mary sich Gedanken. Eine Zwillingsgebur barg immer ein großes Risiko.
Er half ihr und gab ihr dann einen sanften Kuss. "Und ich liebe dich..." Er ging um die Hebamme zu holen, damit Mary Unterstützung hatte und stellte sich auf lange Stunden des Wartens ein. Das machte ihn immer fürchterlich nervös.
Er würde Cassy mitnehmen, die ihm in den letzten Jahren immer in solchen Situationen Gesellschaft geleistet hatte. Das würde ihn vielleicht beruhigen. Cassy war eine alte Dame geworden, aber noch war sie da.
Blieb nur zu hoffen, dass alles gut gehen würde...

Mary sah Charles mit zusammen gebissenen Zähnen nach als er das Gemach verließ. Sie wollte nicht, dass er ging, aber es war natürlich unumgänglich, damit die Hebamme Bescheid bekam. Mary schloss die Augen und versuchte möglichst ruhig zu atmen, während ihre Rechte zu ihrem Bauch wanderte und sachte darüber strich.
"Macht es mir nicht zu schwer, einverstanden?" wisperte sie leise und schickte dann ein Stoßgebet gen Himmel, dass sie alle drei die Niederkunft gut überstehen würden. Es war kaum auszudenken, wenn dem nicht der Fall war, also verbot Mary sich weitere Gedanken daran und konzentrierte sich auf eine gleichmäßige Atmung, in der Hoffnung die Zeit möge halbwegs rasch vergehen bis die Hebamme hier war.
Eine erneute Wehe ließ sie die Hände zu Fäusten ballen, doch noch kam kein Laut über ihre Lippen. Das wollte sie sich lieber noch für später aufheben, denn Mary wusste genau, dass das hier erst der Anfang war.

Seit Stunden saß Charles abwechselnd in der Halle der Burg, seinem Arbeitszimmer und vor ihren Gemächern, Cassy zur Gesellschaft, und wartete ungeduldig. Es zog sich hin und natürlich war das normal. Dennoch machte es ihn nervös, denn nie hätte er ertragen können Mary zu verlieren. Es durfte einfach niemals soweit kommen.
Es wurde wirklich Zeit und als endlich die Tür aufging, sprang Charles auf die Füße. Er griff nach seinem Stock, ließ den Blick aber nicht von Helene, die als Zofe natürlich Mary ebenfalls beigestanden hatte. Helene lächelte leicht und daher ließ er sie gar nicht zu Wort kommen, sondern hinkte schnell an ihr vorbei um sich zu Mary zu gesellen.
Es wärmte ihm das Herz, sie zwar erschöpft, aber eindeutig wohlauf zu sehen.
"Liebste....alles in Ordnung?"

Mary fühlte sich vollkommen zerschlagen als Helene schließlich den Raum verließ, um Charles zu holen. Es waren ausgesprochen anstrengende Stunden gewesen und sie hatte viel Blut verloren, aber die Hebamme hatte sowohl beiden Kindern auf die Welt geholfen als auch die Blutung stoppen können und hatte sich zuversichtlich gezeigt, Mary aber strenge Bettruhe auferlegt, damit sie nicht womöglich doch wieder zu bluten begann. Mary hatte nur matt gelächelt, denn so wie sie sich im Moment fühlte, würde sie so schnell ohnehin nirgendwo hinlaufen.
Doch als sie Charles herein kommen sah, fühlte sie sich gleich ein wenig besser. "Ach Charles ..." murmelte sie mit einem erschöpften Lächeln. "Du hast doch gesagt, dass alles gut gehen würde, hm?" erinnerte sie ihn. "Komm her und sieh sie dir an." forderte sie ihn sanft auf. Die Zwillinge waren beide lebend zur Welt gekommen, doch die Hebamme hatte Mary eindringlich gewarnt, dass die Kinder klein und noch anfälliger waren als normale Neugeborene. Es lag also noch immer in Gottes Hand was aus ihren beiden Kleinen würde, ein Gedanke, der Mary noch immer das Herz schwer werden ließ.

Charles setzte sich ein wenig schwerfällig auf die Bettkante und strich seiner Frau über die blasse Wange. "Meine Liebste...ich war trotzdem in Sorge um dich. Sag mir trotzdem, wie du dich fühlst, hm? Erschöpft, aber sonst? Alles gut gegangen?"
Neugierig betrachtete er die beiden Kinder, die noch ein wenig zerknautscht waren, aber recht friedlich waren. Sie waren klein, kleiner als sie sein sollten, aber es waren nun einmal Zwillinge. Er würde nachher selbst mit Helene und der Hebamme sprechen. Er wollte wissen, woran er war. Hoffentlich überstanden sie das alle gut.
"Was haben wir bekommen? Hast du schon Namen im Kopf? Wir sollten sie gleich taufen lassen.." Sie waren immerhin so klein, er wollte auf Nummer sicher gehen.

"Ich weiß, und dafür liebe ich dich auch so." erwiderte Mary lächelnd, dann schnalzte sie leise mit der Zunge, fast so als wolle sie eines ihrer Kinder tadeln. "Über so etwas redet man nicht mit Männern, Charles." entgegnete sie und bedachte ihn dann mit einem sanften Blick. "Mach dir keine Sorgen. Agnes hat mir strenge Bettruhe verordnet, aber es wird schon werden."
Dann wurde ihr Lächeln breiter und ihr Blick wanderte zu den beiden kleinen Bündeln in ihren Armen. "Zwei Söhne, mein Lieber, ob du es glaubst, oder nicht." erklärte Mary. Ihre Gedanken kreisten bei dieser Feststellung wieder einmal um die merkwürdigen Pfade des Schicksals. Gerard, der so dringend auf männliche Nachkommen gedrängt hatte, hatte sie nur einen Sohn, dafür vier Töchter geschenkt und jetzt in ihrer Ehe mit Charles waren diese zwei nun Sohn Nummer fünf und sechs.
"Einen von ihnen würde ich gerne William nennen. Nach meinem Vater." erklärte sie schließlich und sah von ihren Söhnen wieder zu ihrem Gemahl. Sie fand es nur richtig, dass auch ihr Vater in ihren Kindern Würdigung fand, hatte sie ihre Mutter doch mit Joan bereits eine kleine Namensvetterin gegeben. "Möchtest du den anderen Namen aussuchen?" schlug sie dann lächelnd vor.

Charles lächelte schief und schüttelte den Kopf. "Ja, ich weiß...aber ich habe es schon so oft mit dir durchgestanden. Ich will einfach wissen, ob ich mir Sorgen machen muss. Du wirst dich exakt an Agnes' Anordnungen halten, ja? Kein Risiko."
Er hob überrascht die Augenbrauen. "Zwei Söhne? Du meine Güte..." Wenn er bedachte, wie Mary sich in erster Ehe gesorgt hatte, weil kein Sohn zur Welt gekommen war...
Charles nickte.
"Ein schöner Name. Und ich schätze, um der guten Freundschaft willen, sollten wir sein Brüderchen Henry nennen. Was denkst du? Möge es Hader zwischen Beiden vorbauen."
Er betrachtete die beiden Neugeborenen liebevoll.
"Sie sind wunderbar. Ich danke dir, meine Liebste. Ein bisschen klein, aber sie sind sicherlichso zäh wie du."

"Ich werde mich exakt an ihre Anweisungen halten, versprochen." versicherte Mary und nickte dann mit einem kleinen Grinsen auf den Lippen. "Zwei Söhne." bestätigte sie. Dann presste sie jedoch fest die Lippen aufeinander und rang kurz um ihre Fassung als Charles den zweiten Namen vorschlug. Es war eine so rührende Geste und wenngleich die Welt von außen anders urteilte, war es in Marys Augen doch so typisch für ihren Gemahl etwas so einfühlsames vorzuschlagen.
"Ein guter Vorschlag. Sie werden sich sicher innigst verbunden sein." erwiderte Mary sanft. "Ich liebe dich, Charles." fügte sie hinzu und lächelte. Sie wusste, ihr Vater würde ebenso zu Tränen gerührt sein, wenn er von den Namen seine jüngsten Enkel hörte.

Charles war mit dieser Beteuerung zufrieden. "Und nun sag mir, was Agnes gesagt hat. Ist sie zufrieden mit unseren Jungen? Und mit deinem Zustand? Gibt es etwas, was ich wissen sollte?"
Er legte kurz die Hand an ihre Wange.
"Und ich liebe dich, mein Engel." Mary hatte sein Leben reicher gemacht, er wüsste ohne sie und die Kinder gar nicht mehr, was er mit seinem Leben anfangen sollte.
"Henry und William werden uns ganz schön auf Trab halten, sobald sie ein kleines bisschen größer werden.", stellte er fest.
"Das wird spaßig."

Diana hatte ihre beiden Kleinen im Schlepptau und war auf dem Weg zu ihrem Vater. Sie hatte sich für heute vorgenommen ihm zu eröffnen, dass er noch ein drittes Mal Großvater werden würde, denn sie war der Meinung, dass er es erfahren sollte bevor man es sehen konnte. Sie hatten sich in den letzten Tagen ein paar Mal getroffen, doch noch hatte sie es nicht fertig gebracht. Nun jedoch hatte sie schon mit ihrer Mutter gesprochen und sozusagen ihren Segen für dieses Gespräch eingeholt, daher wusste sie auch, dass sie ihren Vater jetzt alleine antreffen würde.
Als sie die Gemächer erreichten, die ihre Eltern hier im Moment bewohnten, blieb sie stehen und atmete tief durch, ehe sie auf Henry hinab sah, der ihre Hand hielt und eifrig nebenher gelaufen war. "Und, möchtest du klopfen?" fragte sie den Jungen, dessen Augen sofort aufleuchteten. Er nickte eifrig mit dem Kopf und klopfte mit der freien kleinen Hand regelrecht energisch an die Tür.
Diana lachte leise und verlagerte das Gewicht ein wenig, um Joan besser halten zu können, die sie auf dem Arm trug. "Gut gemacht, mein Krümel. Wenn dein Großvater das nicht gehört hat, weiß ich auch nicht mehr weiter." lobte sie sanft.

Robert öffnete überrascht die Augen, als es ungewohnt energisch klopfte. Er hatte ein paar Minuten die Augen geschlossen, um etwas zu ruhen, bevor er sich wieder der Politik widmen musste. Er ging zur Tür und öffnete, ein wenig gespannt, wer ihn wohl so dringlich sehen wollte.
Zu seiner Freude war es Diana mit ihren beiden Kindern. So wenig er John auch mochte, die Kinder waren zuckersüß und brachten ihn jedes Mal zum schmelzen.
"Henry, mein Junge..." Er hob den Jungen lächelnd auf den Arm und strich auch Joan über die Wange, ehe er seiner Tochter die Stirn küsste.
"Kommt doch rein...wie geht es euch, hm?"
Robert war wirklich dankbar für diesen Besuch, er sah die Drei viel zu selten und das tat ihm irgendwie immer leid.

Diana lächelte als sich die Tür öffnete und ihr Vater sie überrascht, aber freudig musterte und sich sogleich Henry zuwandte, der auch keine Sekunde zögerte und die Ärmchen ausstreckte, um hochgehoben zu werden. Vertrauensvoll schlang der Junge die Arme um den Hals seines Großvaters, bettete den Kopf an seine Schulter und lächelte selig. Es machte Diana immer wieder glücklich zu sehen, wie wenig Berührungsängste ihr Sohn hatte und dass er einen so guten Draht zu seinem Großvater hatte, trotz all der schwierigen Umstände.
"Oh, uns geht es gut. Es ist schön so viele von der Familie hier wieder zu sehen. Und da wir gerade viel Zeit hatten, dachten wir, wir suchen dich ein bisschen heim." erklärte Diana augenzwinkernd und folgte ihrem Vater mit Joan auf dem Arm nach drinnen.
"Außerdem wollte Henry dir gerne sein neustes Spielzeug zeigen. Er ist so vernarrt in das Holzpferd, dass er es sogar zum Schlafengehen nicht hatte hergeben wollen." berichtete Diana amüsiert.

Robert fuhr dem Jungen über den Rücken. Er hatte sich völlig mit seiner Rolle als Großvater abgefunden, er mochte sie sogar. Seine Enkel erfreuten ihn immer.
Wenig später saßen sie zusammen vor dem Kamin. "Das freut mich. Ich bin sicher, James und Edward sind auch froh dich einmal wieder zu sehen. Ihr dürft mich allerdings jederzeit heimsuchen." Für die Familie hatte er immer Zeit.
Robert wandte sich an seinen Enkel. "Oh, dann zeig mal her dein Pferd, mein Junge. Es ist sicherlich ganz und gar faszinierend, wenn du es sogar mit ins Bett nehmen willst. Übst du schon für deine Karriere im Turnier?"
Wer wusste schon, was einmal aus dem Jungen werden würde?

Diana nickte leicht, sie freute sich auch darauf ihre beiden Onkel zu sehen, aber besonders glücklich war sie natürlich über die Anwesenheit ihrer Eltern. "Auf das Angebot kommen wir sicher gerne öfter zurück." erwiderte sie lächelnd, seufzte dann aber theatralisch auf. "Es würde mich wahrlich nicht überraschen. Und vermutlich wird er ein ausgesprochen tollkühner Turnierreiter." Wie sein Vater, hätte sie beinahe noch hinzugefügt, schluckte es jedoch im letzten Moment herunter. Es war immer etwas einfacher, wenn sie bei ihren Treffen alle so taten als gäbe es John gar nicht, damit kein Streit ausbrach.
"Aber wenigstens wird Joan mich nicht mit Turnieren und solchem Unsinn um den Schlaf bringen." bemerkte sie und strich ihrer Tochter sanft über den Schopf, während Henry seinem Großvater stolz sein Holzpferd präsentierte, sich dann auf dem Boden kniete und vorführte, wie gut man damit spielen konnte.
"Ich sollte demnach vielleicht beten, dass ich nur noch Töchter bekomme ... das erscheint mir etwas einfacher." fügte Diana amüsiert hinzu und sah dann von ihrem Sohn wieder auf zu ihrem Vater. "Und wie geht es euch? Mit Mutter habe ich schon ausgiebig gesprochen, sie war etwas besorgt wegen der aktuellen Situation. Was denkst du, hat sie Grund dazu?"

Robert hob die Schultern. "Vermutlich. Aber als Kind haben wir doch alle große Träume. Ich habe auch davon geträumt als Bengel, denke ich. Und nun sieh mich an: Ich war niemals ein großer Turnierreiter. Doch du hast natürlich recht. Joan wird sich anderen Unsinn ausdenken, nicht wahr, Kleines?" Er lachte leise und beobachtete seinen Enkel liebevoll beim Spiel mit dem Holzpferd.
"Das solltest du vielleicht." Er betrachtete sie ein wenig misstrauisch. "Gibt es denn Anlass zu beten?" Sie hatte das ganz sicher nicht zufällig gesagt.
"Oh, es geht uns gut. Ich denke, es wird noch ein wenig schwierig werden. Richard hat ehrgeizige Ziele wie stets und ich schätze, er wird sich nun wieder selbst in den Krieg einmischen. Ein wenig Sorgen machen sollten wir uns also wohl schon....", bekannte er seufzend.