William und Joanna - ab 1173 bis 1174

 

Robert seufzte genervt, als sein Vater eintrat und sich neben ihn setzte. Er wusste ganz genau, was jetzt folgen würde. "Nein, noch nicht. Das werde ich aber gleich erledigen. Was willst du hier? Mir einen Vortrag darüber halten, dass ich mich daneben benommen habe? Hat Joanna sich beschwert?" Er schüttelte den Kopf.
"Lass mich einfach in Ruhe. Ich will in Ruhe meine Sachen packen und zurück in die Normandie gehen, Josie suchen. Also lass mich einfach machen, du kannst es ohnehin nicht ändern. Ihr heuchelt ja ohnehin nur, dass ihr mein Bestes wollt."

 

"Nein, ich will dir keinen Vortrag halten. Ich denke, du bist alt genug, um selbst einzuschätzen, ob dein Verhalten angebracht war oder nicht." erklärte William langsam. "Stimmt, sie war bei mir, aber beschwert hat sie sich nicht direkt. Sie war viel mehr todunglücklich über euren Streit."
William stützte sich mit den Händen auf dem Bett ab und betrachtete seinen Sohn von der Seite. "Ich bin nur hier, um dich zu bitten zu bleiben." fuhr er fort und seufzte leise. "Ich weiß, dass es eine schwierige Situation ist. Und ... es tut mir Leid, dass ich dich bisher so wenig Ernst genommen habe. Ich gebe zu, ich habe immer gedacht, dass das alles nur eine einfache Schwärmerei war und dass es vorbei gehen würde. Ich hätte dir besser zuhören sollen." gestand William langsam.

 

"Ach tatsächlich? Ich bin alt genug? Deshalb akzeptierst du auch Dinge nicht, die ich selbst entscheide, weil ich angeblich noch nicht reif genug für diese Entscheidung bin."
Robert verschränkte die Arme. "Natürlich. Sie war todunglücklich und hat gejammert, wie gemein ich doch bin."
Es war klar, dass Joanna ihrem Mann alles erzählen würde. "Sie hat immer gesagt, sie würde dafür sorgen, dass ich heiraten kann, wen ich liebe. Und jetzt ist sie dagegen und verhindert das. Sie ist eine Lügnerin."
Er schaute seinen Vater schief an. "Du willst, das sich hier bleibe? Warum willst du das? Ach, tatsächlich? Nur eine Schwärmerei? Was denkst du denn?! Dass ich jede dahergelaufene Frau, die ich ansehnlich finde, gleich heiraten will? Ich dachte, du kennst mich!"

 

William runzelte die Stirn und wollte etwas erwidern, entschied sich dann jedoch dagegen. Das wäre jetzt sinnlos gewesen, sich an dieser Sache aufzuhängen.
"Sie war ziemlich enttäuscht, dass du Edward so schikaniert hast ... ist zwischen dir und deinem Bruder irgendetwas vorgefallen?" fragte William dann. Er wollte jetzt mit Robert nicht darüber diskutieren, wie sehr er Joanna verletzt hatte. Das würde später kommen. "Ihr habt Euch doch sonst immer verstanden." versuchte er so erst einmal zu klären, wie das ganze überhaupt eskalieren konnte.
William erwiderte kurz den Blick seines Sohnes bevor er antwortete. "Warum? Weil ich dich liebe, Junge. Und es schmerzt mit dir im Streit zu liegen. Ich habe dich gerne hier und ich wünschte, du wärst auch gerne wieder hier." erklärte er schließlich. Dann musste er leicht grinsen. "Nein, das nicht ... aber ich weiß, wie ich damals gewesen bin in deinem Alter. Ich wollte sie nicht alle heiraten, aber immer wenn ich gerade einmal verliebt war, habe ich mich zumindest geweigert über irgendwelche anderen Heiratspläne nachzudenken."

 

Robert hob eine Augenbraue. "Ich habe Edward nicht schikaniert. Nicht wirklich." Auch, wenn er wusste, dass sein kleiner Bruder nichts für seinen Unmut konnte. "Wir...er sagte, Chouchou sei der Allerbeste und das wollte ich nicht glauben. Wir haben einen Wettstreit gemacht im Ringstechen und er hat gewonnen, weil Châtagnier gestolpert ist. Er hat seinen Triumph richtig ausgekostet un da war ich eben wütend.", gab er mürrisch zu.
"Wie kann ich gern hier sein, wenn ihr daran Schuld seid, dass die Frau, die ich über alles liebe, mich verlassen hat? Auch wenn du so warst...ich nicht. Ich habe von Anfang an klar gemacht, dass ich sie heiraten will. Du hast dich auch über alles hinweg gesetzt, als du Joanna geheiratet hast. Und mir verwehrst du es!"

 

William seufzte leise. "Kann es sein, dass du deshalb ein wenig überreagiert hast? Ich begreife ja, dass du auf mich und Joanna wütend bist, aber dein Bruder kann nun wirklich nichts dafür." erwiderte William ruhig.
William legte den Kopf schief, musterte Robert einen Moment und schüttelte dann den Kopf. "Ich habe einen hohen Preis bezahlt, dafür, dass ich Joanna letztlich geheiratet habe. Zuerst habe ich Isabel geheiratet ... weil man es von mir verlangt hat. Und Joanna habe ich schließlich auch erst heiraten können als ich Henrys Zustimmung hatte. Als Kronvasall kann ich nicht heiraten, wen ich will." William atmete langsam aus und wog seine Worte langsam ab. "Ich weiß, es ist eine schwierige Situation für dich. Und mir geht es nicht anders. Mir fällt all das hier auch nicht leicht."

 

Robert verzog das Gesicht, musste dann aber zugeben, dass sein Vater recht hatte. "Ja, vielleicht. Aber er geht mir auf die Nerven. Er redet von nichts Anderem als von Pferden."
Robert schnaubte verächtlich. "Welchen Preis hast du denn bezahlt? Du hast doch alles, was du dir wünschen kannst. So hoch kann der Preis nicht gewesen sein. Du hast sie aber geheiratet. Und ich bin noch kein Kronvasall. Wenn du es erlaubt hättest, hätte ich sie heiraten können. Aber du hast es verboten! Ach für dich ist es schwierig. Für mich ist es noch viel schwerer! Du darfst mit der Frau leben, die du liebst. Ich nicht!", erklärte er wütend.
"Ich vermisse sie so sehr...", fügte er dann leise hinzu.

 

"Für Pferde hat er nun einmal ein kleines Händchen, darauf ist er stolz. Schlaf noch einmal in Ruhe darüber, vielleicht kannst du ja morgen noch einmal in Ruhe mit ihm darüber sprechen und ihm erklären, warum du so genervt von ihm warst." schlug William vor.
Er hörte seinem Sohn aufmerksam zu und wollte gerade etwas sagen als Robert noch etwas leise hinzu fügte. Williams Blick wurde weich und er legte die Arme um seinen Sohn und strich ihm über den Rücken. "Ich weiß, Robert. Ich weiß ..." murmelte er leise.
"Ja, mittlerweile bin ich mit ihr verheiratet. Aber ..." er stockte kurz und musste schlucken, ehe er leise fort fuhr. "Aber wäre deine Mutter nicht gestorben, wäre es nie soweit gekommen." erklärte er. "Ich hätte sie nie im Leben verlassen und Joanna wäre nie bereit gewesen, meine Mätresse zu werden ... ich hatte lange damit zu kämpfen, wie ich mich entschieden hatte, aber es hatte so sein sollen." murmelte William.

 

"Ja, ja...vielleicht." Dann würde er sich aber bei Edward entschuldigen müssen, das wollte er eigentlich gar nicht. Aber er würde sehen, was er tat... Als sein Vater ihn in die Arme nahm, versteifte Robert sich einen Moment, ehe er den Trost zuließ und spürte, wie ihm die Tränen kamen.
"Ich will sie zurück. Wie kann sie mich einfach allein lassen ohne ein Wort?", fragte er erstickt. "ich vermisse sie so sehr. Wie hast du das ausgehalten, als Joanna im Kloster war? Wie hast du das sechs Jahre durchgehalten?"
Ja, er hatte recht. Der Preis war der Tod seiner leiblichen Mutter gewesen. Dennoch..."Trotzdem...ich werde sie nie wieder sehen."

 

"Denk einfach mal drüber nach. Ich wette, Edward würde sich freuen." schlug William vor.
Er spürte, wie Robert sich anspannte als er ihn umarmte, doch dann brach der Wall und sein Sohn gab nach. William zog ihn etwas enger an sich und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.
"Weil sie wusste, dass sie sonst nie würde gehen können." erwiderte William leise. "Joanna hat sich damals von mir verabschiedet ... ich hätte sie nie im Leben gehen lassen, aber sie ist eine starke Persönlichkeit. Sie wusste wie es gelaufen wäre, wenn sie geblieben wäre und das wollte sie nicht zulassen." William schwieg einen Moment. Ja, wie hatte er es durchgehalten? "Ich weiß es nicht." gestand er leise. "Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe. Oft genug lag ich nachts wach und habe an Joanna gedacht ... und deine Mutter hat mir unendlich Leid getan, weil ich mich ihr nie ganz widmen konnte. Aber dennoch ... ich würde diese sechs Jahre mit ihr nie missen wollen. Sie war eine wundervolle Frau und allein wegen Beatrice und dir war es kein Fehler sie zu heiraten." erklärte William sanft.

 

"Ich wollte eben nicht so sein. Ich wollte nicht neben meiner Ehefrau im Bett liegen und an Josie denken. Das wäre einfach unfair Beiden gegenüber. Deshalb will ich auch nicht heiraten. Ich müsste trotzdem immer nur an Josephine denken. Ich will nicht immer ein schlechtes Gewissen haben müssen.", erklärte Robert leise.
Es tat gut sich einfach an die starke Schulter seines Vaters lehnen zu können und sich ein bisschen trösten zu lassen. Erstaunlicherweise kam sein Vater besser an ihn heran als seine Mutter.
"Ich weiß nicht, was ich machen soll, Papa. Ich weiß nicht, wie es weiter gehen soll. Ich liebe sie und ich will sie zurück, aber ich weiß nicht, wo sie ist."

 

William lächelte traurig. "Du bist ein guter Junge, weißt du das?" murmelte er und strich Robert durch die dunklen Haare. Wie ähnlich sie beide sich doch waren ... und das nicht nur äußerlich.
Aber Robert schien deutlich mehr aus den Fehlern seines Vaters gelernt zu haben als William je erwartet hätte.
William rang etwas mit sich bevor er schließlich antwortete. "Gib euch beiden erst einmal ein wenig Zeit." empfahl er Robert dann. "Ich würde mich freuen, wenn du ein wenig hier bleibst. Etwas vom Hof weg zu kommen, wird dir sicher gut tun. Ich gehe jede Wette ein, dass die letzte Zeit schwer für dich war ... erhol dich erst ein wenig davon und dann sehen wir weiter. In Ordnung?" schlug William vor. Er fühlte sich miserabel, weil er seinem Sohn am liebsten zusagen würde mit ihm in die Normandie zu reisen, um bei der Suche nach dem Mädchen zu helfen, aber das war dann doch etwas zu viel.
"Weißt du was, ich muss ohnehin einen Boten in die Normandie schicken." begann er dann. "Ich werde einen fähigen Mann aussuchen und ihm auftragen, dass er sich an Henrys Hof ein wenig umhören soll. Von Dienstboten und Wäscherinnen erfährt man manchmal mehr als auf anderen Wegen. Vielleicht hat irgendjemand etwas mitbekommen als sie abgereist ist. Möglicherweise bekommst du so wenigstens die Gelegenheit ihr einen Brief zu schreiben und mehr über ihre Abreise zu erfahren ... falls du willst."

 

Robert schloss die Augen und lauschte seinem Vater, schöpfte wieder einen Funken Hoffnung. Und vielleicht hatte er recht. Vielleicht musste er tatsächlich zur Ruhe kommen, bevor er irgendetwas unternahm.
"Na gut..." Dann war vielleicht doch noch nicht alles verloren. Wenn er ihr wenigstens einen Brief schreiben und sie nach dem Warum fragen konnte, ihr sagen konnte, wie sehr er sie vermisste und unter der Trennung litt.
"Ja, das ist eine gute Idee. Aber warum willst du mir plötzlich helfen? Du warst vorher doch völlig dagegen.", bemerkte Robert dann fragend. "Aber wenn ich hier bleibe...Mama ist jetzt bestimmt total sauer auf mich."

 

William seufzte. "Ja, das frage ich mich auch. Ich weiß auch nicht, welcher Teufel mich da geritten hat." erklärte er und schnitt eine Grimasse. "Ich kann dich einfach nicht so sehen, Robert. Ich liebe dich über alles und wenn ich dir helfen kann, dass du wenigstens noch einmal Kontakt zu ihr aufnehmen kannst, dann soll es so sein." Sein Blick wurde weich und er drückte leicht Roberts Hand. "Versuch nur nicht zu enttäuscht zu sein, wenn wir keine Spur von ihr finden." murmelte er.
Dann breitete sich jedoch ein Lächeln auf Williams Lippen aus. "Oh, keineswegs." erwiderte er. "Sie wird sich freuen, dass du bleibst. Und noch mehr würde sie sich freuen, wenn du wieder mit ihr sprichst." William sah seinen Sohn an. "Es hat sie furchtbar mitgenommen, dass du sie so in Frage gestellt hast ... sie hat mich bevor ich hergekommen bin extra gebeten dir zu sagen, dass sie dich trotz allem liebt. Du solltest noch einmal darüber nachdenken, ob du nicht noch einmal zu ihr gehst. Das muss nicht jetzt sofort sein und auch nicht heute, wenn du dich nicht dazu bereit fühlst, aber geh in dich, Robert. Joanna liebt dich über alles, das hat sie schon immer getan."

 

Robert nickte ein wenig geknickt. "Ich versuche es...ich verstehe sie einfach nicht. Ich dachte, sie liebt mich auch. Und trotzdem hat sie einfach aufgegeben und aufgehört um uns zu kämpfen."
Er schaute seinen Vater skeptisch an. Nach dem, was er Joanna an den Kopf geworfen hatte, konnte er sich nicht vorstellen, dass sie nicht sauer war.
"Ja, ich weiß..." Eigentlich war es ja auch ungerecht. Sie war seit er denken konnte für ihn da gewesen. "Aber sie hat gesagt, ich würde heiraten können, wen ich liebe und jetzt stellt sie sich quer. Dabei hat sie sich selber genommen, was sie wollte, aller Widerstände zum Trotz."
Er verschränkte die Arme und seufzte. "Ja...vielleicht. Morgen."

 

William brummte nachdenklich. "Das tut sie auch, Robert. Sehr sogar, denke ich. Und deshalb hat sie sich so entschieden ... Joanna hat es ganz ähnlich getan als sie ins Kloster ging, weil sie wusste, dass es uns letztlich beide zerstören würde, wenn sie geblieben wäre." William seufzte. "Ich weiß, dass das schwer zu begreifen ist."
William strich seinem Sohn durch die schwarzen Locken. "Ach Robert." murmelte er leise. "Lass dir Zeit, beruhige dich etwas und denk darüber nach und dann wirst du mit ihr in aller Ruhe über das sprechen, was dich beschäftigt, in Ordnung?"

 

"Meinst du?", fragte Robert skeptisch. Er konnte das nicht so ganz glauben, schließlich widersprach es aller Logik. Sie liebte ihn so sehr und gerade deshalb verließ sie ihn ohne ein Wort? Absurd...
"Das ist es wirklich...ich kann das nicht so recht verstehen... Ich dachte einfach, sie würde ein bisschen mehr um uns kämpfen."
Er schaute seinen Vater nachdenklich an und nickte dann. "Na gut...aber nicht mehr heute. Das heute Morgen war schon zu viel. Ich muss erst nachdenken." Aber eigentlich wäre er ja ganz froh, wenn er sich mit Edward und Joanna wieder vertragen würde.

 

William nickte. "Ja. Ich habe mit ihr gesprochen und ich weiß, was ich da gesehen und gehört habe. Auch wenn das schwer zu begreifen ist, wie das alles zusammen passt." stimmte William zu uns schmunzelte leicht. "Aber damit wirst du dich abfinden müssen, mein Sohn. Die Logik der Frauen bleibt uns Männern die meiste Zeit über verschlossen."
Dann lächelte er erleichtert. "Es freut mich, dass du dich so entscheidest. Ich hätte mir nie verziehen, wenn du wieder abgereist wärst ... lass dir Zeit. Joanna wird sich freuen, wenn du kommst, egal ob morgen oder vielleicht auch erst übermorgen." beruhigte er seinen Sohn. Robert jetzt zu drängen würde mehr schaden als nutzen.
Dann erhob William sich langsam und gab seinem Sohn noch einen Kuss auf die Stirn. "Ich liebe dich, Robert. Und ich bin froh, dass du wieder zu Hause bist." erklärte er, bevor er sich vorerst verabschiedete, um Robert Zeit zum Nachdenken zu geben.

 

Edward striegelte gerade ausgiebig die Scheckstute und redete leise mit ihr. Sie war kugelrund geworden und würde sicher bald fohlen. Er freute sich schon sehr auf das Fohlen, schließlich hatte sein Vater versprochen, dass es ihm gehören würde. Wenn die Stute schon nicht ihm gehörte. Das war wirklich ein großzügiges Geschenk gewesen.
Allerdings spukte ihm der Streit mit Robert noch im Kopf herum. Er hatte seinen großen Bruder immer verehrt und geliebt, aber er würde sich nicht so verspotten lassen. Er konnte all die Dinge, die Robert auch konnte. Nur hatte er eben mehr Interesse an seinen Pferden.

 

Da Robert seinen Bruder nicht in dessen Gemach gefunden hatte, war er sich schon sicher, wo er Edward finden würde. Und er sollte Recht behalten, denn als er den Stall betrat, sah er Edward bei der Scheckstute stehen und sie ausgiebig striegeln.
Robert kaute kurz nervöse auf seiner Unterlippe herum, dann riss er sich zusammen und ging zu der Box hinüber, um sich an die Tür zu lehnen.
"Wann ist sie soweit?" fragte er und deutete auf die Stute, die sicher bald fohlen würde, so rund wie sie war.
Er konnte das Gespräch nicht direkt auf seinen Fehler bringen, er brauchte erst eine kleine Einleitung, bevor er mit seiner Entschuldigung beginnen konnte und bei Edward war das Thema Pferde immer ein guter Einstieg.

 


Edward war mehr als überrascht, als Robert sich freiwillig zu ihm begab un das Gespräch anfing.Worum es wohl ging? Edward bedachte Robert mit einem skeptischen Blick.
Nun, ich schätze, dass sie in den nächsten Tagen fohlen wird. Lange dauert es jedenfalls nicht mehr. Aber was willst du hier? Ich dachte, ich bin nur ein nerviger, kleiner Junge, dem du es nicht recht machen kannst."
Edward warf Robert einen vieldeutigen Blick zu. "Was also kann ich für Euch tun, werter Lord?"

 

Edward traf natürlich sofort den wunden Punkt, aber etwas anderes hätte Robert auch gar nicht erwartet. Er verlagerte etwas unbehaglich sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und seufzte dann. "Ach ... weißt du, ich ..." begann er langsam und starrte auf den runden Bauch der Stute, um Edward nicht ansehen zu müssen.
"Ich habe in den letzten Tagen etwas über reagiert und ... es tut mir Leid. Besonders, was ich gestern zu dir gesagt habe. Das hätte ich nicht tun dürfen." erklärte er dann zögerlich.
Wenn es darauf an kam, hatte Robert bereits sehr gut mit Worten umzugehen gelernt, aber eine solch private Angelegenheit und dann auch noch eine Entschuldigung ... das war etwas, was ihm nicht sonderlich leicht fiel.

 

Edward musterte seinen großen Bruder von oben bis unten und zögerte einen Moment, nickte dann aber. "Na gut...schon okay. Ich meine...es ist ja nicht leicht für dich im Moment. Aber weißt du, ich kann nichts dafür. Ich kann die Dinge, die ich können muss. Auch, wenn ich mich so für Pferde interessiere. Meinst du wirklich..meinst du wirklich, ich wäre nicht in der Lage Oxford zu führen?", fragte Edward dann vorsichtig. "Ich denke, ich würde es hinbekommen. Du bist ja auch älter als ich und hast schon viel mehr Dinge gelernt, die du dazu wissen musst."
Edward streichelte der Scheckstute über die Nase.
"Und...willst du vielleicht in den nächsten Tagen trotzdem mal wieder mit mir ausreiten gehen?", machte er Robert ein Friedensangebot.
Er liebte ja seinen großen Bruder trotzdem.

 

Robert biss sich auf die Unterlippe und sah beschämt zu Boden. Er hatte sich seinem Bruder gegenüber wirklich was geleistet ... Er sah wieder auf und öffnete dann die Boxentür um einzutreten und der Stute über das weiche Fell zu streichen.
"Nein, das ... habe ich nur gesagt, weil ich wütend war." gestand er dann. "Ich denke, du musst noch viel lernen, aber das muss ich auch. Und du würdest es sicher gut machen."
Er sah Edward ein wenig überrascht an, als dieser ihn nach einem Ausritt fragte und musste schlucken. "Gerne." erwiderte er ein klein wenig heiser und schloss Edward kurz entschlossen in die Arme. "Es tut mir so Leid, Kleiner." murmelter er als er seinem Bruder leicht auf die Schulter klopfte.
Er sah langsam ein, dass er seine Familie unbedingt brauchte, wenn er im Leben zurecht kommen wollte.

 

Edward lächelte erleichtert, als Robert eintrat. Es schien, als würden sie sich wieder vertragen können. Molly drehte den Kopf um trotz ihrer Einschränkung Robert gut sehen zu können, schnaubte dann freundlich und stupste den Fremden auffordernd an. "Ah, ich glaube, Molly mag dich."
Als Robert Edward umarmte, war dieser ziemlich froh. Es bedeutete die Beilegung des Streits. "Schon gut. Wenn du aufhörst mich Kleiner zu nennen, ja?"
Das konnte er gar nicht leiden.
"Wann wollen wir reiten gehen?"