William und Joanna - ab 1173 bis 1174

 

Robert strich der Stute über die Stirn und lächelte leicht. "Dabei habe ich das gar nicht verdient, so wie ich mich in letzter Zeit benommen habe." murmelte er gepresst.
"Aber du bist doch mein kleiner Bruder." erwiderte Robert mit müdem Grinsen und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. "Hör zu, ich bin wirklich ungerecht zu dir gewesen ... dass es mir schlecht geht hätte ich nicht an dir auslassen dürfen. Ich weiß nur im Moment nicht, wo mir der Kopf steht ..."
Robert musste lächeln, sein Bruder schien es ihm wirklich nicht mehr allzu krumm zu nehmen. "Wir wäre es mit jetzt gleich?" fragte er dann herausfordernd und grinste.

 

"Das schon, aber sie erkennt ja auch, wie du wirklich bist und nicht wie du dich benimmst. Das mag ich so an Pferden. Sie schauen hinter die Fassade und durchschauen jeden."
Edward lächelte schief.
"Ja, ich weiß. Du vermisst sie sehr, nicht wahr? Aber so änderst du auch nichts daran. Du schaffst das schon irgendwie. Und wenn du mit mir reiten gehst, lenkst du dich gleich ein bisschen ab. Also, Bruderherz, sattel dein Pferd und dann können wir los."
Edward schaute Robert einen Moment forschend an. "Ich bin froh, dass wir uns wieder vertragen. Du bist doch mein großer Bruder."

 

Roberts Augen verdunkelten sich ein wenig und er nickte traurig. "So sehr, dass es weh tut." erwiderte er mit gedämpfter Stimme. "Ich wünschte so, ich könnte sie einfach her holen und heiraten, aber ich weiß ja nicht einmal wo sie jetzt hin ist."
Dass sie einfach verschwunden war, machte Robert noch immer zu schaffen ... er konnte einfach nicht begreifen, dass sie so einfach ihre Sachen genommen hatte ohne mit ihm über ihre Möglichkeiten zu sprechen.
Dann lächelte er knapp und nickte. "Ich auch. Auch, wenn du mir manchmal auf die Nerven gehst, bist und bleibst du mein kleiner Bruder." erwiderte er, verpasste Edward einen leichten Knuff und verließ dann die Box, um Châtaigner fertig zu machen.
Er trat seinem Hengst mit leichten Bauchschmerzen entgegen, tat es ihm doch auch Leid, dass er den Kastanienbraunen so ungerecht behandelt hatte.

 

Edward nickte langsam. "Ja, so einfach ist es aber leider nicht. Aber vielleicht siehst du sie irgendwann wieder." Er lächelte aufmunternd und machte sich dann daran Chouchou fertig für den Ausritt zu machen. Draußen trafen sich die Brüder wieder und Edward zog sich bereits in den Sattel.
"Dein Brauner ist wirklich hübsch. Er macht seine Sache wirklich gut. Ich glaube, er ist dir auch nicht böse, dass du wütend warst, als du verloren hast beim Ringstechen. Er hat mich nur ganz komisch angeschaut, als ich ihn abgesattelt habe."
Edward kicherte. "Er fand das irgendwie nicht so toll."

 

"Nein, das ist es nicht. Das stimmt." erwiderte Robert leise. "Wenn nur unsere Eltern nicht dagegen wären ..." er seufzte leise und machte sich dann aber daran seinen Hengst zu satteln und ihn dann nach draußen zu bringen.
Er warf Edward einen nachdenklichen Blick zu und stieg dann in den Sattel bevor er antwortete. "Er ist -" er bracht kurz ab, weil er eigentlich 'der Beste' hatte sagen wollen, doch nach der letzten Niederlage musste er sich eingestehen, dass sein kleiner Bruder mit seinem Rappen ihm zumindest im Ringstechen doch eine Nase voraus war. "wunderbar. Aber wir müssen auch noch einiges lernen." stellte er dann fest und strich dem Hengst über den kräftigen Hals. "Meist mache ich ihn selbst fertig, aber am Hof haben sich auch die Stallburschen um ihn gekümmert ... er wusste wahrscheinlich einfach nicht, was er von mir halten sollte an dem Tag." überlegte Robert.

 

"Aber sie haben wahrscheinlich ihre Gründe, warum sie dagegen sind.", erklärte Edward leise. "Auch, wenn ich sie vielleicht noch nicht verstehe."
Edward lauschte seinem Bruder nachdenklich. "Er ist wirklich gut. Und so lange hast du ihn ja auch noch nicht. Ich war einfach nur besser, weil ich gerade das Ringstechen mit Chouchou so viel geübt habe, damit Papa mich mit nach Norfolk nimmt. Mir hat keiner so richtig zugetraut, dass ich mit ihm so weit komme. Aber sogar Mama musste einsehen, dass ich nicht gleich in Gefahr bin, weil ich Chouchou reite."

 

Robert schnitt eine Grimasse. "Nicht nur du verstehst ihre Gründe nicht ... mir geht es da nicht anders." erwiderte Robert bedrückt. Natürlich, er kannte sie alle, die Argumente, weshalb er Josie nicht heiraten konnte. Aber sie erschienen ihm alle samt unsinnig ...
Robert lächelte leicht. "Na, wenn du das sagst, muss es ja stimmen. Immerhin bist du von uns beiden der Pferdekenner." neckte Robert ihn sanft und nickte dann. "Ich habe Vater für verrückt gehalten als er die Chouchou überlassen hat. Aber du kommst wirklich hervorragend mit ihm zurecht. Es ist wirklich beeindruckend." gestand Robert dann lächelnd.

 

"Na dann komme ich mir nicht ganz so schwer von Begriff vor. Wenn du sie auch nicht verstehst." Edward tauschte mit seinem Bruder ei verschwörerisches Lächeln.
"Ich bin auch froh, dass ich ihn habe. Es ist wie mit Uriel. Den kann auch fast niemand reiten außer papa. Und Sybilla. Na komm, lass uns losreiten!", forderte er dann auf.
"Wohin möchtest du reiten? Hast du einen besonderen Wunsch?"
Edward genoss es einfach, mit seinem Bruder wieder so einträchtig auszureiten.
"Weißt du noch, wie du mich damals auf dein Pony gesetzt hast, als wir kleiner waren? Das war schön."

 

Robert verzog das Gesicht. "Wenn, dann sind wir beide schwer von Begriff." erwiderte Robert und folgte Edwards Aufforderung und trieb seinen Hengst leicht an, damit sie los kamen. "Ich begreife einfach nicht, wieso sie mir verwehren wollen, was sie selber sich doch einfach genommen haben." seufzte Robert und starrte gedankenverloren auf den Weg vor ihnen.
Dann sah er Edward wieder an und schüttelte den Kopf. "Such du einen schönen Weg aus. Ich war so lange nicht mehr hier, da ist mir jeder Weg recht." erwiderte er und strich über Châtaigners Hals. "Natürlich weiß ich das noch." gab er zurück und lächelte kurz. "Ich habe zwar kein Pony mehr, aber vielleicht ... möchtest du ihn ja trotzdem einmal ausprobieren, sobald wir zurück sind?" bot Robert dann zögerlich an. "Mich würde interessieren, was du von ihm hältst nachdem du ihn geritten hast."

 

"Weil es um uns geht. Wahrscheinlich ist es anders, wenn es um die eigenen Kinder geht. Außerdem musst du zugeben, dass deine Lage noch etwas schwieriger ist als bei Mama. Sie war ja immerhin die Tochter eines Landritters und die Witwe eines Earls."
Edward schlug den Weg zum See ein. Dort würden sie vielleicht eine schöne Pause machen und die Pferde grasen lassen können.
"Du würdest mich Châtaignier reiten lassen?", fragte er überrascht. "Gerne! Und vielleicht willst du ja mal Chouchou reiten. Ich meine, auf dem Platz könntest du ja mal versuchen, ob er dich widerstandslos reiten lässt."

 

Robert seufzte. "Ja ja, ich weiß ... Wenn sie nur keine Hure wäre ..." äffte er die Stimme seiner Mutter nach und grinste dann, auch wenn sein Blick traurig flackerte. "Aber sie wäre mir einfach wichtiger als alle Titel und jeder Reichtum der Welt." Robert zuckte mit den Schultern. "Nur hat sie mir jetzt selbst die Möglichkeit genommen für uns zu kämpfen."
Robert ließ den Blick durch den Wald gleiten. Nicht mehr weit und sie würden den See erreichen, der ideale Platz, um eine Pause einzulegen, auch wenn es zum Schwimmen deutlich zu kalt war.
Robert nickte und lächelte zufrieden über Edwards Reaktion. "Zumindest ausprobieren." erwiderte er und zwinkerte seinem Bruder zu. Dann zog er die Augenbrauen in die Höhe. "Meinst du, dass das eine gute Idee ist? Mich wird er doch sicher auf in den Sand setzen." bemerkte er und grinste dann. "Aber ich will es gerne versuchen."

 

Edward nickte. "Aber sie hat recht, das weißt du auch. Das macht das Ganze umso schwieriger. Und sie...naja, ich denke, sie wollte dir die Entscheidung abnehmen. Sonst hättest du dich zwischen ihr und deinem Erbe entscheiden müssen. Nicht leicht..."
Er begann zu grinsen. "Naja, du kannst es ja versuchen, nicht wahr? Oder bist du dazu zu vorsichtig geworden? Er wird wohl ein wenig quengelig sein, aber ich denke, er wird sich schon mit dir arrangieren. DU kriegst das schon hin. Du sollst es ja ohnehin nur ausprobieren. So wie ich deinen.."

 

"Ja, natürlich. Immerhin hat man uns solche Dinge von Klein auf eingebleut." erwiderte Robert und runzelte nachdenklich die Stirn. "Nicht leicht ... ja, vermutlich hast du recht." murmelte er.
Robert war der festen Überzeugung, dass er sofort sein Erbe aufgegeben hätte, wenn er dann Josie hätte heiraten können. Aber wenn die Entscheidung tatsächlich kurz bevor gestanden hätte ... wäre es ihm dann wirklich so leicht gefallen?
Roberts Augen blitzten gefährlich auf. "Vorsichtig? Ich? Ha!" Robert schnaubte verächtlich und grinste dann schelmisch. "DU solltest lieber erst einmal sehen, dass du uns überhaupt eingeholt bekommst, wenn du Châtaigner nachher ausprobieren willst." forderte er Edward heraus und noch ehe er zu Ende gesprochen hatte, trieb er seinen Hengst bereits an und dieser sprang bereitwillig in den Galopp und ließ sich von Robert zu höherem Tempo anfeuern.

 

Edward seufzte leise. "Es wird schon alles gut werden, Robert, du wirst sehen. Vielleicht siehst du sie irgendwann wieder." Er konnte Robert verstehen. Es war bestimmt nicht einfach eine solche Entscheidung zu treffen. Aber sie abgenommen zu bekommen würde ihn immer vor die Frage stellen, wie er tatsächlich entschieden hätte.
Als Robert dann in Galopp fiel, lachte Edward vergnügt auf und ließ Chouchou die Zügel, damit der junge Rappe hinterher konnte und seinen Gegner einzuholen versuchte. Auch der Hengst schien Freude daran zu haben und so spornte Edward ihn zu höherem Tempo an. Er musste allerdings einsehen, dass Chouchou noch nicht ganz so schnell war.

 

Robert sah seinen kleinen Bruder zweifelnd an. "Ach, Ed ..." seufzte er leise. "Ich weiß nicht. Ich weiß nicht, wie jetzt noch alles gut werden soll." murmelte Robert. "Du kannst dir nicht vorstellen, wie schmerzhaft es ist sie nicht hier zu haben ... sie war mein Leben, verstehst du? Sie war diejenige, die Licht in alles gebracht hat." erklärte er langsam. Wie sehr er Josie doch liebte ...
Als sie angaloppierten, warf Robert einen Blick über die Schulter, um zu sehen, wie dicht Edward war und feuerte Châtaigner dann weiter an. Der Kastanienbraune streckte sich und galoppierte dröhnend über den Waldboden. Ein Atemberaubendes Gefühl ... der Hengst, der durch den Wald donnerte, die Luft, die durch sein Haar wehte und die Bäume, die rasend schnell an ihnen vorbei schwirrten.
Robert fühlte sich das erste Mal seit langem wieder etwas freier und war überaus froh, dass er sich mit Edward wieder vertragen hatte.

 

"Nein, ich kann mir das nicht vorstellen. Ich war eben noch nie verliebt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man sich so davon so abhängig machen kann. Aber vielleicht kann es irgendwann verstehen."
Im Moment war er mit dieser Einstellung einfach noch ein wenig überfordert.
Edward konzentrierte sich wieder aufs Reiten und parierte seinen Hengst wieder durch, als sie die Lichtung am See erreichten. Er klopfte dem Rappen sanft den Hals und glitt dann aus dem Sattel. "Lass uns eine Pause machen. Die Pferde wollen sicher kurz verschnaufen."
Er war froh, dass er wieder mit seinem Bruder reiten gehen konnte. Robert und er hatten schon immer eine gute Beziehung zueinander gehabt.

 

Robert lächelte traurig. "Ich wünsche dir, dass du irgendwann verstehen kannst, wie es ist jemanden zu lieben, aber ich wünsche dir auch, dass du nie erleben musst, was ich gerade durch mache." erwiderte Robert und entschied dann das Thema nun erst einmal ruhen zu lassen.
Als sie die Lichtung erreichten und er seinen Hengst zügelte, hatte sich auch wieder ein Grinsen auf seine Lippen gestohlen.
"Das war herrlich." erklärte er lachend und glitt aus dem Sattel. Er lobte Châtaigner ausgiebig und band die Zügel um seinen Hals, so dass er fressen konnte ohne hinein zu treten. Dann ließ Robert sich ins Gras fallen und streckte sie der Länge nach aus. "Wenn es nun wieder wärmer wird, ist es perfekt." erklärte er.

 

"Ja, aber so ist es doch auch ganz schön. Es wird immerhin jetzt besseres Wetter." Edward legte sich neben seinem großen Bruder ins Gras. "Wie ist es denn am Hof so? Ich war immer nur dort, wenn wir mit Mama und Papa da waren. Das ist natürlich etwas Anderes, als wenn man allein ist um etwas zu lernen."
Edward schwieg eine Weile und genoss das schöne Wetter, auch wenn es noch nicht ganz so warm war. "Sag mal...wirst du dich mit Mama wieder vertragen? Sie war ziemlich traurig, als du diese Dinge zu ihr gesagt hast. Ich meine...sie ist doch deine Mutter. Auch, wenn du früher mal eine Andere hattest. Verstehst du, sie hat ganz schlimm geweint.."

 

Robert lächelte und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. "Es ist seltsam ..." begann er und grinste. "Einerseits ist es wirklich faszinierend, all der Prunk dort, die höfischen Abläufe, die Feste - dagegen ist das, was wir hier in Cornwall haben eher dörfisch." stellte er schmunzelnd fest. "Aber am Hof des alten Königs ist es ja auch eher schlicht. Aber sein Sohn legt viel Wert darauf sich und sein Gefolge prunkvoll auszustatten." erzählte Robert. "Außerdem die ganzen Ritter und Edelleute dort ... ich habe wirklich viel gelernt. Aber gleichzeitig musst du immer auch vorsichtig sein mit wem du dich abgibst und zu wem du was sagst. Die meisten sind so sehr auf ihren eigenen Vorteil bedacht, dass du nie genau weißt, was sie wirklich denken."
Robert schwieg als Edward ihn nach Joanna fragte. Er hatte viel darüber nachgedacht und wusste, dass er ungerecht gewesen war. Aber andererseits war er wirklich zutiefst von ihr enttäuscht. "Ich ... werde noch einmal mit ihr sprechen." erklärte er dann schließlich und suchte damit eine möglichst diplomatische Antwort. "Ich weiß, dass ich ungerecht zu ihr war, aber sie ... sie hat mich einfach fürchterlich enttäuscht, weißt du?"

 

"Dörfisch?", wiederholte Edward ungläubig. "Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Aber ich kann mir vorstellen, dass man vorsichtig sein muss, mit wem man redet. Und was man zu wem sagt. Ich weiß gar nicht, ob ich an den Hof will. Das klingt alles so kompliziert. Ich bekomme das sicher alles nicht hin. Irgendwie habe ich Angst davor, dass ich alles falsch mache."
Er lauschte Robert und nickte dann. "Ja, das kann ich ja verstehen. Aber trotzdem ist sie doch unsere Mutter. Und sie war sonst immer für uns da. Sie hat uns lieb, das weißt du doch, Robert. Ich bin sicher, ihr tut es auch leid.", erklärte Edward leise.

 

Robert lachte schallend und nickte dann. "Ja, dörfisch. Hier ist alles viel ruhiger und auch wenn Vater einiges an Gold in die Burg und ihre Ausstattung gesteckt hat, so ist es am Hof doch noch viel prunkvoller. Hier ist alles mehr zweckmäßig und gemütlich." versuchte Robert seinem Bruder zu erklären. Dann sah er ihn mit mildem Blick an und schüttelte den Kopf. "Ach was. Du würdest dich hervorragend schlagen. Du müsstest lediglich darauf achten, dass du nicht ständig von Pferden redest." neckte er sanft.
Robert seufzte und fuhr sich mit den Finger durch die dichten schwarzen Locken. "Das mag ja sein. Nur dass es ihr Leid tut hilft mir auch nicht sonderlich weiter. Vor allem weiß ich gar nicht mehr was ich denken soll. Sie war doch immer diejenige, die selbst Vater gegenüber immer darauf bestanden hat, dass wir heiraten sollen, wen wir möchten, weil sie will, dass wir glücklich werden." er machte eine Pause und dachte kurz nach. "Ed, wie soll ich mit einer Frau glücklich werden, die ich nicht liebe?" fragte er dann mit gerunzelter Stirn. "Ich weiß einfach nicht, wie das gehen soll."

 

"Ja, vielleicht. Aber Pferde sind das Einzige, über das ich Bescheid weiß und wo ich wirklich mitreden kann. Sonst weiß ich doch nichts...", gestand Edward leise. "Meinst du wirklich, ich würde das hinbekommen? Das kann ich mir fast nicht vorstellen. Papa wäre sicher enttäuscht von mir."
Er seufzte leise. "Ja schon...aber du müsstest alles wegwerfen, wenn es schief läuft. Vielleicht will sie einfach, dass du deine Zukunft nicht wegwirfst. Aber ich weiß es auch nicht. Ich kenne mich in diesen Dingen noch nicht sehr gut aus. Vielleicht musst du ja nicht heiraten.... Sie können dich ja nicht zwingen. Aber weißt du, Mama kann ja nichts dafür, dass Josie weg ist."

 

"Ach, red keinen Unsinn, Brüderchen." erwiderte Robert. "Du weißt doch eine ganze Menge! Immerhin hat John uns doch viel beigebracht in seinem Unterricht. Und von unseren Eltern haben wir ebenfalls viel gelernt. Als ich an den Hof gegangen bin, wusste ich doch auch nicht mehr als du jetzt. Und ich konnte damals nicht einmal mit meinem Wissen über Pferde glänzen."
Robert zuckte leicht mit den Schultern. "Aber was ist das denn für eine Zukunft, wenn ich alleine bin?" er lachte trocken auf und schüttelte den Kopf. "Und dann? Wenn ich nicht heirate, kann ich mein Erbe auch gleich an James oder Elias abgeben. Was soll ich mit all diesen Dingen, wenn ich keine Familie habe mit der ich es teilen kann und keine Kinder haben werde, die irgendwann alles fortführen?" Robert schüttelte erneut den Kopf. "Nein, das werden sie nicht zulassen."
Ein Schatten huschte über Roberts Gesicht und er seufzte leise. "Wie man es nimmt." erwiderte er gedämpft. "Hätten sie und Vater mich nicht hier her bestellt, hätte Josie mich nicht verlassen."

 

"Meinst du wirklich?" Er war nicht blöd, das wusste er selber, aber er hatte zunehmend Angst, dass man ihn auslachte. Und er wollte nicht ausgelacht werden.
"Naja, heiraten willst du nicht, aber nicht heiraten willst du auch nicht.", erklärte Edward verwirrt. "Ich meine, es wäre ja auch nicht so schlimm, wenn James oder Elias deine Erben werden, oder? Ich glaube nicht, dass sie dich zwingen werden, weißt du."
Edward musterte seinen Bruder von oben bis unten.
"Sie hätte doch auch mit hierher kommen können. Sie wusste doch gar nicht, was du hier solltest, oder? Oder stand explizit im Brief, dass du heiraten sollst?"

 

Robert nickte. "Natürlich. Du wirst das schon schaffen! Du bist doch sonst auch kein Hasenfuß." neckte er Edward ein wenig. Er war sich sicher, dass sein kleiner Bruder gut zurecht kommen würde. Wenn er nicht gerade irgendwelchen Unsinn anstellte, hatte Edward ein überaus einnehmendes Wesen und war in der Lage jeden im Hand um drehen von sich zu überzeugen. Eine Eigenschaft, die ihm besonders in den Wirren am Hofe sehr zu Gute kam.
Robert blinzelte überrascht und sah seinen kleinen Bruder einen Moment irritiert an, ehe er die Sprache wieder fand. "Nun ... ich ..." stammelte er etwas irritiert. Diese Möglichkeit hatte er noch nie ernsthaft in Erwägung gezogen und in gewisser Weise kam sie ihm auch befremdlich vor, auch wenn sie sich einer gewissen logischen Konsequenz nicht entziehen konnte.
"Zwingen nicht direkt." ging er dann auf den Teil ein, auf den er auch eine Antwort hatte. "Aber sie werden enttäuscht sein und mich das spüren lassen. Und das ist fast genauso schlimm." erwiderte Robert und kratzte sich am Kinn, wo mittlerweile ein dunkler Flaum zu wachsen begann und die ersten Anzeichen für einen richtigen Bart lieferte. "Nicht direkt. Aber es war doch klar wieso sie mich hier haben wollten. Welchen anderen Grund hätte es sonst geben sollen. Und ich habe ... ich habe mit Josie darüber gestritten, weil ich deswegen nicht her kommen wollte, sie aber darauf bestand, dass ich gehe." gab er mit etwas heiserer Stimme zurück.