William und Joanna - 1188 bis 1189

Emma

Emma grinste zurück. "Oh natürlich, wer wäre ich denn Euch zu widersprechen, Mylord?" Sie nahm ihren Sohn dankbar wieder entgegen und strich ihm über die Wange.
"Das freut mich zu hören. Wir werden auch immer für dich da sein, du kannst dich auf uns verlassen. Ich liebe dich auch..."
Ihr Leben hatte sich so sehr gewandelt, war so viel besser und reicher geworden durch Guillaume und den Kleinen.
"Das klingt gut. Ich bin ein bisschen erschöpft. Ruhe wird mir gut tun. Und du organisierst die Taufe, nicht wahr?"

Gabriel

Gabriel hatte ein wenig im Garten gespielt, hatte mit seinem Holzschwert die Franzosen in die Flucht geschlagen und war der schillernde Held der Schlacht gewesen bis er Stimmen gehört und entschieden hatte, dass er lieber nicht entdeckt werden wollte. Rasch war er auf einen der Bäume geklettert. Zum einen, weil er dort nicht so leicht gesehen wurde, selbst aber einen guten Blick hatte und zum anderen - wenngleich er das nie offen zugegeben hätte - weil er wusste, dass Helene die Nase darüber rümpfte. Sie war der Meinung, dass es sich für einen Jungen von Stand nicht gehörte wie ein Bauernlümmel auf Bäume zu klettern und sich dabei schmutzig zu machen. Sie hatte es allerdings auch aufgegeben deshalb zu schimpfen, weil Edward jedes Mal nur darüber lachte. Dennoch, Gabriel wusste, dass es ihr missfiel und irgendwie machte es das ganze noch reizvoller. Er hatte schon öfter festgestellt, dass verbotene Dinge dadurch, dass sie verboten waren, nur noch spannender waren. Es hatte ein bisschen was von gutem Zuckerwerk, dass es nur so selten gab, dass aber so unglaublich süß und lecker war und er am liebsten ganz viel davon essen würde, obwohl er wusste, dass es davon nur Bauchschmerzen gab.
Gabriel rutschte auf seinem Ast zurecht und lächelte als er freien Blick auf den Gartenabschnitt hinter der Hecke hatte. Helene war mit zwei ihrer Zofen im Garten und die Frauen hatten Michael, Raphael und noch ein kleines Mädchen dabei, die Tochter einer der Zofen, wenn Gabriel sich nicht irrte.
Helene hatte Raphael auf dem Arm und Michael und die kleine Lore begannen nun auf ihren kurzen Beinen ein kleines Fangenspiel, während die Frauen sich im Gras niederließen.
Gabriel beobachtete die Szene einen Moment lang und verspürte mit einem Mal einen heißen Stich in der Brust. Eifersucht. Er war eifersüchtig darauf, dass Michael und Raphael ihre leibliche Mutter noch hatten. Dieser Gedanke war ihm früher schon mal gekommen, aber er hatte ihn beiseite geschoben. Aber es war mit der Eifersucht ungefähr so, wie mit einem Hemd aus kratziger Wolle: mit etwas Willenskraft konnte man anfangs verdrängen, dass es kratzig war. Aber irgendwann fiel es einem wieder auf und man juckte an den Stellen. Und wenn man einmal selbst daran gejuckt hatte, dann wurde es schlimmer und schwerer nicht mehr daran zu denken.
Gabriel schluckte schwer, glitt möglichst leise von dem Baum herunter und lief dann eilig durch den Garten hinüber zum Pferdestall. Das war immer schon ein guter Ort gewesen, um sich zu verkriechen und sein Herz ein wenig leichter werden zu lassen. Am liebsten tat er es bei Chouchou in der Box, der nun ja endlich wieder zu Hause war. Gabriel huschte in den Stall und ließ sich im nächsten Moment in einer der Ecken im Stroh nieder, blinzelte heftig, um die Tränen zu verdrängen als sich eine weiche Pferdenase an sein Gesicht drückte. Er legte die Hand an Chouchous Kopf und presste das Gesicht an die weiche Nase. "Wie es dir wohl erging als du von deiner Mutter weg musstest, hm?" wisperte Gabriel leise.

Edward war gerade in den Stallungen gewesen, um ein bisschen nach dem Rechten zu sehen, als er eine der Boxentüren hörte. Er runzelte die Stirn. War er doch nicht allein hier, wie er gedacht hatte?
Langsam schritt er durch die Stallgasse und verharrte bei Chouchou, als er eine leise Stimme vernahm.
"Er war nicht sonderlich begeistert und hat uns fast die Box auseinander genommen.", erwiderte Edward leise und öffnete die Tür, um sich zu Gabriel zu gesellen.
"Du siehst unglücklich aus. Was ist passiert, Kurzer?"
Viel zu lange war er von seiner Familie getrennt gewesen. Manchmal hatte er das Gefühl, die Sorgen seiner Kinder gingen einfach an ihm vorbei. Dabei war es genau das, was er nicht wollte. Seine Kinder sollten Vertrauen haben und zu ihm kommen, wenn sie etwas belastete.
Er setzte sich zu Gabriel ins Stroh und strich Chouchou über die Nase.

Gabriel

Das letzte, was Gabriel erwartet hatte, war, dass er eine Antwort auf seine Frage bekam und sein Kopf ruckte überrascht hoch als er die Stimme seines Vaters hörte. Eilig fuhr er sich über die Augen um die letzten Tränen fortzuwischen während sein Vater Chouchous Box betrat und sich neben Gabriel niederließ.
"Ich kann verstehen, dass er nicht glücklich war darüber." murmelte Gabriel und sah zu dem treuen Rappen auf, der nun erst einmal Edward begrüßte und darauf hoffte von seinem Herrn vielleicht etwas essbares abzustauben.
Gabriel stieß einen leisen Seufzer aus und hob dann die Schultern. "Nichts eigentlich. Ich ... ich vermisse nur Mama und manchmal so sehr, dass es hier drin fürchterlich weh tut." erklärte er leise und tippte sich auf die Brust. Meistens konnte er es ertragen, aber dann gab es solche Momente in denen er sich so sehnlichst seine Mutter wieder an seine Seite wünschte, dass er es kaum aushalten konnte. Und diese Eifersucht auf seine Brüder machte ihm die Sache nur noch unerträglicher. Er wusste, dass Neid eine Sünde war, aber er war einfach machtlos dagegen.

Edward seufzte leise. "Wer wäre das schon?" Er schob Chouchou ein Stück trockenes Brot zwischen die Lippen und legte dann den Arm um seinen Sohn.
"Ich vermisse sie auch, Kurzer. Und ich kenne diesen Schmerz, den du beschreibst. Manchmal erinnert mich so viel an sie. Aber was hat dich nun darauf gebracht? Was hat verursacht, dass du sie jetzt wieder so sehr vermisst? Helene ist doch eine gute Stiefmutter für dich oder findest du nicht? Ist etwas passiert? Hast du dich geärgert?"
Edward lächelte leicht.
"Immerhin haben wir noch uns, Gabriel...und daran wird sich nie etwas ändern."

Gabriel

Gabriel kuschelte sich an seinen Vater als dieser den Arm um seine Schultern legte. Er lehnte den Kopf an die starke Schulter, die ihm immer wieder so viel Trost spendete und seufzte leise. "Ach, ich ... es war dumm. Ich habe auf dem Apfelbaum gesessen und Helene mit Michael und Raphael im Garten gesehen. Ihre Zofe war mit Lore auch dabei." berichtete Gabriel und starrte dabei hinab auf seine Füße. "Es war nichts besonderes, aber ich ... oh, ich weiß, dass ich das nicht darf, dass es eine Sünde ist, aber ich war mit einem Mal so neidisch auf die Beiden." wisperte er schließlich. "Sie haben ihre Mutter noch und ich nicht." gestand Gabriel betroffen. Er biss sich kurz auf die Lippe, zuckte dann mit den Schultern. "Ja, schon. Sie ist gut zu mir, aber ... Helene ist nun einmal nicht Mama." erklärte er als wäre das immerhin eine mehr als offensichtliche Tatsache.
Er hob den Blick etwas und sah seinen Vater an. "Ja und das ist auch gut so." bemerkte er. "Ich brauche dich doch schließlich."

Edward fuhr seinem Sohn durch den roten Schopf, der seinem so ähnlich war. "Es ist nicht dumm, Kurzer...Ich kann dich verstehen. Es ist schwer für dich und das bestreitet auch niemand. Es ist nicht schlimm, dass du diesen Neid spürst. Du liebst die Beiden ja trotzdem, sie sind deine Brüder. Sie hatten mehr Glück als du, aber sie werden darum auch niemals so stark sein wie du. Weil du all das durchgemacht hast."
Er küsste Gabriel auf die Schläfe. "Ich weiß. Aber eine Stiefmutter ist besser als gar keine Mutter, oder? Sie gibt sich viel Mühe, dir deine Mutter zu ersetzen, auch wenn sie das niemals wirklich können wird. Ich brauche dich auch, Gabriel."

Gabriel

Gabriel sah seinen Vater mit einer Mischung aus Zweifel und Neugierde an. "Glaubst du wirklich? Glaubst du, ich bin stark?" fragte er mit nur schwer verborgener Neugierde. So hatte Gabriel noch nie über die Sache nachgedacht. Dann wurde er jedoch wieder skeptisch. "Meinst du wirklich, dass das nicht schlimm ist?" fragte Gabriel dann leise. "Ich sollte nicht neidisch auf sie sein ... aber es ist so schwer, wenn ich die drei zusammen sehe."
Gabriel schloss die Augen und genoss die Nähe zu seinem Vater, genoss die Vertrautheit, den Kuss auf die Schläfe ... er war so froh, dass sein Vater endlich wieder bei ihm war. "Ja, schon. Helene ist schon in Ordnung." entgegnete Gabriel mit einem schiefen Grinsen. Dann legte er den Kopf ein wenig schief und betrachtete seinen Vater eingehend. "Nimmst du mich mit zur Krönung?" fragte er dann hoffnungsvoll. "Ich würde so gerne dabei sein."

"Ja, das glaube ich. Du hast so früh all das mit gemacht und dich mit Helene arrangiert. Du hast alles gut überstanden, du bist stark. Und glaub mir, auch die besten Menschen zweifeln einmal an sich selbst und an ihrem Leben. Und jeder von uns ist irgendwann einmal neidisch. Sei einfach Gott dankbar dafür, dass deine Brüder niemals den Verlust ihrer Mutter erfahren mussten, so wie du und unser schwarzer Freund hier. Wenn du die drei zusammen siehst, solltest du dir denken, dass du auch dazu gehörst. Denn so ist es..."
Er grinste zurück und überlegte einen Moment lang.
"Na gut. Du bist alt genug, ich nehme dich mit. Helene wird mich ohnehin begleiten, schätze ich. Das wäre nur angemessen."

Gabriel

Gabriel dachte über die Worte seines Vaters nach und nickte schließlich. "Ja, ich denke, du hast Recht." beschied Gabriel und begann dann bis über beide Ohren zu strahlen. "Wirklich?" Er schlang die Arme um den Hals seines Vaters und gab diesem in seiner überschwänglichen Freude einen Kuss auf die Wange. "Oh danke, danke!" Er hatte so gehofft, dass er bei der Krönung würde dabei sein können, es war schließlich ein ganz besonderes Ereignis, denn wie oft hatte man schon die Gelegenheit zu sehen, wie ein König gekrönt wurde?
Gabriel schmiegte sich selig an die Brust seines Vaters und beschied im Stillen für sich, dass die Welt - zumindest vorerst - wieder in Ordnung war. Vergessen war der düstere Moment und er dankte Gott im Stillen dafür, dass sein Vater endlich, endlich wieder Heim gekehrt war.

Edward nickte langsam und lachte dann. "Sicher, ich habe immer Recht, nicht wahr? Aber ja, du darfst mich wirklich begleiten, Kurzer. Du hast ja Recht, wann sieht man so etwas schon einmal? Und ich bin sicher, Richard wird sich nicht lumpen lassen bei dieser Krönung."
Er drückte die Schulter seines Sohnes und freute sich darüber, dass dieser wieder zu besserer Laune gefunden hatte.
Vielleicht sollte er noch einmal mit Helene darüber sprechen, damit Gabriel nicht das Gefühl bekam ausgeschlossen zu werden.
"Und jetzt komm, ich bin sicher, es gibt gleich essen."

Gabriel

Gabriel grinste flegelhaft. "Nein, nicht wirklich. Mama hat immer gesagt, dass du selten Recht hast und ich glaube Helene zweifelt generell daran, dass du jemals Recht haben könntest." bemerkte Gabriel heiter.
Bei dem Gedanken an die Krönung begannen Gabriels Augen zu leuchten. "Bestimmt nicht. Er will sicher allen zeigen, dass er zurecht König wird." mutmaßte der Junge und umarmte seinen Vater dann noch einmal. "Ich bin so froh, dass du wieder hier bist. Du warst so furchtbar lange fort und ich hatte solche Angst um dich." gestand er leise, ehe er aufstand und sich das Stroh von den Hosen klopfte.

Edward lachte auf. "Ja, ich weiß. Aber velleicht ´haben sie ja auch keine Ahnung, das kann niemand von uns so genau wissen. Sogar Helene weiß, dass ich auch einmal recht haben kann."
Er klopfte Gabriel auf die Schulter.
"Ja, das will er sicherlich. Und ich bin sicher, es wird ihm auch gelingen." Edward half Gabriel sich von Stroh zu befreien und erwiderte die innige Umarmung.
"Ich bin auch froh wieder hier zu sein, ihr habt mir gefehlt. Und so bald werde ich nicht wieder so lange fort sein, ich verspreche es dir."

Mary war überglücklich gewesen, dass Isabella und ihr Mann sich dazu entschieden hatten hier in Kent zu bleiben bis die Krönung in Westminster stattfinden würde. Die beiden hätten ohnehin nicht so recht gewusst, wohin sie hätten gehen sollen, für Isabella war es in ihrem hochschwangeren Zustand ohnehin leichter und Mary freute sich darüber die beiden und die kleine Sybil noch länger in ihrem Heim zu haben.
Mary hatte ihre Kinder gerade in der Obhut der Kinderfrau gelassen und machte sich nun auf den Weg zu ihrer Schwester, um ihr etwas Gesellschaft zu leisten. Bei Isabella konnte es nun jeden Tag soweit sein, dass ihr Kind auf die Welt kommen wollte und daher schonte sie sich seit einigen Tagen ganz besonders.
Mary klopfte an die Tür zu Isabellas Gemach und wartete auf eine Antwort von drinnen.

Isaella hatte sich mit ihrem Mann darauf verständigt, dass sie Charles' und Marys Gastfreundschaft gern noch etwas in Anspruch nehmen würden. Sie wollte einfach nichts durch eine Reise riskieren und sie fühlte sich ohnehin unendlich schwerfällig.
Doch sie wollte sich nicht beschweren, schließlich freute sie sich unendlich auf das Kind. Sie konnte immer noch kaum glauben, dass es wieder geklappt hatte. William freute sich so sehr...
Isabella lächelte leicht, als sie Besuch bekam und bat ihre Schwester hinein. Es konnte nur Mary sein, da war sie sicher.
"Komm nur rein, Schwesterherz." Etwas Ablenkung tat sicher gut, rastlos wie sie sich heute fühlte.

Mary schlüpfte in das Gemach als sie die Stimme ihrer Schwester von drinnen hörte. Sie schenkte Isabella ein strahlendes Lächeln und kam zu ihr hinüber. "Und, wie geht es dir heute?" fragte sie und ließ den Blick prüfend über Isabella wandern. Nachdenklich legte Mary den Kopf ein wenig zur Seite und setzte sie zu ihrer Schwester, ehe sie deren Hand ergriff.
Ihre Augen funkelten amüsiert als sie Isabella so ansah, aber sie sparte sich noch eine Bemerkung, wartete erst einmal ab, was ihre Schwester zu berichten hatte. Aber Mary hatte schon so eine Vermutung ... Isabella sah genau so aus, wie sie selbst sich immer fühlte, wenn die Niederkunft kurz bevor stand.

Isabella lächelte und runzelte ein wenig nachdenklich die Stirn. "Oh, nicht übel, Schwesterchen. Aber ich fühle mich rastlos und unruhig. Ich schätze mal, dass die Wehen bald richtig einsetzen, wenn es nicht das Wetter ist, dass mich so beeinflusst.", erklärte sie sanft, aber völlig gelassen. Körperlich war sie von Unruhe erfüllt, aber sie sorgte sich nicht. Gott hatte sie bis hierher behütet, warum sollte sich das jetzt ändern?
"Wo sind unsere Männer eigentlich abgeblieben? Und die Kinder? Ich hoffe, weit, weit weg?" Sie lachte leise. So hätten sie wenigstens ihre Ruhe bei dieser Sache.
"Ich würde William wirklich gern einen Sohn schenken. Aber bisher haben wir nicht wirklich viel weiterzugeben."

Mary grinste breit. "Oh, ich bezweifle, dass es am Wetter liegt, meine Liebe. Ich denke auch, dass dort wohl jemand heute auf die Welt kommen möchte." erwiderte sie heiter. Sie hatte sich so sehr für Isabella gefreut als diese wieder schwanger geworden war, immerhin wusste Mary genau, wie sehr ihre Schwester sich noch ein Kind wünschte. Und insgeheim hatte sie immer ein bisschen ein schlechtes Gewissen gehabt, weil sie wieder und wieder schwanger geworden war, irgendwann sogar gegen ihren Willen. Es war ihr so falsch erschienen. Aber nun hatte es den Anschein als hätte Gott endlich ein Einsehen gehabt.
"Die beiden sind mit Daniel und Roland unterwegs und unternehmen einen Ausritt. Gott allein weiß, wie Roland es geschafft hat, die drei dazu zu bewegen und ich hoffe inständig, dass der kleine Teufel ihnen nicht einfach davon reitet auf seinem Pony." Mary verdrehte die Augen und seufzte leise. Sie liebte ihren ältesten Sohn heiß und innig, aber Roland war ein wahrer Wirbelwind und versetzte Mary damit doch so manches Mal in erhebliche Angst um ihn. "Und der Rest ist bei unserer Kinderfrau. Sybil und Juliana stecken schon den ganzen Morgen über immer die Köpfe zusammen, es ist eine wahre Freude die zwei zusammen zu sehen."
Mary lächelte sanft. "Das wird sich schon noch ändern, Bella, da bin ich mir ganz sicher. Richard ist kein Dummkopf, er weiß, welchen Nutzen dein Mann für ihn haben kann, wenn er ihn nur für sich gewinnen kann und William ist klug, er wird schon dafür sorgen, dass er für seinen Treueid von Richard auch entsprechend entlohnt wird."

"Ja....und ich freue mich darauf, dass das Kleine zur Welt kommt. Ich habe so lange gewartet und Gott hat mich behütet, er wird es heute auch tun."
Isabella lachte leise auf. "Oh, der kleine Lausebengel wird schon wissen, wie er sie um den Finger wickelt. Keine Sorge, die Schlimmsten haben meist das größte Glück. Aber ich finde es bewundernswert, dass Charles sich nicht unterkriegen lässt mit seiner Verletzung. Ich weiß, er hasst diesen Gehstock und genießt es, auf dem Rücken des Pferdes frei beweglich zu sein. Auch, wenn er es noch nicht über geraume Zeit schafft. Und was Sybil angeht...ich bin wirklich glücklich, dass sie sich mit Juliana so gut versteht."
Sie seufzte. "Ich hoffe, du behältst recht. Richard ist nicht dumm, aber er weiß auch, was für eine Symbolwirkung William haben kann. Und William...ich weiß nicht, wie sehr er Richard wirklich vergeben hat. Ich hoffe, sie geraten nicht aneinander. Ich wäre glücklich, ein eigenes Zuhause zu haben."

"Das wird er ganz sicher." stimmte Mary lächelnd zu. Dann seufzte sie jedoch noch einmal leise. "Ja, vielleicht hast du Recht." Für einen Moment richtete Marys Blick sich ein wenig nach innen und sie dachte über Roland und dessen Vater nach. Wie Gerard wohl in diesem Alter gewesen war? Hin und wieder ertappte sie sich dabei, dass sie ihren Sohn ansah und fürchtete, er könne in die Fußstapfen seines Vaters treten. Und jedes Mal, wenn ihr dieser Gedanke kam, wurde der Drang, Roland vor der Welt zu schützen nur noch größer.
Als Isabella auf Charles zu sprechen kam, riss das Mary aus ihren Gedanken und ein Lächeln trat wieder auf ihre Lippen. "Ja, er schlägt sich tapfer damit. Er brummt immer gerne darüber wie ein wütender Bär, aber letztlich hat er sich schon ganz gut damit arrangiert. Und ich bin Heil froh, dass nichts schlimmeres passiert ist."
Mary hob langsam die Schultern. "Das weiß vermutlich höchstens William selbst. Aber ich denke, er ist klug genug, um sich mit Richard zu arrangieren und den Groll zu begraben. Wie es mit Vater in dieser Sache jedoch steht, bereitet mir da schon deutlich mehr Sorgen."

Isabella lächelte leicht. "Grübel nicht so viel. Auch Roland wird seinen Weg finden, Liebes. Und wie ein Mensch wird, ist auch immer eine Frage der Erziehung." Sie konnte Marys Gedanken förmlich an ihrem Gesicht ablesen.
"Ihm bleibt ja auch nichts Anderes übrig, nicht wahr? Er muss sich damit arrangieren. Aber ich bin auch froh, dass er trotzdem heim gekehrt ist. Andere Frauen trifft es viel schlimmer. Und Vater...ja, ich glaube auch, dass das noch Schwierigkeiten geben wird. Vielleicht bittet er Robert den Eid zu leisten. Das wäre für alle Beteiligten vermutlich angenehmer. Er wird Richard nie verzeihen, dass Henry in diesem Krieg gestorben ist. Niemals. Dafür hing er viel zu sehr an ihm...Ohne Mutter wäre er vermutlich vor die Hunde gegangen."

Mary sah ihre Schwester an und für einen kurzen Moment musste sie beinahe die Tränen zurück halten. Sie war so glücklich darüber, Isabella hier zu haben und auch nach all den Jahren, die sie zusammen verbracht hatten, überwältigte es Mary manchmal förmlich welche Verbundenheit zwischen ihnen herrschte, wie sehr sie einander verstanden ohne dass alles ausgesprochen werden musste. Vorsichtig zog sie Isabella in ihre Arme und hauchte einen Kuss auf ihre Wange. "Das ist wahr. Ich mache mir wirklich zu viele Gedanken darüber." Sie würde versuchen Isabellas Rat zu beherzigen und nicht zu sehr darüber nachzudenken. Das half schließlich auch nicht wirklich weiter.
"Stimmt, aber die Art und Weise wie er sich damit arrangiert erleichtert mich wirklich. Bei so manch anderem wäre es wohl anders gelaufen." Eine solche Verletzung und die damit einhergehende Einschränkung machte viele Männer schnell bitter.
Mary seufzte leise. "Das denke ich auch. Und vermutlich ist es noch schlimmer, weil Vater Richard gegenüber eigentlich immer sehr offen war, er hat ihn ja mitunter wie einen eigenen Sohn angesehen. Das macht die Sache wohl noch schwieriger." Mary freute sich darauf ihren Vater in Westminster wieder zu sehen, aber sie machte sich auch große Sorgen. Sie alle würden ihn gut im Auge behalten müssen.

Isabella erwiderte den Blick ihrer Schwester liebevoll. Mary und sie hatten so ein festes Band zueinander, sie wollte es nicht missen. Es hielt sogar dann, wenn sie lange getrennt waren. Sie erwiderte die Umarmung ihres Zwillings und nickte. "Das ist eine weise Entscheidung. Schaffe dir keine Probleme, wo keine sind. Sei dankbar für das Leben, das du hier führen kannst und für einen Mann wie Charles. Du hast nämlich recht. So mancher Mann sucht sich für die Wut über die eigene Unzulänglichkeit andere Bahnen. Sie trinken oder schlagen...aber er brummt nur ein bisschen, ist wütend auf sich selbst und macht im nächsten Moment abgeklärt weiter. Die Kinder und du, ihr tut ihm gut."
Allerdings konnte sie die Sorge um ihren Vater durchaus teilen, Mary hatte nicht Unrecht. "Ich schätze, das spielt mit dazu. Und Beatrice steht zwischen den Fronten. Die Arme wird in den nächsten Jahren die größte Last tragen, befürchte ich. Wenn ich an den Hof zurückkehre, werde ich ihr ein bisschen Unterstützung anbieten."
Isabella atmete langsam durch. "Und ich schätze, jetzt könntest du langsam die Hebamme dazu holen."

Mary nickte langsam. "Ich bin dankbar dafür, jeden Tag aufs neue. Charles ist für mich wirklich ein Geschenk des Himmels." Immerhin wusste sie genau, wie es war mit einem Mann vermählt zu sein, der sich nicht unter Kontrolle hatte, der seine Wut und seinen Ärger an ihr ausgelassen hatte. Hin und wieder überlegte sie, wie sie damals nur so blind hatte sein können als sie Gerard kennen gelernt hatte, aber dann dachte sie daran, dass sie Charles nie kennengelernt hätte, hätte es vorher ihre Ehe mit Gerard nicht gegeben - alles hatte also durchaus seinen Grund, so wie es gekommen war.
Mary lächelte sanft. "Und er tut den Kindern und mir gut."
Sie betrachtete Isabella einen Moment und erhob sich dann. "Sicher. Komm, ich helfe dir schon einmal zum Bett hinüber, dann hole ich die Hebamme. Wir werden im Nu zurück sein, du wirst sehen." Und sie würde ihrer Schwester bei der schweren Aufgabe so gut zur Seite stehen, wie sie nur konnte.

"Das ist er. Du bist viel ausgeglichener, seit du ihn geheiratet hast." Isabella lächelte sanft. "Ich mache mir um dich keine Sorgen mehr, seit du ihn an deiner Seite hast.. Und er und William verstehen sich wirklich gut. Ich bin froh, dass William sich hier wohl fühlt. Er leidet darunter, dass er uns nicht viel bieten kann. Aber das wird sich eines Tages ändern..."
Isabella nickte und ließ sich von Mary gern aufhelfen. "Ich danke dir. Allzu eilig ist es noch nicht, ich sorge mich nicht."
Sie ließ sich etwas schwerfällig auf das Bett sinken. "Ich bin sicher, das Kleine wird es bald noch eilig genug haben zur Welt zu kommen. Und William wird so glücklich sein."