William und Joanna - ab 1174 bis 1175

 

Owen erschauderte als Mathilda ihm über die Wange strich, begriff allerdings langsam, dass es wirklich Mathilda war, die vor ihm stand und dass ihm keine Gefahr mehr drohte. Trotzdem zitterte er noch immer, mit den Nerven durch seinen Traum völlig am Ende. Und wenn er ehrlich zu sich war, machte Mathildas Anwesenheit das alles auch nur bedingt besser, denn dass er ausgerechnet in ihrer Gegenwart einen solchen Zusammenbruch haben musste, ließ ihn auch keineswegs unberührt.
"Es war ... ein Traum." murmelte er, halb fragend, halb sich selbst zuredend, damit er endlich zur Ruhe kam. "Nur ein Traum ..." Seine Atmung ging noch immer heftig, so als wäre er gerade eine lange Strecke gelaufen, doch zumindest wusste er nun, dass er nicht wieder auf diesem groben Eichentisch lag, sondern hier in Devon vor dem Kamin saß.
Owen fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn und starrte Mathilda an. "Ich habe ... es sind nur ... Erinnerungen. Erinnerungen von früher." erklärte er dann langsam und stockend. "Wird gleich wieder gut sein." Hoffte er zumindest.
Gleichzeitig ärgerte Owen sich über sich selbst, dass er nichts von den Kräutern mitgenommen hatte, die John ihm regelmäßig gab und aus denen er sich in solchen Momenten einen Tee machen konnte.

Mathilda

Mathilda sah Owen besorgt an und setzte sich zu ihm auf die Sessellehne. "Ja, nur ein Traum. Es passiert Euch nichts. Ihr habt öfter diese Albträume, nicht wahr? Das war nicht das erste Mal.", stellte sie fest.
"Ihr müsst Euch beruhigen, Owen. Niemand hier will Euch Böses. Wollt Ihr mir vielleicht erzählen, was Euch so plagt? Vielleicht geht es Euch dann ja besser."
Sie hätte nie gedacht, dass den so ruhigen Owen etwas so aus der Fassung bringen konnte.
Das war ungewöhnlich.

 

Owen sah Mathilda fahrig an und nickte schließlich. "Immer wieder mal." murmelte er und strich sich das schweißnasse Haar aus der Stirn. "John hat mir etwas gegeben, was normalerweise gut hilft, aber ich habe vergessen etwas mitzunehmen." nuschelte Owen und lehnte den Kopf zurück. Er schluckte schwer und sah Mathilda skeptisch an als sie vorschlug, er solle ihr von seinem Albtraum erzählen.
Er würde ja, nur ... solange dieser Druck noch auf seiner Brust lag und sich eine düstere Schlinge um sein Herz gelegt hatte, konnte er nicht davon reden. "Mathilda, ich ... könntet Ihr ..." Owen zögerte, weil es ihm unangemessen vor kam, aber er fühlte sich noch immer so unfassbar allein, obwohl er wusste, dass er hier war, in Devon und nicht in Wales in dieser fürchterlichen Kammer.
"Könntet Ihr mich festhalten? Nur einen kurzen Moment ..." fragte er dann zögernd.

Mathilda

Mathilda seufzte. "Das ist meine Schuld. Ihr musstet meinetwegen so überstürzt aufbrechen, dass Ihr es vergessen habt. Es würde Euch mit den Kräutern sicher gehen.", bemerkte sie mit einem Anflug schlechten Gewissens.
Seine Frage ließ sie zögern, doch sie sah, dass er nun Nähe brauchte. Es musste ihn sehr erschüttert haben, was ihn im Traum heimgesucht hatte. Was er wohl so Furchtbares erlebt hatte.
Mathilda nickte nur langsam, legte ein wenig schüchtern die Arme um ihn und zog ihn an sich.
Wenn er sie jetzt brauchte, konnte sie einmal etwas zurückgeben.

 

Owen schüttelte müde den Kopf. "Nein, es ist nicht Eure Schuld." widersprach er entschieden und war dann unglaublich dankbar dafür, dass Mathilda seiner Bitte nachkam.
Für einige Augenblicke gestattete Owen sich, die Augen zu schließen und es wurde tatsächlich etwas besser. Sein Herz, das zuvor noch gegen seinen Brustkorb gehämmert hatte, als wolle es ausbrechen, begann allmählich wieder in seinen normalen Rhythmus zurück zu finden und das Zittern, das sich seiner bemächtigt hatte, ließ ebenfalls etwas nach.
Owen atmete leise aus, hielt die Augen jedoch weiterhin geschlossen. "Ich habe als ich zehn war eine Menge Narben davon getragen, Mathilda." begann er leise. Beinahe so leise, dass er sich gar nicht so sicher war, ob Mathilda ihn verstand. "Nicht nur auf meiner Haut, sondern auch auf meiner Seele." Er wollte darüber nicht sprechen, aber doch wusste er, dass er es musste. Owen öffnete wieder die Augen und löste sich dann langsam aus Mathildas Umarmung. "Man wollte meinen Vater unbedingt als Ketzer auf dem Scheiterhaufen sehen, aber ... dafür brauchten sie erst Beweise. Jemanden, der ihnen sagte, was sie hören wollten, aber ich ... ich wollte nicht." murmelte Owen langsam und dachte nicht weiter darüber nach, dass seine Worte für Mathilda noch wenig Sinn ergeben mochten.

Mathilda

Mathilda spürte, dass Owen sich langsam beruhigte und war froh darum. Sie hatte ihn noch nie so durch den Wind gesehen und sie wollte es auch nicht sehen. Er war doch für sie ein Halt gewesen in all der Zeit.
Sie nickte langsam, als er zu sprechen begann. "Das dachte ich mir. Irgendetwas Schreckliches scheint Euch widerfahren zu sein, dass Ihr solch panische Angst aus Euren Albträumen weitertragt in die Wirklichkeit."
Sie ließ ihn los, als er sich lösen wollte, ließ die Hand aber auf seiner Schulter ruhen, während er mit seiner Geschichte begann. Seine Worte waren ein wenig wirr, aber sie glaubte, zu verstehen.
"Sie...sie haben Euch gezwungen ihnen zu sagen, was sie wissen wollten? Warum? Warum wollten sie ihn unbedingt richten?"

 

Owen war dankbar dafür, dass Mathilda ihre Hand auf seiner Schulter liegen ließ. Es war als würde sie ihn somit noch ein wenig stärken. Nervös fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen und nickte rasch. "Sie haben es versucht, aber ich habe ihnen nichts gesagt." erwiderte Owen eine Spur zu heftig, so als müsse er sich rechtfertigen. "Ich habe nichts gesagt ..."
Owen sah Mathilda an, fast so als würde er sie gerade das erste Mal wirklich bemerken. "Warum?" wiederholte er langsam und nachdenklich. "Er hat Dinge gesagt. Dinge, die unbequem waren und Missstände anprangerten. Dinge, die gewisse Leute nicht hören wollten." erwiderte Owen dann. "Und er ... er war Priester." Priester und trotzdem mein Vater.

Mathilda

"Und das ist ja auch nur gut so.", erwiderte Mathilda ernst, damit Owen nicht weiter das Gefühl hatte sich rechtfertigen zu müssen. "Ihr habt Euch nichts vorzuwerfen."
Mathilda lauschte seiner Erklärung interessiert, damit sie ihn besser verstehen konnte. Sie wollte wissen, was die Hintergründe seiner Geschichte waren.
"Das geschieht schnell in diesen Tagen.", erklärte sie dann.
"Priester....", wiederholte sie schließlich tonlos. Ein Priester mit Kindern...."Das war nicht recht von ihm, aber kein Grund ihn als Ketzer zu verbrennen. Das verstehe ich nicht." Doch sie glaubte Owen so gut zu kennen, um ihn inzwischen einschätzen zu können. "Seid Ihr deshalb Priester geworden? Um es besser zu machen?"

 

Owen hob leicht die Schultern. "Man brauchte einfach einen Grund, um ihn aus dem Weg zu bekommen." murmelte er und sah Mathilda an, fürchtete sich ein wenig vor dem Urteil, dass sie über ihn fällen würde. Er wusste, was Menschen über Bastarde dachten und wenn man obendrein noch ein Priesterkind war, wurde es nicht einfacher. Und genau vor dieser Anklage in ihren Augen fürchtete Owen sich, war ihm doch unglaublich wichtig, was Mathilda von ihm hielt.
"Nein." erwiderte er dann langsam. "Ich ... ich wollte schon immer werden wie er." Owen legte die Stirn kurz in Falten und rieb sich unbehaglich über die Brust, auf der viele unterschiedliche Narben prangten, die momentan von seinem verschwitzten Hemd verdeckt wurden. "Er war ein guter Mann, Mathilda. Und ich wollte schon früher Priester werden." Owen hielt inne und atmete tief durch, bevor er weiter sprach. "An dem Tag an dem sie ihn verbrannt haben und ich ihn nicht retten konnte, habe ich mir geschworen, dass ich nicht so enden werde. Ich war wütend auf ihn, enttäuscht, dass er uns im Stich gelassen hatte und habe geschworen, dass ich ein besserer Priester werde, das stimmt. Aber Priester wollte ich vorher schon werden. Zumal ich ohnehin nicht viele Chancen außerhalb der Kirche gehabt hätte." Owen lächelte bitter. "Wer will schon einen Bastard beschäftigen? Und noch dazu einen, dessen Vater ein Priester war? Niemand."

Mathilda

"Und das habt Ihr doch auch geschafft, Owen. Ihr seid ein sehr guter Priester geworden." Mathilda drückte leicht Owen Schulter.
"Ich kann Eure Beweggründe verstehen. Es wäre außerhalb der Kirche wohl wirklich schwierig geworden Arbeit zu finden. Nicht unmöglich, aber schwierig. Ich finde es nicht schlimm, dass Euer Vater Priester war. Er mag hier auf Erden Fehler gemacht habe, aber ihn zu richten ist allein Gottes Sache, nicht unsere. Macht Euch darüber nie Gedanken. Wer darf schon urteilen über Euch, wenn es nicht Gott ist?", fragte sie dann und lächelte leicht.

 

Owen starrte Mathilda einen schier endlosen Moment lang überrascht an. Dann musste er heftig schlucken, so sehr berührten ihn ihre Worte. "Ich danke Euch." erwiderte er heiser.
Dieses Mädchen, nein, diese junge Frau verstand tatsächlich in ihn hinein zu sehen, wie niemand sonst. Zwar hatte er mit John über diese Dinge gesprochen und letztlich auch mit William und seiner Gemahlin, aber erst jetzt als er mit Mathilda darüber sprach, fühlte er sich wirklich deutlich erleichtert.
Aus einem Impuls heraus legte Owen noch einmal die Arme um Mathilda. "Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie dankbar ich Euch bin." murmelte er und löste sich dann wieder von ihr. Er wollte es nicht überstrapazieren, dass sie ihm diese Vertrautheit überhaupt in seinem Moment der Schwäche erlaubte. Owen zupfte missbilligend an seinem Hemd, das noch immer feucht an seiner Haut klebte. Er würde es ohne Zweifel wechseln müssen. Aber gerade hatte er noch ganz andere Sorgen. Etwas, das ihm sichtlich unangenehmer war. Unsicher sah er zu Mathilda auf. "Würde es Euch etwas ausmachen, wenn Ihr ... wenn Ihr heute Nacht hier bleibt?" fragte er mit gedämpfter Stimme. Auch wenn es ihm schwer fiel, es zuzugeben, aber er hatte schlichtweg Angst davor heute Nacht noch einmal alleine zu bleiben.

Mathilda

Mathilda schüttelte erstaunt den Kopf. "Ihr müsst Euch doch dafür nicht bedanken. Alles ist in Ordnung.", erklärte sie sanft.
Sie ließ ihn gewähren, als er sie nochmal in die Arme nahm und lächelte zufrieden. "Es ist schon gut. Wir finden für alles eine Lösung. Aber Ihr solltet Euch nun umziehen, bevor Ihr noch eine Erkältung bekommt." Er fragte schließlich etwas, was sie nicht erwartet hatte, aber um seinetwillen stimmte sie zu. Er konnte jetzt nicht allein sein, das fühlte sie. Also würde sie für ihn da sein in dieser Nacht.
"Nein, das ist kein Problem. Ich werde so lange bleiben, wie Ihr wollt und wie Ihr mich braucht, ja? Das sehen wir ja dann im Laufe der Nacht. Ihr solltet wieder versuchen zu schlafen, wenn Ihr Euer Hemd gewechselt habt."

 

Owen war so gerührt und erleichtert als Mathilda einwilligte zu bleiben, dass er sichtlich um seine Fassung ringen musste. "Ich danke Euch, Mathilda." murmelte er mit einem schüchternen Lächeln. Er wusste, wie viel diese Geste bedeutete, dass sie ihn nun nicht einfach so alleine ließ. Das war sicher keine Selbstverständlichkeit, denn angemessen wäre es gewesen, wenn sie nun gegangen wäre, da sie bereits erwacht war.
Owen wandte den Blick von Mathilda ab und starrte auf seine Hände hinunter. "Ich weiß es wirklich zu schätzen, was Ihr für mich tut. Ich kann nicht einmal den Gedanken ertragen jetzt alleine zu sein." murmelte er und rieb sich etwas verlegen die Hände. "Allein die Vorstellung, dass die Träume wieder kommen und ich alleine aufwache macht ... macht mir Angst." gestand Owen schließlich leise.
Dann nickte er schließlich und erhob sich langsam. Seine Satteltaschen lagen über einem Stuhl in der Ecke und er holte eines der letzten frischen Hemden hervor. Kurz zögerte Owen und wandte Mathilda dann den Rücken zu, ehe er sich das nasse Hemd über den Kopf zog. Nicht, weil sein Rücken weniger der hässlichen Narben davon getragen hatte, sondern weil er ihren Blick nicht sehen wollte, der in diesem Moment vermutlich auf ihm ruhte. Nur mit Mühe hatte er dem Drang widerstehen können, sie zu bitten sich umzudrehen, so unangenehm war es ihm sich vor ihr umzuziehen.
Mit dem frischen Hemd bekleidet, kehrte er dann schließlich zu Mathilda zurück und wich zunächst ihrem Blick aus, weil er sich nicht sicher war, was er nun darin lesen würde.

Mathilda

"Ihr müsst mir dafür nicht danken, Owen. Wie könnte ich Euch jetzt allein lassen, wo Ihr solche Angst habt?" Mathilda legte die Hand auf Owens.
"Wenn Ihr wieder solche Träume habt, solltet Ihr zu mir kommen, solange ich noch in Cornwall sein werde. Ihr habt mir angeboten nachts zu Euch zu kommen, wenn es zu schlimm wird. Also werde ich dieses Angebot nun erwidern."
Sie lächelte matt. "Ihr werdet nicht allein sein."
Ihr Blick folgte Owen flüchtig und sie bemühte sich keinen Laut von sich zu geben, als sie seine Narben entdeckte. Wie leid er ihr doch tat...
Als er zurückkehrte und sie nicht ansah, seufzte sie leise. Er brauchte sich doch vor ihr nicht zu schämen. Zart strichen ihre Fingerspitzen über seinen Rücken.
"So viele Narben...Ihr müsst große Schmerzen gehabt haben."

 

Owen starrte auf Mathildas Hand, die nun auf seiner lag. "Seid Ihr Euch sicher?" fragte er zögerlich. Dieses Angebot war wahrlich verlockend, doch gleichzeitig wusste er, dass er es eigentlich nicht annehmen durfte. Zum einen, weil er ihr gegenüber nicht noch mehr Schwäche offenbaren wollte als er es heute Abend schon getan hatte und zum anderen, weil Owen das Gefühl hatte, damit eine Grenze unwiederbringlich zu überschreiten. John hatte Recht gehabt. Das was Owen für Mathilda empfand ging über das hinaus, was er nach außen hin vorgab. Und das durfte er unter keinen Umständen zulassen.
Als Mathildas Fingerspitzen so sanft über seinen Rücken strichen, wäre Owen um ein Haar zusammen gezuckt. Er biss die Zähne zusammen und schloss für einen Moment die Augen, um die Gefühle zu sortieren, die in ihm aufkeimten. Hätte er kein Hemd getragen, wäre er sofort auf den Beinen gewesen, doch dadurch, dass der Stoff seine Haut von ihren Fingern trennte, war es gerade noch so erträglich, dass sie ihn am Rücken berührte. Gleichzeitig jagte ihm ihre Berührung allerdings auch einen wohligen Schauer über den Rücken ... er war völlig hin und her gerissen und vor allem zu tiefst verwirrt. Was war denn nur los mit ihm?
"Ich hätte nie gedacht, dass man in der Lage ist so etwas durchzustehen." murmelte Owen schließlich und wagte es letztendlich doch Mathilda anzusehen. "In diesen Tagen habe ich meine Grenzen kennen gelernt. Und sie mehr als einmal überschritten."

Mathilda

"Ich hätte es Euch nicht angeboten, wäre ich nicht sicher. Es wäre egoistisch von mir, wenn ich nun nicht für Euch da wäre, wo Ihr mir geholfen habt, als ich nicht mehr weiter wusste, wegen Robert."
Mathilda spürte die Anspannung, die durch seinen Körper huschte, als sie ihn berührte, obwohl er sich bemühte sich nichts anmerken zu lassen.
"Habt Ihr Schmerzen, Owen?", fragte sie leise. "Ich würde Euch gern helfen, wenn ich wüsste wie. Ihr solltet John danach fragen. Vielleicht war sein Rücken auch einfach nur verspannt, weil er anfangs solche Schmerzen gehabt hatte.
"Das kann ich glauben. Aber vielleicht...vielleicht habt Ihr auch Stärke daraus gezogen."

 

Owen verzichtete darauf sich ein weiteres Mal bei Mathilda zu bedanken und lächelte stattdessen nur leicht. Dann wurde er wieder ernst und sah sie zögerlich an, schüttelte langsam den Kopf. "Schmerzen nicht ... nur ganz selten, hin und wieder ... besonders wenn das Wetter umschwingt, schmerzen die alten Narben." murmelte er. "Aber auch dafür habe ich etwas von John."
Owen schwieg einen Moment und atmete dann leise aus. "Es ist nur so, dass ich ... nicht gewohnt bin, dass mich jemand berührt." erwiderte er langsam. "Und vor allem nicht ohne, dass er mir Schmerzen zufügen will." Seit er diesen Keller verlassen hatte, hatte Owen peinlichst darauf geachtet, dass ja niemand an seinen Rücken oder auch an seine Brust heran kam. Nur im äußersten Notfall ließ er solche Berührungen zu, doch in der Regel war das zum Glück nicht von Nöten.
Ein wenig überrascht sah er Mathilda dann an und dachte kurz über ihre Worte nach, ehe er nickte. "Ja, vielleicht habe ich das."

Mathilda

Mathilda nickte langsam. "Dann ist es ja gut. Wenn Ihr wenigstens keine Schmerzen habt. John hat wirklich für fast alles etwas Hilfe." Natürlich, warum sollte er als Priester auch gewohnt sein, dass ihn jemand berührte? Aber sie dauerte der junge Priester, der so viel hatte durchmachen müssen.
Vorsichtig strich sie erneut mit den Fingerspitzen über seine Rücken. "Ihr müsst einfach nur verstehen, dass niemand, der Euch berührt, Euch wieder so Böses will.", wisperte sie.
Ein vorsichtiges Lächeln huschte über ihre Lippen. Ja, sie war Owen dankbar und das wollte sie nun zurückgeben.

 

Owen nickte knapp. "Das hat er in der Tat." erwiderte er, spannte sich im nächsten Moment jedoch wieder an als Mathilda erneut über seinen Rücken strich und ihn damit auf eine harte Probe stellte. Sein Herz begann wie wild zu hämmern als ihre Finger so leicht über seinen Rücken strichen und Owen hatte das Gefühl, dass ihre Stimme zusätzlich dafür sorgte, dass es ihn innerlich fast zerriss.
Er wollte, dass sie aufhörte. Das sie endlich die Finger von ihm nahm. Aber er wollte auch, dass sie weiter machte, dass sie bei ihm blieb und ihre Finger weiter so sanft über seinen Rücken strichen.
Für einen Moment hatte Owen das Gefühl ihm würde übel werden, dann sah er Mathilda ein wenig gequält an. "Das sagt Ihr so einfach." erwiderte Owen mit rauer Stimme und bemerkte, dass seine Hände leicht zitterten.

Mathilda

Mathilda spürte Owens Anspannung und ließ schließlich von ihm ab, konnte nicht genau bestimmen, ob ihm die Berührung gefiel oder ob es ihm unangenehm war.
"Ja, ich weiß. Solche Dinge sagen sich immer leichter als dass man sie umsetzen kann. Ihr werdet wohl noch einiges an Zeit dazu brauchen, aber irgendwann werdet Ihr spüren, dass eine Berührung nicht schlimm sein muss. Wenn ich nur wüsste, wie ich Euch helfen kann..", seufzte sie ein wenig mutlos.
"Vielleicht solltet Ihr einfach wieder versuchen zu schlafen, diesmal in Eurem Bett. Ich werde den Sessel nehmen, schließlich ist es in der Position wahrscheinlicher Albträume zu bekommen, sonderlich bequem kann es nämlich nicht sein."

 

Owen griff nach Mathildas Hand als sie von ihm abließ und drückte sie leicht. "Das tut Ihr doch bereits. Ihr helft mir gerade wirklich sehr indem Ihr einfach für mich da seid." versicherte er ihr und lächelte leicht. Wie froh er doch war, sie heute Abend hier zu haben ...
Dann sah er Mathilda überrascht an und schüttelte den Kopf. "Aber Ihr könnt doch nicht hier im Sessel schlafen!" protestierte er leicht. "Es wird schon gehen, glaubt mir. Ihr solltet das Bett nehmen, ich bin unbequeme Schlafpositionen gewohnt." Immer wenn er Albträume gehabt hatte, war er früher aufgestanden und ein wenig durch die Gegend gelaufen, um zur Ruhe zu kommen und nicht selten war es vorgekommen, dass er sich an irgendwelchen Ecken niedergelassen hatte und ihn die Müdigkeit übermannt hatte.

Mathilda

"Warum nicht?", fragte Mathilda mit einem leichten Lächeln. "Ich werde problemlos einschlafen können, Ihr nicht. Nur weil Ihr es gewohnt seid, müsst Ihr deswegen doch nicht unbequem schlafen. Außerdem ist es Euer Bett und nicht meines."
Sie drückte leicht seine Hand.
"Also legt Euch nun ins Bett und versucht zu schlafen. Ich bin stur, wenn ich das möchte, also solltet Ihr gar nicht erst versuchen mich umzustimmen."
Es war so einfach unbeschwert mit ihm umzugehen.

 

Owen grinste leicht. "Genau genommen ist es Euer Bett, nicht meines. Ich bin hier nur zu Gast." gab er zurück. "Und ich kann ebenfalls ausgesprochen stur sein. Ihr solltet es Euch im Bett bequem machen. Ich werde hier schon wieder einschlafen können."
Als Mathilda seine Hand drückte, musste er lächeln. Es half ungemein mit ihr zu reden und sie in seiner Nähe zu wissen. So konnte er langsam entspannen und begriff, dass es alles nur ein böser Streich war, den ihm seine Erinnerung spielte. Er war hier in Devon und hier brauchte er sich vor nichts zu fürchten.

Mathilda

Mathilda hatte Owen schließlich doch überzeugt sich ins Bett zu legen und bald war der Priester eingeschlafen. Mathilda hatte es sich im Sessel bequem gemacht und war ebenfalls wieder eingedämmert.
Doch sie wurde einige Stunden später wieder geweckt. Owen hatte im Schlaf in leises Stöhnen von sich gegeben und murmelte wirre Worte vor sich hin, wälzte sich unruhig hin und her. Die junge Frau setzte sich zu ihm ans Bett und zögerte einen kurzen Moment.
Dann strich sie Owen sanft durch die roten Locken und redete beruhigend auf ihn ein. "Es ist alles in Ordnung, Owen. Niemand tut Euch etwas." Wie sehr er gelitten haben musste...
Sie blieb bei ihm sitzen, bis er wieder ruhig schlief und betrachtete ihn lange, ehe sie darüber selbst einschlief und den Rest der Nacht an seiner Seite blieb, bis die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster hinein strahlten.

 

Wie jedes Mal, wenn er Albträume gehabt hatte, war Owen letztlich doch müde genug, um wieder einzuschlafen. Einmal holten ihn die düsteren Träume wieder ein in dieser Nacht, doch dieses Mal war dort etwas, was die dunklen Erinnerungen vertrieb und Owen schlief durch bis die Sonne schließlich durch das Fenster schien und die ersten, frühen Strahlen ihn sanft aufweckten.
Owen hielt die Augen geschlossen und atmete leise aus. Er fühlte sich recht erholt und seufzte zufrieden als er sich herum drehte und ... da spürte er es. Owen riss die Augen auf und sah sich Mathilda gegenüber, die neben ihm lag und noch friedlich schlief. Völlig verwirrt starrte er sie an und sah dann auf seinen Arm, der über ihr lag.
Beinahe erschrocken zog Owen seinen Arm zurück und setzte sich ruckartig auf. Sein Herz raste. Wie konnte das sein? Warum lag Mathilda in seinem Bett?
Nur ganz langsam kehrte die Erinnerung daran zurück, was in der letzten Nacht geschehen war, doch das, was Owen noch wusste, erklärte nicht, wieso Mathilda hier neben ihm lag ...