William und Joanna ~ 1175

John schlenderte noch einmal durch die Gänge zur Kapelle um vor dem Schlafengehen Gott noch einmal zu danken für sein wunderbares Leben. Er hatte bereits vier wundervolle Kinder und nun erwartete Constance wieder Nachwuchs. Er war einfach selig vor Glück. Solche Dinge zeigten ihm immer wieder, wie richtig seine Entscheidung damals gewesen war.
Doch er war nicht allein. In der Kapelle traf er auf einen recht durcheinander wirkenden Owen.
"Habt Ihr wieder Albträume?"

 

Owen kniete vor dem Altar und versuchte krampfhaft die näher kommenden Schritte zu ignorieren. Als dann jedoch Johns Stimme erklang, konnte er nicht mehr anders und sah zu seinem Vorgänger auf. "Wohl kaum." erwiderte Owen in einer merkwürdigen Stimmlage. "Ich schlafe nicht mehr." bemerkte er und richtete seinen Blick wieder auf den Altar.
Das war schon die zweite Nacht in der er hier kniete und obgleich seine Knie schmerzten, er müde war und sein Magen knurrte hatte er sich entschlossen, diese Nacht wieder hier zu verbringen. Er musste Buße tun für das, was er getan hatte und noch immer tat. Er konnte einfach nicht aufhören an Mathilda zu denken, aber er hatte ein Gelübde abgelegt, er konnte nicht so einfach alles hinwerfen. Was blieb ihm dann denn noch? Er hatte doch nichts weiter, er konnte doch nichts weiter ... sein Leben war Priester sein und nichts anderes. Und doch sehnte er sich mit jeder Faser seines Körpers nach Mathilda, wollte in ihrer Nähe sein, mit ihr sprechen oder sie einfach nur ansehen. Warum nur erlegte Gott ihm diese Prüfung auf?

John hob eine Augenbraue und kniete sich neben Owen. "Nein, aber meistens finde ich Euch so verstört hier, wenn Ihr zuvor einen Albtraum hattet. Nun, wenn es das nicht ist..."
Er schwieg einen Moment und betrachtete Owen nachdenklich. "Was treibt Euch um, mein Freund? Sagt es mir...Vielleicht kann ich Euch helfen."
Er wurde den Verdacht nicht los, dass es diesmal etwas Anderes war. Ob es wohl mit dem zu tun hatte, was er zuletzt an Owen beobachtet hatte?
"Lasst Euch nicht so aus der Bahn werfen, was auch immer es ist."

 

Owen seufzte innerlich als John sich neben ihm nieder ließ. "Es ist die zweite Nacht, John." erwiderte er ohne direkt auf Johns Frage einzugehen. "Die zweite Nacht in der ich versuche Buße zu tun. Ich habe seit zwei Tagen nicht geschlafen und ich faste ... und trotzdem hilft es nicht." Owen runzelte die Stirn als wundere er sich selbst darüber, jetzt wo er es ausgesprochen hatte.
Dann lachte er leise auf. "Es hilft einfach nicht. Ich kann einfach nicht aufhören an sie zu denken und das obwohl ich hier knie und es wahrlich versuche." Owen schüttelte den Kopf und grinste dann. Ein Grinsen, das verriet, wie nah er der Verzweiflung war und wie sehr ihm die letzten Tage schon zugesetzt hatten. "Wisst Ihr, ich glaube, ich weiß was helfen würde ... eigentlich müsste ich mich geißeln für das was ich getan habe ... was ich immer noch tue. Aber weder habe ich eine Geißel, noch kann ich mich selbst auspeitschen. Ist das nicht wahrlich Ironie des Schicksals, John? Weil man mich als Kind halb tot gepeitscht hat, kann ich es selber nicht mehr tun. Dabei würde das vermutlich helfen ..." Owen lachte wieder und sah John dann fast ein wenig überrascht an, so als würde er ihn jetzt erst bemerken. "John! Habt Ihr keine Geißel?" fragte er und schüttelte im nächsten Moment den Kopf. "Nein, was frage ich eigentlich. So ein Mensch seid Ihr gar nicht." beantwortete Owen seine eigene Frage und vergrub die Finger seiner rechten Hand in seinen roten Locken. "Wenn sie doch nur endlich aus meinem Kopf verschwinden würde ..." stöhnte er dann auf.

"Eine Buße ist kein Allheilmittel, Owen. Es wird Euch nicht helfen, solange Ihr nicht aufrichtig bereut. Eigentlich wollt Ihr gar nicht aufhören, nicht wahr? Es ist nur das Pflichtbewusstsein, das Euch dazu treibt. Sie....es ist Mathilda, die Euch den Kopf verdreht hat, nicht wahr? Jetzt wisst Ihr, wie schwierig dieser Konflikt ist."
Dann aber warf er Owen einen pikierten Blick zu. "Jetzt verliert Ihr wohl völlig den Verstand. Das ist völliger Unsinn. Warum sollte es helfen, wenn Ihr Euch selbst verletzt? Und nein, ich habe keine Geißel. Dergleichen brauche ich nicht. Gott wird Euch nicht eher helfen, weil Ihr Euch Schmerzen zufügt. Das ist absolut hirnrissig." John schüttelte den Kopf.
"Reißt Euch zusammen und stellt Euch nicht so an, als wäre das ein Weltuntergang. Die Liebe ist ein Geschenk, wenn sie einem gewährt wird." Er schaute Owen an.
"Liebt Ihr sie?"

 

Owen schüttelte den Kopf. "Nein, ich will nicht damit aufhören, aber doch muss ich es." erwiderte er und nickte dann. "Mathilda, in der Tat." seine Lippen liebkosten ihren Namen förmlich als er ihn aussprach. Mathilda ... sein Engel ... oder seine persönliche Nemesis.
Dann musste Owen doch noch einmal lachen. "Natürlich wird es nicht helfen. Und darüber hinaus könnte ich es doch ohnehin nicht. Dazu bin ich viel zu feige." stellte Owen fest. "Aber ich frage mich, ob es mir helfen würde zu vergessen ..." Owen wurde ernst und sah John aus dunklen Augen an. "Schmerzen lassen einen vieles vergessen, John, wusstet Ihr das?"
Owen legte den Kopf ein wenig zur Seite und entschloss sich dann seine unbequeme Position aufzugeben und setzte sich auf die Stufen des Altars. "Wenn sie bei mir ist, ist es als wäre die Welt in ein warmes Licht getaucht. Sie ist wie Balsam auf meiner geschundenen Seele. Und wenn sie nicht bei mir ist, dann schmerzt es so sehr, dass ich fast den Verstand verliere. Dann verzehre ich mich so sehr nach ihr, dass ich an nichts anderes mehr denken an ... wenn das Liebe ist, dann ... ja, dann liebe ich sie." erklärte Owen und atmete leise aus. "Ein Geschenk ... oder eine Prüfung. Was, wenn es kein so göttliches Geschenk ist, sondern wenn unser Herr mich nur prüfen will? Wenn er sehen will, ob ich so schwach bin, dass ich bei dem ersten Anzeichen von Zuneigung all meine Gelübde, Schwüre und Versprechungen über Bord werfe, sie mit Füßen trete und hinter mir lasse."

"Ihr müsst nichts. Wenn Ihr Priester bleiben wollt, müsst Ihr, das ist klar. Aber Euch steht ein anderer Weg offen. Dass ausgerechnet dieses Mädchen Euch so aus der Fassung bringt, hätte ich nicht gedacht. Nein, ich wusste nicht, dass Schmerzen vergessen lassen. Die Frage ist allerdings, ob Ihr überhaupt vergessen wollt, Owen."
John setzte sich neben Owen und legte ihm die Hand auf die Schulter. "Es ist so offensichtlich. Ihr liebt sie und offenbar tut sie Euch wirklich gut. Und...liebt sie Euch denn auch? Ich hätte nicht gedacht, dass sie nun doch über Robert hinweg gekommen ist."
John lachte freudlos auf. "All diese Fragen habe ich mir so oft gestellt, Owen. So oft habe ich mich gefragt, ob Gott wirklich wollte, dass ich der Liebe zu Constance eine Chance gebe oder ob sie mich lediglich verführen soll. Eine Prüfung...Aber ich muss sagen, ich könnte nicht glücklicher sein. Ich habe es nicht bereut. Sein Leben zu teilen und sich gegenseitig die Wunden der Vergangenheit zu heilen, ist das schönste Gefühl der Welt.

 

"Nein, das hätte ich auch nicht gedacht." erwiderte Owen. "Ich will nichts lieber als sie vergessen. Und gleichzeitig wünsche ich mir nichts sehnlicher als sie für immer in meinem Herzen einzuschließen und jede Sekunde an sie denken zu können."
Owen lachte auf. "Ob sie mich liebt? Was meint Ihr, John, liebt sie mich, wenn sie mich küsst?" fragte Owen lakonisch. "Aber welch niederträchtige Wendung in meinem Leben soll das sein? Mein Vater brannte auf dem Scheiterhaufen wegen seiner Liebe zu einer Frau und ich ... ich bin Priester, John. Mit Leib und Seele. Ihr ... Ihr seid Arzt. Ihr konntet auf etwas zurück greifen nach dem ihr alles hinter Euch gelassen hattet. Aber ich? Ich kann nichts. Alles was ich kann, ist ein guter Priester zu sein." Owen hatte weiter sprechen wollen, musste auf Grund seiner Worte jedoch erneut lachen. "Nein, nicht einmal das kann ich! Denn wäre ich ein guter Priester würde ich nicht an meinem Weg zweifeln. John, ich kann mein Gelübde nicht einfach so brechen. Ich habe geschworen mein Leben Gott zu widmen und keine Frau anzufassen, auf dass ich ein besserer Priester werde als mein Vater. Ich habe gelobt seine Fehler nicht noch einmal zu begehen und mich ganz und gar auf mein Dasein als Geistlicher zu konzentrieren. Was bedeutet mein Wort noch, wenn ich all das mit einem Mal mit Füßen trete? Und was sollte ich ihr denn bieten können? Ich habe nichts, ich kann nichts und obendrein wird sie nur Spott und Verachtung ernten, wenn sie einen Bastard heiratet, den Sohn eines Priesters und einer Hure ... und dann obendrein noch einen, der selbst sein Priesteramt aufgegeben hat, weil er zu schwach war, um der Versuchung zu widerstehen."

John seufzte leise. "Ich kenne dieses Gefühl der Hilflosigkeit, weil jede Möglichkeit der Entscheidung ein neues Übel eröffnet." Er lächelte matt.
"Nun, offenbar schon." Er packte Owen am Handgelenk. "Falsch.", erwiderte er scharf. "Euer Vater starb, weil er sich nicht entscheiden konnte für seine Familie. Entweder Ihr liebt sie so sehr, dass Ihr zu ihr steht und Euer Priesteramt aufgebt oder Ihr zieht Euren Beruf vor und vergesst sie, lasst ein für alle Mal die Finger von ihr. Aber Ihr müsst Euch entscheiden. Dass Ihr jetzt vor dieser Wahl steht, hat nichts damit zu tun, dass Ihr kein guter Priester seid. William wird auch so sicherlich eine Aufgabe für Euch haben. Und....Mathilda ist weiterhin die Erbin von Devon, nicht wahr?"
So würde Owen Earl of Devon werden können, wenn er sich für die junge Frau entschied. "Ihr werdet seine Fehler nicht noch einmal begehen. Ihr müsst nur begreifen, dass Ihr nicht Beides haben könnt. Ich weiß, diese Entscheidung ist schwer. Aber sie wird sich lohnen. Und da fragt Ihr, was Ihr ihr bieten sollt? Ihr braucht Ihr nichts zu bieten. Sie hat genug, um es zu teilen. Es weiß kaum jemand von Eurer Vergangenheit, Owen. Warum also sollten die Leute sie verspotten? Und selbst wenn. Ich halte sie für stark genug, das mit Euch durchzustehen.

 

Owen zuckte zusammen als hätte man ihn geohrfeigt und starrte überrascht auf Johns Hand, die sein Handgelenk umschlossen hielt. "Ich versuche es ja." erwiderte Owen leise. "Ich versuche sie zu vergessen, aber ich kann nicht. Jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich sie direkt vor mir und kann ihre Lippen auf den meinen spüren ... ich kann sie einfach nicht vergessen, John." keuchte Owen angespannt. Dann weiteten sich seine Augen als er Begriff, was John da sagte. "Nein. Nein, das ist völlig absurd! Ich kann so etwas nicht. Ich bin nicht dazu geboren worden ein Earl zu sein." erwiderte Owen unbehaglich. Wie sollte er so etwas denn fertig bekommen?
"Ich weiß, dass ich nicht beides haben kann. Sonst würde ich auch nicht hier sitzen ... ich ... Menschen sind gut darin, hässliche Dinge über jemanden herauszufinden. Besonders, wenn jemand so unverhofft zu solch einer Position kommt. Sie werden fragen stellen. Sie werden wissen wollen, wer denn dieser Emporkömmling ist, der mit einem Mal der Meinung ist, Macht über sie ausüben zu können." Owen schluckte. "Ich kann so etwas nicht, John. Für so etwas bin ich nicht gemacht." murmelte er heiser.

"Natürlich könnt Ihr das nicht. Ihr liebt sie. Liebe kann kann man nicht einfach so verdrängen. Das ist völlig normal. Und außerdem...natürlich könnt Ihr. Man kann alles lernen und William würde Euch helfen. Wenn Ihr nur wirklich wollt. Was sagt schon die Geburt aus? Von Geburt her wäre ich inzwischen Earl of Surrey, aber ich wollte lieber hier bei den Kindern bleiben. Dafür ist ein einfacher Ritter aus Williams Gefolge nun mit meiner Schwester verheiratet und führt Surrey sehr erfolgreich."
John lächelte.
"Und wenn schon...gemeinsam mit ihr könntet Ihr es durchstehen. Unterschätzt die Macht der Liebe nicht. Ihr mögt nicht dafür gemacht sein....aber wer ist das schon? Man kann alles erlernen, wie ich schon sagte. Seid nicht so niedergeschlagen, Owen. Ihr findet den richtigen Weg für Euch und Mathilda."

 

Owen stöhnte leise. Warum nur musste das alles so schwierig sein? "Aber wie kann ich so einfach alle wegwerfen für das ich nun so lange gelebt habe? Mein Gelübde ... wie kann ich es einfach aufgeben? Wenn ich in dieser Sache nicht Wort halten kann, was zählt mein Wort dann denn noch?" fragte Owen verzweifelt, auch wenn er schon wusste, was John ihm sagen würde. Immerhin hatte er selbst sein Priesteramt aufgegeben.
"Und wenn sie letztlich doch nur meine Prüfung sein sollte? Wenn sich herausstellt, dass Gott mich prüfen wollte und ich versagt habe?" Owen liebte diese Frau, wie er es nie für möglich gehalten hätte und doch saßen auch die Zweifel tief in ihm verankert.

"Ich weiß, es ist nicht leicht. Aber dennoch...wenn Ihr wirklich wollt, könnt Ihr. Ich habe es auch getan und vertraut Ihr meinem Wort oder nicht? Ihr habt Euer Gelübde vor vielen Jahren abgelegt, Owen. Und manchmal ergeben sich Umstände, die alles ändern."
John legte Owen die Hand wieder auf die Schulter.
"Wenn es eine Prüfung ist und Ihr versagt, müsst Ihr die Konsequenzen tragen, wenn Ihr irgendwann vor unseren Schöpfer tretet. Aber selbst dann könntet Ihr auf ein erfülltes Leben mit Eurer Liebsten zurückblicken. Und ich kann für mich sagen: dann bin ich eben ein Versager. Aber ich kann die Konsequenzen tragen. Lieber ein Leben mit Constance und nicht Gottes volles Wohlgefallen als ein Leben ohne sie und meine Kinder."

 

Owen schloss die Augen und biss sich gequält auf die Unterlippe. Er war sich nicht sicher, ob es die Sache leichter oder schwerer machte, dass John sein Priesteramt für eine Frau aufgegeben hatte. Zum einen konnte er ihm zwar nun beistehen, aber zum anderen erwartete nun sicher jeder, der von der Sache wusste, dass Owen es John gleich tun würde. Aber war er dafür stark genug?
Als das Wort Kinder fiel, riss Owen beinahe erschrocken die Augen auf und starrte John mit aufsteigender Panik in den Augen an. "Kinder." murmelte er, als wäre ihm dieser Gedanke gerade erst mit voller Konsequenz bewusst geworden. "Ich kann das nicht ... John, ich habe geschworen, dass ich keine Frau je in meinem Leben anfassen würde. Aber noch viel mehr, dass ich nie im Leben ein Kind in diese gottverdammte Welt setzen würde." murmelte Owen heiser. Er und Kinder? Das war absurd.

John hob eine Augenbraue. "Meine Güte...natürlich Kinder. Wenn Ihr Euch für Mathilda entscheidet, wird das zwangsläufig irgendwann die Folge sein, meint Ihr nicht? Kinder sind etwas wundervolles, Owen. Sie aufwachsen zu sehen ist das größte Geschenk."
John erhob sich langsam.
"Ihr müsst allein entscheiden, was Ihr tut, Owen. Ich kann Euch nur einen Rat geben. Aber Ihr liebt sie und offenbar liebt sie Euch ja auch. Seid nicht so dumm das leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Denkt vernünftig darüber nach."

 

Owen stützte die Ellenbogen auf den Knien ab und vergrub die Hände in seinen roten Locken. "Was glaubt Ihr denn, was ich hier tue? Ich tue seid Tagen nichts anderes als darüber nachzudenken." murmelte Owen und sah John aus müden Augen an. "Ich will mich ja für sie entscheiden, aber ... aber ich habe solche Angst davor, dass irgendetwas schief geht." Owen fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen. "Ich kann nicht noch einen geliebten Menschen dafür sterben sehen, dass ich Fehler gemacht habe." murmelte er.

"Nun, dabei kann ich Euch leider nicht helfen, mein Freund. Diese Entscheidung müsst Ihr allein treffen, auch wenn Ihr meine Meinung dazu kennt."
John schüttelte leicht den Kopf. "Warum sollte sie sterben? Dafür gibt es überhaupt keine Anhaltspunkte, Owen. Und ich glaube, William wird immer ein Auge auf sie haben, schließlich steht sie im Moment noch unter seiner Vormundschaft. Wir alle genießen seinen Schutz und darauf vertraue ich. Und nun lasse ich Euch mit Euren Gedanken allein."

 

Owen hob leicht die Schultern. "Ich weiß es nicht. Vielleicht weil bisher jeder gestorben ist, den ich fest in mein Herz geschlossen hatte?" schlug er erschöpft vor und stemmte sich dann mühsam in die Höhe. "Ich danke Euch, dass Ihr Eure Zeit für mich geopfert habt." er legte John kurz eine Hand auf die Schulter und nickte dankbar.
Owen hatte nun das dringende Bedürfnis mit Mathilda zu sprechen, auch wenn er nicht wusste, was er sagen sollte. Aber er sehnte sich nach ihrer Nähe und doch war er sich nicht sicher, ob es eine gute Idee war jetzt zu ihr zu gehen und sie zu wecken.

Mathilda

Es war sehr spät und normalerweise schlief Mathilda um diese Zeit längst. Doch diesmal lag sie in ihrem Bett und sah zur Decke, dachte nach.
Es war viel passiert in den letzten Tagen. Der Earl hatte überrascht zur Kenntnis genommen, dass sie nun doch erst einmal bleiben wollte. Er musste sie für sehr wankelmütig halten, hatte sie ihm den Grund doch nicht genannt.
Seit einigen Tagen wartete sie auf einige entscheidende Worte von Owen, doch der Priester war offenbar so sehr mit seinem inneren Konflikt beschäftigt, dass er kaum Zeit für sie gefunden hatte. Mathilda war zutiefst verunsichert, woran sie denn war. Sie wollte nicht noch einmal so verletzt werden.

 

Owen hatte schließlich seine Zweifel doch überwunden und stand nun vor Mathildas Tür. Er kaute kurz unruhig auf seiner Unterlippe herum, dann klopfte er an. Vermutlich würde er sie mitten aus dem Schlaf reißen, immerhin war es schon spät, aber er musste sie einfach sprechen, nein, sie sehen.
Er hatte zwar noch immer keine Antworten für sie und war viel zu erschöpft, um sich länger mit ihr darüber auseinander zu setzen, aber er hatte das Gefühl, dass er diesen Kampf gegen sich selbst endgültig verlieren würde, wenn er sie jetzt nicht sah.
Johns Worte hatten ihn nur noch mehr aufgewühlt und er brauchte Mathildas Nähe, um zur Ruhe zu kommen, nur so würde er klar denken können ... er musste sich beruhigen, wenn er eine Entscheidung treffen wollte.

Mathilda

Mathilda wurde aus ihren Gedanken gerissen und sah zur Tür, als es zu so später Stunde noch klopfte. Sie konnte sich fast denken, wer da stand und deshalb machte ihr Aussehen ihr gerade auch wenig Sorgen. Owen kannte sie ja schon im Nachthemd.
Sie tapste barfuß zur Tür um vorsichtig zu öffnen und sie sollte recht behalten. Flüchtig sah sie sich auf dem Gang um und öffnete die Tür dann noch ein wenig mehr, um ihn einzulassen.
"Owen...", begrüßte sie ihn lächelnd.
"Was machst du hier, so spät noch? Nicht, dass ich mich nicht freuen würde dich zu sehen."

 

Owen war erleichtert als Mathilda öffnete und trat eilig ein, ehe doch noch jemand um die Ecke kam und sie beide zusammen sah. Erst als die Tür verschlossen war, wagte er leise auszuatmen und im nächsten Moment schloss er Mathilda ohne ein weiteres Wort in die Arme.
"Habe ich dich geweckt?" murmelte er leise und vergrub sein Gesicht in ihren Haaren. "Ich musste her kommen, ich wäre sonst noch verrückt geworden." gestand er dann und atmete tief durch, ehe er sich gerade soweit von Mathilda löste, dass er sie ansehen konnte.
Sie sah so wunderschön aus. Auch jetzt in ihrem Nachthemd und den offenen Haaren ... oder besser gerade jetzt.
"Ich muss so viele Dinge bedenken und klären ... ich weiß nicht mehr wo mir der Kopf steht, Mathilda."

Mathilda

Mathilda atmete zufrieden aus, als er sie endlich wieder in die Arme schloss. Sie schloss die Augen und schmiegte sich an seine Schulter. Wie hatte sie doch vermisst mit ihm zu sprechen, aber sie hatte ihn nicht drängen wollen.
"Nein. Ich habe nicht schlafen können, zu viele Dinge bewegen meine Gedanken." Besonders die Ungewissheit über ihre Zukunft.
"Ich weiß, Owen. Es ist nicht leicht für dich in dieser Sache eine Entscheidung zu treffen. Aber ich bin sicher, du findest den besten Weg."

 

Es zerriss Owen beinahe das Herz als Mathilda sich so selbstverständlich an ihn schmiegte. Wie konnte er eigentlich an seiner Zukunft mit dieser Frau zweifeln?
"Ich wollte wirklich nicht, dass du dir meinetwegen so viele Gedanken machen musst." murmelte er und strich Mathilda sanft über die Wange. Einen Moment lang sah er sie schweigend an, dann lächelte er müde. "Ich will ihn finden, nein, ich habe ihn eigentlich bereits gefunden. Mathilda, ich will mich für dich entscheiden, das will ich wirklich, es ist nur ... ich habe noch so viele Zweifel an mir selbst. An mir und dem was ich getan habe und wie es weiter gehen soll." Owen seufzte leise. "Ich wusste immer schon, dass ich Priester werden würde." fuhr er leise fort. "Mein ganzes Leben bestand daraus und ich ... ich kann sonst nichts. Ich kann nichts weiter als Priester sein und ich weiß nicht, ob ich all dem gewachsen bin, das auf mich einstürmen würde, sollte ich mich von meinem Gelübde abwenden." versuchte er ihr dann seine Zweifel zu erklären.

Mathilda

"Das macht doch nichts. Es ist nun einmal gerade eine schwere Zeit für uns. Wir beginnen unser Leben erst. Wer wäre ich, wenn ich bei den ersten Schwierigkeiten sofort den Kopf einziehen würde?" Mathilda lächelte matt. Das war so ziemlich genau das, was sie erwartet hatte. Eigentlich wollte er zu ihr stehen, aber er wagte es nicht, weil der die Größe der Änderungen fürchtete. Nichts würde mehr sein wie zuvor.
"Ich weiß. Mach dir keine Sorgen, nimm dir die Zeit, die du brauchst um diese schwerwiegende Entscheidung zu treffen. Doch ich denke, du wärest ihm gewachsen. In meinen Augen bist du allem gewachsen. Und wir gemeinsam sind es sowieso."