William und Joanna - ab 1182 bis 1183

William grinste breit. "Sie werden ein ganzes Buch bekommen, wenn wir zurück sind." bemerkte er amüsiert. Genügend erlebt hatten sie ja allein auf dem Weg hier her.
Dann sah er John ein wenig verdutzt an und lachte dann. "Ich soll dir dabei helfen? Bist du sicher, dass ich einen solch guten Geschmack habe?" fragte er belustigt. "Aber ich werden mein Bestes geben. Wobei ich mir sicher bin, dass du das richtige finden wirst. Wenn du davor stehst, wirst du es einfach wissen." versicherte William ihm. Er sah seinen Freund forschend an. "Du vermisst sie sehr, nicht?"

John grinste zurück. "Das glaube ich auch. Aber dann haben wir auch eine ausgezeichnete Erinnerung an das hier. Wir werden es sowieso nie wieder vergessen." So eine Reise vergaß man nie wieder. Und er würde mit Freuden noch seinen Enkeln davon erzählen.
"Ja, ich schätze, ich könnte ein bisschen Hilfe brauchen. Mein Geschmack ist vermutlich auch nicht so viel besser als deiner. Aber vielleicht hast du Recht und ich werde es wissen."
Er lächelte ein bisschen wehmütig.
"Du vermisst Joanna doch auch, oder? Natürlich vermisse ich sie sehr, aber der Abstand war gut für uns. Ich brauchte diese Pause, um wieder zu Verstand zu kommen. Und ich denke, ich werde ihr verzeihen. Dann können wir neu anfangen."

William konnte gar nicht anders als John zuzustimmen. "Das ist wahr. Und ich bin jeden Tag aufs Neue froh darüber, dass wir aufgebrochen sind. Es ist einfach eine fantastische Reise." erwiderte er zufrieden. Und sie waren ohne größere Schwierigkeiten hier angekommen, was William auch für die Rückreise zuversichtlich stimmte.
Dann lächelte William und nickte. "Ich werde dir helfen, wir finden schon etwas, da bin ich sicher." erwiderte er und wurde dann eine Spur ernster. "Sicher vermisse ich sie. Aber ich habe diese Reise schließlich unter ganz anderen Vorzeichen begonnen als du. Aber es scheint, als wärst du allmählich versöhnt mit dieser unsäglichen Gesichte."

John lächelte. "Ich auch. Es war das Beste, was wir tun konnten. Wir hätten es nie getan, wenn nicht jetzt. Und wir hätten all das hier niemals gesehen. All diese Wunder...."
Er seufzte leise. "Du hast Recht, andere Vorzeichen. Versöhnt...Nun ja, sagen wir so...Ich verzeihe ihr, was sie getan hat und ich will es noch einmal mit ihr versuchen. Ich liebe sie zu sehr, als dass ich sie einfach aufgeben könnte. Es geht nicht. Aber wenn ich Arthur noch einmal wieder sehen muss, weiß ich nicht, was ich tue. Ich will diese Sache einfach vergessen und nicht mehr daran denken, sie beiseite schieben. Constance bedeutet mir alles, aber ich muss erst wieder lernen ihr zu vertrauen. Das Vertrauen hat doch ziemlich gelitten."

"In der Tat und es wäre eine Schande gewesen all dies zu versäumen. Aber ich musste tatsächlich erst 48 werden, um diese Reise anzutreten ... es ist eigentlich bedauerlich wie viel man von der Welt nie im Leben zu sehen bekommt. Aber wenigstens dieses Wunder hier können wir nun erleben." erwiderte William.
Er bedachte John mit einem nachdenklich Blick und nickte langsam. "Es ist gut, dass du ihr noch eine Chance gibst, John. Ihr beide wärt schlichtweg unglücklich ohne einander, das würde nie im Leben gut gehen. Und ich bin sicher, dass es dir nicht allzu schwer fallen wird wieder Vertrauen zu ihr zu fassen, sobald wir erst wieder zurück sind."
William drehte sich im Sattel herum, griff in den Beutel, den er am Gürtel trug und holte eine Münze hervor, die er ihrem Führer zuwarf. "Hier, bring uns in eine ordentliche Unterkunft in der wir nicht über den Tisch gezogen werden und wenn ich zufrieden bin, bekommst du noch eine." erklärte er und wandte sich John wieder zu. "Dann los, ich will diese famose Stadt endlich von Nahem betrachten können."

John nickte zustimmend. "Wie wahr...Aber ja, ich muss ihr einfach eine Chance geben. Ich liebe sie doch trotzdem und die Kinder gibt es ja auch noch. Ich hoffe, ich kann ihr vertrauen. Aber das werde ich sehen, wenn wir zurück gekehrt sind. Erst einmal gibt es wichtigere Dinge."
Er lauschte, als William den Führer mit der Suche nach einer Unterkunft beauftragte und folgte ihm dann willig, als dieser sein Pferd wieder in Bewegung setzte.
"Ja, lass uns gehen. Es wird Zeit sich ein Bild von Jerusalem zu machen. Ich bin sehr gespannt darauf die Stadt zu sehen, die schon für so viele Unruhen gesorgt hatte."

Constance saß auf dem Bett und hatte eine Hand auf ihren runden Bauch gelegt. Die letzte Wehe war gerade abgeebbt und sie atmete tief durch, ehe sie wieder zu Joanna hinüber sah. "Ich kann kaum glauben, dass ich heute dieses Kind bekomme und John noch immer tausende Kilometer von mir entfernt ist ... und nicht einmal weiß, was hier geschieht." Sie schloss kurz die Augen und mahnte sich zur Ruhe. Sie durfte jetzt nicht den Kopf verlieren, sondern musste sich auf die Aufgabe konzentrieren, die nun vor ihr lag.
Cathie war bis vor Kurzem noch bei ihr gewesen und hatte sich nun aber auf den Weg gemacht, um die Hebamme zu holen und Constance war mehr als dankbar, dass Joanna bei ihr war. "Ich hoffe nur, dass alles gut geht ..." murmelte sie leise.

Joanna richtete sich ein wenig auf und goss Constance einen Becher Wasser ein. "Hier, trink etwas, das wird dir helfen." Sie schüttelte leicht den Kopf. "Ich kann es mir vorstellen. Aber da musst du nun durch...und ich bin sicher, ihr werdet euch arrangieren, wenn er zurück ist. Er liebt doch Kinder, er wird erst staunen und einmal schlucken und dann wird es gut sein."
Sie strich Constance sanft über den Arm.
"Du schaffst das schon. Mach dir keine Sorgen. Cathie wird gleich mit der Hebamme zurück sein. Was genau weiß deine Tochter eigentlich?"

Constance nahm den Becher entgegen. "Ich danke dir." Sie lächelte schwach und nahm einen großen Schluck Wasser, atmete durch und nickte. "Ja, das muss ich wohl. Und ich hoffe, dass du Recht behältst, denn wenn ich ehrlich bin, habe ich eine wahnsinnige Angst vor seiner Reaktion." gestand Constance und nippte noch einmal an dem Wasser.
Sie sah kurz zur Tür hinüber und seufzte dann leise. "Sie weiß, dass ich einen gewaltigen Fehler begangen habe." erwiderte Constance. "Ich hätte ihr am liebsten nichts davon erzählt, aber Cathie ist schließlich nicht auf den Kopf gefallen. Es war ja offensichtlich, dass John und ich unsere Probleme hatten und sie ist schnell darauf gekommen, dass ihr Onkel irgendetwas mit der Sache zu tun hatte." Constance seufzte leise und hob die Schultern. "Irgendwann hat sie mich darauf angesprochen und ich habe ihr die Wahrheit erzählt. Alles andere wäre falsch gewesen. Ich habe sie nur darum gebeten, es niemandem sonst zu erzählen, besonders nicht ihren Geschwistern, wenngleich ich mir sicher bin, dass Lucas ebenfalls so seine Schlüsse gezogen hat."

Joanna lächelte leicht zurück. "Du hast jetzt Wichtigeres zu tun, als dir darum Sorgen zu machen, Constance. Was John sagt, wirst du erst sehen, wenn er zurück ist, nicht vorher. Jetzt musst du das Kind erst mal zur Welt bringen, dann sehen wir weiter."
Sie lauschte aufmerksam und nickte dann langsam.
"Sie ist ein schlaues Mädchen. Natürlich hat sie etwas geahnt. Und ich hoffe, dass sie wirklich alles für sich behält. Aber sie will dir ja nicht schaden. Und da sie dir nicht grollt, hat sie dir ja offensichtlich verziehen. Und Lucas ist ja auch alt genug."

Constance lächelte schwach. "Ja, jetzt habe ich erst einmal wichtigeres zu tun." bestätigte sie und wie um ihre Worte noch einmal zu unterstreichen, setzte die nächste Wehe ein. Constance biss die Zähne zusammen, stellte rasch den Becher zur Seite und presste die Hände auf ihren Bauch. Ein Stöhnen kam über ihre Lippen und sie schloss die Augen bis der Schmerz wieder nachließ. Es würde jetzt sicher nicht mehr lange dauern ...
"Ja, das ist sie." erwiderte Constance als sie wieder Luft bekam. "Und sie hat es erstaunlich gefasst aufgenommen, ich war wirklich erleichtert. Sie wird niemandem etwas sagen, da bin ich sicher, sie ist so ein gutes Kind."
Einen Moment später wurde die Tür geöffnet und Cathie kam mit der Hebamme herein. Constance sah der mittlerweile so vertrauten Frau entgegen und lächelte schief. "Ich glaube, wir müssen nicht mehr lange warten." erklärte sie, ehe die nächste Wehe einsetzte und ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.

Joanna stand Constance bei und wich ihr nicht von der Seite. Sie ging der Hebamme zur Hand und drückte Constance Finger leicht, um ihr ein bisschen Halt zu bieten, wo sie schon auf ihren Mann verzichten musste.
Doch nach einer Weile hatte Constance es geschafft. Joanna nahm der Hebamme das krähende, frisch gewaschene und in eine Decke gewickelte Bündel ab, um es ihr in die Arme zu legen. "Oh, sieh mal, meine Liebe...ich gratuliere dir. Ein strammer, junger Mann.". erklärte sie lächelnd und strich dem Jungen über die Wange. Er würde nach Constance kommen, da war sie sich sicher.

Constance war unendlich erleichtert als sie es geschafft hatte und ein durchdringender Protestschrei den Raum erfüllte und ihr zeigte, dass das Kind wohl auf war. Sie ließ sich zurück in die Kissen sinken und beobachtete matt, wie die Hebamme das Kind wuchs, es fest in eine frische Decke wickelte und dann an Joanna weiter gab.
Trotz ihrer Erschöpfung konnte sie es kaum erwarten, dass Joanna endlich zu ihr kam. "Ein Junge?" wiederholte sie leise und spürte, wie sich ihre Kehle zu zog. Sie nahm das kleine Bündel in Empfang und sah auf ihren Sohn hinab, der der Welt immer noch lauthals mitteilte, dass er nicht wirklich zufrieden damit war, dass er seinen warmen, behüteten Platz im Leib seiner Mutter hatte aufgeben müssen.
Doch als Constance ihn sanft an sich drückte, wurde der Junge leiser, verstummte und sah scheinbar aufmerksam zu ihr auf und Constance blickte in die gleichen blauen Augen, die sie auch hatte. Er hatte ihre Augen.
Sachte strich sie ihrem Sohn über die Wange und spürte, wie die Tränen in ihre Augen stiegen und schließlich ungehemmt über ihre Wangen liefen. Dieses Kind stürzte sie in ein wahres Gefühlschaos und sie wusste, dass es noch eine Menge Schwierigkeiten um diesen kleinen Mann geben würde, aber egal was passierte, sie würde alles für ihren kleinen Sohn tun, das wusste sie ganz genau.

"Ja, ein Junge.", bestätigte Joanna leise und setzte sich zu Constance auf die Bettkante. Sanft legte sie den Arm um Constance, damit sie sich nicht so allein fühlte.
Liebevoll wischte sie ihr ein paar Tränen weg. "Alles wird gut, Constance. Freu dich einfach über dieses Kind und liebe es wie deine anderen Kinder auch. Genieße es, noch einmal Mutter zu sein. Der Rest wird sich auch noch finden, ganz von selbst."Eine Weile schwieg sie und betrachtete den kleinen Jungen ausgiebig.
"Er sieht aus wie du...wie willst du ihn nennen?"

Constance war erleichtert als Joanna den Arm um sie legte und sie lehnte sich leicht an ihre Freundin und gestattete sich einen Moment ein wenig Trost bei ihr zu finden, wenn sonst schon niemand bei ihr war. "Dein Wort in Gottes Ohr, Joanna." murmelte sie leise und schniefte noch einmal, ehe sie die Tränen endlich im Griff hatte und zurück drängte. "Wie könnte ich ihn denn nicht lieben, diesen kleinen Mann?" erwiderte sie versonnen und sah auf ihren Sohn hinab, der nun friedlich die Nähe zu seiner Mutter genoss. "Ich hatte überlegt, ihn nach Johns Vater zu benennen, aber ... das könnte vielleicht missverstanden werden." erklärte Constance mit belegter Stimme. Es war zwar so oder so der Großvater des Jungen, doch die Vaterschaft war und blieb unklar.
Constance strich dem Kleinen über die Wange und sah dann zu ihrer Freundin auf. "Was hältst du von Constantin?" fragte sie schließlich.

Joanna hielt ihre Freundin eine Weile fest, damit sie sich beruhigen konnte. "Oh natürlich wird alles gut. Irgendeinen Weg gibt es immer. Du wirst sehen, John wird dir verzeihen und den Jungen annehmen. Er würde nie ein Kind verstoßen, das weißt du doch. Und er liebt dich."
Sie wartete, bis Constance sich beruhigt hatte und küsste sie dann auf die Wange. "Na siehst du. Ich glaube nicht, dass du ihn so nennen solltest. Das gäbe zu viel Konfliktpotenzial, weißt du. Du musst immer an die Zukunft des Kleinen denken. Du siehst es an Rob...die Vergangenheit und die Herkunft spielt immer eine große Rolle."
Sie lächelte. "Ich finde, Constantin ist ein ausgezeichneter Name. Was meinst du, soll ich deine Tochter herholen?"

Als Constance sich wieder gefasst hatte, lächelte sie leicht. "Ich danke dir wirklich. Für alles. Ohne dich hätte ich das wohl kaum alles durchgestanden." erwiderte sie leise und nickte dann. Ja, der Junge würde es besonders hier wohl nicht ganz leicht haben, aber sie würde alles tun, um ihm zu helfen.
"Dann soll er Constantin heißen." erwiderte sie und nickte. "Ja, hol sie her, sie ist bestimmt neugierig und will sehen, ob sie einen Bruder oder eine Schwester bekommen hat." Und da Cathie ohnehin in alles eingeweiht war, würde es sie auch kaum verwundern, dass ihre Mutter ein wenig durch den Wind war.

Joanna lächelte zurück. "Keine Ursache, Liebes. Ich bin immer für dich da, das habe ich dir doch versprochen.", erinnerte sie sanft.
"Constantin....ein guter Name. Ich werde Cathie holen und euch eine Weile allein lassen. Schick sie zu mir, wenn du etwas brauchst."
Joanna erhob sich und machte sich auf den Weg, um Cathie hinein zu schicken.
Das Mädchen ließ sich das nicht zweimal sagen und schlüpfte vorsichtig durch die Tür. Sie ging langsam zu ihrer Mutter hinüber und beugte sich über den kleinen Jungen.
"Ein Brüderchen? Schön....na immerhin kommt er nach dir. So sieht man wenigstens nicht, ob er nun wirklich mein Bruder oder nur mein Halbbruder ist.", bemerkte sie trocken, aber doch ein bisschen erfreut über ihren Bruder. Der Kleine konnte ja nichts dafür.
"Aber süß..."

Constance sah auf als ihre Tochter herein kam und nickte. "Ein gesunder, kleiner Junge. Er soll Constantin heißen, was hältst du davon?" erwiderte sie, wurde im nächsten Moment bei den Worten ihrer Tochter jedoch eine Spur blasser.
"Cathie, also wirklich ..." murmelte Constance und schüttelte missbilligend den Kopf. "Lass solche Dinge nur ja niemanden hören, hast du verstanden?" tadelte sie, wenngleich ihr furchtbar flau im Magen war. Ihre Tochter gab ihr nur einen ersten Vorgeschmack auf das, was ihr sicher noch alles bevorstehen würde.
"Sei so gut und bring mir ein bisschen Wasser, ja?" bat sie ihre Tochter schließlich und setzte sich ein wenig aufrechter hin. "Sobald ich mich erholt habe, werde ich mit dem Kleinen und Edmund zum Kloster reiten, du weißt, dass Joanna dich hier unterstützen wird, du musst das also keineswegs alles alleine meistern bis dein Vater zurück kommt." sprach Constance dann das unliebsame Thema an. Ihr war immer noch nicht ganz wohl dabei ihre Kinder zurück zu lassen, aber anders ging es in diesem Fall wohl nicht.

Cathie nickte. "Ja, warum nicht...klingt gut." Sie hob eine Augenbraue. "Ja, ja. Aber nur du hörst mich. Und es ist doch die Wahrheit, oder? Ist doch gut, wenn man es ihm nicht ansieht. Erspart einem die Spekulationen."
Sie stand auf und brachte ihrer Mutter einen Becher Wasser. Sie missbilligte das Verhalten ihrer Mutter sehr, aber sie zeigte es nicht so sehr. Schließlich liebte sie sie trotzdem, auch wenn ihr Vater ihr leid tat und sie seine Flucht nach Jerusalem immer besser verstehen konnte.
"Ja, schon gut. Ich krieg das schon hin, Mama." Sie hatte zwar eigentlich wenig Lust sich den ganzen Tag mit ihren Geschwistern herum zu schlagen, nur weil ihre Mutter unbedingt ihre Ruhe wollte, aber was blieb ihr schon für eine Wahl? Wenigstens Tante Joanna ließ sie nicht im STich...

Constance atmete geräuschvoll aus. "Ja, hier höre nur ich dich. Und ich habe es schließlich verdient mir diese abfälligen Bemerkungen anzuhören, nicht wahr?" erwiderte Constance müde. Sie konnte es einfach nicht mehr ertragen, schon seit ihre Schwangerschaft sichtbar geworden war, zerriss sich die halbe Burg das Maul über sie und jetzt würde es nicht besser werden. Genau deshalb hatte sie sich ja auch entschieden bis zu Johns Rückkehr im Kloster zu bleiben. Und dann würde sich zeigen, wie alles weiter ging.
Danken nahm Constance mit der freien Hand das Wasser entgegen und bedachte Cathie mit einem traurigen Blick. "Ich weiß, dass du dir etwas schöneres vorstellen kannst, aber es sind ja nur Jane und Johnny. Lucas ist alt genug, um auf sich selbst aufzupassen und kann dir auch ruhig ein wenig helfen." Sie nippte an dem Wasser und seufzte leise. "Es tut mir Leid, dass ich dir das alles zumute." bemerkte sie dann.

Cathie seufzte leise. "Ach, Mutter. Du sagst selbst, du hast einen Fehler gemacht. Dieser Meinung bin ich auch, also musst du auch damit leben, dass ich nicht allzu begeistert bin. Keine Sorge, das wird diese vier Wände schon nicht verlassen."
Sie gab ihrer Mutter das Wasser und setzte sich wieder neben sie. "Jane und Johnny sind wie ein Sack Flöhe.", erwiderte sie trocken. "Nur Jane und Johnny ist also ein wenig untertrieben. Und Lucas treibt sich den ganzen Tag herum und steckt die Nase in Vaters Bücher. Als ob er helfen würde. Du weißt ganz genau, dass alles an mir hängen bleiben wird. Naja, Joanna hilft ja ein wenig."
Sie verdrehte die Augen.
"Es tut dir leid? Warum tust du es dann?"

"Sicher sage ich das, aber es ist immer noch eine Sache, wenn ich mir selbst Vorhaltungen mache und eine andere, wenn ich sie von anderen - von meiner eigenen Tochter - hören muss." erwiderte Constance.
Sie schloss einen Moment die Augen und schüttelte den Kopf. "So schlimm sind sie nun auch auch wieder nicht. Und du bist doch wohl alt genug, um deinem Bruder Beine zu machen, wenn er dir nicht hilft. Ich werde auch noch einmal mit ihm reden bevor ich gehe." versicherte sie und stellte den Becher auf das Nachtischchen, um sich mit der freien Hand ein paar Haare aus der Stirn zu streichen. Sie sah auf Constantin in ihrem Arm hinab und schwieg einen Moment, ehe sie Cathie antwortete.
"Weil ich einfach keine Kraft mehr habe, Cathie." erklärte sie dann ungewöhnlich offen. Constance war immer bemüht ihren Kindern gegenüber keine unnötige Schwäche zu zeigen, aber das hier war nun etwas anderes. "Ich halte es einfach nicht mehr aus, diese Blicke, dieses Getuschel ... nenn mich feige, du hättest wohl recht damit, aber ich brauche einen Ort an dem ich wieder frei Atmen kann. Und an dem ich mich von meiner Sünde befreien kann. Hier kann ich das nicht, egal was ich tue."

"Besser von mir als von Anderen. Außerdem ziehst du mich auf deine Seite, wenn ich das alles einfach hinnehme. Und das will ich nicht. Ich habe Papa genauso lieb wie dich, es käme mir vor wie Verrat, wenn ich mich auf deine Seite schlagen würde."
Cathie stöhnte auf. "Natürlich sagst du das, du bist ja auch ihre Mutter und nicht ihre Schwester! Um meinem Bruder Beine zu machen müsste ich ihn erst einmal finden." Sie sah auf ihren Bruder hinab. Der Kleine konnte ja nichts dafür.
Sie lauschte den Worten ihrer Mutter ein wenig bedrückt, doch sie konnte den Zorn nicht ganz hinunter schlucken. Schließlich war sie doch noch so jung...
"Und wie lange soll das so gehen? Wie lange muss ich mich um meine Geschwister kümmern, damit du zur Ruhe kommst? Falls ich dich daran erinnern darf, es sind deine Kinder, nicht meine. Ich helfe dir, wo ich kann und das weißt du auch. Ich helfe dir auch jetzt. Aber ich werde nicht wochenlang meine Geschwister hüten und mein Leben dafür völlig aufgeben. Ich will, solange ich noch frei sein kann, diese Zeit genießen."

"Auf meine Seite schlagen?" wiederholte Constance ein wenig ungläubig. "Nein, ich verstehe schon, es ist schließlich wesentlich leichter sich gegen mich zu stellen." sie seufzte schwer und schüttelte den Kopf. "Manchmal wünschte ich, es gebe wenigstens einen Menschen, der auch nur ein klein wenig versteht, was in mir vorgeht." murmelte Constance.
Sie sah ihre Tochter an und spürte, dass ihre Fassung sich allmählich in Wohlgefallen auflöste und wenn sie nicht wieder in Tränen ausbrechen wollte, musste sie sich nun gut zusammen reißen. Einen Moment lang schweig sie, dann schüttelte Constance den Kopf. "Weißt du was, tu was du willst, genieß deine holde Freiheit. Ich werde Joanna bitten, Jane und Johnny zu sich zu nehmen in der Zeit, notfalls stelle ich noch ein Kindermädchen ein, wenn es gar nicht anders geht oder frage Amelié oder Sybilla. Ich will nicht, dass du auf die beiden aufpasst, wenn es solch ein furchtbares Opfer für dich ist." erwiderte Constance und hörte selbst, wie verbittert sie klang. Aber genau das war einer der Gründe, weshalb sie von hier weg wollte. Weil sie von Tag zu Tag schwermütiger und bitterer wurde und sich selbst kaum noch ertrug.