William und Joanna - ab 1182 bis 1183

Mary biss sich kurz auf die Unterlippe, um nicht sofort etwas unbedachtes zu sagen und drehte sich dann zu Gerard herum, um ihn anzusehen. "Aber können wir nicht auch so einen schönen Abend haben? Es kann doch wohl kaum sein, dass das Einzige, was du mit mir tun willst, das Bett zu teilen ist." erwiderte sie langsam und runzelte die Stirn. "Wir können doch morgen wieder unser Glück versuchen. Auf den einen Tag kommt es schließlich nicht an. Zumal ich die letzten Male auch schnell wieder schwanger geworden bin, daran wird es sicher auch dieses Mal nicht scheitern." Nur sollte es dieses Mal besser wirklich ein Junge werden, sonst würde Marys Welt wahrlich ins Wanken geraten. Es konnte doch kaum sein, dass sie nur Töchter bekommen konnte, oder?
"Außerdem ... bist du betrunken. Nicht gerade ein Umstand, der mich meine Müdigkeit vergessen lässt." fügte Mary dann schließlich doch noch hinzu.

"Doch schon. Aber ich hatte mich so darauf gefreut...einen schönen Abend im Bett zu verbringen. Mit dir." Gerard seufzte leise. "Darum geht es doch gar nicht! Ob du schnell schwanger wirst oder nicht, tust hier nichts zur Sache. Ich wollte einfach nur mit dir ins Bett." Die Enttäuschung sorgte schon wieder dafür, dass er gereizt war.
Dass der Vorwurf dann doch noch kam, machte es nicht besser. "Ich bin nicht betrunken! Ich hatte ein, zwei Becher Wein und das wars. Das macht doch gar keinen Unterschied. Heute läuft sowieso schon alles schief und jetzt fällst du mir auch noch in den Rücken."

Mary seufzte und schüttelte leicht den Kopf. "Es tut mir wirklich Leid, Gerard. Aber ich bin einfach nicht in der Stimmung dazu ..." erwiderte sie und fuhr sich mit der Hand kurz über das Gesicht. Dann legte sie die Sticksachen zur Seite und stand auf.
"Vielleicht nicht betrunken, aber angetrunken und du riechst zumindest wie ein Fass Wein, weniger wie ein einzelner Becher." erklärte Mary. "Und für mich macht es einen Unterschied. Ich will dir nicht ja nicht verbieten ab und zu etwas zu trinken, aber ich fühle mich in solchen Momenten nicht unbedingt über die Maßen zu dir hingezogen. Also lass es einfach gut sein für heute, ja?" erwiderte sie mit ruhiger, fast sanfter Stimme, immerhin wollte sie nicht mit ihm streiten.
Sie schloss kurz die Augen und schüttelte den Kopf. "Ich will dir wirklich nicht in den Rücken fallen, Gerard." erwiderte Mary. "Aber ich bin einfach müde, versteh das doch." Sie strich ihm kurz über die Wange. "Und deshalb werde ich jetzt auch schlafen gehen und morgen sieht die Welt schon wieder anders aus." erklärte sie und wandte sich ab.

Gerard schnaubte gereizt. Nicht in Stimmung...Was bildete Mary sich eigentlich ein ihn so auflaufen zu lassen? "Ach, ist Mylady sich plötzlich zu fein für mich? Du fühlst dich nicht zu mir hingezogen....", wiederholte er mit verengten Augen.
"Sprich nicht mit mir wie mit einem Kind!", brauste er auf. "Du brauchst dich nicht aufzuspielen wie meine Mutter! Morgen sieht die Welt wieder anders aus? Was geht eigentlich in einem Kopf vor? Du bist das einzige Problem heute Abend mit deinem Sturkopf."
Er presste die Lippen wütend aufeinander und schlug ihre Hand weg.
"Ja, genau...geh nur schlafen und lass mich stehen."

Mary lag ein ganzer Schwall bissiger Erwiderungen auf der Zunge, doch sie schluckte sie hinunter, weil sie genau wusste, dass es das nur noch schlimmer machen würde. Sie knirschte leise mit den Zähnen und redete sich in Gedanken gut zu ehe sie den Kopf schüttelte. "Ich benehme mich nicht wie deine Mutter, ich versuche dir einfach nur klar zu machen, dass ich müde bin und nichts weiter möchte als mich auszuruhen." Mary zog eine Augenbraue in die Höhe. "Ich bin ein Problem? Weil ich nicht, wie eine Hure, sofort die Beine breit mache, wenn du mit den Fingern schnipst?" Sie schüttelte den Kopf und trat an Gerard vorbei. "Ja, genau das werde ich tun, denn das hier scheint mir heut Abend wenig Sinn zu haben. Ich will nicht mit dir streiten, Gerard, aber da das ja scheinbar das einzige ist, wozu du in der Lage bist, wenn du mich nicht ins Bett zerren kannst, werde ich nun schlafen gehen. Gute Nacht." Damit ging sie in Richtung der Tür, die den behaglichen Wohnraum von ihrem Schlafgemach trennte. Allein die Tatsache, dass er ihre Hand so grob weg geschlagen hatte, zeigte ihr, dass er schon wieder kurz davor war die Beherrschung zu verlieren und Mary begann langsam daran zu verzweifeln. Sie liebte diesen Mann, aber sie wusste einfach nicht mehr weiter, hatte keine Idee mehr, wie sie ihm helfen könnte.

"Doch, du sprichst mit mir wie mit einem der Mädchen und das lässt du gefälligst sein!", blaffte Gerard missmutig zurück. "Du willst einfach nur deine ehelichen Pflichten nicht erfüllen. Weil du Angst hast, dass du wieder ein Mädchen bekommst? Hältst du mich deshalb hin? Wag es nicht mich jetzt so stehen zu lassen!"
Und sie ging trotzdem, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, dass er gerade mit ihr diskutierte und dass er enttäuscht von ihr war. Er folgte ihr und packte sie unsanft am Arm, um sie zurück zu ziehen. Der Alkohol ließ seine Beherrschung noch viel schneller schwinden als sonst und bewirkte damit das Gegenteil von dem, zu was er gedacht gewesen war.
"Du bist schon wieder so unverschämt zu mir!", warf er ihr zornig vor. "Du lässt es einfach nicht sein! Ich schätz, ich muss dir doch mal ein paar Manieren beibringen.", grummelte er und schlug ihr hart ins Gesicht. "Respektiere mich gefälligst!"

Mary erschauderte leicht bei seinen Worten. "Du hast doch eine Ahnung, Gerard!" erwiderte sie nun doch gereizt. "Ich erfülle meine ehelichen Pflichten! Ich habe Anne direkt zu unserer Amme gegeben, ganz wie du es wolltest, damit ich meinen Pflichten möglichst schnell wieder nachkommen kann und ja, ja, ich habe Angst davor, weil es mein sehnlichster Wunsch ist, dir endlich einen Erben zu schenken, aber ich kann es nicht beeinflussen! Wir können es nur immer wieder versuchen, aber nicht heute Abend. Ich brauche einfach einmal meine Ruhe, Gerard." warf sie ihm zornig an den Kopf.
Wieso konnte er nicht ein wenig Rücksicht auf sie nehmen in diesem Punkt? Sie versuchte doch ihm alles Recht zu machen, aber manchmal ging es einfach nicht mehr.
Mary hatte die Hälfte des Raumes durchquert als Gerard sie von hinten packte und herum zog. "Ha, Manieren beibringen? Wie -" Gerards Schlag sorgte dafür, dass sie ihren Satz nicht vollenden konnte. Hätte er sie nicht festgehalten, hätte Mary zweifelsohne das Gleichgewicht verloren und für einen Moment wurde ihr ein wenig schwindlig, so hart hatte er zugeschlagen. Ihre Zunge fuhr leicht über ihre Lippe und sie schmeckte Blut ... sein Ring hatte ihr die Lippe aufgerissen.
"Respekt verdient man sich, Gerard. Unter anderem damit, dass man seinem Gegenüber auch Respekt entgegen bringt." erwiderte Mary atemlos und sah ihn mit verengten Augen an. "Lass mich los!" forderte sie schneidend. "Sofort."

Gerard verdrehte die Augen. "Du arme, bedauernswerte Frau. Jetzt bin ich wieder der böse, ja? Weil ich einmal gern etwas wollte. Du hattest doch den ganzen Tag deine Ruhe! Ich wollte einmal ein bisschen Entspannung und du lässt mich auflaufen. Und da beschwerst du dich, wenn ich zu einer Dirne gehe? Die halten mir wenigstens keine dummen Gespräche."
Für den ersten Moment hatte er nicht einmal ein schlechtes Gewissen. Er wollte endlich, dass sie ihn respektierte.
"Ich muss mir keinen Respekt verdienen! Ich bin dein Mann, verdammt noch mal, also respektier mich als solchen und behandel mich nicht wie ein Kind! Ich bin der Earl von Essex. Ich tue, was ich will, du unverschämtes Ding! Ich lasse dich jetzt sicher nicht los! Ich bin noch nicht fertig mit dir!", fauchte er sie an, schlug erneut zu und stieß sie dann von sich, sodass sie mit dem Kopf an die Kommode stieß, die an der Wand stand.

"Dann geh doch zu einer Dirne, wenn die ja so viel besser sind. Vielleicht bekommst du da dann irgendwann auch deinen Sohn, denn eins sage ich dir, von mir brauchst du so schnell kein Kind mehr erwarten." So wie er sich benahm legte Mary keinen Wert darauf mit Gerard das Bett zu teilen, so viel stand fest.
Mary wollte etwas erwidern als Gerard erneut zuschlug und sie im nächsten Moment mehr als unsanft gegen die Kommode gestoßen wurde. Einen Moment lang hielt sie die Augen geschlossen und stützte sich mit den Händen an dem glatten Holz ab, wartete darauf, dass das Gefühl von Schwäche nachließ, dann schlug sie die Augen wieder auf und sah Gerard wieder an. "Und was jetzt, Gerard? Willst du den Respekt für dich in mich hinein prügeln?" fragte sie und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Kommode. "Vielleicht solltest du wirklich einfach gehen. Geh und such dir eine Hure, die für dich die Beine breit macht und lass mich in Ruhe."

Gerard verengte die Augen. "Das sollte ich wohl wirklich tun. Die sind vielleicht auch in der Lage Söhne zu gebären. Von dir kann ich ja eh nur Mädchen erwarten!" Er sah einfach völlig rot, wenn sie so abfällig mit ihm sprach. Das machte es noch viel schlimmer, fachte seine Wut mehr an.
"Vielleicht sollte ich das!, brüllte er und kam drohend einen Schritt näher. "Du lernst es ja sonst offenbar nicht, dass du sogar jetzt noch frech wirst!"
Warum nur musste Mary ihn fortwährend provozieren? Wenn er nicht aufpasste, würde er noch etwas tun, was er wirklich bereute.
Und er war so völlig ohne Kontrolle über sich, auch wenn er irgendwo wusste, dass seine Reaktion völlig überzogen war.

Seine Worte schmerzten Mary fast mehr als seine Schläge und sie musste schwer schlucken, um nicht die Beherrschung zu verlieren. Es war so schon schwer und wenn er ihr dann noch vorwarf, dass sie ihm nur Töchter gebar ... das nagte wirklich an ihr und sie hatte sich schon einmal bei dem Gedanken ertappt, dass sie Isabella fast beneidete darum, dass sie noch kein Kind zur Welt gebracht hatte. Das erschien ihr beinahe leichter zu sein.
Mary schob ihre Hände in die weiten Ärmel ihres Kleides als Gerard einen Schritt näher kam. Mit der Rechten ertastete sie dieses kleine Etwas, von dem sie nie gedacht hätte, dass sie es je brauchen würde. Und schon gar nicht Gerard gegenüber, aber nachdem er sie bei ihrem letzten Streit sogar gewürgt hatte, hatte sie Edwards Rat beherzigt und angefangen, den Dolch bei sich zu tragen, den ihr Bruder ihr einmal geschenkt hatte. Nicht, weil sie ihn benutzen wollte, aber vielleicht brachte der Anblick Gerard wenigstens wieder zur Vernunft. "Dann versuch es doch ..." zischte sie leise und umschloss den Schaft mit den Fingern, bereit die Waffe zu ziehen, sobald Gerard näher kam.

Gerard betrachtete Mary argwöhnisch, als sie so ruhig blieb und nur die Hände in die Ärmel schob, als ob sie das retten konnte.
Er kam noch näher und hob die Hand erneut, als sie immer noch aufbegehrte und widersprach. Woher nahm dieses Weib nur den Mut dazu? Warum sah sie nicht endlich ein, dass es besser für sie war, den Mund zu halten?
"Sei still, Weib! Es reicht jetzt.", befahl er.

Marys Herz schlug ihr bis zum Hals als Gerard die Hand erneut hob und auf sie zu kam, doch bevor er zu schlagen konnte, zog sie die Hand hervor und mit dieser den blanken Dolch. Edward hatte ihr einmal erklärt, dass sie besser gar nicht versuchen sollte, jemandem in die Brust zu stechen, denn der Dolch würde aller Wahrscheinlichkeit nach nur an einer der Rippen abrutschen. Zwar wollte sie Gerard wirklich nicht verletzten, dennoch zögerte sie nun keine Sekunde mehr und setzte die Spitze der kleinen schmalen Waffe direkt oberhalb seines Gürtels an. "Wag dich noch einen Schritt näher ..." knurrte sie leise und war erstaunt, dass sie noch nicht am ganzen Körper zitterte, denn innerlich war sie völlig aufgewühlt und kurz davor zusammen zu brechen. Das hier war zu viel für ihre Nerven.

Gerard hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass Mary eine Waffe auf ihn richten würde. Und dass sie eine Waffe besaß, hatte er nicht einmal geahnt."Wie kommst du an diesen Dolch?", fragte er scharf.
Doch er zögerte, wagte nicht wirklich ihre Warnung in den Wind zu schlagen. Was, wenn sie doch zustechen würde? Aber es machte ihn so wütend, dass sie diese Frechheit besaß.
"Was fällt dir eigentlich ein?!"
Doch Mary hatte ihn so manches Mal überascht, warum nicht auch diesmal.
Also ging er einen Schritt zurück.
"Du siehst lächerlich aus so...Komm schon, leg das Küchenmesser weg."

"Er war ein Geschenk." erwiderte sie bissig. "Von einem sehr umsichtigen Menschen, wie mir jetzt klar wird." Marys Herz schlug ihr bis zum Hals und für einen Moment dachte sie, jetzt würde Gerard endgültig auf sie los gehen, doch dann machte er einen Schritt zurück.
Sie spürte, wie ihre Knie weich wurden und konnte sich nur mit großer Willenskraft aufrecht halten. "Offensichtlich ist dir ja nur so beizukommen." entgegnete Mary und fuhr sich mit der freien Hand über die noch leicht blutende Lippe.
Sie sah auf ihren Handrücken hinab und schüttelte den Kopf als sie wieder Gerards Blick begegnete. "Sicher nicht. Ich lege es erst weg, wenn du mich in Ruhe lässt."

Gerard schüttelte den Kopf. "Welcher Vollidiot gibt dir denn eine Waffe in die Hand? So dumm kann man doch gar nicht sein."
Er war regelrecht fassungslos, wie Mary auf ihn reagierte. Wie sie ihn mit einem Dolch bedrohte, so ohne Hemmungen."Stures Weib."
Doch es hatte keinen Sinn sich noch weiter mit ihr anzulegen. Bei nächster Gelegenheit würde er ihr den Dolch abnehmen. Das war ja lebensgefährlich.
Knurrend ließ er ab von ihr, drehte sich mit einem finsteren Blick und und verließ mit knallender Tür das Zimmer.

Mary verzichtete darauf Gerard aufzuklären und behielt ihn einfach schweigend im Auge. Sie war sich nicht sicher, ob er nun wirklich Ruhe geben würde und sie hatte nicht vor ihn zu unterschätzen.
Sie rührte sich keinen Zentimeter bis Gerard wirklich bei der Tür war und das Gemach verließ. Erst dann ließ sie den Dolch sinken und schloss einen Moment die Augen.
Doch bevor sie hier und jetzt zusammen brach, riss sie sich wieder zusammen und ging eilig nach nebenan. Dort schob sie von innen den Riegel vor die Tür, denn das letzte was sie nun brauchte war, dass Gerard mitten in der Nacht wieder auftauchte. Erst als sie sicher war, dass sie nun vor erst sicher vor ihm war, brach der Damm und ihre Knie gaben nach. Marys sank auf das Bett und vergrub das Gesicht in den Laken als die Tränen nun unaufhaltsam über ihre Wangen liefen.
Das erste Mal seit sie mit Gerard verheiratet war, hatte sie heute wirklich Angst vor ihm gehabt. Und um ein Haar hätte die Angst sie übermannt und er hätte bekommen, was er wollte. Völlig erschöpft rollte Mary sich zusammen und befühlte vorsichtig ihr Gesicht. Ihre Lippe war aufgeplatzt und ihre Wange begann bereits anzuschwellen ... morgen würde man ohne Zweifel sehr gut sehen können, was geschehen war. Sie schluckte schwer und schloss die Augen. Wie konnte sie dem nur ein Ende machen? Wie konnte sie ihm helfen sich endlich in den Griff zu bekommen?

Gerard war im Dunkeln über den Innenhof geirrt und hatte schließlich Zuflucht in der kleinen Kapelle gefunden, wo er auf einer der Bänke saß und das Gesicht in den Armen vergrub. Er zitterte am ganzen Körper, hatte er doch inzwischen sehr gut begriffen, was er gerade getan hatte.
Er hatte Mary versprochen sich Mühe zu geben, stattdessen war er mehr ausgerastet als jemals zuvor. Sie hatte ihn mit einer Waffe bedroht, weil sie solche Angst vor ihm hatte!
Was sollte er nur tun? Er hatte sich einfach nicht im Griff. Er würde sich wirklich bemühen müssen, damit sie ihm verzieh.
Wie sollte das nur weitergehen?

Mary betrachtete ihr Spiegelbild in der kleinen Waschschüssel vor sich und seufzte leise. Ihr Gesicht war geschwollen und würde sicher bald in den buntesten Farben schillern. Vorsichtig tupfte sie das letzte getrocknete Blut von ihrer Lippe und dachte nach. Sie würde irgendeine Erklärung brauchen, weshalb sie so aussah, denn lieber würde sie sich aus dem Fenster stürzen als zuzugeben, dass Gerard sie so zugerichtet hatte. Und vor allem die Mädchen durften das nicht erfahren. Vermutlich war es am einfachsten, wenn sie sagte, sie sei auf der Treppe ausgerutscht und gestürzt.
Während sie sich anzog und ihre Haare in Ordnung brachte, dachte sie fieberhaft darüber nach, wie sie Gerard gegenüber treten sollte, wenn dieser heute wieder bei ihr auftauchte. Sie hatte wirklich keine Ahnung, wie sie reagieren würde und das beunruhigte sie wirklich.
Da die Mädchen noch schliefen und Edith sich ohnehin um sie kümmern würde, sobald sie aufwachten, begann Mary im Gemach noch ein wenig aufzuräumen und hoffte, dass ihr Geist dabei ein wenig Ablenkung fand, sonst würde sie noch verrückt werden vor lauter Grübelei.

Gerard hatte eine unbequeme Nacht in der Kapelle hinter sich und wagte sich jetzt am Morgen vorsichtig zurück in seine Gemächer. Zum einen musste er sich umziehen und zum Anderen musste er sich dringend bei Mary entschuldigen. Auch, wenn er noch nicht wusste, wie er das anstellen sollte.
Zaghaft klopfte er an die Tür zum Schlafzimmer und wartete darauf, ob sie ihn einließ.
Jetzt, da er nüchtern war, fühlte er sich noch viel miserabler. Wie hatte er sich nur so gehen lassen können? Es musste doch irgendetwas geben, was er dagegen tun konnte...
"Mary? Bist du da? Lass mich rein, bitte...wir müssen reden. Es tut mir leid..."

Mary erstarrte als es an der Tür klopfte und Gerards Stimme sorgte dafür, dass sich ihr Magen schmerzhaft zusammen zog. Einen schier endlosen Moment lang rührte sie sich nicht von der Stelle, antwortete ihm aber auch nicht. Sie stand einfach nur da, hörte ihr Herz unverhältnismäßig laut klopfen und schloss die Augen.
Sie wollte nicht mit ihm reden, aber was blieb ihr schon für eine Wahl? Sie konnte sich schließlich nicht auf Dauer hier einschließen.
Also ging sie zur Tür und schob den Riegel zurück, verzichtete jedoch darauf die Tür zu öffnen, sondern wandte sich ab und ging wieder zu ihrer Truhe zurück, wo sie gerade noch ein paar Kleider sortiert hatte. Zwar behagte es ihr nicht so sehr Gerard den Rücken zuzudrehen, aber zum einen glaubte sie nicht, dass er noch so unbeherrscht war wie gestern Abend und zum anderen hatte sie den Dolch wieder dabei und würde ihn im Notfall auch wieder benutzten.

Gerard hörte, wie der Riegel zurückgezogen wurde und schluckte, er er vorsichtig die Tür aufschob und hindurch trat. Mit nagendem schlechten Gewissen sah er zu seiner Frau hinüber, die an einer Truhe stand und sich bemühte, teilnahmslos zu wirken.
"Mary...", sprach er sie leise an. "Es tut mir leid....das hätte nicht passieren dürfen. Ich dachte, wenn ich erst etwas trinken gehe, lasse ich meine Wut nicht so an dir aus. Aber...das hat leider nicht so funktioniert, wie ich wollte."
Es tat ihm so unendlich leid, dass er sie wieder geschlagen hatte, aber er konnte es nicht kontrollieren.

Mary spürte wie sich ihre Kehle zuzog. Sie schluckte schwer und nickte dann. "Richtig, das hätte nicht passieren dürfen. Ist es aber." erwiderte sie und fuhr unbeirrt in ihrer Tätigkeit fort, um Gerard ja nicht ansehen zu müssen.
Einen Moment lang presste sie die Lippen aufeinander, doch dann brach sie das Schweigen schließlich noch einmal. "Alkohol war noch nie eine allzu gute Lösung." bemerkte sie, ehe sie den Mut zusammen nahm und sich doch umdrehte. "Du hattest mir versprochen dich zusammen zu nehmen. Du hattest versprochen, dass du es versuchst und gestern war es schlimmer als je zuvor. Wie soll das weiter gehen, Gerard?" fragte sie schließlich und sah ihren Gemahl misstrauisch an.

Gerard blieb absichtlich auf Abstand und wagte es nicht, näher zu kommen. Er wollte sie nicht noch weiter von sich weg treiben. Wie hatte er nur so die Beherrschung verlieren können?
Traurig musterte er ihr mitgenommenes Gesicht und senkte den Kopf. "Ich weiß. Und es tut mir so leid." Er biss sich auf die Unterlippe und wirkte für einen Moment wie ein geprügelter Hund.
"Ich dachte, es würde vielleicht helfen. Damit ich...nicht so reagiere. Ich habe es wirklich versucht, Mary, es tut mir leid. Ich kann es einfach nicht kontrollieren."
Vorsichtig kam er einen Schritt näher.
"Ich weiß es nicht, Mary....ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich kann es einfach nicht. Es tut mir leid."

"Ja, mir tut es auch Leid." erwiderte Mary trocken und schüttelte den Kopf. "Nun, geholfen hat es wirklich nicht, eher im Gegenteil." Sie widerstand dem Drang sich an die geschundene Lippe zu fassen und musterte Gerard stattdessen eingehend. Als er näher kam, wäre sie am liebsten zurück gewichen, doch sie stand schon direkt an der Truhe, damit war kein Spielraum mehr nach hinten und sie musste wohl oder übel zulassen, dass Gerard näher kam.
"Ich kann das so nicht mehr, Gerard. Wer sagt mir, dass du das nächste Mal nicht einer unserer Töchter gegenüber die Beherrschung verlierst, wenn dir gerade nicht gefällt, was sie tun? Das kann ich nicht zulassen." Unbehaglich strich sie sich mit der Hand über den Hals. "Ich würde dir wirklich gerne einen Sohn schenken in der Hoffnung, dass dann alles wieder gut wird, aber ... ich weiß nicht, ob ich das jetzt noch kann." Ob sie ihn überhaupt wieder an sich heran lassen konnte.