William und Joanna - ab 1183 bis 1184

James ignorierte Alans fragenden Blick und verschwand kurz nach nebenan, um sich Hände und Gesicht ein wenig zu waschen, dann kehrte er zurück und ließ sich mit einem Buch auf dem Schoß in dem Sessel am Fenster nieder. So wirklich konnte seine Lektüre ihn jedoch nicht fesseln, viel zu sehr war er damit beschäftigt Alan und die junge Italienerin zu beobachten und mit jeder Minute die verging, wuchs der Widerwille in ihm.
Als Alan das Portrait schließlich fertig hatte und die Frau an der Tür verabschiedete, wollte James gerade aufatmen, als dieses unverschämte Weibsstück sich vorlehnte und Alan einen Kuss auf die Wange hauchte. James' Miene verfinsterte sich und er senkte rasch den Blick, während er versuchte sich wieder in den Griff zu bekommen. Er spürte seine Kehle eng werden und für einen Moment musste er wirklich um Fassung ringen, doch dann hörte er die Tür ins Schloss fallen und riss sich zusammen.
"Deine hübsche Vorlage scheint ja überglücklich mit dir zu sein, was?" bemerkte James trocken als Alan der Tür den Rücken gekehrt hatte.

Als Alan zurückkehrte, saß James noch immer in dem Sessel, in den er sich gesetzt hatte um etwas zu lesen. Alan wurde aber den Verdacht nicht los, dass da etwas im Busch war.
Das bestätigte auch James' ungewöhnlich bissige Bemerkung. Seine Augenbrauen wanderten irritiert in die Höhe.
"Nun, sie war sehr zufrieden mit meiner Arbeit und hat auch dementsprechend bezahlt. Guilia stammt aus einer sehr reichen Familie. Es ist ein Glücksfall von Pigazzo Aufträge zu bekommen. Er hat wirklich viele Kontakte, das wird ein Eintrittstor zu vielen gut bezahlten Aufträgen sein. Aber warum reagierst du so seltsam? Waren deine Studien nicht erfolgreich heute?"

"Doch, das waren sie. Sehr sogar, sonst wäre ich nicht jetzt schon hier." erwiderte James und klappte das Buch verärgert zu. "Allerdings wünschte ich fast, ich hätte länger gebraucht, dann hätte ich wenigstens nicht sehen müssen, wie sich dieses Flittchen an dich heran macht."
Sein Puls begann schneller zu schlagen und James erhob sich, um das Buch wieder an seinen angestammten Platz zurück zu stellen. "Das war ja fast schon widerlich, wie sie dir schöne Augen gemacht hat." bemerkte er, den Rücken Alan noch zugewandt und strich kurz über den Buchrücken vor sich, ehe er sich umdrehte. "Und du springst auch noch voll darauf an ..." platzte es schließlich aus James hervor. "Einen Schmeichler hat sie dich genannt, was hast du denn getrieben bevor ich kam, dass sie so verrückt nach dir ist?"

Jetzt war Alan völlig verwirrt. Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit der Reaktion, die James hier zeigte. Wenn er es nicht besser wüsste...
"Das ist nicht dein Ernst, oder?" Er konnte es kaum glauben, aber es schien, als wäre James.. "Eifersüchtig? Wirklich? Du bist eifersüchtig auf Giulia?" Alan konnte nicht anders, er musste einfach lachen und fuhr sich durch den ohnehin schon wirren Schopf.
"Ich habe ihr gesagt, dass das Sonnenlicht ihr Haar zum leuchten bringt, wenn sie so da sitzt. Mehr nicht. Anspringen nennst du das? Meine Güte, ich verstehe wirklich nicht, warum du dich so anstellst. Das ist meine Arbeit. Wenn sie sich wohl fühlen, kommen sie wieder und zahlen besser. Jede Frau will gern ein paar Komplimente hören. Außerdem ist es gerade meine Aufgabe, ihre Vorzüge etwas heraus zu stellen."

James hatte gewusst, dass Alan dieses Thema einfach abtun würde, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass er ihn auslachen würde. Das war ein zusätzlicher Stich, denn er hatte wirklich an dem zu kauen, was er da gerade mit angesehen hatte und Alan machte sich über seine Sorgen lustig.
"Mehr nicht? Ich fand, dein Lächeln schon ziemlich beredet. Deine Arbeit? Deine Arbeit ist es, ein Bild von ihnen zu malen, nicht mit ihnen anzubändeln, oder nicht? Und falls es dir nicht aufgefallen ist, sie hat dir einen Kuss gegeben." bemerkte James ein wenig gereizt.
Es war nicht nur dieses kurze Erlebnis, das ihm solche Angst bereitete, viel schlimmer war der Gedanke, der diese Szene in ihm geweckt hatte. Der Gedanke, dass Alan vielleicht eines Tages doch feststellen würde, dass er Gefallen an Frauen fand und dann wäre James abgeschrieben. Eine Frau würde ihm nämlich die Möglichkeit auf eine eigene Familie bieten und dabei konnte James nun einmal nicht mithalten. Noch waren sie beide jung und der Wunsch nach einem Familienleben war noch fern, aber wer sagte nicht, dass er eines Tages doch in Alan erwachen würde, besonders jetzt, da er der geistlichen Laufbahn den Rücken gekehrt hatte, mehr in weltlichen Kreisen unterwegs war und ihm überhaupt erst die Möglichkeit offen stand zu heiraten.

Alan schüttelte den Kopf. "Beredt? Ist dir mal in den Sinn gekommen, dass man so etwas wie ein charmantes Lächeln üben kann? Ich habe mit so vielen Menschen zu tun, ich kann es aufsetzen wie eine Maske. Ja, sie hat mich geküsst. Auf die Wange. Was ist da dabei? Es ist ja nicht so, dass sie über mich hergefallen ist. Sie mochte mich und sie ist recht offenherzig. Du weißt doch, wie die Italiener sind." Alan seufzte leise und trat einen Schritt näher.
"Du solltest doch wissen, dass ich an Frauen nichts finde. Ich denke, ich beweise es dir oft genug." Seine Miene verdunkelte sich etwas.
"Du vertraust mir nicht."

James zog unbehaglich die Schultern nach oben. "Nein, ich ging bisher immer davon aus, dass du es ehrlich meinst, wenn du so lächelst." erwiderte James beklommen und knirschte dann mit den Zähnen. "Was dabei ist? Es gehört sich nicht! Wie kann sie solch einen vertrauten Umgang mit dir pflegen, nur weil du einmal ein Bild von ihr gemalt hast?" ereiferte sich James ungehalten. Wo kamen sie denn hin, wenn wildfremde Leute nun dazu übergingen sich ständig mit Küssen von Alan zu verabschieden? "Und nur weil die Italiener immer mehr dem Sittenverfall erliegen, muss ich das ja nicht gut heißen, oder?"
James schluckte schwer als Alan einen Schritt auf ihn zu machte.
"Das schon, aber ich ..." er stockte, brach ab und wandte den Blick ab. Er rang einen Moment lang mit sich, dann sah er Alan wieder an und dieses Mal lag Verzweiflung in seinem Blick. "Ich habe einfach Angst bekommen als ich dich so mit ihr gesehen habe. Dass du vielleicht eines Tages ... ich weiß nicht ... dass ich dir irgendwann nicht mehr genug bin." erwiderte er mit heiserer Stimme.

Alan schaute seufzend kurz zur Decke. "Wenn ich dich anlächelte, solltest du auch einen Unterschied merken. Mein wahres Lächeln ist für dich reserviert und das sieht niemand sonst. Ich dachte, du wüsstest das." Er verschränkte die Arme vor der Brust.
"Es gehört sich nicht? Und das wirklich aus deinem Munde, wo gerade wir doch sämtliche Regeln brechen. Es ist unangemessen so etwas zu sagen und sich dabei noch so aufzuregen. Abgesehen davon war Giulia nicht wildfremd. Ich habe sie schon ein, zwei Mal gesehen und kurz mit ihr gesprochen.", erklärte Alan eindringlich.
"James...." Er kam näher, ging vor dem Sessel in die Hocke und legte James die Hände auf die Knie. "Du brauchst darum keine Angst zu haben. Warum sollte ich mich entscheidenplötzlich wieder Frauen zu möegen? Ich liebe dich, James....nur dich."

James' Miene verfinsterte sich. "Nur weil wir in diesem einen Punkt die Regeln brechen, heißt das doch noch lange nicht, dass ich auch alle anderen Regeln von Sitte und Anstand über den Haufen werfe." grummelte James ärgerlich. Er war und blieb immerhin geistlicher, da nahm er durchaus an solchen Sachen Anstoß.
James musste für einen Moment den Blick abwenden als Alan vor ihm in die Knie ging, öffnete den Mund ohne ein Wort heraus zu bringen und schloss ihn wieder. Er schluckte schwer und zwang sich dazu seinen Freund wieder anzusehen. "Ja, jetzt tust du das." erwiderte er leise. "Aber was, wenn du eines morgens aufwachst und feststellst, dass du gerne eine Familie hättest? Kinder? Ich kann dir kein Familienleben bieten, aber besonders jetzt, wo du der geistlichen Laufbahn entsagt hast, stehen dir so viele neue Möglichkeiten offen. Möglichkeiten mit denen ich nicht werde mithalten können." murmelte James betroffen.

Alan seufzte leise. "Nein. Aber du weißt genau, dass die Italiener ihre Gefühle etwas offener zeigen und verzeih, ich finde nicht schlimm, dass sie sich mit einem Kuss auf die Wange bedankt hat. Sitte und Anstand ist eine Sache, aber ich denke, gerade wir sollten nicht so prüde sein."
Er sah James abwartend an und glaubte dann zu verstehen. Davor hatte James Angst?
"Ich werde sicher nicht plötzlich den Wunsch nach Kindern verspüren. Glaubst du nicht, ich hätte mir die Entscheidung nicht gut überlegt?  Ich habe es mir nicht leicht gemacht. Ich brauche kein Familienleben, ich habe doch dich an meiner Seite. Du bist meine Familie. Was ist, wenn ich all diese Möglichkeiten nicht will? Es ist ja lieb von dir, dass du dir Gedanken machst, aber damit wirfst du mir vor, mir zu wenig Gedanken zu machen. Du hast kein Vertrauen zu mir."

James biss einen Moment lang die Zähne aufeinander, dann nickte er knapp. "Wie du meinst." Er würde sich also wohl damit arrangieren müssen, dass Alan besonders seinen Kundinnen Komplimente machte und einen herzlichen Umgang mit ihnen pflegte. Etwas, das ihn nicht unbedingt glücklich stimmte. "Vielleicht sollten aber auch gerade wir vorsichtig sein." gab er dann noch zu bedenken. Schließlich war es gefährlich, was sie taten und es machte sie mehr als angreifbar.
James schüttelte den Kopf. "Das ist es nicht. Ich vertraue dir, nur habe ich bisher nicht darüber nachgedacht, dass diese Möglichkeit besteht. Und als ich dich eben so mit ihr gesehen habe, musste ich an John denken ... er hat sogar sein Priesteramt aufgegeben für eine Frau und du bist nicht einmal mehr Geistlicher. Ich ... die Vorstellung, dich irgendwann vielleicht an irgend so ein dahergelaufenes Weib zu verlieren hat mir einfach Angst gemacht." erklärte James leise.

"Ja das meine ich. Und weißt du, James....ich glaube, es ist viel unauffälliger, wenn ich mich etwas offener vehralte. So käme niemand auf den Gedanken, dass uns Beide mehr verbindet als Freundschaft. Das, was dir so missfällt, könnte unsere beste Tarnung sein. Ich bin sehr vorsichtig, glaube mir. Un ich würde nie etwas tun, dass dir schadet."
Alan seufzte leise. "Sie besteht, ja. Aber vertrau mir. Ich bin nicht John, eine Frau hat keinen Reiz für mich. Ich habe doch dich. John hat sich nie zu Männern hingezogen gefühlt. Ich schon...ich habe dich. Und ich liebe dich, wirklich. Von ganzem Herzen. Nie würde ich dich aufgeben wollen. Ich werde kämpfen. Ich habe mein geistliche Laufbahn nicht aufgegeben, weil ich Herumhuren möchte."

James schloss die Augen und atmete dann tief durch. "Nun, dann ... werde ich mich wohl damit arrangieren müssen." erwiderte er langsam. Das gefiel ihm zwar nicht sonderlich, aber vermutlich hatte Alan tatsächlich Recht und es war so weniger auffällig.
Bei Alans Worten bekam James einen Kloß im Hals. "Ich bin ein widerlicher Freund, dass ich auf so eine dumme Gans eifersüchtig werde." murmelte er und legte eine Hand an Alans Wange. Gegen seinen Willen musste er lachen, dann beugte er sich vor und gab Alan einen Kuss. "Beruhigend, denn ich will dich wirklich nicht mit irgendjemandem teilen. Schon gar nicht mit einer Frau." wisperte er leise und strich Alan zärtlich durch die Haare. "Ich liebe dich, Alan."

Alan lächelte leicht. "Es ist schon in Ordnung. Ich sollte mich geschmeichelt fühlen, dass du mich so sehr liebst. Aber all das was ich für diese Frauen tue, ist berechnend. Sie fühlen sich wohl hier und ich kann mich vor Aufträgen kaum retten. Das hätte ich nie erwartet, als ich hierher kam. Doch offenbar lässt sich die Oberschicht hier die Kunst einiges kosten."
Alan schaute James lange an, als dieser die Hand an seine Wange legte. "Ich bitte dich nur um eines: Vertrau mir. Ich würde dich niemals betrügen oder etwas tun, dass dir schadet. Ich liebe dich auch." Er erwiderte den Kuss und entspannte sich ein wenig.

James erwiderte Alans Lächeln. "Ich habe dir doch gesagt, dass du es weit bringen wirst. Und vor allem bist du von uns beiden derjenige, der auf seinen eigenen Füßen steht und sich die Taschen durch seine gute Arbeit füllen kann." bemerkte James ein wenig amüsiert und hauchte noch einen Kuss auf Alans Lippen.
James nickte bedächtig. "Ich weiß, denn mir geht es nicht anders mit dir. Du bist mein Ein und Alles, Alan, ich würde für dich alles tun, was in meiner Macht steht. Und ich vertraue dir, wirklich." James musste gegen seinen Willen grinsen. "Ich sollte mich wohl auch eher geschmeichelt fühlen, dass ich einen solch charmanten, attraktiven Mann an meiner Seite habe, dem nicht nur Männer, sondern auch Frauen verfallen." neckte er sanft und lehnte seine Stirn an Alans. "Komm, lass uns ein wenig vor die Tür, etwas über den Markt schlendern, was meinst du? Dann haben wir Gelegenheit dein hart verdientes Silber auszugeben."

Stephen

Stephen war immer wieder fasziniert von England. Sicher war er schon mit in London gewesen, wo er seine Großeltern getroffen hatte. Abernun hatte er seinen besten Freund Rob und dessen Familie mit nach Truro begleitet. Er genoss diese ländliche Umgebung sehr und jeden Tag strichen die beiden Jungen völlig zwanglos durch das Gestüt und die nähere Umgebung.
Sie bewunderten die jungen Hengste, stellten unzählige Fragen an Rob's Vater und Onkel und genossen den Tag.
Heute waren sie ein wenig ins Dorf gegangen, weil Stephen unbedingt alles von Robs Zuhause sehen wollte. Sie schlenderten eine der Seitengassen entlang, als er plötzlich spürte,wie Rob sich neben ihm versteifte.
Und der Grund schien der Junge zu sein, der vor ihnen auf die Straße getreten war. "Alles in Ordnung, Rob?",fragte er leise.

Rob war überglücklich. Seit langem fühlte er sich in Truro endlich wieder richtig wohl und er genoss es in vollen Zügen wieder zu Hause zu sein. Einen wichtigen Beitrag zu diesem Umstand leistete die Tatsache, dass Stephan ihn hatte begleiten dürfen und Rob seinen Freund so immer an seiner Seite hatte.
Heute hatte Rob eingewilligt Stephan das Dorf zu zeigen, doch sie waren noch nicht allzu weit gekommen als Rob diese Entscheidung bereits bereute. Es war wie ein kleines Déjà-vu als David mit einem Mal vor ihnen auf die Straße trat, dieses boßhafte Funkeln bereits in den Augen.
Rob spannte sich an, griff dann nach Stephans Ärmel und schüttelte den Kopf. "Komm, lass uns einfach weiter." bat er eindringlich und gab sich der unsinnigen Hoffnung hin, David würde einfach Ruhe geben, wenn sie ihn stehen ließen.

Stephan

Stephan war irrtiert über Robs verhalten und warf ihm einen fragenden Seitenblick zu. "Wer ist der Kerl? Warum fürchtest du ihn?", fragte er leise nach, folgte aber Robs Aufforderung und folgte ihm bereitwillig, um den Jungen zu passieren, möglichst wortlos.
Doch ungeschoren kamen sie nicht davon und im nächsten Moment wusste Stephan den Grund für Robs Unbehagen. Der andere Junge hatte eine Zunge wie eine Bullenpeitsche.
"Ah, der Hurensohn ist wieder da. Hat der König endlich erkannt, was für Heuchler ihr seid, dass er deinem Vater das Erbe aberkannt hat, das er ja offenbar nicht verdient hat? Traurig, traurig...nicht nur der Sohn einer Hure, sondern auch noch der eines Verräters."
Und im ersten Moment war Stephan vor Fassungslosigkeit wirklich sprachlos.

"David, der Sohn des Schweinehirten ... und ein Ungeheuer." raunte Rob seinem Freund unbehaglich zu. Sie waren fast an David vorbei, als dieser doch noch die Gelegenheit nutze, um seine Gehässigkeiten los zu werden.
Rob blieb wie vom Donner gerührt stehen und spürte, wie er eine Gänsehaut bekam. Der Sohn einer Hure und eines Verräters ... Rob schluckte. Für einen Moment drohten ihn seine Gefühle wieder zu überwältigen und es war, als würde dieser verfluchte Knoten der Angst in seinem Magen wieder entstehen, doch dann sah er zu Stephen hinüber und dachte an all das, was er in den letzten Monaten gelernt hatte, an die Freunde, die er gefunden hatte und von denen einer nun hier bei ihm war ...
Rob begann zu lächeln und drehte sich zu David herum. "Von Hurensohn zu Hurensohn: du bist schlecht informiert, David. Mein Vater ist kein Verräter und der König hat ihm sein Erbe wieder zurück gegeben. Und wie du vielleicht siehst, ihm auch erlaubt wieder nach England zu kommen." erwiderte Rob und war mehr als stolz auf sich, wie gelassen er dieses Mal klang.

Stephan

Stephan hob eine Augenbraue. "Ich verstehe..." Er lauschte der Auseinandersetzungmit gehobener Augenbraue. Kinder konnten grausam sein, das wusste er auch aus Erfahrung, aber das hier? Das übertraf seine Vorstellungen.
David lachte böse. "Das hättest du wohl gerne. Und selbst wenn...wer weiß, was dein Großvater dem König dafür versprechen musste. Als Verräter hätte dein Vater eigentlich enthauptet werden müssen. Du wirst auch mal am Galgen."
Stephan wurde es nun wirklich zu bunt und er trat etwas vor. "Ich muss leider darauf hinweisen, dass da ein Missverständnis vorliegt. Robert of Cornwall ist sicherlich kein Verräter, sondern ein treuer Vasall meines Vaters. Und mein Vater hat nur Männer mit tadellosem Leumund in seinen Reihen. Ich hoffe doch nicht, dass du etwas Gegenteiliges behaupten willst. Das könnte dich später reuen."

Rob legte den Kopf ein wenig zur Seite. "Was willst du eigentlich von mir? Ist dein Leben so abgrundtief langweilig, dass dich meins so brennend interessiert?" erwiderte er trocken und sah Stephan überrascht an als dieser vortrat und für ihn Partei ergriff.
David schnaubte herablassend. "Und was bist du für ein feiner Pinkel, he? Scher dich zum Teufel, das hier geht dich überhaupt nichts an." grollte er, ballte die Hand zur Faust und machte einen drohenden Schritt auf Stephan zu. "Willst du mir etwa drohen?" fragte er angriffslustig und Robert wusste genau, dass David nur auf die richtige Gelegenheit wartete. So war es immer schon gewesen und deshalb verachtete er diesen boshaften Mistkerl auch so über alle Maßen.

Stephan

Stephan runzelte leicht die Stirn. "Da Rob mein Freund ist, muss ich doch korrigieren. Es geht mich sehr wohl etwas an. Der König ist zufälligerweise mein Großvater. Es kostet mich ein Wort, dann kannst du dich in New Gate weiter über andere Menschen auslassen. Ob das dort allerdings auf viel Gegenliebe stoßen wird, ist fraglich. Und ja, das verstehst du diesmal ganz recht, das war in der Tat eine Drohung.", erwiderte er schließlich in aller Gelassenheit.
Diese höfliche Ruhe würde dem Raufbold am ehesten den Wind aus den Segeln nehmen, dessen war er sich bewusst.

Rob beobachtete fasziniert, wie sich Davids Augen für einen Sekundenbruchteil weiteten und der Junge dann wütend mit den Zähnen knirschte. Mit einem Mal schien er es doch mit der Angst zu bekommen.
"Ach haltet bloß die Klappe, ihr Bastarde!" knurrte David und spuckte Stephan vor die Füße. "Haltet euch ja für ach so toll, dabei seid ihr auch nur kleine, verzogene Bengel." grollte er zornig, zog es dann aber doch vor den Rücktritt anzutreten.
Rob wurde beinahe leicht ums Herz als er Stephan ansah. "Danke." Er musste grinsen und legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter. "Wirklich, das war echt stark! Der Kerl lässt sich sonst nicht so leicht einschüchtern."

Stephan

Stephan gestattete sich ein Grinsen, als der Andere zwar noch einmal einen dummen Spruch abließ, sich aber offensichtlich mehr nicht traute und sein Heil in der Flucht suchte. Es ging doch, man musste nur die passende Antwort parat haben. Und das war etwas, was er von seiner Mutter gelernt hatte, die auch nie um Worte verlegen war.
Er klopfte Rob auf den Rücken und das Grinsen wurde eine Spur breiter. "Keine Ursache. Der Kerl ist es wirklich nicht wert, dass du dir Gedanken machst. Ignorier das, was er sagt. Ich habe mich nicht einschüchtern lassen und gar nicht richtig reagiert und schon hatte er genug. Es hat mich selbst überrascht, wie leicht es war, aber umso besser. Und jetzt zeig mir den Rest vom Dorf. Und ich will eure Kirche sehen!"

Rob hob leicht die Schultern. "Es ist nur gar nicht so leicht, wenn man ihm alleine begegnet und sich all diese Dinge anhören muss. Einmal habe ich mich mit ihm sogar geprügelt deswegen." Rob schnitt eine Grimasse. "Aber ich schätze, langsam weiß ich, was mein Vater damit meinte, als er sagte, ich müsse über diesen Dingen stehen. So hat dieser Dummkopf weniger Angriffsfläche."
Trotzdem hatte Rob ein klein wenig an Davids Worten zu kauen. Es war nicht ganz einfach, wenn die eigene Mutter als Hure und der Vater als Verräter beschimpft wurden, aber dank Stephan hatte sich ja alles noch einmal zum Guten gewendet.
Rob lächelte. "Gerne, du wirst Augen machen, wenn du die Kirche siehst, ich versprech's dir!"