William und Joanna - ab 1183 bis 1184

Robert wartete, bis Philippe sich gesetzt hatte und stellte dann einen Becher vor ihn hin. Er sah ihn kurz an, nickte dann aber und ging kurz zur Kommode. Als er zurückkam, hatte er drei Briefe in den Händen. Vorsichtig legte er sie zwischen sie Beide auf den Tisch, ehe er sich Philippe gegenüber setzte.
"Hier sind sie. Die, die an mich gingen und der eine an Josephine."
Nervös trank er einen Schluck Wein.
"Hör zu...ich wollte dir nicht die Entscheidung vorenthalten, aber es....es schien mir einfach besser so. Du hast sowieso schon so gelitten."

Philippe beobachtete wie Robert zur Kommode ging und als sein Bruder mit den Briefen zurück kehrte, schlug Philippes Herz deutlich schneller. Er starrte die Brief an, die Robert auf den Tisch legte und war hin und her gerissen bei ihrem Anblick. Schweigend musterte er das Siegel, das auf dem obersten Brief deutlich zu sehen war und davon zeugte, dass die Briefe von Marguerite stammten.
Es stimmte also, sie hatte ihm geschrieben. Er war ihr nicht egal gewesen und wenn er diese Briefe bekommen hätte, wäre alles anders verlaufen.
Langsam hob er den Blick als Robert zu sprechen begann und sah seinen Bruder an. Schließlich nickte er. "Ich weiß." erwiderte Philippe. Er seufzte leise. "Es tut mir Leid, ich hätte dir gleich die Möglichkeit geben sollen, dich zu erklären. Ich ... ich konnte es nur einfach nicht hören, nachdem ich bei Marguerite gewesen war. Ich wäre sonst vielleicht einfach wieder zurück gegangen." Philippe hob leicht die Schultern. "Aber du hättest sie mir nicht vorenthalten dürfen, Robert. So gut, wie du es gemeint hast, du hattest kein Recht darauf. Du hast damit über mein Leben und über ihres entschieden"

Robert biss sich unbehaglich auf die Unterlippe. "Du musst dich nicht entschuldigen, du hattest ja Recht. Es war nicht der passende Moment. Ich war einfach...überfordert. Ich hätte nicht gedacht, dass sie das jetzt noch auf den Tisch bringt nach all der Zeit. Ich dachte schon gar nicht mehr an diese Briefe, weißt du."
Er blickte die Briefe eine Weile schwiegend an.
"Ich weiß, ich hätte das nicht tun dürfen. Ich habe auch sehr lange mit mir gerungen, so oft mit Josie darüber diskutiert und letztlich bin ich zu Vater gegangen, weil ich nicht wusste, was ich tun sollte. Ich wollte dich nicht hintergehen, aber wir waren froh, dass du überhaupt am Leben warst. Je weniger du von Marguerite hörtest, desto besser war es für dein Seelenheil. Sie ist der Grund, warum wir dich fast verloren hätten, verstehst du, das konnte ich nicht ertragen. Sie war immerhin verheiratet."

Philippe rieb sich über die Schläfe und seufzte. "Nein, ich ... es wäre nur richtig gewesen dich sofort anzuhören. Aber sei's drum, dafür sitzen wir ja jetzt hier."
Philippe griff nach dem Becher mit Wein und nippte leicht daran, drehte ihn dann nachdenklich in der Hand und beobachtete die rote Flüssigkeit darin. Dieses Thema war wirklich heikel, aber es war genau so, wie er zu Amelié gesagt hatte, er wollte deswegen nicht mit Robert brechen. Um keinen Preis.
Er stellte den Becher wieder ab und sah Robert direkt ins Gesicht. "Robert, diese Briefe waren genau das, worauf ich so lange sehnsüchtig gewartet hatte. Ein Zeichen von ihr, dass sie mich nicht einfach bei Seite geschoben hat. Ich war damals so enttäuscht, so wütend auf sie als ich gehört habe, dass sie sich Henry zugewandt hatte und du warst derjenige, der mir sagte, für sie wäre es das beste so. Du hast sie mir gegenüber in Schutz genommen, weil ich wütend auf sie war. Und das völlig zu unrecht. Sie hatte mich nicht einfach vergessen ..." Philippe schüttelte langsam den Kopf. "Hättest du mir diese Briefe gegeben, hätte das alles geändert. Egal, was darin steht, ich weiß, dass ich dann auf sie gewartet hätte. Und aus dem Grund würde ich dich gerne wirklich leidenschaftlich dafür hassen, dass du mir die Briefe vorenthalten hast." erklärte Philippe und lächelte schief. "Aber ich kanns nicht. Nenn mich einen Tor, aber ich kann dir einfach nicht zürnen ..." Philippe seufzte leise.

Robert seufzte ebenfalls. "Ich weiß das, Philippe. Und das war das Problem...Sie hat dich eben nicht vergessen, aber es wäre besser für euch beide gewesen, hätte sie es getan. Sie war verheiratet, Phil. und du hättest ewig auf sie gewartet. Du wärst nie so glücklich geworden, wie du es jetzt mit Amélie bist. Es tut mir leid, weil ich dich enttäuscht habe, aber ich bereue es nicht, weil ich dich jeden Tag mit Amélie und den Kindern glücklich sehe.", erklärte er leise.
"Es wäre Verschwendung gewesen, du bist so ein toller Vater." Er schaute Philippe mit etwas Erleichterung an. "Ich bin froh, dass du das nicht tust. Ich glaube, ich würde zugrunde gehen, würdest du mich hassen. Ich brauche dich...Und ich denke, du kannst zumindest verstehen, warum ich so gehandelt habe."

Philippe schüttelte den Kopf. "Nicht ewig. Nur bis letzten Sommer." erwiderte er und grinste matt. Wäre er unverheiratet gewesen, wäre er sofort zu Marguerite zurück gekehrt als Henry gestorben war. So aber lagen die Dinge anders und er hatte sich für Amelié entschieden. Und für seine Kinder, die er über alles liebte.
Philippe streckte die Beine aus und schnitt eine Grimasse. "Robert, du warst eine halbe Ewigkeit nicht hier und du ahnst nicht, wie furchtbar ich mich in der Zeit gefühlt habe. Jetzt bist du endlich zurück ... das letzte was ich will, ist mich mit dir zu überwerfen." entgegnete er. Nachdenklich sah er auf die Briefe hinab, dann griff er nach ihnen und verstaute sie unter seinem Wams, um sie mitzunehmen.
"Lass uns morgen mit Vater reden, hm? Ich habe da immerhin noch einen Eid zu schwören." Philippe lächelte leicht und hob seinen Becher.

Robert atmete tief durch. "Das ist gut...das ist wirklich gut. Du bist doch mein Bruder und wir Beide müssen immer zusammen halten. Egal, was passiert."
Er lächelte leicht und seine Augen leuchteten dankbar. "Wenn du das immer noch möchtest, sehr gerne...Lass uns morgen mit Vater reden. Oh, ich bin so froh...endlich geht alles seinen Weg. Wir sind frei, Phil, alle Beide. Wirklich frei..."
Auch er hob seinen Becher und proteste Phil zu, trank einen tiefen Schluck. Endlich ging sein Leben wieder geregelte Bahnen, das wurde auch Zeit.

Philippe hatte noch etwas Zeit bei Robert verbracht, noch etwas mit ihm getrunken und sie hatten ein paar Pläne geschmiedet. Doch letztlich zog es ihn nach Hause, also verabschiedete Philippe sich und machte sich auf den Heimweg - die Briefe gut verstaut unter seinem Wams.
Er betrat wenig später das Haus in der Vorburg und atmete tief durch - es roch bereits herrlich nach Essen und unweigerlich knurrte Philippes Magen ein wenig.
"Hm, es riecht bereits köstlich." stellte er zufrieden fest, trat neben Amelié und legte einen Arm um ihre Taille.

Amelie hatte sich gerade an die letzten Vorbereitungen für das Abendessen gemacht, als ihr Mann heim kehrte. Sie sah ihm bereits an, dass das Gespräch nicht so schlecht gelaufen war und das erleichterte sie durchaus.
Sie lehnte sich leicht an ihn. "Ich bin sicher, es schmeckt auch so." Sanft strich sie über seinen Bauch. "Und du scheinst Hunger zu haben, mein Liebster. Es ist gleich fertig. Wie lief dein Gespräch mit Robert, hm? Alles geklärt? Du wirkst gar nicht so unglücklich."

"Oh, das glaube ich auch. Ich schätze, du kannst gar nichts kochen, was nicht hervorragend schmeckt." bemerkte Philippe und grinste ein wenig schuldbewusst. "Einen Bärenhunger." gestand er und hauchte Amelié einen Kuss auf die Stirn. "Aber zum Glück hat meine reizende Gemahlin ja wieder etwas leckeres gezaubert."
Philippe nickte langsam. "Ganz gut, wir haben uns ausgesprochen und morgen werden wir zu Vater gehen, damit ich Robert meinen Treueid leisten kann." erklärte er. "Ich weiß ja, dass Robert es nur gut gemeint hat. Es hat mich nur zunächst so unglaublich wütend gemacht. Aber ich kann ihm gegenüber keinen wirklichen Groll hegen, es geht einfach nicht." Philippe zuckte leicht mit den Schultern. "Aber Robert hat mir wie versprochen Marguerites Briefe gegeben." Er löste einen Arm von Amelié und holte die Briefe unter seinem Wams hervor. "Drei Stück hat sie mir geschrieben." murmelte Philippe als er die Briefe, deren Siegel bisher noch immer unversehrt waren, in der Hand hielt.

Amélie grinste zurück. "Das freut mich zu hören. Nun, wenn du schon solchen Hunger hast, dann deck doch einmal denn Tisch. Dann können wir direkt essen, sobald es fertig ist."
Sie fühlte sich geschmeichelt, dass Philippe ihr Essen so liebte. Sie hatte sich nach und nach viele Dinge angeeignet und inzwischen kochte sie recht gern.
Sie lauschte seinen Worten und nickte. "Das ist gut. Das freut ich. Es wird das Beste sein, so." Neugierig sah sie auf, als er die Briefe hervor holte.
"Du hast sie noch nicht geöffnet und gelesen? Drei Briefe also...nun, sie werden wohl nicht viel ändern."

Philippe nickte mit einem schelmischen Grinsen auf den Lippen. "Wird gleich erledigt, Mylady. Beehren unsere Kinder uns denn auch zum Essen?" Es würde ihn nicht wundern, wenn Claire heute Nacht auf der Burg schlief, das tat sie ab und an, wenn sie ohnehin zum Spielen dort war und die Mädchen sich wieder einmal nicht trennen konnten. Aber hinter Sebastién würde er vermutlich wieder einmal her laufen dürfen, weil der Junge die Zeit mit allergrößter Vorliebe vergaß und regelmäßig zu spät nach Hause kam.
Philippe schüttelte den Kopf. "Ich wollte sie nicht unbedingt in Roberts Anwesenheit lesen." erwiderte er und drehte die Briefe langsam in der Hand. "Das werden sie nicht und ich dachte ..." Philippe sah Amelié mit ernster Miene an und holte tief Luft. "Lass sie uns verbrennen." erklärte er entschieden.
Philippe hatte darauf gebrannt diese Briefe zu lesen seit Marguerite ihm davon erzählt hatte. Doch als er heute nach Hause gekommen und Amelié in die Arme geschlossen hatte, war ihm klar geworden, dass diese Briefe keine Rolle mehr spielten.
Und dieses Mal wollte er selbst eine Entscheidung treffen. Eine Entscheidung mit der er endgültig mit dem Kapitel Marguerite abschließen konnte.

Amélie lachte leise. "Hast du wirklich Hoffnung? Ich glaube, Claire wird heute Nacht bei Josie bleiben. Sie lässt sich von Diana und Isaac ohnehin nicht trennen. Und ich glaube, Sébastien ist auch dort. Er hängt wieder mit Rob und Stephan zusammen. Vielleicht übernachtet er bei ihnen. Ich muss Josie morgen einmal fragen, ob ihr das nicht zu viel ist. Aber ich schätze, wir Beide können das Essen in Ruhe und Zweisamkeit genießen. Charlotte habe ich vorhin gestillt, sie schläft wieder."
Amélie seufzte leise. "Ja, ich denke, das kann ich verstehen. Es ist sehr persönlich." Im nächsten Moment fiel ihr beinahe der Kochlöffel aus der Hand und sie drehte sich hastig zu Philippe um.
"Du willst was? Du willst sie verbrennen? Aber...warum? Ich dachte, es bedeutet dir so viel sie zu lesen."

Philippe lachte. "Eher nicht. Dann hole ich die Kleine morgen früh ab. Vielleicht bringe ich zur Abwechslung dann einmal Diana und Isaac mit her, damit Josie und Robert ein wenig Ruhe haben." Philippe seufzte theatralisch. "Natürlich, ich hätte es mir denken können, der Bengel kann hier ja ohnehin keine fünf Minuten still sitzen." Im nächsten Moment huschte jedoch ein Lächeln über seine Lippen. "Aber eigentlich nur gut, wenn er so viel mit Rob unternimmt. Es würde mich freuen, wenn die zwei ein so gutes Verhältnis zueinander entwickeln, wie Robert und ich es haben."
Wäre es nicht ein so ernstes Thema gewesen, hätte Philippe vermutlich lachen müssen als Amelié so überrascht zu ihm herum fuhr. So sah er sie jedoch nur mit ernster Miene an und nickte. "Ja, ich will sie verbrennen." bestätigte er. "Ich dachte, es würde mir viel bedeuten. Als ich von den Briefen erfahren habe, wollte ich unbedingt wissen, was sie geschrieben hat. Ich wollte es lesen und mich wenigstens für einen Moment dem Gedanken hingeben, dass sie mich doch nicht einfach hat fallen lassen. Aber dann ... dann ist mir klar geworden, dass ich diese Briefe nicht brauche. Ich muss sie nicht lesen, ich will sie gar nicht lesen. Als ich wieder hier war und dich in die Arme schließen konnte, wurde mir wieder bewusst, dass ich mein Glück doch bereits gefunden habe. Hier. Mit dir. Mit den Kindern. Ich will endlich mit Marguerite abschließen und es ist mir egal, was in den Briefen steht, weil nur wichtig ist, dass du bei mir bist Amelié. Du bist die Frau mit der ich den Rest meines Lebens verbringen will und ich bin Robert in Wahrheit sehr dankbar dafür, dass er mir diese Briefe nicht gegeben hat, sondern mich stattdessen dazu überredet hat, dich kennen zu lernen. Weil du diejenige bist, die Gott für mich vorher bestimmt hat. Du und nicht Marguerite. Und deshalb sind diese Briefe und ihr Inhalt bedeutungslos."

"Das ist eine gute Idee. Dann genießen wir heute Abend unsere Zeit allein. Sébastien wäre ohnehin bald nach dem Essen wieder verschwunden, er hat einfach keine Ruhe. Aber das gibt sich...Und ich bin einmal gespannt, ob Rob und er wirklich so aneinander hängen werden."
Amélie sah ihn sanft an und ihre Augen wurden feucht. Oh, mein Liebling...du bist so süß. Das...das hätte ich nie erwartet."
Dass sie wirklich einmal gegen Marguerite gewann. Dass er sich bewusst gegen die Königin und für sie entschied, bedeutete ihr so unendlich viel."Ich liebe dich, Phil, mehr als ich je einen Menschen lieben könnte außer dir und ich bin so gerne deine Frau und die Mutter deiner Kinder."
Und endlich würden die Schatten der Vergangenheit hinter ihnen zurück bleiben.

Philippe nickte. "Wir werden sehen. Und wenn sie es nicht tun, ist das auch in Ordnung, sie werden schon ihren Weg finden."
Als er die Tränen in Ameliés Augen schimmern sah, wurde Philippe warm ums Herz und er wusste, dass er sich richtig entschieden hatte. "Da siehst du mal, ich bin ab und an noch für Überraschungen gut." murmelte er leise und strich Amelié über die Wange. "Ich liebe dich auch. Mehr als alles andere und ich bin so glücklich, dass du es all die Zeit mit mir ausgehalten hast. Besonders die Anfangszeit, die ich dir ja wahrlich nicht leicht gemacht habe."
Philippe küsste Amelié liebevoll, dann zog er sie den letzten Schritt zum Herdfeuer hinüber. "Komm, ich denke, der Eintopf kann es vertragen, wenn wir ihm noch etwas einheizen, hm?" Er lächelte und legte einen Arm um Ameliés Taille, um sie dicht an sich zu ziehen, ehe er die Briefe vorsichtig in das kleine Feuer warf.

Amélie lächelte und gab ihm einen sanften Kuss. "Das bist du wirklich...und das wusste ich von Anfang an, deshalb habe ich es auch so leicht mit dir ausgehalten. Ich habe mich ziemlich in dich verliebt, schon von Anfang an. Und ich bin so froh diesen Weg mit dir gegangen zu sein."
Sie ließ sich von ihm mit zum Feuer ziehen und beobachtete ganz genau, wie er die Briefe wirklich ins Feuer war. Die Flammen leckten an dem alten Pergament und zerfraßen das Wachssiegel. Die Tinte zeigte sich kurz, dann verbrannte das Feuer alles zu Asche. Dahin war dies Zeugnis der Vergangenheit und es war gut...
"Was für ein Symbol..."

"Du bist immer so gut zu mir." bemerkte Philippe amüsiert. Amelié war schon immer davon überzeugt gewesen, dass hinter der rauen Schale, die er ihr gezeigt hatte, ein weicher Kern steckte und sie hatte ja absolut recht gehabt. Und vor allem hatte sie es Philippe leicht gemacht sich zu öffnen. Sie hatte ihm so viel gegeben, es war nur richtig, dass er ihr endlich einmal bewies, wie wichtig sie ihm war.
Nachdem er die Briefe ins Feuer geworfen hatte, legte Philippe wieder beide Arme um Amelié und beobachtete über ihre Schulter hinweg, wie das Feuer die Schriftstücke verzehrte. Und zu seiner Erleichterung verspürte er kein Bedauern, wie er es insgeheim befürchtet hatte, sondern war erleichtert. Erleichtert und zufrieden.
"Das ist es." stimmte er leise zu, legte eine Hand an Ameliés Wange und küsste sie liebevoll. "Und ein Moment, den ich unbedingt mit dir teilen wollte." Er hätte die Briefe auch direkt vor Roberts Augen vernichten können oder sie unterwegs irgendwo entsorgen können, doch er hatte es mit Amelié gemeinsam tun wollen. Das war ihm an der Sache ungemein wichtig gewesen.

"Das bin ich...weil ich dich liebe." Amélie schmiegte sich an ihren Mann und gemeinsam betrachteten sie schweigend, wie die Briefe verbrannten. sie beobachtete Philippe ganz genau, doch nichts in ihm sagte, dass er das hier bereute. Dass er die Briefe nicht gelesen hatte. Nun war es eine endgültige Entscheidung und Amélie war so stolz auf ihren Liebste.
"Danke, mein Liebster...", flüsterte sie und küsste ihn sanft. "Für all die schönen Momente an deiner Seite...", sagte sie leise lächelnd.
Endlich war wirklich einmal alles gut.

Philippe hatte eine berauschende Nacht hinter sich, in der er zwar nur wenig Schlaf gefunden hatte, dafür aber mehr als reichlich Vergnügen mit seiner Frau und daher war er heute überaus guter Laune. Er hatte nach dem Frühstück Claire und Sebastién bei Josephine abgeholt und den gesamten Vormittag seiner Familie gewidmet, doch nun war er aber wieder auf dem Weg zur Burg, um Robert aufzusuchen.
Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen klopfte er an die Tür zu der kleinen Kammer in der Robert sich ein Arbeitszimmer eingerichtet hatte. Als von drinnen Antwort kam, schlüpfte Philippe hinein und schloss die Tür hinter sich. "So, Bruderherz, da bin ich. Wie sieht es aus, bist du bereit?" fragte Philippe grinsend.
Seit er gestern Abend mit Amelié zusammen die Briefe verbrannt hatte, fühlte er sich eigentümlich frei. So als wären mit den Briefen auch all die düsteren Schatten endgültig von seiner Seele verschwunden. Es war ein herrliches Gefühl und wenn er nun Robert noch den Eid geleistet hatte, wäre alles perfekt.

Robert hatte den Abend mit seiner Frau genossen, obwohl die Kinder Besuch von Phils Kindern gehabt hatten. Es störte ihn nicht, wenn seine Gemächer voll waren, dann war auch Leben darin. Nun hatte er ein paar Stunden gearbeitet, als es klopfte und Phil herein kam. Natürlich, sie waren verabredet gewesen!
"Phil...du siehst müde aus, aber ziemlich glücklich. Habe ich etwas verpasst? Ist deine Frau dafür verantwortlich?"
Er lächelte leicht. "Ja, dafür bin ich immer bereit. Ich bin immer noch völlig überrascht, dass du ausgerechnet mir einen Eid leisten willst. Sollen wir zu Vater gehen?"

Philippe fuhr sich über das Kinn und grinste breit. "Hm, das ist sie. Wir haben uns beide ein wenig vom Schlafen abgehalten." erklärte er zufrieden. "Ich denke, wir haben gestern eine Art Neuanfang gehabt. Das musste gebührend gefeiert werden."
Lachend klopfte er Robert auf die Schulter. "Ich auch, ich muss verrückt gewesen sein als ich das entschieden habe." spöttelte er, lächelte dann aber sachte. "Es ist doch die einzig logische Konsequenz, Robert, denkst du nicht? Wieso sollte ich zu irgendwem anders laufen, wenn ich doch eigentlich ohnehin an deiner Seite sein will?" Philippe wandte sich schmunzelnd zur Tür. "Ich schätze, unser alter Herr wird mehr als zufrieden sein. Insgeheim hat er doch sicher die ganze Zeit über nur auf diesen Tag gewartet."

Robert grinste zurück. "Das klingt doch ausgezeichnet. Aber eine Art Neuanfang? Was hat diesen denn ausgelöst? Aber es freut mich wirklich so für euch, dass ihr so glücklich seid." Er hatte schon Anderes befürchtet wegen dieser dämlichen Briefe.
Er nickte langsam. "Ja, du hast ja Recht. Und ich bin auch sehr sehr froh, dass du es tun willst. Es ist ein großartiges Gefühl, dass du mir so vertraust."
Er legte kurz den Arm um Philippe. "Das hat er ganz sicher. Er hat es sich ausgerechnet, als er beschlossen hat, dass wir gemeinsam Unterricht bekommen. Weiß er schon von deinem Vorhaben?", fragte er leise, als er Phil zur Tür folgte.

Philippes Augen funkelten amüsiert als er Robert ansah. "Ob du es glaubst oder nicht, Marguerites Briefe haben diesen Neuanfang ausgelöst." erklärte er und schwieg einen kurzen Moment. "Ich habe sie gestern bei uns zu Hause verbrannt ... ohne sie zu lesen." Bei der Erinnerung an diesen Augenblick wurde Philippe seltsam warm ums Herz. Er hatte sich Amelié in dem Moment so unglaublich nahe gefühlt wie noch nie zuvor als sie gemeinsam vor dem Feuer gestanden und dabei zugesehen hatten, wie die Briefe in Flammen aufgingen.
Philippe lächelte. "Du hast es dir verdient, Robert. Du hast mir oft genug bewiesen, dass es nur richtig ist mein Vertrauen in dich zu setzen. Und nein, er weiß es noch nicht. Aber vermutlich ahnt er es bereits seit wir nach London geritten sind, um Marguerite zu bitten mich von meinem Eid zu lösen."

Roberts Augen weiteten sich ungläubig. "Du hast was getan? Du hast sie...verbrannt? Und nicht gelesen? Aber wieso? Du hast dich doch so darauf gefreut sie zu lesen, sie waren dir so wichtig. Und du warst so wütend, weil ich sie dir nicht gegeben habe...das hat mich die halbe Nacht den Schlaf gekostet. Was hat Amélie dazu gesagt? Sie war aber nicht sauer, oder?"
Vor der Tür ihres Vaters hielt Robert kurz inne. "Trotzdem bedeutet es mir sehr viel, Bruder. Gerade bei dir....weil wir uns so lange kennen. Nun denn...lass ihn uns mal einweihen.", sagte er und klopfte an die Tür des Arbeitszimmers seines Vaters.