William und Joanna - ab 1183 bis 1184

"Hm, mir scheint eher, als würdet Ihr mich unterschätzen. Aber sei's drum, die Zukunft wird zeigen, wer von uns Recht behält, nicht wahr?" erwiderte Richard.
Er ballte die Hand zur Faust und mahnte sich zur Ruhe. Er durfte sich von seinem Vater wegen dieser Sache nicht aus der Reserve locken lassen. "Meine Männer sind mir treu ergeben, sie werden mir folgen, unter allen Umständen. Außerdem werden sie diese absurde Lüge nicht glauben, wenn Ihr versucht sie zu verbreiten." erklärte Richard möglichst entschlossen. "Aber davon abgesehen, bin ich nicht darauf aus einen Krieg anzufangen. Über wen soll ich später herrschen, wenn ich dafür sorge, dass sich die Bevölkerung unseres Landes gegenseitig umbringt? Ein König braucht schließlich ein Volk, sonst hilft ihm auch eine hübsche Krone nichts."

"Abwarten..." Henry sah Richards Aufgewühltheit und ahnte, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte. Ausgezeichnet....Offenbar steckte mehr Wahrheitin diesen ganzen Informationen, als er selbst für möglich gehalten hatte.
"Wie du meinst...Doch glaube mir, allein diese Gerüchte im richtigen Ausmaß werden deinem Ansehen schaden. Doch solange du keinen Krieg anzettelst, behalte deine schmutzigen Geheimnisse meinetwegen für dich."
Er lächelte spöttisch. "Recht hast du wohl, aber wir werden ja noch sehen, wer nach meinem Tod die Krone tragen wird." Richard würde es nicht unbedingt sein, wenn es nach ihm ging.

Rob saß auf dem Zaun, der die Stutenkoppeln eingrenzte und ließ die Beine baumeln. Die Sonne schien und es war schon durchaus angenehm hier draußen. Ganz davon abgesehen, dass besonders jetzt hier an den Stutenkoppeln der spannendste Platz in ganz Truro war, wenn es nach Rob ging. Die Fohlzeit hatte begonnen und die ersten Fohlen waren bereits auf die Welt gekommen und wagten nun an der Seite ihrer Mütter ihre teilweise noch wackeligen Schritte, begannen langsam zu toben und erkundeten neugierig die Umgebung. Ein wirklich friedliches Bild an dem Rob sich immer stundenlang erfreuen konnte.
Eins der Fohlen war auf ihn aufmerksam geworden und kam gutmütig auf ihn zugetrottet, streckte ihm die Nase entgegen und ließ sich dann von Rob am Schopf kraulen. Es war ein kleines Stutfohlen und Rob war überrascht, wie ähnlich es seinem heißgeliebten MacGrey sah. Der junge Schimmel war nun schon zwei Jahre alt und deutlich gewachsen, aber als Fohlen hatte er fast genauso ausgesehen, wie die kleine Stute vor ihm.
Rob lächelte und blies dem Fohlen sanft in die Nüstern. "Du bist so ein richtiger kleiner Naseweiß, hm?" murmelte er gedankenverloren.

Robert hatte noch ein Versprechen einzulösen und heute war seiner Meinung nach der rechte Tag dafür. So hatte er sich auf die Suche nach seinem Sohn gemacht und wie erwartet fand er ihn beiden Pferden, wo er den Nachwuchs dieses Jahres beobachtete und mit einem der Fohlen kuschelte.
Lächelnd lehnte er sich neben Rob an den Zaun.
"Sie sind prächtig, nicht wahr? Und deine kleine Freundin hier wird einmal ein feuriges Temperament haben, schätze ich, wenn man sich ihre Geschwister anschaut." Die Nachzuchten der maurischen Pferde waren alle sehr verlässlich, aber eben auch ziemlich temperamentvoll, was den Umgang nicht immer so einfach machte.
"Was meinst du, wollen wir sie wieder ihrer Mutter überlassen und du kommst mit mir? Ich will dir etwas zeigen."

Rob sah auf als sein Vater neben ihn an den Zaun trat und lächelte. "Das sind sie. Ich finde sie sind alle hervorragend geworden und die restlichen Fohlen werden bestimmt genauso." erklärte er voller Überzeugung. Er liebte die Pferde unglaublich und wann immer er durfte und Zeit dafür fand, verbrachte er Zeit in den Stallungen oder auf den Koppeln, um bei den Pferden zu sein.
"Sie sind temperamentvoll, aber wenn man sie einmal von sich überzeugt hat, könnte man kein besseres Pferd haben." Rob wies auf die kleine Stute, die ihren Kopf vertrauensvoll auf seinem Knie abgelegt hatte. "Sieh sie dir einmal an, als könnte sie kein Wässerchen trügen ..."
Überrascht sah er von dem Fohlen wieder zurück zu seinem Vater und nickte dann. "Na gut. Aber wird es lange dauern? Ich wollte noch zu MacGrey ..." erklärte er ein wenig hin und her gerissen, zwischen der Neugierde die sein Vater gerade in ihm geweckt hatte und dem Wunsch danach, seinen kleinen Schimmel noch zu besuchen.
Trotzdem schob Rob vorsichtig den Fohlenkopf bei Seite und rutschte vom Zaun, um seinen Vater begleiten zu können.

"Ja, das finde ich auch. Die maurischen Pferde bringen wirklich hervorragenden Nachwuchs hervor. Ich bin sicher, damit wird unsere Zucht noch ein wenig berühmter." Robert streckte die Hand aus und streichelte dem Stutfohlen flüchtig über den Schopf.
"Oh ja, sie wird einmal eine tapfere, kleine Stute werden. Ich schätze, wir werden sie behalten." Er musste lächeln. "Keine Sorge, allzu lange wirdes nicht dauern. Du kannst danach noch in Ruhe zu MacGrey." Er setzte sich in Bewegung, als sein Sohn ihm folgte und führte ihn zu einem kleinen freien Platz neben dem Stallgebäude.
"Mach die Augen zu, Rob. Ich habe eine Überraschung für dich.", erklärte er dann sanft und kehrte kurz darauf zurück. Er trug einen Lederhandschuh und auf seinem Arm saß ein hübscher graubraun gefiederter Falke.
"Und nun öffne sie wieder....", flüsterte er neben Robs Ohr.

Rob lächelte fast ein wenig stolz und nickte kräftig. "Oh ja, das wird sie bestimmt." erklärte er entschlossen. Er kletterte durch den Zaun und lief dann neben seinem Vater her. "Gut, er wartet nämlich bestimmt schon auf mich." Der junge Hengst, den sein Vater ihm geschenkt hatte, war Robs ein und alles und seit er wieder in Truro war, verbrachte er möglichst viel Zeit mit ihm.
Als sein Vater stehen blieb und ihn aufforderte die Augen zu schließen, runzelte Rob die Stirn, tat dann aber wie befohlen und schloss die Augen. "Eine Überraschung ..." murmelte er leise und spürte, wie sein Puls sich beschleunigte als sein Vater sich entfernte. Eine Überraschung konnte nur etwas furchtbar spannendes sein!
Möglichst geduldig wartete er bis sein Vater zurück kehrte und öffnete die Augen wieder. Verblüfft starrte er seinen Vater an, der nun einen dicken Lederhandschuh trug auf dem es sich ein prächtiger Falke bequem gemacht hatte. "Oh mein Gott." wisperte Rob leise und legte eine Hand vor den Mund. Am liebsten hätte er laut gejubelt, aber er hatte gelernt, dass Falken sehr empfindsame Tiere waren und er wollte diesen wunderschönen Vogel nicht verschrecken. "Ist ... ist der wirklich für mich?" fragte er ungläubig und streckte vorsichtig die Hand aus, um dem Vogel sachte über den Kopf zu streichen. Das Tier ließ es sich gefallen und beobachtete Rob aus aufmerksamen, wachen Augen.
Sein Vater hatte ihm dieses Geschenk versprochen, aber es kam Rob dennoch irgendwie unwirklich vor.
"Er ist wunderschön." bemerkte er andächtig.

Robert wartete sehr gespannt auf die Reaktion seines Sohnes. Er hatte unbedingt dabei mit ihm allein sein wollen, denn das war ein Moment, der ur sie Beide etwasanging. Rob war sein größter Stolz, auch wenn er alle seine Kinder sehr liebte. Rob enttäuschte ihn auch nicht, als er so vorsichtig mit dem Falken umging und behutsam das gänzende Gefieder streichelte.
"Er ist ganz allein für dich. Ich habe es dir schließlich verpsprochen.", erklärte er leise und lächelte breit. "Das ist er. Willst du ihn nehmen?" Er reichte Rob einen weiteren, etwas kleineren Handschuh und brachte den Falken dazu seinen Sitzplatz zu wechseln.
"Versprich mir, dass du gut auf ihn aufpasst und dass du vorsichtig bist. Er ist ein Raubvogel, vergiss das nicht. Ich werde dir am Anfang ein wenig helfen und dann wirst du dich allein um ihn kümmern. Wenn es ihm an etwas fehlt, wird das also dein Problem und deine Verantwortung sein."

Rob biss sich fest auf die Unterlippe, damit diese ja nicht zu beben begann, dann schlang er die Arme kurz, aber innig um seinen Vater und drückte einen Moment das Gesicht fest an dessen Oberkörper. Er schluckte schwer, dann hatte er sich wieder im Griff und als sein Vater einen zweiten Handschuh hervor zauberte, leuchteten Robs Augen noch mehr. "Ja, natürlich, gerne!" erklärte er eifrig, zog den Handschuh an und beobachtete aufmerksam, wie der Falke seinen Platz wechselte.
Völlig verzaubert von dem wunderschönen Vogel, starrte Rob seine neuste Errungenschaft an und konnte sein Glück kaum fassen. Er hatte nie daran gezweifelt, dass sein Vater nur eine leere Versprechung gemacht hatte, doch es war trotzdem etwas anderes, den Vogel jetzt tatsächlich zu haben.
"Ich verspreche es!" erklärte Rob feierlich und sah seinen Vater mit leuchtenden Augen an. "Es wird ihm nie an etwas fehlen, ich werde immer gut auf ihn aufpassen, versprochen." Rob lächelte glückselig. Dieser Moment bedeutete ihm wahnsinnig viel. Nicht nur wegen des Falken an sich, sondern auch, weil sein Vater ihm solch eine Aufgabe anvertraute.

Robert fuhr seinem Sohn mit der freien Hand durch das Haar, als dieser ihn umarmte und beobachtete dann, wie dieser mit dem Vogel auf seinem Arm umging. Rob wurde nicht hetisch, obwohl er sich freute. Das war wirklich gut und machte ihn stolz.
"Dann ist es gut. Duhast Verantwortung für ihn. Und denk daran, es ist für ihn viel mehr Belohnung, wenn du ihm ein Stück Fleisch gibst, als wenn du ihn streichelst. Auch, wenn ich denke, er wird sich auch das von dir gefallen lassen."
Das war ihm bei der Auswahl des Vogels äußerst wichtig gewesen, er wollte nicht, dass Rob verletzt wurde. Auch jetzt neigte der Falke nur huldvoll den Kopf, als Robert sanft über das Gefieder an der Brust streichelte und ließ ihn duldsam gewähren.
"Nun komm, wird Zeit, dass er sein neues Zuhause bezieht..."

Azeem

Azeem hatte sich im Schneidersitz unter einem der alten Bäume hier im Garten niedergelassen und versuchte ein wenig zur Ruhe zu kommen.
Er hatte den gesamten Winter damit verbracht mit Johns und Hals Hilfe den christlichen Glauben zu verstehen und in sein Herz zu lassen und nun war es soweit, für den morgigen Tag war seine Taufe geplant mit der er seinen Übertritt zum Christentum besiegelte.
Die Aussicht auf den morgigen Tag versetzte Azeem jedoch zusehend in Panik. Er wusste, dass er diesen Schritt tun musste, wenn er Cathie heiraten wollte und es war ihm deutlich weniger schwer gefallen sich zu diesem Glauben zu bekennen als er anfangs erwartet hatte, doch so kurz vor dem entscheidende Schritt plagten ihn dennoch Zweifel und eine eigentümlich Angst, die er nicht Recht in Worte fassen konnte.
Also hatte er sich ein ruhiges Plätzchen gesucht, um sich wieder in den Griff zu bekommen und versuchte sich ein wenig zu entspannen. Azeem schloss die Augen und atmete tief durch. Es war die richtige Entscheidung, immerhin hatte er sich für Cathie entschieden!

Cathie hatte geahnt, dass dieser Tag für Azeem nicht ganz einfach war. Es nahm ihn mit, dass er morgen diesen endgültigen Schritt tun würde und seinen Glauben für sie aufgab. Er hatte sich erstaunlich gut mit seinem neuen Glauben arrangiert und sie fand nicht, dass er unglücklich wikte. trotzdem stand ihm ein Einschnitt bevor. Es würde kein Zurück geben...
Sie fand ihn im Garten unter den Bäumen, einer seiner Lieblingsplätze, und setzte sich neben ihn. "Es macht dich unruhig , nicht wahr? Die Aussicht dich morgen taufen zu lassen. Ich will nicht, dass du dich dazu gezwungen fühlst. Wenn du noch nicht bereit bist, werden wir es meinem Vater und Hal sagen, Azeem. Sie werden es verstehen."
Sie strich sanft durch seine dunklen Locken. Insgeheim wünschte sie sich natürlich seine Taufe, damit sie endlich heiraten konnten, aber niemals würde sieihn dazu drängen.

Azeem

Azeem wusste, dass es Cathie war, die sich hier zu ihm setzte, doch erst als ihre Stimme erklang, schlug er die Augen wieder auf und sah sie an. Er seufzte leise und nickte. "Es ist solch ein großer Schritt." murmelte er leise, schüttelte dann aber entschieden den Kopf. "Nein, nein, wir werden es nicht absagen. Ich bin so bereit, wie ich es nur sein kann und ich will es hinter mich bringen, damit wir beide endlich heiraten können." erklärte Azeem entschieden, legte die Arme um Cathie und zog sie an sich.
"Ich bin vermutlich bibelfester als die meisten Christen, ich bin bereit für diesen Schritt. Trotzdem ist es seltsam. Es verschließt mir die Tür in meine Heimat, aber gleichzeitig öffnet sich die Tür hier auch nur ein wenig mehr. Ich bin und bleibe für die Menschen hier nun einmal der ungläubige Araber, daran wird meine Taufe vermutlich nicht viel ändern." erwiderte Azeem und küsste Cathie auf die Stirn. "Aber solange ich dich an meiner Seite habe, wird alles gut werden." murmelte er liebevoll.

Cathie nickte langsam und lehnte den Kopf an seine Schulter. "Ja, ich weiß. Es ist wirklich so schwierig für dich und eine Überwindung. Aber wir werden glücklich sein, Azeem, daran glaube ich fest."
Sie schmiegte sich dichter an Azeems Brust und schloss die Augen,lächelte. "Das bist du. Du wirst ein besserer Christ sein als viele von uns. Und weißt du, es gibt hier auch genug Menschen, die dich wirklich gern haben. Für mich wird es etwas ändern, glaub mir. Für mich kannst du dann ruhigen gewissens der Mann sein, den ich liebe."
Sie lächelte leicht. "Es ist wirklich der größte Liebesbeweis, den du machen kannst, dass du dich wirklich taufen lässt. Und...ich werde dir nicht von der Seite weichen."

Azeem

"Ja, das werden wir, da bin ich sicher." stimmte Azeem ihr zu und strich Cathie über die Wange. Noch vor nicht einmal einem Jahr hätte er jeden für verrückt erklärt, der gesagt hätte, dass er einmal seinem Glauben abschwören und zum Christentum konvertieren würde - und das alles für eine Frau.
Doch jetzt kam es ihm gar nicht mehr so verrückt vor.
Azeem grinste leicht. "Gut, wenn du mir nicht von der Seite weichst, dann laufe ich wenigstens nicht im letzten Moment doch noch davon." neckte er und spürte, wie die Anspannung sich durch Cathies Anwesenheit etwas löste. "Ich liebe dich, Cathie. So sehr ... ich kann es kaum in Worte fassen. Und wenn ich erst einmal meine Taufe hinter mir habe, können wir bald heiraten. Dann werde ich der glücklichste Mann auf Gottes schöner Erde sein, da bin ich sicher."

Cathie lächelte ihn an. "Du bist so ein mutiger Mann, du wirst nicht davon laufen. Und du lebst schon so lange hier, eswird den Meisten gar nicht auffallen, dass es nun einen Unterschied gibt zu vorher, glaub mir." Sie küsste ihn sanft auf die Wange.
"Ich liebe dich auch und ich bin so dankbar, dass du das hier für uns tust. Kaum jemand hätte es so ernsthaft gemacht. Bald sind wir verheiratet und dann ist alles gut, ich weiß es genau."
Sie griff nach seiner Hand und drückte sie leicht. "Mach dir nicht so viele Sorgen, lass es auf dich zukommen. Gott wird sehen, wir sehr du dich bemühst und uns unterstützen bei der gemeinsamen Zukunft. Na komm, lass uns einfach noch ein Stück gehen. Das lenkt dich ab."

Edward fuhr sich etwas ungeduldig durch die Haare und versuchte so, die wilden roten Locken etwas aus seiner Stirn heraus zu halten. Er hatte den Vormittag draußen verbracht, hatte am frühen Morgen selbst ein wenig trainiert und dann die Fortschritte seiner Männer ein wenig begutachtet. Er war zufrieden mit dem, was er gesehen hatte. Oxford blühte und er fühlte sich hier sichtlich wohl. Nicht zuletzt, weil er Julia an seiner Seite hatte und die Vorfreude auf ihr gemeinsames Kind immer größer wurde.
Deshalb hatte er auch beschlossen, sich ein wenig frisch zu machen und den Mittag gemeinsam mit Julia zu verbringen, er wollte die Zeit nutzen, die er zur Verfügung hatte.
Edward betrat die Gemächer, die er mit Julia teilte und sah sich suchend um. "Julia?" Vermutlich hatte sie sich nebenan ein wenig hingelegt ...

Julia hatte sich dieses Mal sehr auf die Schwangerschaft gefreut, denn zum ersten Mal musste sie sich keine Sorgen machen und konnte sich ausruhen, wann immer ihr danach war. Sie genoss das ruhige Leben mit ihren Kindern und mit Edward und es war tatsächlich die beste Zeit ihres bisherigen Lebens. Sie war einfach nur glücklich.
Doch in letzter Zeit machte die Schwangerschaft ihr mehr und mehr zu schaffen, erschöpfte sie ungewöhnlich viel. Sie hatte die Hebamme und den Arzt um Rat gefragt, die ihr jedoch nur viel Ruhe empfohlen hatten. Auch heute hatte ein leichtes Unwohlsein und etwas Bauchschmerzen sie dazu gebracht sich etwas hinzulegen. Normalerweise half das ausgezeichnet, aber nicht so heute....Heute wurde es irgendwie eher schlimmer.
Als sie Edwards Stimme hörte, richtete sie sich mühsam auf. "Ich bin hier...", machte sie sich bemerkbar und verzog das Gesicht, als wieder ein stechender Schmerz durch ihren Unterleib schoss.
"Du...du solltest vielleicht den Arzt holen."

Edward hörte Julias Stimme aus dem Nebenraum, doch noch bevor er über die Schwelle war, hörte er an ihrem Tonfall, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Eilig ging er nach nebenan, wo seine Frau im Bett lag und sich gerade ein wenig aufrichtete. "Einen Arzt?" wiederholte er und ließ sich neben Julia auf die Bettkante sinken. "Hast du Schmerzen?" fragte Edward, half Julia sich auf zu setzen und strich ihr besorgt über die Wange. Er spürte seinen Puls schneller werden.
Sie war ungewöhnlich blass und mit einem Mal breitete sich die Panik in ihm aus als Julia vor Schmerz das Gesicht verzog. Nein, nein, das durfte doch nicht sein, oder? Jetzt, da alles in Ordnung war, konnte die Schwangerschaft doch nicht so schief laufen?
Edward biss sich kurz auf die Zunge, dann erhob er sich rasch. "Ich lasse sofort nach ihm schicken. Ich bin gleich zurück." erklärte er entschlossen und hastete zur Tür, um einen der Diener herbei zu rufen und zum Arzt zu schicken. Vorsorglich ließ er auch gleich nach der Hebamme rufen und kehrte dann zu Julia zurück.
"Seit wann geht es dir schon so, Liebes?" fragte er leise als er wieder bei ihr saß und einen Arm um sie legte. "Möchtest du etwas trinken? Ein wenig Wasser vielleicht?"

Julia nickte stumm und schloss kurz die Augen, als er ihr über die Wange strich. "Bauchschmerzen...mir geht es nicht gut." Sie wartete, bis er zurückkehrte und atmete tief durch. "Seit ein paar Stunden, aber es wird schlimmer. Ich hatte es schon öfter, aber...meistens ist es fort, wenn ich mich eine Stunde hinlege. heute nicht..."
Sie biss sich auf die Unterlippe und schaute Edward ängstlich an. "Ich fürchte mich, Edward....ich glaube, ich blute." Sie hatte noch nie Probleme während einer Schwangerschaft gehabt, war immer eher robust gewesen, egal was Tom ihr zugemutet hatte. War das nun irgendeine späte Rache dafür? Sollte dieses Kind jetzt dafür büßen, dass sie nicht gut genug auf sich aufgepasst hatte?
"Ja...ein Schluck Wasser wäre ganz gut, glaube ich..." Ihre Finger zitterten leicht, dann stöhnte sie leise auf, als der Schmerz sie wieder erfasste. "Was passiert nur mit mir..."

Die Angst in Julias Blick schnürte Edward regelrecht die Kehle zu und er schloss seine Gemahlin sanft in die Arme, küsste sie auf die Stirn und strich ihr dann über die weichen Haare. "Sch sch, du musst keine Angst haben. Egal was es ist, es wird alles wieder in Ordnung kommen. Der Arzt ist schon auf dem Weg und die Hebamme habe ich vorsichtshalber auch rufen lassen. Das wird schon wieder, Liebes." murmelte Edward, wenngleich sich eine düstere Befürchtung in ihm breit machte. Aber wie konnte das sein? Wie konnte sie vier gesunde Kinder zur Welt bringen, während Tom sie schikaniert hatte und jetzt, da sie Ruhe hatte, sollte etwas schief gehen? Das konnte er nicht begreifen.
Edward nickte und holte ihr einen Becher mit Wasser, half Julia beim Trinken und stellte den Becher dann auf das kleine Tischchen neben dem Bett. "Ich weiß es nicht genau, aber es wird irgendetwas mit dem Kind sein." murmelte Edward und legte sachte eine Hand auf Julias runden Bauch. "Möglicherweise ..." er stockte und schluckte schwer, zwang sich zum Weitersprechen. "Möglicherweise hast du eine Fehlgeburt" murmelte er mit etwas rauer Stimme. "Aber selbst, wenn es so sein sollte ... es kommt alles wieder in Ordnung, glaub mir. Meine Mutter hatte auch einmal ein Kind verloren, meine Schwester Isabella ebenso ... beiden geht es gut, mach dir keine Gedanken, Liebes." redete Edward leise auf Julia ein.

Julia nickte langsam und lehnte den Kopf haltsuchend an Edwards Schulter. Sie wusste, es würde schlimm werden. Für ihn vielleicht noch mehr als für sie, weil er sie leiden sehen musste. Doch er würde nicht von ihrer Seite weichen, solange es ging. Als er die Hand auf ihren Bauch legte, kamen ihr dieTränen. Sie ahnte, dass er recht hatte, dass mit dem Kind etwas nicht stimmte. Sie wollte es nicht wahr haben., auch nicht, als Edward ihr die Möglichkeit so schonungslos darlegte. Das wollte sie gar nicht wissen.
"Möglich...aber ich wiill an so etwas jetzt nicht denken." Sie keuchte leise. "Ich hoffe, der Arzt kommt gleich. So schlimm war es noch nie."
Und als der Arzt und die Hebamme nahezu gleichzeitig eintrafen, verständigten die Beiden sich mit einem Blick. "Mylord, wir möchten Euch bitten draußen zu warten, damit wir in Ruhe arbeiten können. Wir werden unser Bestes geben..."

Erst bei Julias Worten wurde Edward bewusst, wie taktlos er gewesen war und beschämt senkte er den Blick. "Verzeih mir, ich hätte das nicht sagen sollen." murmelte er und strich Julia zärtlich über den Rücken. "Ich liebe dich, Julia." erklärte Edward leise. "Und ich bin bei dir, egal was passiert, wir schaffen das gemeinsam. Das haben wir doch immer, nicht wahr?" Er versuchte sich an einem Lächeln und hauchte einen Kuss auf ihre Wange. "Er wird sicher gleich kommen. Dann wird es besser."
Als der Arzt und die Hebamme eintrafen, beobachtete Edward genau, wie die beiden einen Blick tauschten und ihm wurde flau im Magen. Trotzdem schüttelte er energisch den Kopf. "Kommt nicht in Frage. Ich bleibe bei meiner Frau." erklärte Edward entschieden und drückte leicht Julias Hand, die er in seiner hielt. "Ich werde Euch schon nicht im Weg stehen und tut mir den Gefallen, diskutiert nicht mit mir darüber, sondern tut Eure Arbeit."

"Schon gut...." Julia schloss die Augen und drückte die Hand leicht auf ihren Bauch. Sie versuchte das Lächeln zu erwidern, scheiterte aber kläglich. "Ich liebe dich auch. Und ich weiß....wirschaffen alles zusammen. Haben wir immer..."
Auch als der Arzt kam, wurde es nicht wirklich besser. Nachdem sie sich geschlagen gegeben hatten, sodass Edward bleiben durfte, verschwamm Julias Wahrnehmung immer wieder. Ihre Welt schien wie in Watte gehüllt. Es schmerzte und egal, was der Arzt da versuchte, es schien nicht zu helfen. Sie hatte eher das Gefühl, das es immer schlimmer wurde. Ihr war heiß und kalt und sie konnte noch nicht einmal sagen, ob Edward noch ihre Hand hielt.
Sie hörte nicht, wie die Hebamme hektisch flüsterte: "Sie verliert viel zu viel Blut, wir müssen etwas tun!" Sie hörte garnichts mehr, bis sie in die Dunkelheit abtauchte.
Der Arzt wischte sich nervös den Schweiß von der Stirn. "Sie hat das Bewusstsein verloren." Er schaute Edward etwas geknickt an."Mylord, ich weiß nicht, ob wir sie retten können."

Edward nickte. "Das haben wir immer und so wird es auch weiterhin sein, glaub mir. Gemeinsam sind wir stark, es wird alles gut." wisperte Edward leise.
Er musste dem Arzt und der Hebamme weitestgehend das Feld überlassen, wich jedoch nicht von Julias Seite und als sie schließlich das Bewusstsein verlor, stütze er sie sanft, strich ihr über die schweißnasse Stirn und betete zu Gott, er möge ihnen beiden helfen.
Edward sah den Arzt mit verengten Augen an. "Es wäre besser für Euch, wenn Ihr es tut, Doktor." erklärte er mit schneidender Stimme. Er wollte gar nicht daran denken, dass er Julia möglicherweise verlieren konnte.
Edward zögerte einen Moment, dann sah er den Mann wieder an. "Schickt meinen Knappen herein, sofort." Er wollte um keinen Preis der Welt von Julias Seite weichen, aber Eric musste seinen Vater holen. Wenn jemand Julia helfen konnte, dann war es John.