William und Joanna - 1188 bis 1189

Edmund

Edmund lächelte zufrieden. "Ich danke Euch für dieses Entgegenkommen. Ihr seid mir schließlich keinerlei Rechenschaft schuldig." Aber James hatte Recht. Es war schwierig, weil es von der Gesellschaft und der Kirche so geächtet wurde. Es erforderte ein Umdenken, ein Überwinden der schon als Kind gelernten Grenzen des Anstandes. James war allerdings alles, aber sicher kein verachtenswerter Mensch. Und Gott würde schon für einen Fall sorgen, wenn er es missbilligte.
Er erwiderte das Grinsen. Vermutlich ist es so. Er misst nicht mit zweierlei Maß. Er hat sich genommen, was er wollte. Darum verurteilt er auch Andere, die das tun, nur mit äußerster Vorsicht. Er ist wie wir der Meinung, dass nur Gott richtet und kein Mensch. Aber ich hätte trotzdem nicht gedacht, dass er das so leicht nimmt."
Sein Vater hatte immer so viel für James übrig gehabt. Edmund erhob sich. "Nun, dann....werde ich Euch nicht weiter stören..." Er grinste breit. "Bei was auch immer..." Er verneigte sich und trat den Rückzug an.

James schnitt eine kleine Grimasse. "Nun, 'leicht' hat er es auch nicht unbedingt genommen. Anfangs hatte ich wirklich Angst, er würde kein Wort mehr mit mir reden, aber letztlich hat er sich doch noch gnädig gezeigt."
Als Edmund sich erhob, tat James es ihm gleich und setzte zu einem Nicken an, erstarrte jedoch mitten in der Bewegung und wurde ein wenig blass. "Offensichtlich hat diese neue Erkenntnis dich nicht um deine Unverschämtheit gebracht." bemerkte er, nahm seinen Worten aber mit einem schiefen Grinsen die Schärfe.
Als die Tür hinter Edmund zugefallen war, hielt James sich einen Moment lang an der Tischkante fest, dann ließ er sich mit weichen Knien wieder auf den Stuhl sinken. "Großer Gott ..." murmelte er leise und griff nach der Weinkaraffe um sich etwas einzuschenken. "Ich hätte es nicht ertragen, wenn der Bengel mir gram gewesen wäre." stellte er leise fest, ein wenig überrascht davon wie sehr ihm Edmund schon ans Herz gewachsen war.

Alan lachte leise, als Edmund das Zimmer verließ und verschränkte die Arme vor der Brust. "Wenn er dir gram gewesen wäre, wäre er auch nicht der Junge, der dir so am Herzen liegt, Jamie.", erklärte er ein wenig erleichtert.
"Aber ich weiß, was du meinst. Ich bin auch froh, dass er es so locker genommen hat. Allerdings dürfen wir nicht mehr so unvorsichtig sein. Es hätte auch jemand anders hinein kommen können, dann hätte es nicht so geendet."
Er ging zur Tür hinüber und schob den Riegel vor.
"Schade, dass wir unterbrochen wurden..." Er hatte es wirklich kaum erwarten können.

James sah zu Alan auf und nickte bedächtig. "Da hast du allerdings Recht. Trotzdem war ich mir nicht sicher ... hin und wieder soll es ja durchaus vorkommen, dass man sich in Menschen täuscht und unser Geheimnis ist ja keine Kleinigkeit." erwiderte er. Dann nahm er einen großen Schluck aus seinem Becher und seufzte leise. "Wahrlich. Man könnte meinen, dass wir mittlerweile etwas gelernt hätten ..." James schüttelte den Kopf. Sicher, er wusste es besser als die Tür unverschlossen zu lassen, aber wenn die Lust sie beide überkam war es nicht immer leicht noch vernünftig zu denken.
James beobachtete wie Alan die Tür verriegelte und zog die Augenbrauen in die Höhe. "Ist das dein Ernst? Du kannst einfach so wieder weiter machen?" James' Stimme enthielt eine Mischung aus Verblüffung und Belustigung.

"Das soll es wohl, aber bei Johns Sohn konnte ich es mir kaum vorstellen. Edmund ist ein offener Mensch. Sicher wird er noch ein bisschen darüber nachdenken, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er seine Meinung noch ändert."
Alan lächelte leicht. "Ja, wir sollten aus unseren Fehlern lernen, aber manchmal bin ich einfach zu...abgelenkt von deiner Anwesenheit um noch nachdenken zu können. Wir sollten uns nun wirklich in Zukunft etwas zurücknehmen."
Er lachte auf und musterte James schief. "Nicht direkt. Aber ich wollte schon einmal vorsorgen. Ich habe nicht vor, dich den restlichen Tag deiner Arbeit zu überlassen. Früher oder später werde ich meine Finger nicht mehr bei mir behalten können."

James lachte leise und erhob sich wieder. "Na dann bin ich ja beruhigt. Aber gut, dass du schon einmal vorsorgst. Noch so ein Erlebnis brauche ich heute nicht mehr." bemerkte er, trat zu Alan und legte die Arme um dessen Taille. "Wie wäre es, wenn du mir zeigst, was du heute alles so gemalt hast, hm? Das wäre doch ein netter Zeitvertreib bis es soweit ist und du deine Finger nicht mehr bei dir behalten kannst." schlug James sanft vor.
Er freute sich immer darüber, Alans Werke begutachten zu können. Einmal weil die Bilder einfach fantastisch waren, zum anderen aber vor allem auch, weil er es liebte, wie Alans Augen leuchtete, sobald er die Bilder hervor holte und James von ihrer Entstehung berichtete.

Richard hatte die Gelegenheit genutzt, dass der Earl of Oxford nach der Krönung noch bei Hofe geblieben war und hatte nach seinem Schwager geschickt. Er hatte zu Edward keinen allzu guten Draht, allein schon, weil dieser Henry so tief ergeben gewesen war.
Doch nun ging es an die Vorbereitungen des Kreuzzuges und er wollte langsam planen, wer ihn begleiten würde. Es war eine gute Möglichkeit Loyalitäten zu festigen und möglicherweise würde es auch Edward enger an ihn binden.
Allerdings würde er niemanden zwingen ihn zu begleiten. Als der Diener ihm Edward ankündigte, bat er ihn herein.
"Ah, Schwager...kommt, setzt Euch. Wie geht es Eurer Gemahlin?"

Edward war mit seiner Familie pünktlich zur Krönung an den Hof gereist. Um Helene einen Gefallen zu tun, hatte er ihr vorher noch einige neue Kleider geschenkt, so dass sie mit hervorragender Garderobe in Westminster glänzen konnte. Und sie schien es am Hof durchaus zu genießen, ein Umstand, der auch Edward etwas langmütiger werden ließ. Henrys Verlust schmerzte noch immer fürchterlich und er grollte Richard noch ein wenig, doch letzten Endes war er Realist, dachte an seine Zukunft und die seiner Familie und daher hatte er keine Sekunde lang gezögert Richard den Eid zu leisten.
Trotzdem war er nicht wenig überrascht, dass Richard nun auf einmal nach ihm schickte. Edward hatte sich in den letzten Tagen wenn dann nur mit Beatrice unterhalten, Richard und er hatten so gut wie kein Wort gewechselt das über die höflichen Floskeln hinaus ging. Geschweige denn, dass sie sich unter vier Augen getroffen hätten.
Langsam trat Edward ein und ließ den Blick durch den Raum gleiten, ehe er vor Richard stehen blieb und sich verbeugte. "Danke, Sire." Er folgte Richards Aufforderung und ließ sich ihm gegenüber nieder, dann neigte er leicht den Kopf. "Ich habe noch keine Klagen gehört also scheint es ihr gut zu gehen." erwiderte er mit einem knappen Lächeln. "Sie genießt es einmal aus Oxford heraus zu kommen und ein paar Kontakte zu knüpfen." berichtete Edward.

Richard wartete, bis Edward der Aufforderung Folge geleistet hatte und lächelte kurz. "Das freut mich sehr zu hören. Auch Beatrice freut sich über die Gesellschaft Eurer Gemahlin, hörte ich von ihr. Ich bin froh über neue Freundschaften meiner Frau, so ist sie nicht so einsam, wenn ich zu tun habe. Aber welche Frau liebt es nicht, einmal aus dem Alltagstrott heraus zu kommen?"
Richard legte die Fingerspitzen zusammen und betrachtete Edward darüber hinweg. "Nun, wie Ihr wisst, werde ich bald ins Heilige Land aufbrechen. Dieses Vorhaben bedarf einer Menge Organisation im Vorfeld und ich muss nun anfangen zu klären, wer mich begleiten wird. Edward....was ist mit Euch? Lust auf ein kleines Abenteuer? Ich würde mich freuen, wenn Ihr mich begleiten würdet auf diesem Kreuzzug. Ich kann loyale Männer brauchen. Aber natürlich steht es Euch frei. Es gereicht Euch nicht zum Nachteil, solltet Ihr ablehnen."

Edward nickte langsam. "Ja, so ist es wohl." Zumal Helene ja oft genug ohne ihn in Oxford zurück blieb, da war es nicht verwunderlich, dass sie es genoss einmal nicht alleine dort zu bleiben, sondern mit an den Hof zu kommen.
Edward spannte sich unbewusst ein wenig an als Richard auf seinen Kreuzzug zu sprechen kam. Nun kam also der eigentliche Grund wieso er hier saß. Überrascht blinzelte Edward als Richard seine Frage stellte. Zugegebener Maßen hatte Edward nicht wirklich damit gerechnet. Sicher, Richard konnte jeden Mann für sein Vorhaben gebrauchen, aber vor allem brauchte er verlässliche Männer. Und dass Richard sich Edwards Loyalität vielleicht nicht uneingeschränkt sicher war, hätte ihn nun wenig überrascht.
"Ihr ... wollt, dass ich Euch auf Eurem Kreuzzug begleite?" fragte Edward verblüfft und lehnte sich ein wenig vor. "Ich muss gestehen, dass ich darüber bisher noch nicht nachgedacht habe." räumte er ein und runzelte leicht die Stirn. Das Heilige Land ... dieser Kreuzzug war ein besonderes Unterfangen. Gefährlich, aber auch mit der Möglichkeit zu unwahrscheinlichem Ruhm zu gelangen.
Edward schluckte leicht. Es würde bedeuten, dass er lange Zeit fort sein würde, sehr lange Zeit. Aber wann hätte er eine solche Chance noch einmal?
Edward wusste, dass er sich insgeheim schon entschieden hatte als er sich des Kribbeln in den Fingerspitzen bewusst wurde. Natürlich hatte er Lust auf ein kleines Abenteuer, was für eine Frage.

Richard erkannte die Überraschung auf Edwards Gesicht. Es würde sicher nicht schaden, die Bindung zwischen ihnen etwas zu stärken. Außerdem schätze er Edwards Standfestigkeit durchaus.
"Das möchte ich. Hört zu, Edward, ich weiß, wie treu Ihr meinem Vater geben wart. Ihr standet treu zu Eurem Eid an ihn. Ich weiß Treue zu schätzen. Nun habt Ihr ihn mir geleistet und ich hege die Hoffnung, dass ich Eure Loyalität in gleichem Maße zu wecken vermag. Zudem brauche ich auf dieser Reise Männer mit etwas Erfahrung und Männer, auf die ich mich verlassen kann. Diese Sache liegt mir sehr am Herzen und ich will meine ganze Kraft auf sie verwenden um Jerusalem zurück zu erobern. Ich würde mich freuen, wenn Ihr diese Herausforderung mit mir gemeinsam annehmt. Selbstverständlich dürft Ihr darüber nachdenken und mit Eurer Frau sprechen, ehe Ihr Euch entscheidet. Wenn Ihr diese Bedenkzeit braucht.", bot Richard lächelnd an.

Edward neigte leicht den Kopf. "Und ich stehe zu meinem Eid. Ihr werdet Euch immer auf mich verlassen können, Sire." Wenngleich Edward Zeit seines Lebens immer eine Menge Unsinn im Kopf hatte, er hatte schon früh gelernt, einen solchen Eid ernst zu nehmen und er würde Richard ebenso treu dienen wie zuvor seinem Vater.
Ein Lächeln huschte über Edwards Lippen als er leicht die Schultern hob. "Ich glaube, Bedenkzeit wird nicht nötig sein. Es wäre mir eine Ehre Euch zu begleiten, Sire." erklärte Edward entschlossen. Solch eine Gelegenheit würde er nie wieder bekommen und er wusste, dass er es bis an sein Lebensende bereuen würde, würde er zu Hause bleiben.
"Sagt, wie steht es mit meinem Bruder? Wird er Euch ebenfalls begleiten oder bleibt er hier?" Beides waren durchaus nahe liegende Optionen, daher war Edward wirklich neugierig, wenngleich er schon so eine Ahnung hatte wie die Antwort ausfallen würde. Zum einen, weil Robert sicher nicht erpicht darauf war Frau und Kinder lange zurück zu lassen und zum anderen, weil Richard zwar loyale Männer an seiner Seite brauchte, die treusten unter ihnen brauchte er jedoch hier - diejenigen, denen er sein großes Reich anvertrauen konnte während er weg war, denn Beatrice und ihre Schwiegermutter würden diese Last nicht alleine schultern können.

"Davon gehe ich aus. Ich weiß, dass Ihr ein Ehrenmann seid, wir kennen uns lange genug." Sie waren schließlich einige Zeit auch gemeinsam aufgewachsen.
Richard schenkte Edward ein strahlendes Lächeln. "Ein Mann schneller Entschlüsse, wundervoll!" Er breugte sich vor und klopfte Edward auf die Schulter. "Ich freue mich sehr. Nun, Ihr solltet sofort anfangen Eure Vorbereitungen zu treffen, ich will so bald wie möglich aufbrechen, nun, da hier die Lage geklärt und Ruhe eingekehrt ist."
Richard lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander.
"Robert und ich haben uns länger darüber unterhalten. Ihn zieht es nach dem letzten Jahr nicht in die Ferne und ich brauche treue Männer hier, die über mein Reich wachen. Also wird er Beatrice und meiner Mutter mit Rat und Tat zur Seite stehen und einen Großteil der Verwaltung übernehmen, solange ich fort bin. Und seien wir ehrlich, er ist kein Abenteurer wie wir Beide."

Das strahlende Lächeln, das sich auf Richards Gesicht ausbreitete, bereitete Edward ein eigentümliches Gefühl der Zufriedenheit. Es war offenkundig, dass das Lächeln ehrlich gemeint war, dass Richard sich aufrichtig über seine Zustimmung freute und Edward konnte gar nicht anders als sich seinem jungen König verbunden zu fühlen. Es wunderte ihn in diesem Moment weniger denn je, dass es Richard leicht fiel, die Menschen für sich zu gewinnen und sich Gefolgschaft zu sicher.
"Ich werde alles in die Wege leiten, Sire. Ich freue mich schon darauf." Und wenn er sich bei diesem Unternehmen bewies und Richard seine Fähigkeiten präsentierte, würde das seiner Position mehr als zuträglich sein.
Edward nickte bedächtig. "Das überrascht mit nicht. Mit Robert habt ihr hier den besten Mann, den ihr Euch für diese Aufgabe wünschen könntet. Und Ihr habt Recht, mein König, er ist für solch ein Unternehmen nicht wirklich geschaffen, er wäre todunglücklich, wenn er so lange fort müsste."

Richard lächelte in sich hinein. "Sehr gut, sehr gut... Mylord, seid doch so gut und schenkt uns einen Becher ein, damit wir auf unser Abenteuer anstoßen können." Früher hätte er das einfach selbst getan, aber das gehörte sich nun einfach nicht mehr. Daran hatte er sich selber erst gewöhnen müssen, es hatte sich Vieles geändert.
"Ja, das glaube ich auch. Ich schätze ihn sehr. Er hat mir schon sehr früh die Treue geschworen und sich immer an seinen Eid gehalten, auch in schwierigen Zeiten und auch, wenn er nicht immer mit meinem Handeln einverstanden ist. Er ist nicht bestechlich, sozusagen mein wandelndes Gewissen. Ich weiß England bei ihm in guten Händen. Er würde mir eingehen, würde ich ihn so lange von seiner Familie trennen. Das kann ich nicht zulassen."

Edward grinste und erhob sich dann, um Richards Bitte folge zu leisten. "Nur zu gern, mein König." Er trat an den Tisch, füllte zwei Becher mit dem funkelnden Rotwein und kehrte zurück. Einen Becher reichte er an Richard weiter, den zweiten behielt er selbst. "Auf Euer glorreiches Vorhaben, das Heilige Land von den Sarazenen zu befreien und es für die Christenheit zu sichern. Und auf England und seinen neuen König." Edward hob den Becher, um Richard zuzuprosten, dann trank er einen Schluck. Es war ganz hervorragender Wein, aber er hatte auch nichts anderes erwartet.
Edward schlug die Beine übereinander und lächelte. "Ja, so ist mein Bruderherz. Er war schon immer der besonnene in der Familie ... der vernünftige." bemerkte Edward grinsend.

Richard nickte wohlwollend und nahm dankend den Becher entgegen. Mit einem Lächeln hob er den becher ob des schönen Trinkspruchs. Nun, wer hatte das gedacht? Dass er einmal mit Henrys beinahe treustem Mann Wein trinken würde. Es war schon alles gekommen, wie es richtig war.
"Auf das es uns gelingen möge!", erwiderteer den Toast und trank einen Schluck des köstlichen Weines aus dem Becher.
"Nun, einer in Eurer Familie muss ja vernünftig sein.", neckte er. "Und Eure Eltern sind nicht gerade ein Ausbund von Besonnenheit und Vernunft. Ich allerdings auch nicht."

William wartete geduldig vor der Tür, während der Diener nach drinnen verschwunden war, um ihn anzukündigen. Kurz darauf kam er zurück und gestattete William einzutreten. Langsam durchquerte er den Raum und sank dann vor Eleonore auf ein Knie. Er griff nach ihrer Hand, hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken und lächelte sachte. "Wie schön, dass Ihr mich empfangt, Madame." bemerkte er mit einem leichten Funkeln in den Augen, ehe er aufstand, um sich neben Eleonore zu setzen.
Das hier war das erste Gespräch, was sie in aller Ruhe führen konnten, jetzt wo die Krönung vorbei war und alle für ein paar Tage durchatmen konnten. Und ihm war es wichtig gewesen noch einmal vertraut mit Eleonore sprechen zu können, ehe Joanna und er wieder nach Cornwall gingen. William wollte nicht länger als nötig am Hof bleiben, denn er fühlte sich mehr und mehr fehl am Platz.
"Wie geht es dir nach all dem?" erkundigte er sich schließlich und musterte Eleonore aufmerksam.

Eleonore war erfreut gewesen, dass William sich angekündigt hatte. Es würde gut tun nach dieser schwierigen Zeit ein vertrauliches Gespräch zu führen, in aller Ruhe. Sie hatte ihr Ziel erreicht, ihr geliebter Richard war zum König gekrönt worden. Aber sie vermisste Henry, das musste sie sagen. Sie hatten lange Zeit gemeinsam verbracht, wenn auch nicht immer einvernehmlich. Trotzdem war es seltsam, dass er nicht mehr da war. So ein unwürdiges Ende hatte er einfach nicht verdient.
Als William eintrat und sie begrüßte, schenkte sie ihm ein Lächeln. "Nur zu gern, Mylord." Sie wartete, bis sie allein waren und nebeneinander saßen.
Eleonore seufzte leise.
"Ich fühle mich etwas erschöpft. Und ich vermisse Henry, auch wenn wir Differenzen hatten. Aber nun ist Richard König und so sollte es sein. Wie steht es mit dir? Eine schwierige Zeit für dich, nicht?"

William betrachtete Eleonore aufmerksam und lächelte leicht. "Und trotzdem bist du schön wie eh und je." erwiderte er. "Ich denke auch, dass du so schnell nicht viel Zeit zum Ausruhen haben wirst, hm? Wenn Richard seinem Reich den Rücken kehrt, wird hier einiges zu tun sein." Ein leichter Unwillen klang in Williams Stimme mit, denn er war nicht wirklich begeistert davon, dass Richard seine Frau und Familie wegen eines solch unsinnigen Unterfangens so lange alleine ließ - und das kurz nach der Krönung.
Er seufzte leise. "Da bist du nicht die einzige." Er vermisste Henry nach wie vor jeden Tag aufs Schmerzlichste. Er streckte die Beine ein wenig von sich und hob leicht die Schultern. "Du kennst mich, du weißt, wie es in mir aussieht. Ja, es ist schwierig und ich weiß noch nicht genau, wie ich weiter machen kann und soll. Aber das wird sich wohl noch zeigen."

Eleonore lächelte geschmeichelt. "Ich danke dir. Du machst noch genauso schöne Komplimente wie früher. Allerdings hast du Recht. Es gibt viel zu tun, vor allem wenn Richard fort ist. Es liegt ihm so am Herzen diesen Kreuzzug zu machen."
Sie legte den Kopf zur Seite. "Deine Tochter ist eine sehr willensstarke Frau. Ich bin zuversichtlich, dass ich gut mit ihr zusammen arbeiten kann. Gemeinsam werden wir England gut regieren und dein Sohn unterstützt uns dabei."
Eleonore lehnte sich leicht an William. "Ich weiß. Aber du wirst weitermachen. So wie du es immer tust. Gönn dir ein bisschen Zeit mit Joanna... Das wird euch gut tun und du kommst wieder auf die Höhe."

William neigte lächelnd den Kopf. "Es freut mich, dass ich diese Fertigkeit noch nicht verlernt habe." erwiderte er amüsiert. "Das ist wahr. In gewisser Weise seid ihr beiden euch nicht unähnlich, ich denke, ihr werdet es schon meistern. Und letztlich seid ihr ja auch nicht allein mit dieser Aufgabe."
Als Eleonore sich an ihn lehnte, griff William nach ihrer Hand. Sie beide kannten sich schon so lange, hatten mache Freud und einiges Leid miteinander geteilt, es tat gut einem wieder vertraulich mit ihr zu reden. "Das werde ich." murmelte William. "Wir alle müssen sterben, darüber habe ich mir nie Illusionen gemacht. Auch nicht darüber, dass Henry vielleicht vor mir aus der Welt scheiden würde. Und ich wusste, dass es schmerzlich sein würde, aber ... es ist mehr als ich geahnt habe. Es fühlt sich an als würde ein Teil von mir fehlen, Eleonore. Und Gott weiß, was ich täte, wenn Joanna nicht wäre."

"Wie könntest du das je? Dafür ist es zu sehr in dir drin. Und ich bin dankbar dafür. Du hattest noch immer ausgezeichnete Manieren." Eleonore lächelte leicht. "Ja, es ist wohl so. Und ich schätze sie sehr. Sie ist die perfekte Frau für Richard und die perfekte Königin für England. Es ist seltsam für mich, dass ich nun nicht mehr Königin bin, aber Beatrice fragt mich um Rat. Das hilft mir darüber hinweg."
Sie drückte leicht seine Hand.
"Ja, ich weiß. Es ging mir ähnlich. Aber ich bin immer davon ausgegangen, dass ich zuerst sterben würde. Und nun ist dieser Mistkerl einfach verschwunden." Sie seufzte. "Aber ich danke Gott dafür, dass du Joanna hast. Und ich habe meine Schwiegertochter und meine Enkel hier."

"Tja, zu irgendetwas musste die Erziehung meines alten Herren ja taugen, was?" erwiderte William amüsiert. Sein eigenes Leben, die Verpflichtungen, die er als Earl und Lordkanzler getragen hatte und seine Familie hatten ihn nach und nach immer mehr mit seinem Vater versöhnt. William war zwar immer noch der Meinung, dass Reginald de Dunstanville kein begnadeter Vater gewesen war, aber er verstand ihn heute in manchen Dingen deutlich besser als damals.
"Es freut mich, dass du das so siehst. Ich bin wirklich stolz auf sie. Es kommt mir vor als hätte ich sie erst gestern noch in den Armen gehalten und nun ist sie Königin ..." William schüttelte leicht den Kopf. "Ihre Mutter wäre so stolz auf sie." murmelte er leise. Schon bei der Krönung hatte er gedacht, dass Isabel eigentlich hätte dabei sein müssen. Nicht an seiner Seite, aber um ihre Tochter in diesem wundervollen Moment zu sehen.
Eleonores nächste Worte lenkten ihn von diesem Gedanken ab und er musste grinsen. "Ach was. Du hast doch immer darauf gehofft ihn zu überleben, gib es zu." scherzte er sanft, wenngleich es ihm auch einen Stich direkt ins Herz versetzte. "Ja, dafür danke ich ihm auch jeden Tag. Ohne sie wäre all das so viel schwerer zu ertragen." Wenn überhaupt ...

Eleonore lächelte belustigt. "Oh ja. Treffend, dass selbst du das mittlerweile einsiehst, früher hast du so über ihn geschimpft. Aber das Leben hat dich langmütig werden lassen, vielleicht aber auch deine Frau Sie nickte langsam. "Ja, mir geht es auch so...Richard war so ein süßer kleiner Junge. Es kommt mir nicht vor, als wären so viele Jahre vergangen. Für uns bleiben sie ja doch immer unsere kleinen Kinder, die wir beschützen wollen. Aber ich schwöre dir, wenn irgendjemand Richard schaden will, werde ich ihn ausmerzen.", erklärte sie entschlossen.
Ihre Miene wurde wieder sanfter. "Oh ja, das wäre sie. Isabel war eine wunderbare Frau. Beatrice ist ihr ähnlich und hätte sich sicher auch gewünscht, dass sie hier wäre. So sehr sie Joanna auch liebt. Du vermisst sie manchmal, nicht wahr?" Eleonore seufzte. "Sogar ich vermisse Louis manchmal...Und ja, eigentlich wollte ich Henry den Triumph nicht gönnen." Sie legte die Hand auf Williams Schulter. "Genieße die Zeit mit deiner Frau. Sie wird froh sein, wenn du jetzt etwas mehr Zeit für sie hast. Werdet Ihr nach Cornwall zurückkehren?"