William und Joanna - 1194

Richard

"Wirklich?" fragte Richard erstaunt. "Aber wieso das denn? Die Geschichten sind doch soo spannend!" verkündete er und schüttelte ungläubig den Kopf. Für ihn war es kaum vorstellbar, dass es jemanden gab, der diese Geschichten nicht gerne hörte.
Aufmerksam hörte er seinem Vater zu und rutschte dabei immer ein klein wenig dichter. Er tat es nicht wirklich bewusst, er war viel zu fasziniert von der Geschichte, aber als sein Vater zum Ende kam, saß Richard dicht bei ihm und lächelte leicht. "Hm, gut, dass ihr weiter reisen konntet." beschied er ein wenig schläfrig und kuschelte sich ohne weiter darüber nachzudenken an seinen Vater. Es war ein gutes Gefühl und Richard war rundum zufrieden nach den mutmachenden Worten seiner Mutter und dieser spannenden Geschichte gerade eben.

Richard spürte, dass sein Sohn müde wurde und kurz davor war einzuschlafen. Er legte den Arm um den Kleinen und ließ ihm einfach Zeit, dankbar für das Vertrauen.
Als Richard eingeschlafen war, bettete Richard ihn sanft auf das weiche Fell vor dem Kamin, damit der Junge ein Schläfchen machen konnte und gesellte sich zu seiner Frau in die Fensterbank.
Beatrice lächelte und gab ihm einen Kuss.
"Das hast du gut gemacht. Er zweifelt, unser Kleiner. Ob er gut genug ist für dich, weil er dich kaum kennt und weil er ein bisschen Angst vor England hat. Ich denke, du solltest ein bisschen Zeit mit ihm verbringen, das tut euch gut."

Richard erwiderte den Kuss mit dem Beatrice ihn bei sich willkommen hieß und ließ den Blick noch einmal zu seinem Sohn gleiten, der sich auf dem Fell zurecht gekuschelt hatte und selig weiter schlummerte.
"Oh, welch kostbares Lob von dir." bemerkte Richard amüsiert, sah Beatrice dann aber überrascht an. "Wie könnte er denn nicht gut genug für mich sein?" wiederholte er ungläubig, ahnte aber durchaus was in dem Jungen vorging. Sie beide kannten sich im Grunde ja kaum und Richard wusste genau, was es bedeutete mit einem so schillernden Ruf umgehen zu müssen. Vermutlich wusste der Kleine wirklich einfach nicht, wie er ihm begegnen sollte.
"Nun, gut, dass ich wieder da bin und dass ich mir für jedes meiner Kinder Zeit nehmen werde. Und wenn ich ihm jede Geschichte dreimal erzählen muss, wenn es hilft, dass er Vertrauen fasst, werde ich es tun. Deshalb vorhin auch dein ermutigender Blick, hm?"

Beatrice lächelte leicht und zuckte mit den Schultern. "Dir eilt ein großer Ruf voraus und er hört ständig Geschichten über seinen ruhmreichen Vater, dener kaum kennt. Du erscheinst ihm geradezu ehrwürdig, das ist für einen so kleinen Kerl durchaus einschüchternd."
Sie nickte zustimmend.
"Ja, deshalb. Wir hatten vorher darüber gesprochen und ich habe ihn ermutigt dich zu fragen. Ich meinte, ich würde dir notfalls einen Tipp geben. Du hast mich ja auch so verstanden. Ich bin froh, dass du so denkst. Gerade Richard hat es nötig. Er eifert seinen großen Brüdern nach, die ja männliche Bezugsperson für ihn waren, aber ihm fehlt einfach sein Vater. Jetzt wird er sich eben ein wenig mehr entwickeln, unter deinem Einfluss."

Richard lachte auf, nahm sich aber sogleich zusammen, um den friedlich schlafenden Jungen nicht zu wecken. "Ehrwürdig ... das höre ich wirklich ausgesprochen selten. Aber es ist vermutlich verständlich, dass er etwas eingeschüchtert ist. Schon ältere und erfahrenere Männer waren das." Richard legte den Arm um seine Gemahlin und seufzte zufrieden. "Ich kann es nicht oft genug sagen: wie gut, dass ich zurück bin." murmelte er leise und seine Blick glitt zu seinem Sohn hinüber. "Es muss weiß Gott oft genug schwierig sein, so viel ältere Geschwister zu haben." murmelte Richard nachdenklich. "Trotzdem ... ich würde diesen kleinen Kerl nicht missen wollen. Er ist mir noch so fremd, wir ich ihm, aber er ist ein wundervolles Kind, das War mir vom ersten Moment an klar." Bemerkte Richard und grinste dann. "Und das nicht nur, weil er mein Sohn ist."

Beatrice grinste breit. "Naja, aber bei deinen vielen Abenteuern ist das doch nicht so abwegig. Dir eilt ein seltsamer Ruf voraus, mon Coeur de Lion.", bemerkte Beatrice dann. "So ist es. Erwachsene Männer werden vor dir zu kleinen schüchternen Bengeln, also sieh es unserem Kleinen nach."
Sie schmiegte sich an ihn und schloss die Augen. "Oh ja, sehr gut. Ich hätte auch nicht länger auf dich verzichten können. Es ist für ihn vor allem nicht leicht, so ruhmreiche große Brüder zu haben, denen man nacheifern muss. Aber ja, ich finde auch, er ist großartig. Auf seine ganz und gar eigene Weise. Ihr werdet einander schon noch besser verstehen. Ich bin wirklich dankbar, dass der Kleine so geworden ist. Er hat mich über manche einsame Stunde hinweg getröstet."

"So? Ein seltsamer Ruf also?" fragte Richard leise und zog Beatrice an sich. "Hm, aus deinem Mund klingt das noch viel besser." bemerkte er, strich Beatrice zärtlich über die Wange und küsste sie genüsslich. "Würde unser Sohn nicht dort unten liegen und schlafen, würden mir so einige Dinge einfallen mit denen wir unsere Zeit verbringen könnten ..." wisperte er amüsiert.
Richard sah kurz zu dem schlafenden Jungen hinüber. "Ich bin sicher, er wird einen Weg finden mit dem er sie auf seine Art und Weise alle noch überstrahlen wird." murmelte er und lächelte sanft. "Und dafür bin ich dem Knirps noch dankbarer. Er kam also genau richtig." Es war Richard nicht leicht gefallen von seiner Familie Abschied zu nehmen damals und sein Jüngster hatte diese Sache noch zusätzlich schwerer gemacht, war er schließlich noch so winzig gewesen.

Beatrice nickte. "Oh ja, sehr seltsam. Ich bin sicher, die Hälfte der Geschichten, die ich über dich gehört habe, ist erfunden. Aber sie haben mich so manches Mal wirklich sehr amüsiert." Sie erwiderte seinen Kuss und legte die Arme um seine Taille. Es tat so unglaublich gut ihn wieder bei sich zu haben, eine Schulter zum anlehnen zu haben. Sie hoffte wirklich, dass er sie nie wieder so lange allein ließ. Sie sehnte sich nach seiner Nähe, fortwährend. Aber jetzt war die Welt erst einmal wieder in Ordnung, das war das Wichtigste.
"Hm, merk dir all diese Dinge und heb sie für heute Abend auf, hm?", schlug sie lächelnd vor. "Ich glaube nicht, dass unser Söhnchen lange genug schläft."
Aber sie konnte Richard nur zustimmen, ihr Nesthäkchen war zum richtigen Zeitpunkt gekommen. "Du wirst staunen, wenn du Jonathan wiedersiehst. Er wird bald heim kommen. Jonathan ist ein Mann geworden und jetzt kann er heiraten, ist es zu glauben?"

Richard grinste breit. "Ich brenne darauf, sie alle zu hören. Und dann kann ich dir ja sagen, welche wahr sind und welche nicht." stellte Richard in Aussicht und nickte dann. "Eine gute Idee. Und bis heute Abend sind mir auch noch mehr Dinge eingefallen, ich bin mir sicher." wisperte er mit einem anzüglichen Lächeln auf den Lippen.
Richard atmete tief durch. "Jonathan ... wie lange ich ihn schon nicht mehr gesehen habe. Ich freue mich, dass er offenbar so glücklich geworden ist mit dem, was er tut. Und dass er Philippa gefunden hat. Es hat dem Jungen gut getan und wenn sie nun endlich heiraten können, wird ihrem Glück nichts mehr im Wege stehen." Wie lange hatte Richard mit dem Schicksal seines Sohnes gehardert, hatte sich selbst oft genug die Schuld dafür gegeben. Umso leichter wurde sein Herz nun, wenn er daran dachte, wie gut Jonathan sich entwickelt hatte.

Beatrice lachte leise. "Du wirst sie hören, ich werde sie dir nach und nach alle berichten. So wie ich es für richtig halte, mein Liebster." Sie grinste. "Das freut mich zu hören, du musst sehr einfallsreich sein.", sagte sie verführerisch.
"Aber ja, du wirst ihn kaum wieder erkennen. Das tut ihm wirklich gut, er hat seinen Platz im Leben gefunden. Es wird Zeit, dass die Hochzeit stattfindet. Wir sollten ihm dabei behilflich sein und die Feier ausrichten. Vielleicht in London."
Jonathan würde das wohl nicht unbedingt behagen, aber es war einfach angemessen. Philippa würde sich sicherlich auch freuen.

Harry

Harry saß im Gras und entlockte der Laute, die er mitgebracht hatte eine sanfte Melodie. Er war kein begnadeter Spielmann, aber er hatte ein gutes Grundverständnis davon wie man den klangvollen Saiten angenehme Töne entlockte und so ließ er sich immer wieder mal dazu hinreißen, ein wenig zu spielen. Ganz besonders an Tagen wie heute, wenn er draußen im Garten sitzen konnte, die Sonne immer mehr ihre wärmende Kraft entfaltete - und Harry der zarten Stimme seiner Tochter lauschen konnte, die eines ihrer Lieblingslieder für ihn sang. Jane war meistens der Grund, weshalb er überhaupt zur Laute griff, denn das Mädchen fand immer viel Freude daran und sie konnte ihrem Vater einfach jeden Gefallen entlocken.
Das Lied endete und Harry legte mit einem Lächeln die Laute neben sich und breitete die Arme aus. "Das war wunderschön, mein Engel. Komm, lass dich umarmen." forderte er sie augenzwinkernd auf zu ihm zu kommen.
Er liebte dieses Kind so sehr, selbst er fand dafür keine passenden Worte. Harry hatte schon so unzählig viele Gedichte für und über seine Tochter geschrieben, aber noch keines schien seine Liebe zu diesem sanften Geschöpf wirklich gänzlich in Worte fassen zu können.
Manchmal überlegte er, ob er Jane so innig liebte, wie sie Sophies und sein einziges Kind war, aber meist verwarf er den Gedanken wieder. Selbst wenn es Gott gefallen hätte ihnen noch ein zweites Kind zu schenken, hätte er seine Älteste nicht weniger geliebt als jetzt.

Sophie


Sophie schlenderte über das Gras zu ihren Liebsten hinüber. Sie hatte Harry und Jane in der Ferne ausgemacht, wo ihr Mann seine Tochter wieder einmal mit der Laute bespaßte. Jane hatte eindeutig das künstlerische Talent ihres Vaters geerbt, das konnte man jetzt schon deutlich sehen. Und Harry liebte seine Kleine abgöttisch, seine Vaterqualitäten übertrafen ihre hoffnungsvollsten Vorstellungen.
Gerade als Jane sich ihrem Vater kichernd in die Arme warf, erreichte sie Beide und setzte sich zu ihnen ins Gras.
"Ich sehe, ihr habt Spaß und genießt die frische Luft.", bemerkte sie zufrieden und fuhr Jane über den schmalen Rücken. Es war verrückt, wie schnell sie groß geworden war.
"Wir sollten Andrew einmal wieder besuchen, hm? Wo wir schonmal hier sind. Er hätte seine helle Freude an Jane."

Harry

Harry zog Jane an sich als sie sich in seine Arme warf und küsste seine Tochter zärtlich auf die Wange als Sophie sich neben sie setzte. "Oh ja, das haben wir." bemerkte er amüsiert und begrüßte seine Frau mit einem Kuss. "Wir müssen die Ruhe hier ja noch einmal genießen, bevor Richard hier auftaucht und alle Welt in helle Aufregung verfällt." erklärte Harry, der es selbst kaum noch erwarten konnte, dass er seinen Bruder endlich wieder sah.
Harry lachte leise auf. "Oh ja, das hätte er ohne Zweifel. Ich bin mir nur nicht sicher, ob Andrew der richtige Umgang für eine so kleine Dame ist." bemerkte er und stupste Jane sachte auf die Nase. "Ich bin ja gar nicht mehr klein!" protestierte die Sechsjährige und Harry lachte erneut auf. "Vielleicht noch ein wenig, hm? Aber du hast Recht, du bist in letzter Zeit sehr fleißig gewachsen, mein Engel." räumte er sanft ein und sah Sophie wieder an.
"Schon Neuigkeiten von meinem königlichen Bruder? Es kann doch nicht mehr lange dauern bis sie eintreffen, oder?"

Sophie


Sophie erwiderte seinen Kuss und nickte dann. "Oh, da hast du vollkommen Recht. Noch ist es hier zwar geschäftig, aber recht entspannt. Wenn Richard eintrifft, wird es hier wimmeln von Menschen. Da nutzen wir die ruhigen Stunden lieber noch etwas."
Aber sie wusste genau, dass Harry darauf brannte endlich seinen großen Bruder wiederzusehen, den er so lange Jahre vermisst hatte.

"Oh, ich bin sicher, er würde dich überraschen. Sogar er würde sich bei ihr benehmen, Jane hätte ihn im Handumdrehen um den Finger gewickelt." Auch wenn Andrew manchmal ein wenig raubeinig war, sie mochte ihn wirklich gern.
"Nur, dass man ihn in ein, zwei Tagen endlich hier erwartet. In jedem Fall ist er von Rouen aufgebrochen."

Harry

"So ist es. Und ein Fest wird das nächste jagen und alle Adligen aus ganz England werden hier ein und aus gehen, so dass man kaum noch einen Flecken findet an dem man etwas Ruhe hat." bemerkte Harry und legte einen Arm um Sophie. Ihn persönlich störte das recht wenig, er genoss solchen Trubel - solange er trotz allem noch genug Zeit mit seinen beiden Frauen verbringen konnte.
Harry lachte und strich Jane sachte über den Rücken. "Vermutlich hast du Recht. Wer könnte so einer hübschen Dame schon widerstehen, hm? Vielleicht kannst du Andrew dann ein paar Manieren beibringen, Kleines." Harry nickte langsam. "Gut. Es wird Zeit, dass er zurück kommt. Und dass ich ihn endlich wieder sehen kann. Und du mein Herzchen wirst deinen Onkel dann erst einmal so richtig kennenlernen, hm? Du warst ja noch winzig als er zu seinem Kreuzzug aufgebrochen ist." Und in der Zwischenzeit waren die Jahre einfach so ins Land gezogen ... Harry konnte kaum glauben, dass Jane schon sechs Jahre alt war und Sophie noch länger an seiner Seite war.

Sophie


Sophie nickte. "So ist es. Ich weiß, dir behagt das durchaus, du bist ja für den Trubel geboren. Aber ich fand es durchaus angenehm, wie es jetzt war.
"Natürlich habe ich Recht. Niemand kann Jane widerstehen, nicht einmal Andrew und auch nicht dein Bruder. Jane wird aus Andrew ein zahmes Schoßhündchen machen, da bin ich ganz sicher. Und mehr als einen Blick wird sie dafür nicht brauchen."
Sophie lehnte sich an Harry und grinste dann.
"Oh, das ist hervorragend. Dann ist dein Bruder ja rechtzeitig wieder im Lande um für deinen Sohn Pate zu stehen, wenn es einer sein sollte. Ansonsten muss vielleicht Bea her halten...", bemerkte sie dann beiläufig und freute sich auf seine Reaktion. Sechs Jahre hatte es gedauert, aber es würde schon seinen Grund haben.

Harry

Harry grinste und zuckte leicht mit den Schultern. "Schon. Aber ich habe dank euch auch die angenehmen Seiten an einem geruhsamen Leben kennengelernt." erwiderte er augenzwinkernd. Es hatte eine Zeit gegeben in der Harry es nie für möglich gehalten hätte, dass er je heiraten und Vater werden würde. Doch dann war Sophie in sein Leben getreten und alles hatte sich verändert. Sie hatte all die guten Seiten an ihm zum Vorschein gebracht und seinem Leben ein wenig mehr Halt verliehen ohne ihn dabei seiner Freiheit zu berauben und Harry hatte festgestellt, dass er dadurch von ganz alleine immer wieder zu ihr zurück kehrte, immer wieder vermehrt ihre Nähe suchte, statt sich irgendwo alleine zu verkriechen oder herum zu treiben.
"Oh, ich würde eine Menge dafür geben, das zu sehen. Der große Maulheld ganz zahm ..." Harry lachte vergnügt bei dieser Vorstellung, besonders weil er wusste, dass Sophie recht hatte. Andrew würde machtlos sein gegen Janes Charme.
Dann plötzlich erstarrte Harry. Unendlich langsam schien er den Kopf wieder Sophie zuzudrehen, dann blinzelte er. "W-was ...?" stotterte er und war erstaunt darüber, dass solch eine Nachricht ausgerechnet ihn sprachlos machte. Harry schluckte schwer. Mit einem Mal war ihm beinahe schwindlig vor Aufregung. "Ist ... ist das wahr?" fragte er leise während bereits ein freudiges Leuchten in seine Augen trat. "Oh Sophie ..." So lange hatten sie gehofft, gewartet, gebangt und schließlich beinahe resigniert. Harry hatte immer noch ab und an gezweifelt warum Gott so entschieden hatte, aber er hatte es hingenommen, dass Jane ihr einziges Kind sein würde.
Und nun ...
Harry schluckte erneut. "Oh Sophie ..." wiederholte er leise, dann zog er sie dichter an sich und vergrub das Gesicht an ihrem Hals.
Jane sah irritiert zwischen ihrer Mutter und ihrem Vater hin und her. "Mama ... was hat er denn nun schon wieder?" fragte sie verwirrt. Sie kannte ihren Vater gut, wusste, dass dessen Stimmung manchmal so rasch wechseln konnte wie das Wetter, aber das hier verstand sie nicht wirklich.

Sophie


Sophie lächelte. "Das hast du in der Tat. Ich hätte nie geglaubt, dass du einmal so häuslich werden würdest." Aber es war letztlich lange nicht so schwierig geworden, wie sie geglaubt hatte. Sie ließ Harry jeglichen Freiraum, den er gerne hatte und so entschied er sich oft genug einfach für sie. Sie hatte auch nach all der Zeit nie das Gefühl gehabt, dass er sie im Stich ließ.
"Nun, ich denke, du wirst es erleben. Wir sollten ihn wirklich besuchen." Seine Reaktion auf ihre Neuigkeiten entlockte ihr einen sanften Blick. Wie sehr er sich doch freute....Beim letzten Kind war er nicht sicher gewesen, wie er reagieren sollte, aber jetzt rührte es ihn. Es hatte sie durchaus getroffen, dass sie nicht wieder schwanger geworden war, aber sie hatten gelernt, sich damit abzufinden. Jetzt aber schien alles gut zu werden.

Sie fuhr mit den Fingern durch seinen blonden Schopf. "Ich weiß...", murmelte sie. "Aber es ist wahr." Sophie richtete den Blick auf ihre Tochter.
"Weißt du, Kleines, er freut sich. Weil du bald eine große Schwester sein wirst."

Harry

Harry schmunzelte. "Häuslich ... naja, das ist vielleicht noch ein klein wenig übertrieben, hm?" neckte er sanft, wenngleich Sophie natürlich Recht hatte. Das hatten sie beide wohl nicht geglaubt.
Harry dachte nach und nickte dann kurz. "Was hältst du von heute Abend? Sobald mein Bruder hier ist, werden wir dafür schließlich erst einmal kaum Zeit finden." schlug Harry dann vor, der seinen Freund schon lange nicht mehr gesehen hatte, es wäre also eine mehr als willkommene Abwechslung.
Harry kniff die Augen zusammen als Sophies Finger durch seinen Schopf strichen. Sie war schwanger. Nach all den Jahren war sie tatsächlich wieder schwanger geworden.
Jane zog eine Augenbraue in die Höhe. "Und warum kann er sich nicht freuen wie normale Leute?" fragte sie kopfschüttelnd, doch dann begannen ihre Augen zu strahlen und sie lächelte breit. "Wirklich? Oh das ist wundervoll!" verkündete sie und musterte ihre Mutter neugierig. "Aber man sieht noch gar nichts ..." stellte Jane nachdenklich fest. "Wie lange dauert es denn bis es da ist?" Sie wusste nicht so ganz genau, wie diese Dinge passierten, aber sie hatte schon oft genug eine Schwangerschaft bei den Damen am Hof miterlebt. Mit der Zeit waren sie immer runder geworden und irgendwann, wenn ihr Bauch schon ganz dick war, war dann das Kind plötzlich gekommen.
Harry hatte sich mittlerweile wieder ein wenig gesammelt und richtete sich etwas auf, um Sophie einen langen Kuss zu geben. "Das sind die besten Neuigkeiten, die du hättest bringen können, chérie." wisperte er gegen ihre Lippen, dann sah er seine Tochter wieder an und zog sie sanft am Ohrläppchen. "Sei nicht so frech, Krümelchen. Ich freue mich so, wie ich es nun einmal tue." entgegnete er augenzwinkernd.

Sophie


"Das stimmt. Heute Abend ist eine gute Idee, Andrew wird sich freuen." Der Dichter hatte sie auch ins Herz geschlossen, seit sie sich zum ersten Mal getroffen hatten und war immer erfreut, wenn Harry sie mitbrachte, wenn sie sich einmal in London trafen.
Sophie lachte leise. "Weil dein Vater eben nicht ist wie andere Menschen. Aber das ist gut so, das bedeutet nicht, dass es nicht normal ist. Lass jeden sein, wie er möchte." Sie strich ihrer Tochter durch den Schopf.
"Nein, es dauert noch ein bisschen, bis man es sieht. Es ist noch viel zu klein. Im Herbst wird es kommen, ein wenig mehr als ein halbes Jahr dauert es noch."
Sie erwiderte Harrys Kuss und erfreute sich daran, wie zwanglos Vater und Tochter miteinander umgingen. Die Beiden waren sich so ähnlich und ihre Beziehung zueinander war ausgesprochen gut.

Harry

Jane grinste leicht. "Stimmt, er ist wirklich nicht wie andere. Und das ist gut so." pflichtete sie ihrer Mutter bei und kuschelte sich etwas auf dem Schoß ihres Vaters zurecht. Genau dafür, dass er so anders, so einmalig war, liebte Jane ihren Vater von ganzem Herzen. Und sie genoss es, dass er ihr so viel Aufmerksamkeit schenkte, dass sie beide Freude an Gedichten und Musik fanden. Wenn sie da andere Mädchen mit ihren Vätern beobachtete, hatte sie selten den Eindruck, dass diese wirklich etwas miteinander verband.
Harry schmunzelte und hauchte einen Kuss auf die Stirn seiner Tochter. "Welch ein gütiges Urteil, Mylady." neckte er zärtlich und lächelte zufrieden. Welche Wunder Gott doch immer wieder wirkte. Harry wusste, dass er sich mit seiner Familie und seinem Leben mehr als glücklich schätzen konnte.

Sophie


Am späten Nachmittag machten sie sich gemeinsam mit Jane auf den Weg in die Stadt. Sie besuchten Andrew heute Zuhause und nicht in einer der Spelunken, in der er sich sonst gern herum trieb, darum waren sie auch früher aufgebrochen.
Sie freute sich wirklich Andrew wiederzusehen, denn mochte er auch ein wenig ungehobelt erscheinen, hatte er das Herz wirklich am rechten Fleck.
Sie klopfte an die Tür und schenkte Harry, der Jane auf dem Arm trug, ein Lächeln. Als sich die Tür öffnete, strahlte sie Andrew an.
"Hallo Andrew...wir dachten, wir besuchen dich einmal wieder, wo wir eine Weile in der Stadt sind."

Andrew

Andrew schlenderte zur Haustür als es klopfte und öffnete die Tür, nur im nächsten Moment doch mächtig zu staunen. "Sophie! Was für eine Freude." Andrew zog Sophie ohne zu Zögern für eine kurze, aber herzliche Umarmung an seine Brust. Er hatte Harrys Liebste vom ersten Moment an gut Leiden können und vor allem war Andrew froh darüber gewesen, dass das Mädchen Harry so gut tat. Und über die vergangenen Jahre hinweg hatten sie sich häufig gewesen, wenn Harry und Sophie in London waren, so dass sie sich immer mehr hatten anfreunden können.
"Und Harry, alter Rumtreiber, ich habe mich schon gefragt, wann ich dich wiedersehe." neckte er seinen Freund und legte dann den Kopf ein wenig schief, musterte das Mädchen auf Harrys Arm und schenkte diesem ein erstaunlich sanftes Lächeln. "Ah und dieser kleine Engel muss Jane sein ... ich habe ja schon so viel von dir gehört, kleine Dame." erklärte Andrew und hielt Jane seine große Pranke entgegen. "Ich bin Andrew, aber das hast du dir ja sicher schon denken können, hm?"

Sophie


Sophie lächelte sanft und erwiderte die Umarmung. Es war für Harry nie ein Problem gewesen, dass Andrew ihr ohne Zögern so nahe kam. Sie vertrauten einander blind und außerdem waren die Grenzen klar gesteckt. Sie waren wirklich gute Freunde geworden.
Jane beobachtete den Mann vor ihr neugierig und ohne Scheu. Eigentlich war er ja kein Fremder, sie kannte Andrew aus Erzählungen ihrer Eltern, aber heute hatte sie zum ersten Mal mitkommen dürfen, als sie ihn besuchten.
Mit einem fröhlichen Lächeln nahm sie die große Hand, die Andrew ihr entgegen streckte. "Ja, ich bin Jane. Und ich hab auch schon so viel von dir gehört, weil du Papas Freund bist.", offenbarte sie offenherzig. "Also musst du ja wirklich nett sein."

Andrew

Andrew legte eine Hand auf die Brust und verbeugte sich mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen. "Ich fühle mich geehrt, dass ich offenbar für so viel Gesprächsstoff sorge." erklärte er und lachte dann auf. "Ich gebe mir zumindest die größte Mühe, Kleines." versicherte Andrew und trat dann zurück, um den Eingang frei zu machen. "Aber kommt doch herein, dann können wir uns setzen und in Ruhe erzählen. Und Harry, ich brauche deine Meinung zu einem neuen Werk an dem ich arbeite. Du kommst also genau richtig." kündigte Andrew an und führte seine Gäste in das innere, des kleinen Hauses.
Er freute sich jedes Mal Harry und Sophie zu sehen und dieses Mal ganz besonders, da er die kleine Jane endlich kennen lernte. Es hatte seit ihrer Geburt kein einziges Treffen mit Harry gegeben bei dem er nicht von seiner Tochter geschwärmt hatte.