William und Joanna - 1194

Levi

Levi lächelte leicht. "Alle jüdischen Namen sind wunderschön, Mylady." erwiderte Levi und rieb sich dann ein wenig unbehaglich über den Oberschenkel. Giselle hatte ganz Recht, es jagte ihm einen Schrecken ein. Dann nickte er dankbar. "Und das weiß ich über alle Maßen zu schätzen, wirklich. Ich bin hier sehr glücklich geworden, es ist ... mein zu Hause hier."
Levi seufzte leise als er an Miriams geschundenen Körper dachte. Ja, die Verletzungen hatten ihre ganz eigene Sprache gesprochen und erfüllten Levi mit Entsetzen. Es war eine Sache, wenn sich Männer im Krieg gegenüber standen und verwundet zurück kamen, eine ganz andere, wenn sich so ein Monster eine wehrlose Frau vornahm, sie schändete und quälte und das nur, weil er der Meinung war, sie müsse etwas anderes glauben.
Levi sah Giselle wieder an. "Würdet Ihr ... einmal mit ihr sprechen? Wenn Miriam sich ein klein wenig erholt hat. Ich glaube, das würde ihr wirklich gut tun." fragte Levi dann ein wenig unsicher.

Giselle lachte. "Das würde ich an deiner Stelle wohl auch sagen, Levi. Aber ich bin froh, dass du das sagst. Ich wollte, dass das hier dein Zuhause wird und es ist mir offenbar gelungen. Sicher hat mein kleiner Will auch einen Teil dazu beigetragen, aber nun ja, immerhin."
Sie seufzte leise, lächelte dann aber leicht. "Oh, sicher, wenn sie damit einverstanden ist. Ich weiß nicht, ob sie sich wagt, aber ich will es ihr so leicht wie möglich machen. Bring sie zu mir, wenn du denkst, sie ist so weit. Ich brauche immer zu viel Aufwand, bis ich jemanden aufgesucht habe und ich will sie nicht durch Bills oder Robs Anwesenheit gleich verschrecken."
Giselle legte den Kopf schief.
"Da wäre noch etwas, das ich mit dir besprechen möchte, daher trifft es sich ganz gut, dass wir gerade beisammen sitzen." Ihre Lächeln wurde etwas strahlender. "Levi, ich denke, ich erwarte wieder ein Kind."

Levi

"Und wie Euch das gelungen ist. Ich würde diesen Platz hier nie wieder aufgeben wollen. Es tut gut einen so friedvollen Ort gefunden zu haben an dem man mir freundlich begegnet und ich Gutes tun kann."
Levi war froh als Giselle einwilligte und dann auch gleich einen so verständnisvollen Vorschlag machte. Er nickte lächelnd. "Ich danke Euch vielmals. Ich glaube, sie wird die Möglichkeit gerne annehmen, wenn sie erst ein wenig zur Ruhe gekommen ist. Und ich denke, Ihr werdet Ihr ebenso Mut machen können, wie mir damals." Levi war überzeugt davon, dass Miriam von Giselles Einfühlungsvermögen sehr profitieren würde.
Dann wechselte Giselle das Thema und Levi sah sie überrascht an. "Wirklich?" fragte er und erwiderte ihr Lächeln. "Nun, jetzt da ich da bin und Ihr so große Fortschritte gemacht habt, sollte es dieses Mal viel leichter werden." fügte er hinzu. "Seid Ihr schon sicher oder ist es bisher nur ein Verdacht? Und Eurem Gemahl habt Ihr noch nichts gesagt, oder?"

Giselle lächelte. "Das glaube ich dir sofort. Und du bist eine Bereicherung für uns. Du hast mich und mein Kind gerettet, du hast Robs Großvater gerettet...Damit hast du auf ewig einen Platz hier verdient. Jetzt müssen wir nur noch dafür sorgen, dass du irgendwann eine eigene Familie bekommst.", erwiderte sie mit einem neckischen Zwinkern.
"Das werde ich sehr gerne tun. Sie ist mir jederzeit willkommen, wann immer sie mit mir sprechen möchte. Von Frau zu Frau sind die Dinge vielleicht ein bisschen einfacher." Einige Dinge würde das Mädchen einem Mann vielleicht gar nicht anvertrauen wollen, auch wenn er ihres Glaubens war.
Levis Freude bestätigte sie darin, denn sie hatte durchaus ein wenig Sorge wegen der Niederkunft. Aber sogar Levi schätzte die Lage besser ein als damals. "Du machst mir wirklich Mut. Ich hoffe es, ich will nicht noch einmal eine solche Qual durchstehen wie bei meinem kleinen Sohn. Doch denkst du wirklich, diesmal könnte es auf normalem Wege gelingen? Ohne dein scharfes Messer? Ich bin mir ziemlich sicher und habe bereits mit Elena gesprochen. Aber ich möchte keinesfalls auf deinen Beistand verzichten. Ich wollte nur sicher sein. Rob weiß allerdings noch nichts davon, ich hatte erst heute Morgen das Gespräch, das mir den Verdacht bestätigte. Er wird außer sich sein."

Levi

Levi winkte ab. "Hört auf, Mylady, sonst macht Ihr mich noch ganz verlegen." erwiderte er, nur um im nächsten Moment tatsächlich rot zu werden. "Ach nun ... das ... irgendwann vielleicht." brachte Levi etwas stockend hervor. Eine eigene Familie ... das war etwas, woran er lange Zeit keinen Gedanken verschwendet hatte. Als er hier angekommen war, hatte er sich etwas in Giselle verliebt, wenn er ganz ehrlich zu sich war. Allerdings war das ein Geheimnis, das er gut bewahrte und das nie an die Oberfläche kommen durfte. Aber dieser Umstand hatte auch dazu geführt, dass er nie ernsthaft über das Heiraten nachgedacht hatte.
Eilig ging er auf das unverfänglichere Thema ein. "Danke, ich glaube auch, dass es einfacher ist. Es ist schon eine große Hilfe, dass Euer Schwiegervater ihr eine eigene Magd zugestanden hat bis sie wieder genesen ist."
Er musterte Giselle nachdenklich und nickte schließlich. "Ich denke schon. Das Risiko ist bei euch natürlich nach wie vor noch höher als bei anderen Frauen, aber Euer Zustand ist so viel besser als beim letzten Mal und wir haben noch viel Zeit, um Euch vorzubereiten. Ich werde mir ein paar Gedanken machen und unseren Behandlungsplan noch etwas anpassen. Wir werden uns mehr auf Eure Beckenmuskulatur konzentrieren, werden Euch so etwas mehr auf das vorbereiten, was da kommt. Ja, ich denke, wir können dieses Mal viel zuversichtlicher sein." beschied Levi lächelnd.

Giselle lachte auf. "Ehre, wem Ehre gebührt, Levi.", erwiderte sie sanft. "Irgendwann vielleicht....warte nur nicht zu lange, Levi. Es würde dir wirklich gut tun. Es schmerzt mich zu sehen, dass du so einsam bist, während mir so viel Glück zuteil wird." Aber wer wusste schon, wie sich alles fügte. Möglicherweise fasste Miriam irgendwann ja Vertrauen zu ihrem Retter und dann blieb zu warten, was zwischen ihnen noch so entstand. "Mein Schwiegervater ist ein kluger Mann. Er weiß, wie die Dinge sind und handelt entsprechend, auch wenn es sich vielleicht nicht gehört."
Giselle neigte leicht den Kopf undd lächelte erleichtert. "Das klingt hervorragend. Es macht mir Mut, dass die Dinge diesmal besser laufen und schließlich habe ich dich nun von Anfang an hier, nicht wahr? Du wirst eingreifen können, sollte es notwendig werden. Also kann ich zuversichtlich sein. Und es endlich Rob sagen. Ich wollte ihm erst ein paar beruhigende Nachrichten überbringen können, denn er wird sich sehr freuen, sich aber auch sehr sorgen."

Levi

Levi senkte kurz den Kopf, wieder einmal überwältigt von Giselles Anteilnahme. Wie konnte ein Mensch nur so mitfühlend sein, sich so sehr um andere sorgen? Er sah wieder auf und schenkte Giselle ein Lächeln. "Mylady, ich bin nicht einsam." erwiderte er dann. "Wie könnte ich das hier auch? Ich habe Freunde gefunden, habe eine Arbeit die mich ausfüllt ... ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich habe." versicherte Levi. "Ich braucht Euch um mich nicht zu Sorgen."
Der junge Arzt nickte verständig und schmunzelte dann. "Oh ich denke, Ihr könnt ihm nun ruhigen Gewissens gute Neuigkeiten überbringen. Er wird sicher überglücklich sein." Allerdings fürchtete Levi auch, dass der junge Erbe Cornwall nach dieser Eröffnung noch ein ernstes Wort mit ihm zu reden hatte und Levi fühlte sich in Roberts Gegenwart immer ein klein wenig unwohl, vielleicht auch weil er fürchtete, Robert würde durchschauen, wie sehr Levi dessen Gemahlin verehrte.

Es war Abend geworden, als Rob heute von einem Ritt durch die umliegenden Dörfer zurückkehrte und Giselle erwartete ihn ungeduldig. Sie hatte kaum erwarten können ihm endlich die guten Neuigkeiten zu überbringen, doch sie musste sich in Geduld üben. Außerdem wollte sie es sich nicht sofort anmerken lassen, wenn er kam.
Als sie Schritte im Gang hörte, stützte sie sich am Tisch ab und stemmte sich in die Höhe. Wenn sie sich irgendwo festhalten konnte, gelang es ihr inzwischen auch, eine Weile allein zu stehen. Und sie mochte es, wenn sie ihren Mann auf Augenhöhe empfangen konnte.
Als er eintrat, schenkte sie ihm ein Lächeln. Diesen Abend würden sie nur für sich allein haben, William schlief längst und würde ihre Zweisamkeit nicht unterbrechen.
"Schön, dass du endlich zurück bist, Liebster. Wie war dein Tag?"

Rob war guter Stimmung als er am Abend auf dem Weg zu seinen Gemächern war. Der Tag war lang gewesen, aber ausgesprochen zufriedenstellend. Überall in den umliegenden Dörfern stand es zum Besten und die paar kleinen Streitigkeiten, die es gegeben hatte, hatte er schnell und einvernehmlich beilegen können.
Nun freute er sich auf einen ruhigen Abend mit Giselle und öffnete schwungvoll die Tür. Ein Lächeln trat auf seine Lippen als er seine Frau entdeckte, die ihn am Tisch stehend erwartete und rasch schloss er die Tür hinter sich. Rob trat zu Giselle und legte die Arme um sie, damit sie sich an ihm festhalten konnte und nicht länger am Tisch, dann küsste er sie zärtlich zur Begrüßung.
"Das finde ich auch. Es war ein guter Tag, den Dorfbewohnern geht es gut und es gab keine ernsten Konflikte, nur kleine Streitigkeiten, die rasch beigelegt waren. Cornwall blüht." erklärte er zufrieden und strich sanft über Giselles Wange. "Und wie war dein Tag? Hat dich unser kleiner Wirbelwind in Atem gehalten?"

Giselle legte die Hände an Robs Brust und nutzte den Halt bereitwillig aus, den er ihr bot. Das waren kleine Selbstverständlichkeiten, die Rob ihr bot, die sie ausgesprochen schätzte. Es gab ihr das Gefühl, eine ganz normale Frau zu sein.
Sie erwiderte den Kuss und lächelte zufrieden. "Das klingt doch hervorragend. Cornwall ist in gutem Zustand, also nichts, was beunruhigend wäre. Und wir haben den Abend für uns, Will schläft schon." Sie schmiegte das Gesicht in seine Handfläche und nickte. "Oh ja, das tut er doch immer. Er ist voller Energie, beginnt zu brabbeln und wir müssen ständig hinter ihm her sein, wenn er durch die Gegend krabbelte." Das wäre ohne eine junge Magd als Kindermädchen gar nicht möglich gewesen, weil sie ihrem Sohn nicht gut folgen konnte. Noch nicht. Aber sie hatte sich mit der jungen Frau angefreundet und so kamen sie gut zurecht.
"Und Levi hat mich wegen der Jüdin gefragt, ob ich nicht einmal mit ihr sprechen würde. Das arme Ding ist völlig verstört, es täte ihr sicher gut, sich einmal einer Frau anzuvertrauen. Ich habe zugestimmt, wenn sie soweit ist." Giselle sah in Robs Augen. "Und ich musste noch etwas Anderes mit ihm besprechen."

"Hm, auch das klingt hervorragend." Erwiderte Rob grinsend. Er liebte seinen Sohn und er ließ es sich nicht nehmen dem kleinen Will jede freie Minute zu widmen, aber ebenso genoss er die abendliche Zweisamkeit mit Giselle.
Rob lachte leise. "Wir werden uns noch umschauen, wenn der kleine Kerl erst einmal laufen kann." Scherzte er und lauschte dann aufmerksam Giselles Bericht über die junge Jüdin, die sein Vater und Levi gestern von ihrer Reise nach Tavistock mitgebracht hatten. Er lächelte sanft und küsste Giselle auf die Stirn. "Gut von dir. Ich bin sicher, sie wird aufblühen, wenn du dich ihrer annimmst." Versicherte Rob. Er wusste dass Giselle ein großes Herz hatte und mit ihrem sonnigen Gemüt steckte sie einfach jeden an.
Dann wurde er allerdings ernst und zog eine Augenbraue in die Höhe. "So? Was ist geschehen? Geht es dir nicht gut? Bist du krank? Oder ist etwas mit Will?" Fragte Rob sogleich besorgt.

"Oh ja, das glaube ich auch. Dann werden wir alle Hände voll damit zu tun haben ihn zu hüten. Aber ich liebe sein lebhaftes Wesen."
Giselle nickte etwas ernster. "Ich hoffe es. Sie hat so viel durchleiden müssen, ich möchte, dass sie sich hier wohl fühlt. Und das wird sie eher, wenn sie Vertrauen fasst. Vielleicht gelingt ihr das bei mir eher. Sie heißt Miriam. Ich bin wirklich froh, dass dein Vater und Levi sie aus dieser Hölle geholt haben. Ich habe sie gestern vom Fenster aus gesehen, sie ist so unfassbar dünn. Ich glaube, ich habe noch nie jemanden gesehen, der so....mager ist.", offenbarte sie schaudernd, wandte sich dann aber wieder erfreulicheren Themen zu.
Sie gab Rob einen weiteren Kuss und lächelte dann. "Mach dir keine Sorgen, alles ist gut. Es geht mir hervorragend. Wir....bekommen ein zweites Kind, Rob.", offenbarte sie ihm dann. "Und Levi sagt, diesmal wird es viel leichter werden."

Rob grinste breit und nickte. "Oh ja, ich auch. Allerdings frage ich mich auch immer woher er das wohl hat." neckte er leicht. Er konnte sich nur zu gut vorstellen, dass Giselle als kleines Kind auch wie der Wind durch die Gegend gehuscht war. Und mit Levis Hilfe und Gottes Gnade würde sie es womöglich eines Tages auch wieder können.
Rob zog seine Gemahlin instinktiv fester an sich als sie von der geschundenen Jüdin erzählte. "Wirklich grauenvoll wozu Menschen in der Lage sind." Murmelte er unbehaglich. Er wollte sich gar nicht vorstellen, wie sehr das arme Mädchen gelitten haben musste. Gequält und ausgehungert ... unvorstellbar.
"Gut, dass sie nun hier ist. Sie wird in aller Ruhe wieder genesen können und du wirst sehen unsere reizende Köchin bekommt auf jedes noch so dürre Hemd wieder was drauf." Muntere er Giselle dann etwas auf.
Der Kuss und ihr Lächeln nahmen ihm die Sorge um sie und den Jungen sogleich wieder dennoch hatte er im nächsten Moment das Gefühl als sei er gegen eine Mauer gelaufen.
Schwanger. Giselle war wieder schwanger.
Die Freude brach sich Bahn und er begann bereits zu strahlen als die Furcht ihn einholte und die Erinnerung an das letzte Mal. "Großer Gott, dass letzte Mal bist du dabei fast gestorben!" wisperte er heiser. Sie und der Junge, um ein Haar hätte er sie verloren gehabt. "Was ... was heißt leichter?" Fragte er dann ein wenig misstrauisch. Leichter hieß nicht leicht ... musste Levi seine Frau womöglich erneut aufschneiden?

"Ich erinnere mich da an Geschichten von einem kleinen Jungen, der seiner Mutter abhanden gekommen ist, um seinem Vater vor die Füße zu laufen.", neckte Giselle. "Er hat dieses lebhafte Wesen also zweifelsohne von dir geerbt." Und sie freute sich darüber, dass ihr Kleiner so viel von seinem Vater hatte. Sie schmiegte sich enger an Rob.
"Ja, kaum vorstellbar. Besonders, weil es ein Priester ist, der eigentlich Barmherzigkeit leben sollte. Doch Fanatiker gibt es wohl überall. Es gibt auch Priester, die der Meinung sind, mein Leiden sei eine Strafe für Sünden, die ich begangen habe. Wie ich solche als Kind begangen haben soll, weiß ich zwar auch nicht, aber....nun ja, mein Vater hat sie auch zum Schweigen gebracht. Du hast aber ganz Recht, die alte Bertha bekommt jeden gut genährt. Auch Miriam wird bald nicht mehr aussehen wie ein Knochengerüst." Giselle beobachtete seine Reaktion ganz genau und sie fiel exakt so aus, wie Giselle es erwartet hatte. Rob freute sich - eigentlich.
"Aber nur fast. Und dieses Mal wird es nicht soweit kommen. Meine Muskulatur ist viel stärker als letztes Mal, sonst könnte ich mit dir nicht so hier stehen. Levi wird mit mir die nächsten Monate meinen Behandlungsplan so umstellen, dass er die Beckenmuskulatur besonders stärkt und dieses Kind dieses Mal ohne Hilfe auf normalem Weg zur Welt kommen kann. Sollte es nicht gelingen, ist er dieses Mal ja von Anfang an da um einzugreifen. Also sorge dich nicht..."

Rob lachte leise. "Nun ja, das war ja aber nur aus der Not heraus. Ich musste die beiden doch schließlich noch rechtzeitig zusammen bringen." erklärte er amüsiert. Er selbst erinnerte sich nicht an diese Episode seiner Kindheit, er war einfach noch zu klein gewesen, aber im Laufe seines Lebens hatte er es immer wieder und wieder erzählt bekommen.
"Welche Sünde könntest du denn überhaupt begehen, mein Engel?" wisperte Rob und küsste Giselle zärtlich. Wie grauenvoll es für sie gewesen sein musste, solche Dinge zu hören. Er fühlte wirklich mit ihr, wusste er doch zu genau, was Worte anrichten konnten. Rob selbst hatte schließlich lange genug darunter gelitten, dass die Menschen mehr oder weniger hinter vorgehaltener Hand über ihn getuschelt hatten.
Rob gab einen kläglichen Laut von sich. "Nur fast ..." wiederholte er ungläubig. "Nur fast war mehr als schlimm genug." Er zog Giselle enger in seine Arme, hielt sie einen Moment lang einfach schweigend fest, dann überwand er sich. "Und ... du vertraust ihm in dieser Sache, ja? Du bist wirklich sicher, dass es gelingen wird?" fragte er leise. "Versteh mich nicht falsch, Giselle, ich liebe unseren Sohn und ein Geschwisterchen für Will wäre ein wahres Gottesgeschenk, nur ... bei allen Heiligen, ich würde es nicht ertragen, sollte ich dich dadurch verlieren." Immerhin kannten sie das Risiko und es gab Mittel und Wege eine Schwangerschaft zu verhindern, auch wenn Rob diese nicht allzu genau kannte.

"Das stimmt, das musstest du auf jeden Fall. Es wäre ein Jammer, wärst du nicht hier. Dann hätte ich dich nämlich gar nicht heiraten können und alle diese wundervollen Dinge wären nicht passiert." Das wollte sie sich gar nicht vorstellen, so sehr wie sie dieses Leben liebte. "Aber ich befürchte, ich sollte mich wieder setzen, meine Beine fangen an zu zittern." Dass sie überhaupt solange stehen konnte, war schon ein kleines Wunder. "Wenn du mir hilfst, schaffe ich es vielleicht noch auf eigenen Füßen zum Bett." Das war ehrgeizig, aber zu schaffen, fand sie.
"Hm, wahrscheinlich mehr, als ich selbst weiß, aber solange Gott mir vergibt. Und das tut er wohl, sonst würde ich nicht wieder laufen lernen. Aber als Kind ist es schwierig, solche Dinge zu ertragen. Wer wüsste das besser als du..."
Sie teilten in dieser Hinsicht ein Schicksal und das verband sie nur noch mehr. "Ja, ich weiß...", murmelte sie beruhigend. "Aber diesmal wird es anders laufen. Ich vertraue ihm vollkommen, bei meinem Leben. Wie kann ich ganz sicher sein, das liegt in Gottes Hand, aber ja, ich bin mir ziemlich sicher." Sie gab ihm einen Kuss.
"Ich weiß. Ich möchte so gern ein Geschwisterchen für Will. Das wollte ich von Anfang an. Ich bin zäh, du wirst mich nicht verlieren. Aber ich...." Giselle seufzte tief. "Ich verspreche dir, sollte es dieses Mal wieder so schwerwiegende Komplikationen geben, werde ich danach sehen, dass ich eine weitere Schwangerschaft verhindere." Auch wenn ihr das nicht behagte, aber es war dann die einzige Möglichkeit.

"Das will ich mir gar nicht ausmalen, was hätte ich alles verpasst ..." erwiderte Rob mit zärtlichem Lächeln. Giselle war das wundervollste was ihm in seinem Leben je passiert war und er dankte Gott noch immer täglich dafür, dass er ihn nach Fenwick geschickt hatte und er dort ein wenig auf Abwegen geraten auf Giselle gestoßen war.
Rob nickte entschlossen und legte einen Arm um Giselles Taille. "Bett klingt gut." murmelte er und führte sie langsam zum Bett hinüber. Dort setzte er sich mit ihr zunächst auf die Kante und nahm ihre Hände in die seinen. "Wie stark du bist, meine Liebe." stellte er einmal mehr fest. Es war wirklich beeindruckend, welche Entschlossenheit Giselle an den Tag legte, dass sie sich nicht scheute vor dieser immens schwierigen Aufgabe, sondern sich mit allem Mut Stück für Stück voran arbeitete.
Rob seufzte leise. "Ja, wer wüsste das besser als ich. Wir beide haben viel durchgestanden in dieser Hinsicht. Und ich werde Gott auf Knien dafür danken, wenn keines unserer Kinder je so etwas erleben muss." Nicht im zarten Kindesalter, wenn die Seele noch so verletzlich war. Später, wenn man erwachsen war, waren Worte nicht weniger schmerzhaft, aber man konnte besser damit umgehen, war, wenn man Glück hatte, bereits zu einer starken Persönlichkeit heran gewachsen.
Rob erwiderte den Kuss und lehnte dann seine Stirn sachte an Giselles. "Also gut, wenn du so entschlossen bist und mir zusagst, Will und mich nicht alleine zu lassen ..." Er lächelte sanft und strich ihr über den Rücken. "Gut von dir. Aber erst einmal sollten wir uns wohl auf das konzentrieren, was da in dir heran wächst. Über alles andere können wir uns danach noch Gedanken machen." Aber insgeheim war Rob heilfroh, dass Giselle diese Sache zumindest jetzt schon einmal selbst in Erwägung zog.

Es war überaus anstrengend, die wenigen Schritte bis zum Bett zurückzulegen und sie stützte sich schwer auf ihren Mann. Als sie sich schließlich setzen konnte, stand ihr der Schweiß auf der Stirn, aber sie war zufrieden, denn sie schaffte immer ein kleines bisschen mehr.
"Es wäre ja schlimm, wenn all die Übungen nicht anschlagen würden. Aber ich gebe zu, ich bin selber immer wieder fasziniert, wie gut es inzwischen geht und wie stark meine Beine geworden sind. Ich kann mich manchmal sogar loslassen beim Stehen, aber noch nicht länger als ein, zwei Augenblicke.
Giselle schloss die Augen, als er die Stirn an ihre legte. "Oh, wie könnte ich das? Ich liebe meine beiden Männer doch viel zu sehr. Levi wird schon gut für meine Gesundheit sorgen, das ist ihm ein ganz persönliches Anliegen. Du hast natürlich vollkommen Recht. Verhindern können wir es jetzt ohnehin nicht mehr und ich freue mich auf dieses Kind in meinem Bauch. Und danach unterhalten wir uns über die Zukunft. Dann wird Hermes wieder ein Weilchen auf mich verzichten müssen."

Rob schüttelte leicht den Kopf und hauchte Giselle einen Kuss auf die Lippen. "Aber mir wäre wohler dabei, wenn du das Loslassen nicht alleine übst, hörst du?" Er wollte sich gar nicht ausmalen, was passieren konnte, wenn Giselle in so einem Moment einfach die Kraft verließ.
"Das will ich dir auch geraten haben, denn deine beiden Männer könnten nie auf dich verzichten." erwiderte Rob, zog dann aber spöttisch eine Augenbraue in die Höhe. "Ja ja, ein sehr persönliches Anliegen." spöttelte er, denn ihm entging keineswegs, dass Levi für Giselle so ziemlich alles tun würde.
Rob zog sich die Stiefel aus, rutschte etwas weiter auf das Bett und zog Giselle dann zwischen seine angewinkelten Beine, so dass sie den Rücken gegen seine Brust lehnen konnte. "Ich denke, Hermes wird es verkraften. Ich werde dafür sorgen, dass er nicht zu faul wird in der Zeit, versprochen." sicherte er Giselle augenzwinkernd zu und legte dann die Hände auf ihren noch flachen Bauch. "Wir werden also noch einmal Eltern ..." murmelte er zufrieden.

Giselle hob leicht die Augenbrauen, nickte dann aber ergeben. "Na gut. Zumindest nicht, bis es ein bisschen besser geht. Meistens sind ja doch Levi oder du dabei, wenn ich meine Übungen mache." Denn gerade für Übungen um Stehen und für ein paar Schritte brauchte sie jemanden, der sie Stützte, wie es eben gerade notwendig war.
"Nun sei nicht so gemein. Ich weiß, er hängt ziemlich an mir. Ihm ist wichtig, dass mir nichts passiert und er ist sonst eben recht einsam hier. Ich hoffe ja ein wenig, dass er und Miriam ein bisschen mehr Vertrauen zueinander fassen. Vielleicht ergibt sich daraus etwas."
Sie lehnte sich bereitwillig an seine Brust. "Das ist gut. Oh ja...wir werden noch einmal Eltern. Deie Großeltern werden sich so sehr freuen, wenn sie einen zweiten Urenkel bekommen, den sie nach ihrer Reise begrüßen können."

Rob hauchte einen Kuss auf Giselles Schläfe. "Danke. Mir ist einfach wohler dabei, gerade im Moment wo du so gute Fortschritte machst, es dich ja aber doch noch sehr anstrengt. Da übe ich lieber jeden Tag hundert Mal mit dir als dass du es einmal alleine tust und dir etwas zustößt." erklärte sein Anliegen.
Rob lächelte spöttisch. "Ich bin nicht gemein, ich sage nur die Wahrheit. Er lag dir doch vom ersten Tag an schon völlig zu Füßen." erinnerte er sie und grinste dann. "Oh, gut. Zu der Hochzeit würde ich in jedem Fall meine Zustimmung geben." bemerkte Rob und spielte damit bewusst auf Bills Anfrage bezüglich Madeleine an. Er hatte sich damit ziemlich schwer getan, war Madeleine doch die Mutter seiner zwei kleinen Töchter, aber letztlich hatte er ihrem Glück ja nicht im Wege stehen wollen.
"Oh ja, sie werden überglücklich sein. Und Vater sicher auch, wenngleich ich nicht sicher bin, wie sehr er sich an das Großvaterdasein schon gewöhnt hat." bemerkte er amüsiert.

"Ich kann inzwischen ganz gut einschätzen, wann mich die Kraft verlässt, aber ich will dir schließlich nicht noch mehr Sorgen bereiten, daher werde ich dir zuliebe nur in Begleitung diese Dinge üben." Rob nahm schon genug Rücksicht auf sie, da musste sie ihm einfach ein bisschen entgegen kommen.
"Zugegeben, aber doch nur, weil er endlich ein Zuhause gefunden hat und er sich mit mir so gut unterhalten kann. Letztlich ist es ja auch nur gut, dass er mir so zu Füßen liegt, sonst hätte er sich mit mir sicherlich nicht so sehr abgemüht. Wir haben ihm mein Leben und Wills zu verdanken."
Giselle hob die Schultern. "Wir werden sehen, was so dabei heraus kommt. Für unmöglich halte ich es nicht, auch wenn ich das Mädchen noch nicht kenne."
Sie musste lachen. "Oh, dein Vater hat sich doch sicherlich damit abgefunden. Er vergöttert Will und außerdem haben Diana und auch Joanna ihn inzwischen zum Großvater gemacht. Langsam müsste er sich daran gewöhnt haben."
Schließlich hatte auch Joanna vor wenigen Wochen ihrem Daniel den ersten Sohn geboren. Der Earl of Kent teilte also das Schicksal ihres Schwiegervaters.

Rob neigte leicht den Kopf und deutete damit eine Verbeugung an. "Vielen Dank für deine Großzügigkeit, meine Liebe." Dann winkte er eilig ab. "Ach weißt du, im Grunde ist es mir egal aus welchen Gründe er es tut. Hauptsache er behandelt dich mit allen Möglichkeiten die er zur Verfügung hat. Soll er dich mit seinen Blicken ruhig ein wenig anhimmeln." Letztlich wusste Rob ja, dass er Giselle vertrauen konnte und da nie etwas passieren würde zwischen ihr und dem jungen Arzt.
"Da hast du allerdings Recht. Aber wer könnte diesen kleinen Kerl auch nicht vergöttern? Da ist vermutlich auch das Alter leichter zu ertragen." scherzte er sanft und stützte dann sachte sein Kinn auf Giselles Schulter ab, während seine Hände weiter zärtlich über ihren Bauch strichen. "Ich liebe dich, Giselle." erklärte Rob leise.

"Ich will die Dinge ja auch nicht schlimmer machen und meine eigenen Fortschritte verbauen. Und ich bin froh, dass du Levi gegenüber so großzügig sein kannst, auch wenn es dir nicht gefällt, dass er mich ein bisschen zu sehr veehrt." Levi versuchte es gut zu verbergen, aber Giselle wusste, Rob hatte Recht. Levi himmelte sie an und hegte ein bisschen mehr als freundschaftliche Gefühle für sie. Da er aber stets professionell blieb und sie natürlich auch niemals Rob hintergehen würde, vertraute Rob ihr. "Das wird aufhören, wenn er eines Tages endlich die richtige Frau trifft. Es tut mir immer leid, dass er so einsam ist, auch wenn er sagt, es wäre nicht so."
Sie lächelte zufrieden, während er ihren Bauch liebkoste. "Und ich liebe dich, Rob." Ohne ihn wäre ihr Leben so ganz anders verlaufen, voller Einsamkeit. Doch er hatte an sie geglaubt und alle Einschränkungen in Kauf genommen.

"Wieso auch nicht? Seinen Fähigkeiten habe ich zu verdanken, dass ich Will und dich habe und dass du mit so viel Begeisterung wieder lernen kannst zu gehen. Das ist so viel mehr wert als mein angekratzter Stolz wenn er dich wieder einmal schmachtend ansieht." erwiderte Rob lächelt und gab Giselle noch einen Kuss. "Außerdem weiß ich genau, dass die schönste Frau der Welt nur mich allein liebt, weshalb mir also zu viele Gedanken machen?" wisperte er gegen ihre Lippen.
Dann nickte er leicht und zuckte mit den Schultern. "Wer weiß, vielleicht hat er das ja schon und muss es in nächster Zeit nur noch selbst heraus finden." bemerkte Rob, der sich durchaus vorstellen konnte, dass sich zwischen Levi und dieser Miriam mehr entwickeln konnte, wenn das Mädchen erst wieder Vertrauen in die Welt fasste. Sie hatten beide die gleichen kulturellen Wurzeln, hatten beide leidvolle Erfahrungen in ihrem Leben gemacht und nun hatte Levi ihr aus dieser Situation geholfen und pflegte sie gesund. Wenn Miriam kein völlig abweisendes Wesen hatte, waren diese Dinge schon genug, um ein Band zwischen den beiden zu knüpfen.
Rob grinste und ließ seine Lippen sachte über Giselles Hals streichen. "Ich Glückspilz." bemerkte er zufrieden, während seine Hände nun etwas aufwärts wanderten. Sie hatten den Abend schließlich für sich allein, das konnte man ruhig ausnutzen, fand er.