William und Joanna - ab 1181 bis 1182

John seufzte und ließ Rob gehen. Es hätte ohnehin keinen Sinn gemacht, ihn jetzt noch aufzuhalten. Er wäre nur wütender geworden. Er packte seine Sachen zusammen und machte sich auf den Weg zu William. Dieser befand sich zu dieser Tageszeit für gewöhnlich in seinem Arbeitszimmer und tatsächlich, dort fand er ihn auch.
Er klopfte und trat ein, ließ sich auf einen Stuhl sinken. "Ich denke, wir haben ein Problem mit deinem Enkel. Er zieht sich völlig zurück, ist unaufmerksam und wenn man ihn darauf anspricht, wird er wütend. Ich denke, diese ganze Geschichte geht ihm näher, als wir dachten."

William sah auf als es klopfte und ein Lächeln trat auf seine Lippen. "John, gut dass du kommst." begrüßte er seinen Freund, wurde dann jedoch schlagartig ernst. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und seufzte leise. "Ja, das hatte ich durchaus befürchtet." murmelte er und griff nach der Karaffe auf dem Tisch, um sich Wein einzugießen. Er sah John fragend an. "Willst du was trinken? Ich habe auch Wasser da ..."
Dann legte er die Stirn in Falten und dachte nach. "Du bist heute also mit ihm aneinander geraten, was? Deshalb kommst du doch her, oder?"

John lächelte zurück und nickte dann. "Etwas Wasser wäre nicht schlecht, ich komme geradewegs vom Unterricht.", erklärte er. Und Wein rührte er nicht mehr an, seit er solche Probleme damit gehabt hatte. Das hatte er sich geschworen. Nie wieder wollte er so abstürzen.
"Ja, ich habe bemerkt, dass er gar nicht zuhört und unkonzentriert ist. Dabei war er früher so motiviert, so lernwillig. Ich habe ihn gefragt, was los ist. Was passiert ist. Er wollte nicht mit mir reden und ist wütend geworden. Er hat das Gefühl alles falsch zu machen. Irgendetwas muss passieren. Ich wollte erst mit dir sprechen, bevor ich Robert beunruhige. Hast du noch eine Idee, wie wir an den Jungen heran kommen können?"

William goss John bereitwillig Wasser ein und reichte ihm den Becher. Dann seufzte er leise. "Der arme Kerl, ich kann verstehen, dass er nicht weiß wohin mit seinen Gefühlen." murmelte William und strich sich nachdenklich über das Kinn.
"Weißt du was, sag Robert nichts davon. Ich werde den Kleinen mal suchen und schauen, ob ich ihn nicht zu einem Ausritt mitnehmen kann. Vielleicht kann ich ihm ja das ein oder andere entlocken, was ihn belastet. Und dann sehen wir weiter. Ich kümmere mich schon darum." entschied William dann. Er liebte seinen Enkel wirklich von Herzen und es hatte ihn wirklich betrübt zu hören, dass Rob solche Probleme hatte.
"Aber wo du gerade hier bist, wie macht sich eigentlich dein Schüler? Mir scheint, als wäre es die richtige Entscheidung gewesen Hal hier zu behalten, oder?" erkundigte William sich neugierig, wenngleich er in Gedanken immer noch bei seinem Enkel war.

John nickte. "Ich auch...er tut mir wirklich leid und ich weiß, dass Robert sich Vorwürfe macht, weil er Rob das zugemutet hat. Aber letztendlich hatte er nicht wirklich eine andere Wahl." John lächelte. "Ich hatte gehofft, du würdest dich der Sache annehmen. Rob liebt dich und er liebt Pferde, vielleicht tut ihm das wirklich gut."
Der Kleine hing sehr an seinem Großvater, die Beiden hatten wirklich ein gutes Verhältnis. "Robert macht sich große Sorgen, vielleicht können wir sie ihm ein bisschen nehmen."
John lächelte zufrieden. "Ausgezeichnet. Hal und ich arbeiten hervorragend zusammen, gerade auch im Hospital. Es läuft sehr gut. Er ist engagiert und lernwillig. Es war eine gute Entscheidung. Und ich habe überlegt, wie wir ihn hier halten könnten. Lionel ist nicht mehr der Jüngste, vielleicht bräuchten wir langsam einen Nachfolger, den Lionel selbst noch an die Leute heran führen kann."

William erwiderte das Lächeln und nickte. "Wenn wir hier fertig sind, werde ich den Jungen suchen gehen. Dann schauen wir mal, ob ich nicht ein wenig an ihn heran komme und mit meinem Sohn spreche ich später darüber. Wir finden eine Lösung, da bin ich sicher."
William nahm einen großen Schluck und grinste dann breit. "Ah, ich sehe, du machst schon Pläne." neckte er leicht und nickte dann. "Aber das klingt ausgesprochen vernünftig. Der Bursche gefällt mir und wenn du zufrieden mit ihm bist, könnten wir wohl kaum einen besseren für diese Aufgabe finden." schloss William zufrieden. "Sei so gut und sprich mit Hal. Finde raus, was er von der Idee halten würde und wenn er einverstanden ist, werde ich mich um alles weitere kümmern und mit Lionel reden. Ich denke, er wird nicht böse darum sein ein paar Aufgaben abgeben zu können. Er wird wie wir alle nicht jünger."

John war erleichtert, dass er dieses Problem in Williams Hände legen konnte. Er wusste nicht recht, wie er es dem Jungen einfacher machen sollte. Das war nicht so leicht in dieser Situation.
Dennoch musste er grinsen. "Oh ja, das tue ich. Es wäre töricht einen solch fähigen Mann gehen zu lassen, damit er sich in andere Dienste stellt. Und ich glaube, er fühlt sich sehr wohl hier." John nickte zustimmend.
"Das werde ich. Ich werde ihn ein wenig in diese Richtung stupsen und herausfinden, was er davon hält. Ich denke auch, dass Lionel letztlich froh sein wird. Aber bring es ihm vorsichtig bei, dass er nicht denkt, wir würden ihn gleich ersetzen."

William nickte zufrieden. "Das klingt nach guten Voraussetzungen will ich meinen." erwiderte William und leerte seinen Becher, um sich dann zu erheben. "Keine Sorge, ich werde es ihm schonend beibringen und dafür sorgen, dass er die guten Seiten daran entdeckt." versicherte William.
"Und nun sollte ich wohl mal nach meinem kleinen, verzweifelten Enkel suchen. So wie ich ihn kenne treibt er sich irgendwo in den Ställen herum ..." In diesem Punkt waren sie sich beide sehr ähnlich, William genoss die Atmosphäre der Stallungen und die Anwesenheit der Pferde auch jedes Mal ungemein und fand dort immer eine gute Ablenkung.

Rob

Rob hatte sich zu Bukephalos verkrochen. Der kleine Ponywallach döste entspannt in seiner Box und duldete den Zweibeiner gutmütig, der sich an seine Seite schmiegte und ein paar Tränen vergoss. Es war einfach so ungerecht. Ständig machte er alles falsch. Man verlangte von ihm sich mehr Mühe zu geben, dann verlangte man von ihm, er solle ja kein Earl werden, weil er doch zu minderwertig sei.
Er wollte einfach nur seine Ruhe haben. Am liebsten würde er nie wieder aus dem Stall hervor kommen. Sein Pferd verstand ihn wenigstens. Er wollte niemanden sehen, schon gar nicht John oder seine Eltern...Die konnten ihm gestohlen bleiben.

William hatte sich auf den Weg zum Stall gemacht und wie vermutet wurde er fündig. Er trat langsam an die Box von Robs Pony heran und stützte die Ellenbogen auf der Boxentür ab.
"Wirklich ein tapferer kleiner Kerl, dein Bukephalos, dass er mit dir durch halb England gereist ist ... keine schlechte Leistung für seine kurzen Ponybeine, meinst du nicht?" fragte William sanft und ließ den Blick bewusst über das Pony gleiten und sah nicht auf Rob hinunter, damit dieser Gelegenheit hatte seine Tränen weg zu wischen. Er wusste zu gut, wie unangenehm es sein konnte mit Tränen in den Augen erwischt zu werden, besonders wenn man das Gefühl hatte man müsse es ohnehin gerade mit der halben Welt alleine aufnehmen.
"Hast du ihm heute schon ein wenig Bewegung verschafft? Ich wollte ein wenig ausreiten und dachte, du würdest mich vielleicht begleiten wollen."

Rob

Rob sah erst einmal nicht auf, als er die vertraute Stimme seines Großvaters hörte. Er liebte seinen Großvater sehr, aber gerade auch deshalb war es ihm peinlich, dass der ihn so fand. Er wischte sich mit dem Ärmel über die Augen.
"Ja, schon...ich bin auch wirklich stolz auf ihn." Sein Pony war einfach das Beste in ganz England. Es hatte den Weg nach Hause für ihn gefunden.
Rob zögerte einen Moment. Eigentlich wollte er gar nicht mehr raus, aber Ausritte mit seinem Großvater waren so selten und immer etwas Besonderes.
"Ja...In Ordnung. Ich habe ihn noch nicht bewegt...", stimmte er dann zögernd zu.

William nickte lächelnd. "Und das auch zurecht. Er ist ein prächtiger Kerl, der seinem Namenspaten alle Ehre macht." erwiderte William und wartete geduldig ab bis Rob sich schließlich dazu durch gerungen hatte und einwilligte.
"Na fein, dann mach ihn mal fertig und wir treffen uns gleich draußen im Burghof." entschied William und wandte sich ab, um sein Pferd fertig zu machen. Er überlegte einen Moment und entschied sich dann dafür Ardeur zu nehmen. Lächelnd strich er dem Fuchs über die Nüstern. "Na, was ist mein Alter? Ein kleiner Ausritt wird dir sicher gut tun, hm? Bringt die alten Knochen etwas in Schwung."
Mit geübten Handgriffen machte er den Hengst fertig und führte ihn dann hinaus in den Hof, um dort auf Rob zu warten.

Rob

Das Lob seines Großvaters für sein Pony entlockte Rob dann doch ein Lächeln. Er nickt mit etwas mehr Elan und machte sich dann daran Bukephalos zu satteln und aufzutrensen, ehe er ihn in den Burghof führte, wo sein Großvater bereits auf ihn wartete.
Rasch saß der Junge im Sattel und verließ so neben dem Schlachtross seines Vaters den Burghof. Was für ein merkwürdiges Paar sie doch abgeben mussten.
Er schwieg eine ganze Weile, fast ein wenig unbehaglich, weil er nicht wusste, was er sagen sollte. Und er hatte so eine Ahnung, was sein Großvater bezweckte.
"John war bei dir und hat sich beschwert, oder?", platzte es schließlich aus ihm heraus.

William stieg in den Sattel als Rob sein Pony in den Burghof führte und in ruhigem Tempo verließen sie den Hof. Schweigend ritten sie nebeneinander her und William richtete ganz bewusst das Wort nicht an seinen Enkel, um diesem einfach Zeit zu lassen. Rob war ein cleveres Kerlchen, er würde ohnehin durchschauen, wie es ausgerechnet heute zu diesem Ausritt gekommen war und William wollte ihn nicht zu einem Gespräch drängen.
Als seinem Enkel das Schweigen wie erwartet zu lang wurde, musste William kurz lächeln, dann nickte er, schüttelte aber gleich darauf den Kopf. "Er war bei mir, da hast du Recht, aber er hat sich nicht beschwert. Du solltest John besser kennen, Bursche. Er hat mir lediglich davon erzählt, dass du im Unterricht ungewöhnlich still bist und wenig bei der Sache." erwiderte William und nahm den Blick vom Weg, um Rob anzusehen. "Denkst du denn, er hätte sich über dich beschweren sollen?"

Rob

Rob seufzte ein wenig genervt. "Was letztendlich doch dasselbe ist, oder? Er hätte es auch einfach auf sich beruhen lassen können, dann wäre es auch in Ordnung gewesen."
Rob presste die Lippen aufeinander. "Sie sind eh alle gleich...ich kann es doch sowieso keinem Recht machen.", erklärte er missmutig. "Alle haben immer nur etwas an mir auszusetzen. Gib dir mehr Mühe, du bist viel zu minderwertig...Und an allem bin ich Schuld. Er hätte sich nicht beschweren sollen, ich habe nichts falsch gemacht. Ich habe ihm nur gesagt, dass er mich in Ruhe lassen soll, weil ich nicht darüber reden will."

William wog den Kopf sachte hin und her. "Nicht ganz. Es gibt da schon gewisse Unterschiede. Aber letztlich hat es doch für dich keine Konsequenzen, dass er es mir gesagt hat ... oder findest du es so furchtbar mit mir auszureiten?" fragte William forschend.
Dann nickte er bedächtig. "Ein fürchterliches Gefühl, nicht wahr? Egal wie viel Mühe man sich gibt, es wird einfach nicht honoriert. Mein Vater war ein Meister darin, mich seine Geringschätzung spüren zu lassen." erwiderte William nachdenklich und ließ den Blick nach vorne wandern, betrachtete den Wald, der nun direkt vor ihnen lag ein wenig versonnen.
Einen Moment lang schweig er, dann sah er Rob wieder an. "Willst du mir erzählen, was der Kerl in Surrey mit dir gemacht hat?" fragte er dann ruhig.

Rob

Rob kaute auf seiner Unterlippe herum. "Nein...aber trotzdem. Er hätte es dir gar nicht sagen müssen. Er hätte es einfach für sich behalten können. Ich hab schon Ärger genug..."
Er schaute seinen Großvater zweifelnd an und nickte dann. Offenbar kannte der dieses Gefühl wirklich gut, etwas, was er nicht erwartet hatte. "Du verstehst mich?", fragte er ein wenig ungläubig, schüttelte dann aber vehement den Kopf.
"Nein.", widersprach er. Er wollte nicht darüber reden. Er wollte es einfach vergessen. Aber dann dachte er darüber nach, dass es vielleicht gut tun würde, sich jemandem anzuvertrauen.
"Er hat...mir gesagt, dass ich nicht wert bin Unterricht zu bekommen, weil ich...weil ich in Sünde geboren und gezeugt bin. Und dann er mit dem Stock auf meine Hände geschlagen....und...und ein anderes Mal auf meinen Rücken...mit dem Gürtel.", murmelte er kaum hörbar und sah hinab auf die Mähne seines Ponys.

William zuckte leicht mit den Schultern. "Aber du hast dadurch ja keinen weiteren Ärger bekommen, also sei nachsichtig mit John, ja? Er macht sich nur Sorgen." erwiderte William und nickte dann. "Und ob. Solange mein Vater am Leben war, habe ich immer versucht von ihm Anerkennung zu bekommen ... ein furchtbar schwieriges Unterfangen. Und du kannst dir nicht vorstellen, wie oft er mich verprügelt hat als ich noch ein junger Bengel war. Immer wenn ihm etwas an mir und meinem Verhalten nicht gepasst hat, hat er zugeschlagen, damit ich ihm gegenüber mehr Respekt zeigte." William schnaubte verächtlich. "Was für eine absurde Vorstellung. Als könne man sich durch Schläge wirklich Respekt verschaffen ..."
Er nickte knapp als Rob so vehement ablehnte und ließ die Sache auf sich beruhen. Als sein Enkel dann allerdings doch zu erzählen begann, musste William ein Lächeln unterdrücken und zwang sich zu einer ernsten Miene, denn das, was Rob da erzählte, war in der Tat ungeheuerlich.
Missbilligend schnalzte er mit der Zunge. "Was für ein Unfug. Wie kann etwas Sünde sein, das aus der bedingungslosen Liebe zweier Menschen zueinander entstanden ist?" William schüttelte den Kopf. "Da sieht man einmal, dass viele Priester nicht die geringste Ahnung vom Leben haben." bemerkte er spöttisch, wurde dann jedoch wieder ernst und sah Rob an. "Und deshalb hast du dich dann entschieden Surrey zu verlassen, hm?"

Rob

"Hm...", brummte Rob zustimmend. Er war trotzdem nicht begeistert davon, aber besser, John ging zu seinem Großvater als zu seinem Vater. Mit dem konnte er besser über solche Sachen reden, er verstand ihn besser. "Wirklich?", fragte er interessiert nach. Es beruhite ihn, dass er nicht allein mit diesem Gefühl auf der Welt war.
"Nein, Respekt sicher nicht...Ich hasse Pater Philip...", stieß er zornig hervor. "Meinst du das wirklich? Dass er nicht Recht hat? Oder sagst du das nur so? Viele Leute sagen das. Sie sagen, ich bin nur ein Bastard und nicht gut genug um irgendwann Earl zu werden.", erzählte er betrübt.
"Papa sagt immer, ich soll mich zusammen reißen und es nicht so an mich heran lassen, was sie erzählen, aber das kann ich nicht. Ich hab es wirklich versucht, aber das war zu viel verlangt. Und als er mich dann mit dem Gürtel verprügelt hat, wollte ich nur heim.."

William nickte. "Wirklich." bestätigte er und seufzte leise. "Ja, das kann ich verstehen. Solche Menschen wie diesen Philip sollte man einfach in die Wüste schicken ..." murmelte William und grinste dann breit. "Du frecher Bengel, willst du etwa behaupten, ich würde lügen?" neckte er Rob sanft. "Natürlich meine ich das. Wusstest du, dass Urgroßvater ein Bastard war? König Henry I. war mit einem ganzen Stall voller unehelicher Kinder gesegnet und eins davon war mein Vater." William hob leicht die Schultern. "Er hats auch zum Earl geschafft, wieso du nicht auch? Und du kennst doch sicher William den Eroberer, oder? Wusstest du, dass man ihn William den Bastard nannte, bevor er England erobert hat? Und drei Mal darfst du raten, wieso er diesen Beinamen hatte."
William lächelte sanft. "Dein Vater hat natürlich Recht, wenn er sagt, dass das die beste Vorgehensweise wäre, aber unter uns ... sie ist auch die schwierigste und ich kann verstehen, dass du dir all diese Dinge so zu Herzen nimmst."

Rob

Rob machte große Augen, als sein Großvater ihm diesen Teil der Familiengeschichte antrug, die er noch gar nicht kannte. Das machte es ihm wirklich ein kleines bisschen leichter. "Ehrlich? Wow..." Jetzt hatte er endlich etwas, dass er all den Schwätzern entgegen halten konnte. William der Eroberer...Dann konnte es doch gar nicht so schlimm sein ein Bastard zu sein.
Rob seufzte leise.
"Ja, da ist so schwer...ich kann das einfach nicht. Aber Großvater, was soll ich dann machen? Das ist zu schwer für mich, ich will am liebsten nur meine Ruhe haben. Ich will nicht mehr in den Unterricht. Kann ich nicht einfach Stallbursche werden und meine Ruhe haben?"

William nickte lächelnd. "Ehrlich." erwiderte er ein wenig amüsiert. Gleichzeitig dankte er Gott im Stillen dafür, dass er ihm diese Möglichkeit gewährt hatte. Er hatte gehofft, dass er irgendwie an Rob heran kommen würde, aber sicher war er sich wirklich nicht gewesen. Umso erleichterter war er, dass der Junge wenigstens redete, wenngleich sich noch keine wirkliche Lösung abzeichnete.
William ließ Ardeurs Zügel ein wenig länger und fuhr sich mit einer Hand über das Kinn. "Warum willst du nicht mehr zu John in den Unterricht?" erkundigte er sich dann. "Du hattest daran doch immer viel Spaß und ich versichere dir, nur weil du seinen Unterricht besuchst wird dich noch niemand zu irgendetwas zwingen. Wenn du später kein Earl werden willst, dann ist das wohl so, aber ein wenig Bildung kann nie schaden. Auch wenn du in den Ställen arbeiten und bei der Zucht helfen willst." erwiderte William langsam.

Rob

Rob schüttelte leicht den Kopf. "Weil...weil immer jemand etwas von mir will, dass ich nicht erfüllen kann. John sagt auch, ich soll mir mehr Mühe geben und mich konzentrieren, aber das kann ich einfach nicht. Ich habe einfach keine Lust. Überall ärgert mich jemand, egal, wo. Ich kann nicht mehr ins Dorf gehen, ohne dass sie mich ärgern. In Surrey haben die Mägde auch über mich getratscht, hier wird es auch so kommen. Und als Earl noch viel mehr. ich will kein Earl werden...Und um Pferde zu züchten brauche ich kein Latein."
Er schaute seinen Großvater verzweifelt an. "Ich mache immer nur alles falsch. John ist enttäuscht von mir, Papa auch, du auch...die Anderen machen sich über mich lustig. ich mag einfach nicht mehr. Wenn ich keinen sehe, kann mich auch keiner ärgern."

Nachdenklich hörte er Rob zu und musste John Recht geben, sie hatten wirklich unterschätzt, wie sehr es den Jungen mitnahm.
William schüttelte entschieden den Kopf. "Unsinn, ich bin nicht enttäuscht von dir. Wieso sollte ich auch? Du bist ein guter Junge und ich bin sicher, du wirst den richtigen Weg in deinem Leben finden, du musst nur die Augen richtig aufmachen. Und egal was es letztlich ist, du wirst es hervorragend machen, das weiß ich einfach." William beugte sich im Sattel ein wenig hinunter und strich Rob durch die schwarzen Locken. "Kopf hoch, Kleiner, wir finden für dich schon einen Weg. Und wenn du alt genug bist und es dann immer noch dein Wunsch ist, von morgens bis abends Ställe auszumisten, dann soll es halt so sein." erwiderte William gelassen. "Und nun komm, Ardeur ist zwar nicht mehr der aller Schnellste, aber für ein bisschen Galopp reicht es wohl." forderte er Rob dann grinsend auf, um den Jungen von seinen düsteren Gedanken abzulenken.
Eins stand fest, er würde mit Robert und Josephine sprechen müssen. Sie mussten irgendeinen Weg finden, um Rob wieder festen Boden unter den Füßen zu geben. Und William war sicher, dass der Junge seinen Ehrgeiz schon wiederfinden würde, wenn man ihm nur genug Freiraum ließ und ihn in die richtige Richtung schubste.

Josephine

Josephine hatte eben ihren Sohn geweckt, damit dieser etwas frühstücken und dann pünktlich zu Johns Unterricht gehen konnte. Dies war nun allerdings schon eine Weile her und sie machte sich ein wenig Sorgen. Vorsichtig betrat sie wieder dessen Schlafraum und setzte sich an die Bettkante, legte die Hand auf seinen Arm.
"Rob, komm, du musst aufstehen, es wird Zeit."
Sonst war ihr Sohn immer rasch munter gewesen, kein Langschläfer. Doch was heute mit ihm los war, begriff sie nun wirklich nicht. "Du kommst zu spät..:"