William und Joanna - ab 1189 bis 1190

Beatrice spürte, wie Richard sich regte und wusste, dass er erwachte. Sie hatte ihn nicht wecken wollen, aber jetzt war es ohnehin zu spät. Er registrierte natürlich sofort, dass sie weinte. Als Richard sie in seine Arme zog, schmiegte sie sich enger an ihn.
"Es tut mir leid...Ich habe nur solche Angst, dass du nicht wieder zurückkommst. Dass ich dich niemals wieder sehe."
Beatrice biss sich auf die Unterlippe und nickte. "Ja, ich...muss mehr Vertrauen haben, schätze ich. Aber es fällt mir schwer. Entschuldige, ich sollte dir kein schlechtes Gewissen machen. Ich will nicht, dass du es noch schwerer hast zu gehen."
Sie küsste seine Wange.

"Es braucht dir nicht Leid zu tun, wirklich nicht." Immerhin war er es, der dieses Leid über sie gebracht hatte und ihre Sorge war nur berechtigt.
Richard lächelte sanft und küsste Beatrice auf die Stirn. "Aber wir werden uns wieder sehen, glaub mir." Wenn nicht in diesem, dann im nächsten Leben. Aber so einfach würde Richard es nicht geschehen lassen. Er war fest entschlossen nach Bordeaux zurück zu kehren und seine Familie wieder in die Arme zu schließen.
"Denk dran, dass ich in Gedanken immer bei dir bin. Und du wirst sehen, die Zeit wird schneller vergehen als wir es uns jetzt vorstellen können und schon stehe ich wieder vor dir." Richard küsste Beatrice zärtlich und lächelte. "Alles andere ist keine Option."

Beatrice seufzte und stimmte zu. "Ja, irgendwann..." Irgendwann, auch wenn sie vielleicht bis nach dem Tod warten musste. Sie war froh, dass Richard ihr nicht böse war und ihr nicht übel nahm, dass sie sich nicht beherrschen konnte. Wenigstens in dieser Nacht konnte sie nur seine Frau sein. Morgen würde sie wieder die unbeeindruckte Königin sein müssen.
Jetzt im Moment waren sie ungestört und allein mit ihren Gefühlen.
"Ich hoffe es auch. Aber ich schätze, ein Großteil deiner Gedanken sollte wohl deinem Vorhaben gelten, damit du das Ganze heil überstehst. Bald wirst du wieder da sein, ja...das wäre schön."
Sie lächelte leicht. "Nein, das ist wirklich keine Option."

"So wird es auch sein, aber ein Teil meiner Gedanken wird immer dir und den Kindern gelten. Diese Gedanken werden mich wärmen und mich voran treiben, werden mir Mut und Zuversicht geben."
Richard ließ die Finger durch Beatrices blonde Locken gleiten. "Und wenn ich wieder zurück bin, werden ich alles wieder gut machen. Das schwöre ich." wisperte Richard leise. Er war fest entschloss Wiedergutmachung zu leisten für das was er tat. Dafür, dass er Beatrice für so lange Zeit alleine ließ.

Am nächsten Morgen stand Beatrice in einen Mantel gewickelt im Innenhof und beobachtete Richard bei den letzten Anweisungen, sie ließ ihn keinen Moment aus den Augen. Von Stephan hatte sie sich bereits schweren Herzens verabschiedet, nur der letzte Abschied von Richard stand noch an. Sie hatten den größten Teil der Nacht ausgiebig für ihren Abschied genutzt und lange geredet. Nun musste sie sich ein Herz fassen und ihn gehen lassen.
Sanft strich sie seinem Pferd über den Schopf und seufzte leise. "Pass mir nur gut auf ihn auf, Shadow." Doch vielleicht war das Pferd eine Art Glücksbringer. Schließlich hatte es genau dann eine Lahmheit gezeigt, als Richard in die Schlacht reiten wollte, in der William Marshal seinen Vertreter mit der Lanze gefällt hatte. "Also sei so gut und bring ihm auch ein bisschen Glück."

Richard hatte noch eine kleine Runde über den Innenhof gedreht, um seinen Männern einige letzte Anweisungen zu geben und zu kontrollieren, ob alles seinen richtigen Gang ging.
Dann kehrte er zu seinem Pferd zurück und hörte, wie Beatrice dem Hengst noch ein paar Worte zuflüsterte. "Das wird er bestimmt. Er hat mich noch immer heil wieder nach Hause gebracht." bemerkte er und klopfte dem Tier den Hals, ehe er sich Beatrice zuwandte.
Kurz sah er sie einfach nur schweigend an, dann zog er sie ohne zu Zögern in seine Arme und drückte sie noch einmal an sich. Er gab ihr einen Kuss, der alles andere als schicklich war und lehnte seine Stirn gegen die ihre. "Ich werde zu dir zurück kommen so schnell ich kann, mein Herz." wisperte er leise und küsste sie noch einmal. "Ich liebe dich, Beatrice."

Beatrice nickte langsam. "Das weiß ich, daher hoffe ich darauf, dass er es auch diesmal tun wird. Er ist ein guter Kerl, er wird schon auf dich aufpassen." Sie strich dem Hengst noch einmal über die samtweiche Nase und löste sich dann.
Sie schmiegte sich eng an Richards Brust, als er sie in seine Arme zog und es war ihr völlig egal, wer diesen Kuss zu Gesicht bekam. Sie würde ihren mann Jahre nicht sehen, da hatte sie das Recht zu tun, was sie wollte, um sich zu verabschieden.
"Ich liebe dich auch, Richard. Beeil dich ein wenig. Ich werde für dich beten und dann...dann sehen wir uns bald wieder."

"Das werde ich. Du wirst sehen, wir werden Jerusalem im Sturm erobern und dann wirst du nicht nur die Königin von England sein, sondern ebenso die Gemahlin des Eroberers Jerusalems." erwiderte Richard mit leichtem Grinsen. Er legte beide Hände an Beatrices Wangen und sah ihr in die Augen.
"Denk immer an mich. Und denk an all die schönen Momente, die wir zusammen hatte. Und besonders an die letzte Nacht. Und wenn ich zurück bin, werde ich dich die letzte Nacht vergessen lassen." erklärte Richard leise.
Er hauchte einen Kuss auf ihre Stirn und lächelte zärtlich. "Gib gut auf dich und die Kinder Acht, mein Engel."

"Herrje, die ganzen Titel, die ich haben werde, machen mir so langsam ein wenig Angst. Herzogin und Königin würde mir schon vollauf genügen." Beatrice lachte leise und erwiderte seinen Blick, sah ihm in die blauen Augen.
"Das werde ich tun. Jede Nacht werde ich daran denken. Dieser Plan klingt überdies ausgezeichnet. Ich warte nur darauf, dass du sie mich vergessen lässt."
Sie schenkte ihm ein tapferes Lächeln. "Das werde ich. Und du gib auf dich und deine Begleiter acht. Und auf Shadow. Wenn du zurückkehrst, will ich, dass wir ein Fohlen ziehen. Dann weiß ich ja, dass er wirklich das Glück in sich trägt und das wird er sicher vererben."
Sie gab ihm einen letzten Kuss. "Und nun, Liebster, geh...der Abschied wird nicht leichter, je länger wir warten."

Richard lachte auf. "Daran gewöhnst du dich schon. Denk dran, es gab einmal eine Zeit, da hat dich der Herzogin-Titel schon geschreckt und nun sagst du selbst, Herzogin und Königin sei dir genug." neckte er sanft. "Und wenn wir zurück sind, werden wir so viele Fohlen ziehen, wie du nur möchtest." versprach Richard und strich Beatrice ein letztes Mal über die Wange.
Zärtlich erwiderte er ihren Kuss und nickte dann. "Da hast du wohl oder übel recht." räumte er ein und schenkte ihr noch ein Lächeln. "Meine tapfere, schöne Königin." Richard drückte ihre Hand und sah ihr noch einmal direkt in die Augen.
"Ich liebe dich." erklärte er noch einmal, dann löste er sich von Beatrice, trat neben seinen Hengst und schwang sich in den Sattel. Er gab seinen Männern ein Zeichen und leichte Bewegung kam in die versammelten Männer.
"Bis bald, mein Herz."

Beatrice grinste flüchtig. "Ja, ich weiß. Ich schätze, man wächst mit seinen Aufgaben. Außerdem war es ja nicht so, dass ich eine Wahl gehabt hätte, nicht wahr?" Sie war an Richards Seite geblieben und hatte ihn auf seinem Weg begleitet. Sie hatte nie Gelegenheit gehabt einen der Titel zu verweigern, sonst hätte sie ihn gar nicht heiraten dürfen.
"Ich leiebe dich." Sie ließ ihn gehen und sah ihm dabei zu, wie er in den Sattel stieg und sich die Männer schließlich in Bewegung setzten.
"Bis bald, mein König.", flüsterte sie leise und sah bewegungslos zu, bis der letzte Mann am Horizont verschwunden war.
Schwere Zeiten würden anbrechen.

Isaac

Isaac saß im Schneidersitz auf Robs Bett und sah seinem großen Bruder beim Packen zu. Zwischen den Brüdern lagen fünf Jahre Altersunterschied und Rob war häufig in Aquitanien gewesen, während Isaac so gut wie sein ganzes Leben bisher in Truro verbracht hatte, aber trotzdem - oder vielleicht auch gerade weil Rob nicht ständig da war - vergötterte Isaac seinen großen Bruder. Und nachdem er Robs Ritterschlag hatte mit ansehen dürfen, war Isaac mehr denn je entschlossen, eines Tages ein Ritter des Königs zu werden.
Heute war der sonst so aufgeweckte und freche Junge eher düsterer Stimmung, seine Miene ließ deutlich seinen Missmut erkennen. "Ich versteh einfach nicht, wieso du schon wieder gehen musst." bemerkte Isaac verdrossen. "Gefällt es dir hier bei uns denn nicht?" Wieso musste ausgerechnet Rob zu diesem Kreuzzug aufbrechen? Er würde wieder so furchtbar lange weg sein ...

Rob

Rob suchte nach und nach die Dinge heraus, die er mitnehmen wollte auf die lange Reise. Sein kleiner Bruder leistete ihm Gesellschaft, dagegen hatte er nichts einzuwenden. Er liebte Isaac sehr, wie alle seine Geschwister, aber sein Bruder lag ihm ganz besonders am Herzen. Sie hatte einen guten Draht zueinander und er wusste, dass Isaac ihm ein wenig nacheiferte. Wenn er bedachte, wie sehr ihm Isaacs Geburt am Anfang zu schaffen gemacht hatte...
Seufzend steckte er ein weiteres Hemd in seine Tasche und setzte sich dann zu Isaac auf das Bett. "Weil ich ein Ritter des Königs bin, Isaac, und der König auf seinen Kreuzzug geht. Ich werde ihn begleiten, viele neue Dinge sehen und mir ein wenig Ruhm erarbeiten. Das sichert meine Position und der König wird wissen, dass er sich auf mich verlassen kann. Zudem ist es gut für unsere Familie, da Vater nicht gehen möchte und obendrein in England mehr gebraucht wird."
Er fuhr seinem Bruder durch den etwas wirren Lockenschopf. "Ach Brüderchen, natürlich gefällt es mir hier. Ich bin gern hier, aber manchmal geht die Pflicht vor. Und ich werde sehen, dass ich so bald wie möglich zurückkomme. Wenn du dir Mühe gibst und noch ein wenig lernst, werde ich dich als Knappen nehmen, wenn ich zurück bin. Was hältst du davon?"

Isaac

Isaac runzelte die Stirn. "Aber du hast ihm doch noch gar nicht die Treue geschworen, oder? Seid deinem Ritterschlag warst du nur hier ... er kann also gar nicht von dir verlangen, dass du ihn begleitest." Isaac verzog leicht das Gesicht. "Aber er weiß doch auch so, dass er sich auf uns verlassen kann! Vater ist einer seiner besten und treusten Männer, wozu musst du ihm dann noch beweisen, dass wir loyal zu ihm stehen? Er vertraut uns doch ... oder nicht?"
Isaac schnaubte leise als Rob ihm durch die Haare fuhr. "Aber du wirst so lange fort sein!" warf er betrübt ein, richtete sich dann jedoch abrupt auf und drehte sich etwas herum, so dass er Rob geradeheraus ansehen konnte. "Wirklich? Das würdest du tun?" fragte er und klang ein wenig heiser vor Aufregung. "Nimmst du mich dann mit an den Hof?"

Rob

Rob schüttelte leicht den Kopf. "Aber ich war sein Knappe, das weißt du doch. Schon damals habe ich ihm Treue geschworen und sobald ich ihn sehe, werde ich es als Ritter wieder tun. Er verlangt es nicht, aber ich habe zugesagt, dassich gehen werde. Natürlich weiß er, dass er sich auf uns verlassen kann, Isaac. Aber es kann nie schaden es ihm noch einmal zu verdeutlichen. Er vertraut Vater blind, sonst würde er ihm nicht so viel Macht in England geben. Er wird Tante Beatrice helfen England zu regieren."
Rob legte den Kopf leicht schief. "Ich weiß. Aber ich bemühe mich es kurz zu halten und ich bringe dir etwas mit, einverstanden? Es wird dir gar nicht so lange vor kommen." Er schenkte seinem kleinen Bruder ein Lächeln.
"Natürlich, sonst würde ich es doch nicht sagen, Isaac. Und dann werde ich auch nicht immer hier sein, also wirst du mich zum Hof begleiten dürfen. Aber nur, wenn du bis dahin tadellose Manieren gelernt hast und deine Fähigkeiten verbesserst."

Isaac

Isaac atmete seufzend durch. "Ich hatte nur gehofft, du würdest noch hier bleiben, jetzt wo der Krieg doch eigentlich vorbei war ..." bekannte er leise. Wie lange hatte er mit seiner Mutter und seinen Schwestern in Bordeaux verbracht und sich Tag für Tag um seinen Vater und seinen Bruder gesorgt, hatte gefürchtet einer von ihnen könnte nicht wieder nach Hause kommen.
"Du wirst nicht hier sein, Vater wird jede Menge Arbeit haben ... ich glaube, es kommt wirklich eine trostlose Zeit auf mich zu." prophezeite der Junge niedergeschlagen. Er legte den Kopf ein wenig schief und bedachte seinen Bruder mit einem nachdenklichen Blick. "Ich fänd es schön, wenn du mir etwas mitbringst." bekannte Isaac dann. "Aber ich glaube trotzdem nicht, dass mir die Zeit nicht lang vor kommen wird."
Isaac erwiderte das Lächeln seines Bruders, doch noch während dieser sprach, verschwand es auch schon wieder von Isaacs Zügen und er senkte betroffen den Blick. "Herrje, dann werde ich wohl nie dein Knappe werden können ... meine Manieren werden vermutlich nie tadellos sein." bekannte er, hob den Blick wieder etwas und grinste schief. Seine Mutter war zumindest davon überzeugt, dass Isaac nie lernen würde, sich anständig zu benehmen.

Rob

"Ja, ich weiß. Ich dachte auch nicht, dass Richard so bald wieder aufbrechen möchte, aber offensichtlich schon. Er möchte es nicht mehr länger aufschieben und so sind wir alle gebunden, er trifft die Entscheidungen.", erklärte Rob ein wenig bedauernd.
"Ach was, es wird schon werden. Constantin kommt sicher bald wieder zurück und Sébastien ist doch auch hier, du wirst schon etwas finden um dir die Zeit zu vertreiben. Onkel Phil braucht sicher auch Hilfe im Stall, wenn Vater so viel zu tun hat."
Er lächelte. "Was wünschst du dir denn? Ach, weißt du, mir würde es schon genügen, wenn du dich in der Öffentlichkeit und am Hof manierlich benehmen könntest. Kriegst du das hin?"

Isaac

Isaac schnitt eine kleine Grimasse. "Sébastien hat aber außer den Pferden nichts im Kopf. Man braucht ihm doch so gut wie nichts vorschlagen, wenn nicht mindestens einmal das Wort Pferd in dem Plan vorkommt. Und Constantin ..." Isaac seufzte leise. Constantin fehlte ihm wirklich, wie beide waren fast gleich alt und hatten von klein auf viel miteinander gespielt, waren im Grunde sogar beste Freunde geworden. Umso mehr schmerzte es Isaac, dass sein Freund nun nicht mehr hier war. "Ich weiß nicht, wenn es ihm bei Arthur gefällt, kommt er sicher nicht so schnell wieder."
Isaac dachte kurz über Robs Frage nach und hob dann die Schultern. "Ich weiß nicht ... das heißt natürlich, mir würde schon etwas einfallen, aber im Heiligen Land gibt es doch sicher ganz viele spannende Dinge, die ich gar nicht kenne! Und dann wäre es ja dumm von mir, mir irgendetwas zu wünschen, das ich hier auch bekommen kann ..." erwiderte Isaac. "Überrasch mich einfach, ja?" bat er dann und nickte entschlossen. "Ja, doch, das schaff ich."

Rob seufzte. "Ach, was. Vielleicht muss man ihm einfach einmal etwas Anderes zeigen? Versuch es doch einfach. Außerdem war nur ausgemacht, dass Constantin ein paar Wochen bleibt. Er wird bald heim kommen, ich bin ganz sicher. John wird nicht wollen, dass er allzu lange in Hereford bleibt, er mag Arthur nicht besonders."
Er lachte leise und klopfte Isaac auf die Schulter, ehe er aufstand. "Kluges Kerlchen. Ich suche etwas Schönes aus für dich, keine Sorge. Und ich sehe, du bist gewillt dich zu bemühen. Das freut mich sehr." Rob drehte sich um und fuhr fort damit seine Sachen zu packen.
"Wenn du willst, mache ich mit dir zum Abschied einen Ausritt heute Mittag."

Isaac

Isaac grinste frech. "Wenn du wüsstest, wie oft ich das versucht habe." bemerkte er spöttisch, zuckte dann aber mit den Schultern. "Ja, schon. Ich hoffe auch wirklich, dass es dabei bleibt. Aber wer weiß ... immerhin hat er dort die Möglichkeit eines Tages Earl of Hereford zu werden."
Isaac strahlte zufrieden. "Ich bin schon sehr gespannt, was es wird." bemerkte er und wäre im nächsten Moment beinahe aufgesprungen. "Oh ja, gerne! Das wäre wundervoll." Wenn er mit Rob ausritt, wurde das immer spannend und nie war ihm langweilig dabei.
Wenigstens konnte er so die restliche verbliebene Zeit mit seinem Bruder noch auskosten.

Charles

Charles mahnte sich ein wenig zu Geduld und Nachsicht, während er Will bei seinen Übungen beobachtete. Er stand auf seinen Stock gestützt ein paar Meter neben dem Jungen und beobachtete, wie dieser die Grundübung mit der Strohpuppe durchführte und dabei sein Schwert führte.
Er analysierte jede Bewegung und sah genau, was für Schwächen Will noch hatte und auch wie wenig Lust er auf diese Sache hatte.
Charles kam näher, als der Junge das Schwert sinken ließ. "Du bist immer noch zu wenig flexibel mit deinen Beinen. Du stehst nur stur da, du musst dich mehr bewegen. Raum schaffen, Raum verringern, damit du auf einen sich bewegenden Gegner vorbereitet bist. Ein bisschen mehr Elan, Will. Na los, nochmal..."

Will

Will war noch immer nicht so wirklich überzeugt von seinem neuen Lehrmeister. Charles war nett und umgänglich, keine Frage, aber allein wenn Will ihn auf seinen Stock gestützt dort stehen sah, sank sein Mut, dass er hier große Fortschritte machen würde.
Heute stand er wieder einmal vor dieser unsäglichen Strohpuppe und schlug mit dem Schwert auf sie ein. Er tat es ein wenig missmutig und unwillig, hielt er diese Übung langsam doch für mehr als nur überflüssig.
Irgendwann ließ Will sein Übungsschwert sinken und sah auf als Charles zu ihm trat. Der Junge schürzte etwas die Lippen und hob leicht die Schultern. "Ist nicht so leicht aktiv zu sein, wenn der Gegner nur starr herum steht ..." erwiderte er. "Wozu soll ich um eine Strohpuppe herumspringen, wie ein Kaninchen? Sie kann mich ja ohnehin nicht erwischen." bemerkte Will trocken. "Warum kann ich nicht mit einem der anderen Knappen trainieren? Mit Edgar zum Beispiel?"

Charles

Charles konnte Will den Unwillen deutlich ansehen und wartete nur auf die Rebellion, die ihm bevor stand. Will traute ihm nichts zu und zweifelte sein Urteilsvermögen an. Aber Charles ließ sich davon nun wirklich nicht beeindrucken. Der Bengel würde schon noch merken, wie falsch er lag.
"Nun, das ist die Kunst. Zudem bist du doch sonst auch ein kluger Kopf, benutz einfach ein wenig deine Fantasie, dann fällt es dir leichter."
Er hob eine Augenbraue. "Das ist dein Vorteil. Sie kann dich nicht erwischen, darum kannst du dich allein auf deine Technik konzentrieren. Du nimmst die Grundstellung ein und bleibst dann starr, das ist nicht richtig."
Charles schnalzte ein wenig missbilligend mit der Zunge. "Nicht so ungeduldig, Junge. Das ist der nächste Schritt. Aber noch bist du nicht so weit. Solange du die Grundlagen nicht beherrschst, bist du eine Gefahr für dich und Andere. Außerdem hat Edgar zu tun, er holt mein Schwert vom Schmied ab. Los, nochmal."

Will

Will schürzte leicht die Lippen. "Weil es unsinnig ist, übermäßig herum zu turnen, wenn mein Gegner ja doch nur still steht ... ich sehe den Sinn dahinter einfach nicht." Als Charles missbilligend mit der Zunge schnalzte, spürte Will wie seine Ohren rot wurden vor Zorn und Scham. "Natürlich bin ich schon so weit! Und wie soll ich mit so einem Holzschwert eine Gefahr für mich und andere darstellen, hm?" erwiderte er bockig und seine Augen blitzten zornig auf. "So? Ich kann mir kaum vorstellen, dass das so wichtig ist. Ihr nutzt Euer Schwert ja doch nicht mehr." kam es trotzig über seine Lippen, ehe Will darüber nachdenken konnte, wie unverschämt das eigentlich von ihm war.
Aber er war gereizt, weil er das Gefühl hatte nicht voran zu kommen und weil er den Eindruck nicht los wurde, dass Charles ihn auch nicht wirklich forderte.

Charles

Charles seufzte ein wenig genervt. "Über Sinn und Unsinn dieser Übung entscheide immer noch ich, William. Du sollst lernen deine Beine zu benutzen und deinen Stil zu verbessern, das geht nun einmal besser, wenn du dich nicht noch darauf konzentrieren musst, eine verpasst zu bekommen."
Langsam war sogar seine nahezu grenzenlose Geduld am Ende. "Wann du so weit bist, entscheide ich und ich lege keinen Wert darauf, dass du dir oder jemandem sonst den Arm oder die Hand brichst, weil du unbedacht bist."
Charles hatte die Stimme nur unmerklich erhoben, aber zumeist genügte bereits diese Nuance um seine Knappen einzuschüchtern. Er ahnte allerdings, dass Will da ein härterer Fall war. Dessen letzte Bemerkung überschritt die Grenze letztlich endgültig. Will würde Respekt lernen müssen, egal wie.
In einer einzigen, fließenden Bewegung nahm Charles das Gewicht von seinem Stock und zog William mit dem Stock die Beine weg, so dass dieser wie ein Maikäfer auf den Rücken plumpste.
Es war ja nicht so, dass das verletzte Bein ihn gar nicht trug, er nutzte den Stock um die Schmerzen zu lindern. Aber das nahm er jetzt in Kauf.
Er stand nur eine Sekunde über Will und schlug ihm mit einem Klaps das Schwert aus der Hand. "Wie kommst du auf den Gedanken, ich könne es nicht nutzen? Ich könnte durchaus, wenn ich bräuchte.", sagte er gefährlich kühl.
"Du demonstrierst mir gerade sehr deutlich, dass du noch nicht über genügend Demut verfügst, um irgendein Entgegenkommen erwarten zu können. Und bei Weitem nicht genug Reife um Gegner zu bekommen, denen du wehtun könntest."