William und Joanna - ab 1189 bis 1190

"Ich war auch erleichtert, dass es wenigstens in dieser Hinsicht etwas einfacher zu werden scheint. Und ich danke dir vielmals für das Angebot, ich bin sicher, wir werden irgendwann darauf zurück kommen, sobald das Kind da ist." Schließlich gab es dann ja doch immer aller Hand zu tun.
Robert erhob sich ebenfalls und nickte knapp. "So habe ich auch überlegt. Hoffen wir, dass es wirklich so kommt und dass er die Monate nicht nutzt, um seinen Groll nur zu verfestigen." erwiderte Robert mit leichtem Seufzen und begleitete seine Mutter dann zur Tür. "Tu das. Er war wirklich düsterer Stimmung als ich ging. Wenn ihn jetzt jemand aufmuntern kann, dann wohl du."

Joanna hatte sich nach dem Gespräch mit Robert unverzüglich auf dem Weg zu ihrem Mann gemacht. Sie wusste, wie schwierig es war ihn aus einem solchen emotionalen Zustand wieder heraus zu holen, aber wenn es jemandem gelang, dann ihr. Sie kannte ihn schon so lange, beinahe 40 Jahre. In einer solchen zeit lernte man den Anderen einzuschätzen.
Sie öffnete die Tür zu dessen Arbeitszimmer ohne zu Klopfen und setzte sich auf die Lehne seines Sessels, fuhr ihm durch den immer noch recht dunklen Schopf.
"Was grübelst du, hm? Macht es dir zu schaffen, dass du bald deinen Urenkel vor der Nase herum laufen hast?" Natürlich wusste sie, dass das nicht der Grund war, zumindest nicht der Einzige. Aber es erschien ihr besser einen lockereren Einstieg in dieses Gespräch zu finden.

William hob den Blick mit ärgerlich gerunzelter Stirn als sich die Tür öffnete ohne das vorher jemand geklopft hatte. Er hatte eigentlich seine Ruhe gewollt und keine unsinnigen Störungen. Seine Stirn glättete sich jedoch ein wenig und er schluckte die barschen Worte umgehend herunter als er Joanna erkannte.
Er seufzte leise als er ihren Blick sah – Robert war also direkt zu ihr gegangen und hatte sie informiert. Gewohnheitsgemäß legte William den Arm um Joannas Taille als sie sich zu ihm setzte und durch seine Haare strich. „Schwerlich. Ein Knirps mehr oder weniger macht auch schon keinen Unterschied. Sicher, es ist ein wenig seltsam, aber ich schätzte, die Art von Eitelkeit habe ich zumindest in großen Teilen abgelegt als ich Großvater geworden bin. Ich vermute, wenn es erst einmal da ist, freue ich mich sogar darüber.“ entgegnete William und schwieg einen Moment lang, ehe er Joanna wieder ansah. „Ich kenne dich doch. Und Robert auch. Hat er dich zu mir geschickt, hm? Der Bengel wird auch nicht klüger. Ich habe ihm extra gesagt, dass ich allein sein will und was tut er? Hetzt mir die einzige Frau auf den Hals, die ich nicht einfach wieder weg schicken kann.“ brummte William leise, lehnte sich leicht an Joanna und griff nach ihrer Hand. Wie immer tat ihre Anwesenheit gut, wenngleich er das sich selbst auch immer nur unwillig eingestand, wenn er solcher Stimmung war.

Joanna erkannte rasch, dass William in der Tat seine Ruhe wollte, aber ihr gegenüber doch nicht so einer barschen Antwort ansetzte, wie er es zweifellos bei jedem Anderen getan hätte. Sie war immer willkommen, das zeigte auch seine selbstverständliche Annahme ihrer Anwesenheit, indem er ihr den Arm um die Taille legte.
"Ja, vermutlich hast du Recht. Ich habe zwar noch ein seltsames Gefühl dabei, aber man gewöhnt sich daran. Ich habe Robert bereits meine Hilfe angeboten, sollte sie nötig werden. Ich denke, wir werden Freude damit haben." Joanna erwiderte Williams Blick und schenkte ihm ein Lächeln.
"Er hat mich nicht geschickt, aber er hat sich Sorgen um dich gemacht, weil er dich in so düsterer Stimmung zurück lassen musste. Er bat mich nur, später einmal nach dir zu sehen und so bin ich eben jetzt schon her gekommen. Sei ihm nicht gram, er liebt dich. Und er weiß, dass ich die Einzige bin, die du in solcher Stimmung um dich haben kannst."
Joanna verschränkte die Finger mit seinen. "Und jetzt erzähl mir, was dir das Herz schwer macht."

William nickte langsam. „Das ist gut. Ich denke auch, dass wir ihnen in dieser Sache beistehen sollten, schließlich hat Rob keine Möglichkeit dazu.“ Und bis sein Enkel von dem Kreuzzug zurück war, würden sie sich schon darum kümmern, dass das Kind vernünftig aufwuchs.
William sah Joanna an und ihr Lächeln wärmte sein Herz ein wenig. „Ich weiß, ich weiß, ihr meint es ja alle nur gut.“ brummte er, klang dabei aber bei weitem nicht so verdrossen, wie er vorgehabt hatte.
William musterte einen Moment lang Joannas Finger, die sich mit seinen verschränkten, ließ den Blick dort eine Weile ruhen, dann seufzte er leise. „Hat Robert dir auch davon erzählt, was unser famoser König so treibt, wenn er dem Ehebett fern bleibt?“ fragte William schließlich und sah Joanna an. Er war sich sicher, dass Robert es ihr ebenfalls erzählt hatte, sonst wäre Joanna wohl kaum so schnell hier aufgetaucht. Die Nachricht, dass sie einen Urenkel bekommen würde, hätte ihn schließlich nicht so sehr in die Düsternis gestürzt.
William schluckte schwer. „Er fehlt mir so, Joanna.“ wisperte William heiser und es war klar, dass er nicht mehr von Richard sprach, sondern von Henry. „Ich komme mir vor als wäre ein wichtiger Teil von mir einfach … abgeschlagen worden. Er ist weg und ich kann ihn nicht wieder bekommen. Ich weiß, dass es töricht ist über Dinge zu klagen, die man nicht ändern kann, aber Henry war mein Leben. Mein König war mein Leben. Und jetzt? Jetzt trägt ein Mann die Krone mit dem ich nicht eins werden kann und je mehr ich es trotzdem versuche, desto mehr scheine ich an ihm zu entdecken, das mich weiter von ihm entfernt.“

"So ist es. Ich hoffe allerdings ehrlich gesagt, dass es ein Mädchen wird, das ist unkomplizierter für uns alle." Dann bestanden von vorneherein keine Erbansprüche und man musste sich gar nicht erst damit auseinander setzen. Rob würde genug zu tun haben, wenn er zurückkehrte´.
"Ja, er hat es mir erzählt und es hat mir eine Dinge erklärt, über die ich mir vorher den Kopf zerbrochen habe. Beatrice wollte mir nie sagen, warum es wirklich in ihrer Ehe nicht ganz rund läuft. Kein Wunder, wenn man darüber nachdenkt..." Sie seufzte leise und küsste William auf die Schläfe.
"Ich weiß und ich kann dir auch nicht vormachen, dass das aufhören wird. Nur ein wenig besser werden mit der Zeit vielleicht. Aber Henry hätte nicht gewollt, dass du hier sitzt und Trübsal bläst, Liebster, oder denkst du nicht? Er hätte gewollt, dass du dein Leben nutzt. Ich weiß, dass Richard und du nie beste Freunde werden werdet, aber denk immer daran, eines Tages wird Guillaume auf diesem Thron sitzen und zudem ist Beatrice eine wirklich gute Königin. Heb dir deine Treue für sie auf, sie kann sie gut brauchen. Niemand verlangt, dass du Richard ebenso nahe bist wie Henry."

William nickte. „Das stimmt. Aber warten wir es ab. Sollte es doch ein Junge werden, müssen wir uns etwas einfallen lassen. Vielleicht ein gutes Kloster für ihn suchen, sobald die Zeit reif ist.“ Wenn der Junge schon früh eine entsprechende Richtung einschlagen und schließlich die Gelübde ablegen würde, konnte er so oder so keine Ansprüche auf Cornwall mehr erheben.
William schnitt eine Grimasse. „Wirklich kein Grund, den man gerne erzählt.“ pflichtete er Joanna bei.
William legte die Hand an Joannas Wange als sie ihn auf die Schläfe küsste. „Weißt du, das wirklich Schlimme daran ist, dass es eine Zeit gab, in der ich Richard als den geeigneten Nachfolger gehalten habe. Eleonore hat ihn immer schon vorgezogen und früher habe ich diesen Bengel fast so sehr geliebt, wie einen eigenen Sohn. Aber … irgendwie ist alles schief gelaufen.“ murmelte William und zog Joanna dann zu sich auf seinen Schoß, damit er sie dichter bei sich hatte. „Nein, niemand verlangt es, aber ich stelle diesen Anspruch an mich.“ fügte er hinzu. Das war das vertrackte an der Sache. William konnte sich einfach keine Welt vorstellen in der es keinen König gab, dem er sich mit Leib und Seele anvertrauen konnte.
„Beatrice ist eine gute Königin, das ist wahr, aber letzten Endes ist sie Richards Gemahlin und sie steht zu ihm.“ William hob leicht die Schultern und seufzte. „Guillaume … ja … vielleicht sollten wir irgendwann einmal nach Bordeaux reisen, damit ich mich daran erinnern kann, wie Englands Zukunft aussehen wird.“

"Wir werden schon eine Lösung finden. Und wenn es ein Kloster sein sollte, ist das sicher auch kein schlechter Weg für das Kind. Wenn es alt genug ist. Allerdings wird Rob dann ein Wörtchen mitzureden haben."
Joanna seufzte leise und nickte etwas schwermütig. "Ja, ich weiß. Ich erinnere mich gut daran. Und eigentlich ist er das ja auch noch. Du kannst ihm nur sein Temperament und seinen Dickschädel nicht verzeihen, es ist schief gelaufen. Ich kann dich verstehen, aber Richard ist eben Henrys Erbe. Er hat seinen Hitzkopf geerbt und wieso sollte er diesen so einfach zügeln können, jung und ungestüm wie er noch ist? ich bin dennoch froh, dass er auf diesem Thron sitzt und nicht John. Du bist trotzdem zu hart zu dir selbst. Du kannst deinem König treu sein ohne dich ihm mit Leib und Seele verschreiben zu müssen. Das tut Robert jetzt an deiner Stelle, seine Zeit ist angebrochen. Bea steht hinter Richard, wie ich hinter dir stehe...Das ist ganz normal. Ich hätte gegen eine Reise nach Bordeaux nichts einzuwenden, wann immer du möchtest. Ich freue mich Guillaume wieder zu sehen. Und Emma ist auch ein nettes Mädchen. Guillaume ist das leuchtende Beispiel wie Englands Zukunft sein wird. Er wird es gut machen."

Williams Blick glitt durch den Raum und heftete sich schließlich auf einen fernen Punkt jenseits der Wände des Gemachs. „Ich kann ihm sein Temperament verzeihen, darin habe ich bei seinem Vater mehr als genug Übung bekommen. Was ich ihm nicht verzeihen kann, ist, dass er Henry in den Tod getrieben hat. Und dass er mich anschließend wie einen räudigen Köter mit einem Tritt vor die Tür gesetzt hat.“ Eins von beidem hätte William vielleicht überwinden können, aber beides? „Natürlich ist er besser als John. Herrje, er ist sogar wirklich geeignet für diesen Thron, aber …“ William hob hilflos die Schultern. Er wusste um Richards Qualitäten, aber sein Herz war so übermächtig, dass sein Verstand in dieser Sache nicht siegen konnte.
William ächzte leise. „Seine Zeit ist angebrochen und meine dahin, hm?“ Es stimmte, sicherlich, aber es schmerzte trotzdem. William konnte nun mehr denn je verstehen, wieso sein Vater sich immer schwer damit getan hatte Macht abzugeben.
„Gut. Dann werden wir nach Bordeaux reisen bei Gelegenheit.“ Nicht jetzt, aber später irgendwann. Wenn William sich nicht mehr ganz so gelähmt vorkam.

"Ja, ich weiß. Aber du bist sehr streng mit ihm, zumindest was Henrys Tod angeht. Sicher hätte er es auch anders handhaben können, aber unschuldig war Henry auch nicht. Sie hatten doch immer Streit. Aber er hätte dich nicht so respektlos behandeln dürfen, das ist in der Tat unverzeihlich, auch wenn es ihm leid tut. Er hat ja eingeräumt, dass es nicht angemessen war."
Joanna lächelte leicht. "Schön, dass du wenigstens darin meiner Meinung bist. Das freut mich. Deine Zeit ist nicht dahin, aber zumindest in der Politik solltest du einfach ein wenig kürzer treten. Du wirst ohne Henry ohnehin nie mit ganzem Herzen dabei sein."
Joanna gab ihrem Mann einen Kuss. "Sehr gut, ich freue mich darauf. Und jetzt könntest du mit mir dieses Zimmer verlassen und wir reiten ein Stück, das wird deinen Kopf frei räumen."

Will

Will saß auf seiner Bettkante und atmete tief durch. Martin hatte gesagt, er solle noch bis zum Sonntag im Bett bleiben, um den Fuß nicht zu früh zu belasten, aber Will hatte das Gefühl verrückt zu werden, wenn er weiter tatenlos im Bett blieb. Schlimm genug, dass er seinen Arm nicht gebrauchen konnte und ihn in einer Schlinge tragen musste, er wollte einfach nicht mehr hier herum sitzen.
Vorsichtig stand er auf, bewusst nur den rechten Fuß belastend und stützte sich mit der linken Hand am Bettpfosten ab. Nun, das ging zumindest schon einmal. Langsam setzte er den linken Fuß ebenfalls auf und versuchte ihn etwas zu belasten. Ein stechender Schmerz schoss sein Bein hinauf und er biss fast zornig die Zähne zusammen, weil er keinen Laut von sich geben wollte.
Will wartete bis der Schmerz etwas erträglicher wurde, dann machte er einen ersten kleinen Schritt. Es reichte ja, wenn er fürs erste bis zum Tisch und wieder zurück ging. Das würde er dann heute Abend noch einmal machen und morgen die Strecke erweitern ... es würde schon gehen, wenn er sich nur Mühe gab.

Charles

Charles hatte heute beschlossen seinen verletzten Schützling einmal wieder aufzusuchen und sich nach seinem Befinden zu erkundigen. Vielleicht konnten sie ja tatsächlich einmal vernünftig reden, Will hatte sich dahingehend tatsächlich gewandelt und schien seinen Respekt für seinen Lehrer entdeckt zu haben.
Charles stand amüsiert im Türrahmen und beobachtete, wie Will ein paar erste Gehversuche unternahm. Der Junge schien ihn noch nicht bemerkt zu haben, aber Charles nutzte die Gelegenheit ihn etwas zu mustern. Nun, ein Kämpfer war er, das stand fest.
"Hältst du das für klug, mein Junge? Martin sagte mir, du solltest noch etwas das Bett hüten, damit dein Fuß ausheilen kann."
Aber natürlich konnte er verstehen, wie rastlos man sich so im Bett fühlte.

Will

Will hatte ein gutes Stück des vorgenommenen Weges geschafft als hinter ihm eine Stimme erklang. Er fuhr herum und verfluchte sich im nächsten Moment selbst als der Schmerz ihm den Schweiß auf die Stirn trieb. Er verharrte einen Augenblick lang bis er seiner Stimme wieder traute, dann zuckte er leicht mit den Schultern. "Ich wollte nur ein kleines Stück probieren. Ich dachte mir, jeden Tag ein kleines bisschen wird schon nicht schaden." erwiderte er ehrlich und hoffte, dass der Tadel nicht allzu groß ausfallen würde.
"Und es war so furchtbar langweilig mit Bett." räumte Will schließlich noch ein. Er hatte sich vorgenommen Charles eine echte Chance zu geben und wenn er das wirklich wollte, musste er selbst seinen Beitrag dazu leisten. Und es schadete nie, die Wahrheit zu sagen.

Charles

Charles konnte beobachten, dass er Will etwas aus dem Konzept brachte, aber der Junge reagierte doch etwas besonnener als er es zuvor getan hätte.
"Nein, vermutlich nicht. Aber ich denke, Martin hat schon seine Gründe, wenn er dich bis Sonntag im Bett behalten möchte. Du könntest dich etwas schonen und am Sonntag mit uns zur Messe gehen, das ist nicht allzu weit."
Charles lächelte verständnisvoll und trat in den Raum, setzte sich auf einen Stuhl. "Komm, setz dich wieder, bevor du es noch schlimmer machst. Ich weiß, es ist langweilig. Besser als du ahnst... Darum dachte ich auch, ich leiste dir ein wenig Gesellschaft. Was macht der Arm?"

Will

Will seufzte theatralisch. "Und gute Gründe vermutlich obendrein. Trotzdem ... es macht mich ganz ... kribbelig einfach die ganze Zeit nur herum zu sitzen." räumte Will ein. Die ersten zwei Tage war er froh gewesen sich nicht rühren zu müssen. Jeder Knochen hatte ihm weh getan und erst als die Prellungen abgeklungen waren, hatte Will auch seinen Lebensmut zurück gefunden.
Will nickte leicht, biss die Zähne zusammen und hinkte das letzte Stück zurück zum Bett, um sich darauf niederzulassen. Verstohlen atmete er durch als er endlich wieder saß und sah dann zu Charles auf. "Hm, nicht viel. Martin hat ihn so gründlich eingepackt, dass ich ihn gar nicht bewegen kann ... in weiser Voraussicht, schätze ich." erklärte Will mit einem schiefen Grinsen.

Charles

Charles lächelte. "Das haben Ärzte doch immer, gute Gründe. Was glaubst du, was ich mir alles von Lucas schon anhören musste, wenn er der Meinung war, ich würde mich im Feldlager nicht genug schonen." Lucas hatte sich damals direkt nach der Schlacht um sein Knie gekümmert und es gut versorgt. Andernfalls hätte die Wunde wohl durchaus brandig werden können und man hätte das Bein schlimmstenfalls abnehmen müssen. Er war meistens also recht versöhnt mit seinem Los, es hätte schlimmer kommen können.
Charles wartete, bis Will wieder saß und grinste dann zurück. "Oh ja. Martin kennt junge, ungestüme Burschen, die nie das tun, was man ihnen sagt. Du bist besser bedient, wenn du den Arm ruhig hältst. Wenn der Bruch sich verschiebt, fällt dein Schwerttraining noch länger aus. Und glaub mir, es ist nicht angenehm, wenn ein Arzt einen Bruch nochmal brechen muss, weil es schief zusammen wächst."

Will

Will wurde ein wenig verlegen bei Charles' Worten und wandte kurz den Kopf ab, damit der Earl nicht sah, dass seine Wangen sich röteten. Dann atmete er verstohlen durch und sah wieder zu Charles hinüber. "Das wird wohl so schon lange genug ausfallen." bemerkte er betrübt. Und insgeheim hatte er Angst, dass sein Arm nicht wieder so werden würde wie vorher. Er hatte sich nie intensiv mit der Arbeit im Hospital auseinander gesetzt, war aber immer mal dort gewesen unter anderem um seine Eltern zu begleiten, die dort regelmäßig nach dem Rechten sahen. Will hatte genügend Knochenbrüche gesehen und auch zahlreiche Männer kennen gelernt, deren Verletzung sie auch nach dem eigentlichen Heilprozess noch plagten. Sein Vater selbst war ein gutes Beispiel dafür.
Will sah auf seinen Arm hinab, starrte auf die Fingerspitzen, die unter dem Verband noch sichtbar waren und spürte die Angst wieder in sich aufsteigen. Die Angst davor, dass sein Arm später nicht mehr so richtig zu gebrauchen war. Und was sollte dann aus ihm werden? Er würde nie Ritter werden, wenn er nicht verlässlich ein Schwert halten konnte.

Charles

"Ach, vielleicht gar nicht so lange, wie du nun noch meinst. Die Zeit wird schnell vorüber gehen, da bin ich mir sicher und dann hast du Edgars Vorsprung schnell wieder eingeholt. Du bist ja schließlich ein cleveres Kerlchen, wenn du nicht gerade deinen Trotz auslebst.", bemerkte Charles amüsiert und folgte dann Wills sorgenvollem Blick auf den verbundenen Arm. Es war leicht dessen Gedanken zu erraten und aus seinem Gesicht abzulesen.
"Sorge dich nicht, Will. Der Arm wird wieder in Ordnung kommen, vertrau mir. Es ist nur ein einfacher Bruch. Sicher dauert es etwas, bis er seine alte Stärke erreicht hat, aber mit etwas Training kein Problem. Und selbst wenn nicht ist es kein Weltuntergang, dann lernst du es eben mit links. Man muss nur erfinderisch sein."

Will

Will nickte ein wenig verloren. "Ich hoffe, Ihr behaltet Recht." erwiderte er, doch dann weiteten sich seine Augen in einer Mischung aus Überraschung und Unglauben bei Charles Bemerkung. Will spürte das verräterische Brennen seiner Wangen, das ihm verriet, dass er gerade feuerrot wurde. Eilige senkte er den Blick und schluckte schwer während er versuchte, seiner Scham Herr zu werden.
Charles' aufmunternde Worte ließen Will schließlich wieder etwas unsicher aufsehen. "Mit links?" Fragte er skeptisch. "Ich kann mit Links ja kaum einen Löffel vernünftig führen ..." murmelte Will eine Spur verzweifelt.

Charles

Charles lächelte wohlwollend. "Keine Sorge, ich habe meistens recht. Es wird alles gut werden, da bin ich mir mehr als sicher, Will.", versuchte er seinen Schützling zu beruhigen.
"Ja, mit links. Natürlich kannst du im Moment mit der linken Hand nicht viel anfangen, aber das liegt auch am mangelnden Training. Wenn du damit anfängst, wirst du rasch merken, dass es besser wird. Du willst dich ja schließlich auch nicht füttern lassen, oder? Und vom Löffel zum Schwert ist es gar nicht so weit, es bedarf nur mehr Kraft. Etwas, das du erarbeiten kannst. Und was glaubst du wie ein Gegner schaut, wenn du plötzlich die Hand wechseln kannst? Die Wenigsten können das, ich auch nicht. Aber es wäre eine Aufgabe für deine Zeit der Müßiggangs. Und wenn du das Bett wieder verlassen kannst, kannst du zumindest am theoretischen Unterricht teilnehmen."

Will

Will lauschte dem Earl aufmerksam und es war vermutlich das erste Mal, dass Charles of Kent in seinem jungen Schützling einen wirklich aufmerksamen und neugierigen Zuhörer hatte. Das, was Charles ihm dort sagte, weckte Wills Neugier und vor allem seine Zuversicht. Sollte sein rechter Arm tatsächlich nur noch eingeschränkt nutzbar sein, würde er aus der Not mit Charles Hilfe wirklich eine Tugend machen können.
Und mit einem Mal wurde Will mehr denn ja bewusst, wie widerwärtig er sich bisher verhalten hatte. Er sah auf seine Hände hinab und rang mit der bitteren Selbsterkenntnis selbst dann noch als Charles bereits geendet hatte. Es dauerte bis Will schließlich den Blick wieder heben konnte.
"Mylord" begann er leise und ein wenig rau. "Ich ... ich möchte mich bei Euch entschuldigen." brachte er schließlich mühsam hervor. Er schämte sich so unglaublich, dass er wünschte, der Boden würde sich einfach auftun und ihn verschlingen.

Charles

Charles bemerkte durchaus den Wandel, der in Will vorging und er freute sich darüber. Es war ein schwerer Weg gewesen, so widerspenstig hatte der junge Cornwall sich verhalten. Vielleicht würde nun alles einfacher werden.
Doch er hatte nicht damit gerechnet, dass der Junge über seinen Schatten springen und sich entschuldigen würde, auch wenn man ihm die Scham ansah.
"Ich freue mich über deine Entschuldigung, es zeigt mir, dass du nachgedacht hast. Natürlich nehme ich sie an. Ich gehe davon aus, dass du in Zukunft etwas bemühter bei der Sache sein wirst und es nicht mehr an Respekt mangeln lässt."

Will

Will beobachtete Charles aufmerksam. Er hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass Charles seine Entschuldigung ablehnen würde, trotzdem war er unglaublich erleichtert über die Worte des Earls. Sobald Will wieder auf den Beinen war, würden sie von vorne anfangen können und dieses Mal war er bestrebt es besser zu machen.
"Ihr werdet nie wieder Grund zur Klage über mich haben, Mylord. Das verspreche ich Euch." erklärte Will entschlossen. "Mein Benehmen Euch gegenüber war alles andere als richtig und es tut mir wirklich Leid. Ich ... ich war ein Dummkopf." fügte er hinzu und lächelte schief. "In Zukunft wird es anders sein."

John saß auf den Felsen der Klippe und schaute nachdenklich auf das stahlgraue Meer hinaus. Inzwischen waren Spaziergänge wieder problemlos möglich, aber viel mehr sollte er sich lieber noch nicht belasten. Die Wunde war vernarbt, machte aber dann und wann immer noch Schwierigkeiten. Doch er wollte sich nicht beklagen. Viel mehr machte ihm zu schaffen, dass er seinen Bruder getötet hatte. Immer wieder redete er sich ein, dass es ein Unfall gewesen war, aber ganz los ließ ihn das Gewissen nicht.
Außerdem hatte er das Gefühl, dass diese Geschichte zwischen ihm und Constance stand. Constantin hatte es ganz gut verarbeitet, aber zwischen ihnen Beiden war es irgendwie immer noch Thema, auch wenn er nicht wusste wieso.

Als Constance John weder auf der Burg noch im Hospital gefunden hatte, war ihr irgendwie klar gewesen, wohin sein Weg ihn geführt hatte. Und ihr Gefühl sollte sich bestätigen als sie nun langsam den Klippen immer näher kam. Dort saß er auf den rauen Felsen und starrte auf das Meer hinaus. Sein Anblick entfachte in ihr einerseits eine so unbändige Liebe und andererseits tiefe Trauer, es schien sie beinahe verrückt zu machen.
Sie ließ sich Zeit um zu John zu gelangen, damit sie ihn noch ein wenig beobachten konnte, aber schließlich hatte sie ihn erreicht. "Hier bist du also." Constance trat neben ihn, sah kurz auf das Meer hinaus und ließ sich dann langsam neben John nieder. Ihr Blick glitt über den Horizont bis hin zu dem Punkt an dem man nicht mehr sagen konnte, ob man nun das Wasser ansah oder den Himmel.
"Du wirst heute aber nicht wieder springen, oder?" fragte sie und sah John schließlich an, ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen.