William und Joanna - ab 1189 bis 1190

John schüttelte matt den Kopf. "Mach dir keine Vorwürfe. Es wird ohnehin nichts mehr ändern. Passiert ist passiert."  Aber er war ein wenig schockiert, dass Arthur solche Worte von Constance so deutete. Solange er lebte, hatte er Arthur im Weg gestanden.
"Deshalb ist er her gekommen...er wollte mich aus dem Weg haben.", murmelte er leise. "Gott sei seiner Seele gnädig."
Er lauschte ihren Worten und nickte. "Das ist gut. So kommt er ein wenig zur Ruhe...Ich hoffe, er verkraftet das hier gut. Es wird schwer werden für ihn und...er wird der nächste Earl of Hereford werden, herrje. Ich möchte mir all das gar nicht vorstellen. Wir müssen nach Hereford und dem König schreiben.", sagte er leise. Das alles war noch so unwirklich.

"Ja, passiert ist passiert, aber das macht es auch nicht leichter." entgegnete Constance. Sie atmete tief durch und nickte dann. "Ja, das war vermutlich sein ursprünglicher Plan." Wie bitter, dass Arthur es sich im letzten Moment eigentlich andre überlegt hatte. Ihr zuliebe. Aber es hatte nicht sein sollen. Er hatte seine Chancen verwirkt gehabt.
"Ich denke, Lucas wird ihm gut tun. Die Beiden haben sich ja immer gut verstanden." Constance schüttelte entschieden den Kopf. "DU musst erst einmal gar nichts weiter ausser gesund werden, hörst du? Ich spreche später mit Joanna und William und werde einen Brief an Beatrice aufsetzen. Danach sehen wir weiter." Arthur musste nach Hereford gebracht werden, aber es graute Constance ein wenig davor John hier zu lassen.

John seufzte. "Natürlich macht es das nicht einfacher. Und es ist bitter zu erfahren, dass der eigene Bruder einen töten wollte. Aber wir müssen das Beste daraus machen. Am Wichtigsten ist nun ohnehin Constantin. Es wird ihm schwer fallen all das zu verkraften, er ist noch so jung. Ich bin froh, dass Lucas sich seiner annimmt und ihm ein bisschen Halt gibt. Er hatte immer schon einen guten Draht zu dem Jungen."
Und das obwohl Lucas wusste, dass es gut möglich war, dass Constantin nur sein Halbbruder war.
Ein halbes Lächeln zuckte über sein blasses Gesicht.
"Ich schätze, das wird eine Weile dauern, wenn ich die Lage richtig einschätze. Aber ich werde mir Mühe geben." Er würde einfach Geduld haben müssen und sich Ruhe gönnen. Er fühlte auch jetzt, wie sehr ihn das Gespräch erschöpft hatte.

Constances Blick huschte kurz unstet durch den Raum. Ihr lag auf der Zunge, dass Arthur es nicht getan hätte, aber sie hielt die Worte zurück und nickte schließlich, den Blick wieder auf John gerichtet. "Das Beste, ja ..." Auch wenn sie nicht wusste, wie das aussehen sollte. "Constantin hat es sehr getroffen. Wir müssen abwarten, wie er mit all dem zurecht kommt, aber ich bin Lucas sehr dankbar für seine Fürsorge."
Constance zog eine Augenbraue in die Höhe. "Das will ich wohl meinen. Im Moment bist du ja kaum in der Lage dich zu rühren. Übernimm dich nur ja nicht, hörst du? Du brauchst nun einmal so viel Zeit, wie nötig ist. Lucas und Azeem bekommen das hier schon hin und Hal hilft ihnen schließlich auch, wann immer er kann. Und ich kümmere mich um alles weitere."

"Das müssen wir...Lucas hat ein Händchen für solche Dinge und ein Händchen für Kinder. Nicht umsonst behandelt meistens er die kleinen Patienten, die wir bekommen." Die Kinder liebten Lucas und kamen gut mit ihm aus, ließen sich von ihm mit allem behandeln, was er für richtig hielt, während die älteren Kollegen wohl gescheitert wären und die Kinder Angst vor ihnen hatten.
"Ja, ich weiß...", erklärte John seufzend. "Es behagt mir gar nicht ans Bett gefesselt zu sein, aber du hast ja Recht. Ich komme ohnehin nicht weg."
Seine Kollegen würden das Hospital schon am laufen halten, aber er hasste es nur hier zu liegen und nichts tun zu können. Vielleicht sollte er anfangen ein paar Dinge aufzuschreiben, wenn er in etwas besserer Verfassung war. Jetzt war er viel zu erschöpft und die Wunde schmerzte sehr.

Constance war vollkommen erschöpft, aber es gab noch immer so viel zu erledigen, so dass sie keine Zeit hatte sich auszuruhen und ihren Gedanken nachzuhängen. Nachdem John wieder eingeschlafen war und Lucas und Azeem ihr versichert hatten, dass sie sich im Hospital um alles kümmern würden, war sie nun auf dem Weg zu Joanna. Sie war sich nicht sicher, ob William schon wieder zurück war, er war am Morgen mit Robert aufgebrochen, um den Tag über verschiedene Dörfer in der Umgebung aufzusuchen, aber Constance war es auch durchaus recht, erst einmal mit Joanna alleine sprechen zu können.
Müde klopfte sie schließlich an die Tür zu dem großen Gemach und trat ein als sie von drinnen Antwort bekam. Zu ihrer Erleichterung war Joanna allein. „Hast du einen Moment für mich?“ erkundigte Constance sich mit belegter Stimme. „Ich … ich muss mit dir sprechen.“

Joanna verbrachte den Tag mit ein paar Dokumenten und ein wenig Handarbeit. William und Robert waren unterwegs, so war am Morgen Josephine zu Besuch gewesen und hatte die Kinder mitgebracht. Sie hatten sich ein paar schöne Stunden gemacht und nun saß Joanna allein am Fenster im letzten Tageslicht und stickte.
Sie genoss einmal die Ruhe und die paar Minuten für sich allein, oft genug hatten sie Trubel hier. Als es klopfte, sah sie überrascht auf und bat den Besucher herein.
"Constance! Wie schön dich zu sehen, komm nur herein." Sie runzelte leicht die Stirn. "Sicher, setz dich erst einmal.", empfahl sie und bot einen Sessel an. "Du bist ganz blass, du siehst furchtbar aus. Was ist passiert?"

Constance folgte Joannas Aufforderung und ließ sich ein wenig kraftlos in den freien Sessel sinken. Fahrig strich sie die Falten ihres Kleides glatt, dann sah sie Joanna wieder an. „Dem Anlass angemessen …“ murmelte Constance und fuhr sich über die Stirn hinter der es schon seit einiger Zeit verräterisch pochte.
„Arthur ist hergekommen.“ begann sie dann schließlich langsam. „Er und John sind in Streit geraten, wie üblich, aber … Arthur ist handgreiflich geworden und das Ganze ist … irgendwie aus den Fugen geraten. Wäre ich ein bisschen eher dazu gekommen …“ Constance brach kurz ab und senkte den Blick. Wenn sie doch nur schneller gewesen wäre! Sie sah wieder auf und dieses Mal schimmerten Tränen in ihren Augen. „Arthur ist tot und John liegt schwer verletzt im Hospital.“ wisperte sie dann gerade noch laut genug, dass Joanna sie hören konnte. „Azeem hat ihn versorgt und John war vorhin auch kurz bei Bewusstsein, aber …“ Sie wusste genau, dass die Gefahr noch nicht gebannt war. Auch wenn es keiner ausgesprochen hatte, es konnte immer noch sein, dass John Fieber bekam, dass die Wunde brandig wurde …

Joannas Augen weiteten sich erschrocken. "Aus den Fugen geraten? Das ist sehr nett ausgedrückt. Herrje, Constance...Es war klar, dass es irgendwann so kommen würde. So eine Rivalität geht auf Dauer nie gut." Sie legte ihrer Freundin die Hand auf den Unterarm. "Es tut mir so leid. Ich weiß, Arthur war dir nie geal. Und John...John wird wieder gesund werden. Er ist in den besten Händen und wenn er schon einmal aufgewacht ist, ist das auch ein gutes Zeichen. Er ist doch ein Kämpfer, das weißt du. Er wird es schaffen."
Sie setzte sich neben Constance und legte den Arm um sie.
"Hast du schon Vorstellungen, wie es jetzt weitergehen soll?" Das Ganze brachte viel mit sich. Constantins Zukunft würde sich verändern, was geschah mit Arthur?

Constance atmete zitternd durch. „Nein, egal war er mir wirklich nie.“ murmelte sie leise und sah auf Joannas Hand hinunter. „Großer Gott, Arthur war … meine erste große Liebe, Joanna. Und ich habe schon einmal um diesen Mann getrauert, weil ich dachte, er sei tot und nun muss ich es noch einmal tun, weil er vor meinen Augen verblutet ist. Und das alles nur, weil ich so ein dummes Ding bin. Ich hätte den Streit zwischen den beiden irgendwie beilegen müssen. Oder ich hätte wenigstens schneller bei ihnen sein müssen heute … er hätte John nicht getötet.“ Ihre Hände zitterten als sie sich eine Strähne hinter das Ohr strich. „Ich hoffe es. Aber er hat viel Blut verloren und noch besteht die Gefahr, dass er Fieber bekommt. Ich … ich weiß nicht, was ich tun soll, wenn er auch noch stirbt.“
Als Joanna den Arm um sie legte, lehnte Constance sich erleichtert an ihre Freundin. „Ich weiß noch nicht … es gibt so viel zu tun. John muss gesund werden, Constantin … ich hoffe, Constantin verkraftet gut, was er heute miterlebt hat. Mein armer Junge …“ Constance atmete tief durch. „Ich muss Arthur zurück nach Hereford bringen. Aber ich … herrje, ich weiß nicht, wie ich gehen soll, wenn es John so schlecht geht.“

"Ja, ich weiß, dass er das war. Aber du hast dich nicht für ihn entschieden. Du wolltest bei John bleiben. Es ist hart, aber du wirst über seinen Tod hinweg kommen, so schrecklich es jetzt auch ist. Du konntest doch nicht ahnen, dass die Zwei sich plötzlich so attackieren würden. Das haben sie ja all die Jahre auch nicht getan, an der Situation hatte sich ja nichts geändert. Du solltest dir keine Vorwürfe machen. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob der Hass nicht tief genug war um zu töten."
Joanna seufzte und küsste Constance auf die Stirn. "Sorge dich nicht...er wird es schaffen. Ich bin mir ganz sicher. Und du weißt, wir sind immer für dich da."
Sie lauschte aufmerksam und schüttelte den Kopf. "Du wirst ihn nicht zurück bringen. Ich werde jemanden schicken, der es tut. Du wirst jetzt hier gebraucht. Constantin braucht dich und John braucht dich auch. Glaubst du wirklich, all das würde so spurlos an John vorbei gehen, auch wenn er gesund wird? Im Streit mit ihm ist sein Bruder umgekommen. Du weißt, wie er sich Dinge zu Herzen nimmt."

„Ich weiß nicht, ich … vielleicht hätte ich Arthur gegenüber entschlossener sein müssen. Er wollte immer wieder so gern, dass Constantin und ich bei ihm bleiben und ich … ich glaube, ich habe ihn zu diesem Unsinn verleitet, weil ich gesagt habe, dass ich bis an Johns Lebensende bei ihm bleiben würde.“ Constance ballte eine Hand in ihrem Schoß zur Faust. „Ich glaube, er hatte die irrige Hoffnung, dass ich zu ihm zurückkehren würde, wenn er John beseitigt.“ murmelte Constance leise und sah Joanna dann wieder direkt an. „Er wollte es als er hergekommen ist, ja. Aber als ich dazugekommen bin, nicht mehr. Er hat begriffen, dass er mich somit nicht bekommen würde. Das weiß ich.“ nahm Constance Arthur instinktiv in Schutz.
„Ich hoffe, du hast Recht.“ Alle sagten ihr, dass John es schaffen würde und sie wollte auch daran glauben, aber die Angst saß einfach zu tief. Oft genug hatte sie im Hospital miterlebt, wie Menschen an geringeren Verletzungen gestorben waren.
„Ich muss.“ entgegnete Constance ernst. „Wie kann ich zulassen, dass irgendein Fremder ihn zurück bringt? Außerdem muss ich ohnehin zu seiner Beisetzung dort sein. Das ist wohl das Mindeste, was ich tun kann. Zumal Constantin dort sein muss und ich werde ihn sicher nicht allein nach Hereford gehen lassen.“

Joanna schüttelte entschieden den Kopf. "Er war ein erwachsener Mann, Constance. Wie hätte das denn funktionieren sollen? Immerhin bist du verheiratet, das kannst du nicht so einfach ignorieren. Und du hast John geheiratet, weil du ihn liebst. Natürlich bis an sein Lebensende....das war vielleicht etwas unglücklich ausgedrückt, aber nichts, was man so verstehen musste. Also mach dir nicht so viele Vorwürfe. Zum einen ist es sinnlos und zum anderen unberechtigt."
Joanna lächelte leicht. "Natürlich habe ich Recht. Er wird gesund, du wirst sehen." Sie wurde wieder ein wenig ernst.
"Ich verstehe dich. Und an Constantin hatte ich nicht gedacht. Aber du gehst nicht allein, ich gebe dir ein paar Männer mit. Und ich bin ehrlich nicht sicher, wie John das aufnehmen wird."
Sie an seiner Stelle wäre vermutlich verletzt, auch wenn es um die letzte Ehre für den Bruder ging.

„Ich weiß, dass er das war. Und wahrscheinlich ist es töricht, dass ich immer versuche alle Schuld von ihm abwenden zu wollen, aber ich kann irgendwie nicht anders …“ Constance zuckte ergeben mit den Schultern.
Dann huschte ein mattes Lächeln über ihre Lippen und sie nickte knapp. „Ich danke dir. Alleine hätte ich das auch gar nicht bewerkstelligen können.“ Constance seufzte leise, den Blick wieder auf ihre Hände in ihrem Schoß gerichtet. „Er wird bitter enttäuscht sein und mir einmal mehr Vorwürfe in dieser Sache machen, schätze ich. Und mir behagt die Vorstellung auch gar nicht ihn jetzt, da er so schwer verletzt ist, alleine zu lassen, aber … was soll ich denn sonst tun, Joanna? Arthur kann nicht lange im Hospital liegen bleiben, ich muss seine Beerdigung vorbereiten. Ich muss an die Königin schreiben und Alais informieren, damit sie die Möglichkeit hat zu der Beisetzung ihres Bruders zu kommen, wenn sie will. Und dann müssen Constantin und ich im Grunde schon aufbrechen, um nach Hereford zu reisen …“ Constance fuhr sich müde über die Augen.

Joanna nickte. "Das ist es. Aber es ist schon alte Gewohnheit, dass du dir Ausreden für ihn ausdenkst." Schon früher hatte Constance das getan. In der Zeit, als John Verdacht geschöpft hatte und schließlich Constance in Arthurs Bett gefunden hatte. In den Jahren danach hatte sie immer wieder Ausflüchte für Arthur gesucht. Für John und Constance war es vermutlich gut, wenn diese Sache endlich ein Ende fand.
"Vielleicht wird er das, vielleicht aber auch nicht. Aber du hast Recht, wenn du das tun willst, was du vor hast, musst du morgen aufbrechen. Lass den Brief an Alais meine Sorge sein, das erledige ich und schicke einen schnellen Boten. Und immerhin ist Cathie hier. Sie wird sich um ihren Vater kümmern, William wird auch nach ihm sehen und ihm helfen. Eure Streitigkeiten könnt ihr dann austragen, wenn ihr zurück seid. Dazu ist jetzt nicht die Zeit."

Constance lächelte traurig. „Ja, alte Gewohnheit. Aber damit findet es jetzt wohl auch ein Ende.“ In Zukunft würde sie keine Ausreden mehr für Arthur brauchen.
Constance nickte ein wenig erleichtert, dass ihr wenigstens eine dieser Aufgaben erspart bleiben würde. Es war so schon viel mehr als sie eigentlich ertragen konnte. „Ich danke dir für deine Hilfe.“ Sie griff nach Joannas Hand und drückte sie leicht. „Ich weiß wirklich zu schätzen, was du alles für mich tust und schon getan hast.“ Ohne Joanna hätte sie so manche Zeit wohl nicht so einfach überstehen können und sie war wirklich froh über eine so gute Freundin an ihrer Seite.

John hatte ein paar Stunden geschlafen, ehe er langsam wieder zu sich kam. Sonderlich gut fühlte er sich nicht, die Wunde brannte unerträglich und all die Schmerzmittel halfen nicht wirklich. Aber er war wirklich bemüht Constance nicht merken zu lassen, dass es ihm nicht wirklich besser ging. Sie musste sich ja nicht noch mehr Sorgen machen.
Als sie schließlich kam, bemühte er sich um ein halbwegs offenes Lächeln. "Constance...wie geht es Constantin?"
Er seufzte leise. "Ich wünschte, ich könnte nach Hause, aber das wird wohl noch eine ganze Weile dauern, fürchte ich."

Constance war durchaus erleichtert, dass John wach war als sie wieder zu ihm kam, allerdings konnte sie ihm ohne Probleme ansehen, wie schlecht es ihm ging. Sie kannte ihn nun einfach schon so lange, sie konnte in ihm lesen wie in einem Buch.
Sie setzte sich zu ihm und hauchte einen Kuss auf seine Lippen. „Hm, nicht sonderlich gut, aber es könnte wohl auch schlimmer sein. Er ist traurig und geschockt, aber bisher sehr gefasst und Lucas nimmt sich viel Zeit für ihn.“ berichtete sie und seufzte dann ebenfalls. „Ich wünschte auch, dass das ginge, aber ich möchte, dass du hier bleibst bis du wirklich wieder genesen bist. Hier bist du einfach in den besten Händen und wenn etwas ist, ist immer schnell jemand zur Stelle.“ Constance griff nach seiner Hand und sah einen Moment lang schweigend auf ihre verschränkten Finger hinab.
„John, ich … ich muss morgen mit Constantin aufbrechen, um Arthur nach Hereford zu bringen. Um dort seine Beisetzung zu organisieren.“ erklärte sie leise, mit belegter Stimme und sah ihrem Mann dann wieder in die Augen.

"Das ist gut. Ich hatte befürchtet, es würde ihn schwerer treffen." Aber vielleicht war es für Constantin einfacher, weil ihm kein Teil der Familie direkt fehlte. Sicher würde er Arthur vermissen, aber er hatte immer noch einen Vater und eine Mutter.
"Nun, bis ich vollständig gesund bin, werde ich nicht bleiben. Aber bis ich wieder alleine laufen und mich soweit selbst bewegen kann, werde ich bleiben. Im Moment ist das alles noch etwas schwierig. Und Zuhause habe ich ja auch dich in der Nähe, nicht wahr?"
Er drückte leicht ihre Hand und spürte sofort, dass ihr noch mehr auf dem Herzen lag. Als sie zu sprechen begann, runzelte er die Stirn und sein Blick wurde finster.
"Was? Warum musst du das tun? Es gibt doch sicher andere Leute, die das tun können. Sein Steward zum Beispiel. Und jemanden, der ihn hinbringt, gibt es bestimmt auch."

"Warten wir es ab. Noch ist ja kein Tag vergangen und er muss es erst einmal verarbeiten. Aber ich hoffe, dass er halbwegs gut damit zurecht kommen wird." Vielleicht gelang es ihnen allen ja, Constantins Trauer gemeinsam abzufangen, sie hoffte es wirklich inständig.
Constance legte den Kopf etwas zur Seite und lächelte schief. "Bis du von hier bis in unsere Gemächer alleine gehen kannst ohne anschließend erschöpft zu sein." entschied sie. "Eher lasse ich nicht zu, dass du das Hospital verlässt. Notfalls quartiere ich mich vorübergehend hier ein, damit ich bei dir sein kann."
Constance war wenig überrascht als sich Johns Miene verfinsterte. "Weil ich ihm zumindest das schuldig bin." erwiderte sie ernst. "Außerdem hat er nicht verdient, dass er einfach so von seinem Stewart unter der Erde verscharrt wird. Ganz davon abgesehen, dass Constantin da sein muss. Und ich werde einen Teufel tun und meinen Sohn alleine mit irgendwelchen Rittern und Arthurs Leiche nach Hereford ziehen lassen."

John nickte. "Du hast Recht. Es kommt mir nur irgendwie schon viel länger vor. Warum auch immer..." Vielleicht, weil er so viel geschlafen hatte und die Wunde ihren Tribut forderte.
John lächelte schief. "Nun, dann wirst du mir aber auch Gelegenheit geben müssen das auszuprobieren, das ist dir bewusst, nicht wahr? Platz ist hier allerdings auch genug für uns Beide." Allerdings stellte sich ihm im nächsten Moment die Frage, wie sie denn diese Vereinbarung halten wollte, wenn sie gar nicht hier sein würde.
"Schuldig? Er wollte mich töten! Du bist ihm gar nichts schuldig. Aber es wundert mich nicht, dass du es so siehst." Es würde immer so sein, dass er Arthur getötet hatte und er war nicht sicher, ob sie ihm diesen Unfall jemals verzeihen würde. Ob sie nicht doch Arthur mehr geliebt hatte.
"Sein Steward wird kein herzloser Bauerntölpel sein, er würde ihn schon nicht einfach so verscharren. Hältst du es indes für klug Constantin gerade in dieser schwierigen Zeit aus seiner vertrauten Umgebung und weg von Lucas zu holen? Natürlich soll er nicht allein gehen, aber ich bin nicht sicher, ob er überhaupt gehen sollte."
John war wirklich enttäuscht, dass sie ihn jetzt in dieser Situation allein ließ.

Constance strich John sachte durch die dunklen Haare und nickte. "Das weiß ich und solange du es unter Aufsicht ausprobierst und es nicht übertreibst, soll es mir nur Recht sein."
Bei Johns nächsten Worten wandte Constance ruckartig den Kopf ab. Es war wie ein Schlag ins Gesicht und sie biss die Zähne aufeinander, um weder etwas unbedachtes zu sagen, noch in Tränen auszubrechen. Es wunderte ihn nicht ... dieser Tonfall war wie ein leichter Stich, mitten ins Herz.
Constance zog es vor beharrlich zu schweigen bis das Thema auf Constantin kam. "Constantin ist der künftige Earl of Hereford und in Hereford selbst halten ihn alle für Arthurs Sohn. Was denkst du, was es für einen Eindruck macht, wenn er bei Arthurs Beisetzung nicht dabei ist?" Constance sah John nun wieder direkt an. "Und du willst es deinem Sohn doch sicher nicht schwerer machen als nötig, oder? Und was Lucas angeht ... vielleicht kann er uns ja begleiten. Hier sind immerhin noch Azeem und Hal. Für ein paar Tage wird das wohl ausreichen. Aus seiner vertrauten Umgebung holen, ist auch reichlich übertrieben. Er hat Wochen in Hereford verbracht und sich dort wohl gefühlt, außerdem will ich ja nicht ewig dort bleiben! Wir bringen Arthur hin, bleiben für die Beisetzung und reisen dann wieder ab. Denkst du wirklich, ich würde dich länger als nötig alleine lassen, jetzt wo du hier liegst?"

John wusste, dass Constance auf seine Worte nicht gerade erfreut reagieren würde. Aber nach all dem, was er heute erlebt hatte, konnte er einfach nicht ausschließlich Rücksicht auf ihre Gefühle nehmen. Er wäre fast getötet worden, der Schmerz wurde immer vordringllicher und eigentlich überstieg diese Auseinandersetzung jetzt schon seine Kräfte. Aber kampflos aufgeben konnte er einfach nicht. Es fühlte sich an, als würde Arthur selbst jetzt noch triumphieren.
"Ich weiß, dass er das ist! Aber er ist zu klein um wegen solcher Spielchen leiden zu müssen. Ich denke, es würde ihm hier besser gehen. Mein Sohn? Nun, du weißt genau, er ist das jetzt nicht mehr. Nicht mehr für die Welt.", sagte er leise. Arthur hatte Dokumente aufgesetzt. Constantin würde sein Erbe werden, der nächste Earlund war damit offiziell nicht mehr länger sein Sohn. Er war nur noch der Stiefvater des Jungen und das schmerzte gewaltig. Er hatte gewusst, dass es irgendwann so kommen würde. Aber so bald...darauf war er nicht gefasst gewesen.
"Lucas? Er wird hier gebraucht. Hal hat noch andere Aufgaben. Aber frag ihn selbst, es ist seine Entscheidung und ich bin ohnehin nicht in der Verfassung das einzuschätzen. Wenn du ihn mitnehmen willst, sprich mit ihm selber. Er ist alt genug."
Er lächelte ein wenig bitter. "Nun, du lässt mich allein, nicht wahr? Über die Notwendigkeit lässt sich streiten, aber ich kenne dich, nichts wird dich davon abbringen."

"Spielchen?" wiederholte Constance entgeistert. "Deinem toten Bruder die letzte Ehre zu erweisen, nennst du Spielchen? Und natürlich ist er noch dein Sohn." zischte Constance verärgert. "Das wird er immer sein, ganz gleich, was in diesen Dokumenten steht und was die Welt denkt. Soll die Welt doch zum Teufel gehen!" Constances Nerven lagen blank, Arthurs Tod, Johns Verletzung, Constantins Trauer ... ihre eigenen Gefühle ... all das drückte sie nieder und trotzdem musste sie den Kopf hochhalten und so tun, als würde sie nicht am liebsten laut schreien vor Wut und Schmerz.
Als sie Johns bitteres Lächeln sah, zog sie ihre Hand zurück, die bis eben noch die seine gehalten hatte. Sie schüttelte betroffen den Kopf. "Du bist eifersüchtig auf einen Toten, John." erwiderte sie nüchtern.

"Nein, aber ich denke, Constantin sollte mit all dem noch nichts zu tun haben. Er sollte nicht darüber nachdenken, was die Leute wohl denken, wenn er nicht dort ist oder wie er sich dort verhält. Er sollte nicht darüber nachdenken, dass er vielleicht eines Tages Earl sein wird, mehr als jeder seiner Brüder vor ihm. Ich will, dass er das Kind bleibt, das er ist."
Constance konnte nicht verstehen, was diese Sache für ihn bedeutete. Constantin würde ohne jeden Zweifel immer ihr Sohn sein. Aber er hatte dieses Kind als seines akzeptiert, als er sie dort im Kloster gefunden hatte. Er hatte beschlossen, dass es seines war. Jetzt würde man ihm den Jungen wegnehmen. Es war doch nur eine Farce, wenn sie versuchte ihm zu erklären, dass sich nichts ändern würde. Alles würde sich ändern... Arthur bekam nun also doch noch, was er gewollt hatte. Das Kind und so wie es aussah auch seine Frau.
John schüttelte müde den Kopf. "Nein. Ich bin nicht eifersüchtig, aber auch nicht blind. Weißt du, wenn man das Ganze betrachtet ohne darin verwickelt zu sein, ist es nicht deine Aufgabe. Du bist mir ihm nur über mich verwandt. Eigentlich hättest du keinen Grund, es sei denn du hast ihn geliebt. Und ich stelle mir die Frage, ob der Tag kommen wird, an dem du mich für das hasst, was heute geschehen ist. An dem du wünschst, Arthurs und mein Platz wäre vertauscht." Er tot, Arthurlebendig. Würde es so kommen? So abwegig schien es ihmnicht. Constance war...so fern.