William und Joanna - ab 1190 bis 1191

Bess

Bess kannte Eleonore mittlerweile gut, dennoch war sie überrascht als diese sie in ihre Arme zog und auf die Schläfe küsste und in dem Moment war es endgültig um ihre Beherrschung geschehen. Sie vergrub das Gesicht an Eleonores Schulter, die für einen Augenblick mehr Freundin als Herrin war und schluchzte auf. Es war nur ein kurzer, kläglicher Laut, dann nahm Bess sich wieder zusammen, kämpfe mühsam die Tränen zurück und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. "Ich danke Euch so sehr, Mylady." wisperte sie heiser. Sie hatte insgeheim befürchtet, dass diese Offenbarung dafür sorgen würde, dass Eleonore sie vor die Tür setzte. Und Bess hätte das durchaus verstanden, es war sicher nicht einfach so einen Schandfleck jeden Tag vor Augen zu haben.
Dann weiteten sich jedoch ihre Augen erschrocken. "Aber Mylady" erwiderte sie erstickt. "Ist ... ist das nicht ... Sünde?" Sie wusste, dass es solche Mittel und Wege gab. Sie wusste auch, dass es Frauen gab, die Kinder auch noch Wochen oder Monate nach ihrer Zeugung im Leib der Mutter töten konnten. Engelmacherinnen ... aber so etwas zu tun, war der sicherste Weg sein Seelenheil auf ewig zu verspielen, es war allerschlimmste Sünde.
Wenn die Frauen Tränke nahmen, um eine Empfängnis im Voraus zu verhüten, dann wurde manchmal noch ein Auge zugedrückt, selbst von den Kirchenmännern, aber im Nachhinein ...

Eleonore

Eleonore gab Bess einen Moment Zeit um sich zu fassen. Sie wusste, eine herzensgute Seele wie Bess hatte nicht oft mit solchen Gewissensbissen zu kämpfen. Zudem konnte sie ja gar nichts dafür. Sie würde Bernard die Hölle heiß machen, das stand fest. Nicht nur, dass er sie betrog, nein, er suchte sich dafür auch noch ihre vertrauteste Zofe aus und tat es noch gegen deren Willen. All das zusammen macht sich unfassbar zornig und das würde sie ihn spüren lassen.
"Es ist schon gut, Liebes. Du kannst nichts dafür." Sie wog ihre Worte einen Moment ab. "Vielleicht...aber es ist auch Sünde die Ehe zu brechen, nicht wahr? Und es war nicht deine Schuld. Zudem wissen wir ja gar nicht, ob du schwanger bist. Es könnte also auch eine Vorsichtsmaßnahme sein, wer weiß?" Sie schüttelte leicht den Kopf.
"Dein Leben wäre nicht mehr dasselbe mit einem Bastard. Gott wird das verstehen, sorge dich nicht."

Bess

Bess versuchte sich an einem kleinen Lächeln, auch wenn es noch nicht wieder recht gelingen wollte. "Trotzdem. Ich bin Euch so dankbar. Ich ... ich hätte verstanden, wenn Ihr mich fortgeschickt hättet." Viele hätten Ihr wohl auch einfach nicht geglaubt oder nicht glauben wollen. Hätten ihr vorgeworfen, dass sie dem Mann schöne Augen gemacht hätte, doch Eleonore bewies ihr Vertrauen mit dieser großen Geste, mit diesen Trost spendenden Worten.
Unsicher biss sich Bess auf die Unterlippe und sah Eleonore kläglich an. "Das letzte, was ich will, ist meine Ehre endgültig zu verlieren indem ich einen Bastard bekomme." murmelte sie leise. "Aber denkt Ihr wirklich, Gott wird es verstehen? Sollte ich schwanger sein ..." Sollte sie schwanger sein und sollte sie das Kind weg machen lassen. Sie hoffte, dass Eleonore Recht hatte, dass Gott es ihr nachsehen würde. Und vielleicht hatte sie ja wirklich Glück und hatte überhaupt nicht empfangen in der letzten Nacht. Dann passierte schon nichts.

Eleonore

"Das wäre wohl ungerecht gewesen. Ich kenne dich nun schon eine ganze Weile, du warst mir immer treu und hast mich noch niemals angelogen. Ich bin daher ziemlich sicher, dass ich dir glauben kann, auch wenn es mich verletzt, was Bernard getan hat. Aber letztendlich...ist es wohl leider das, was Männer tun, wenn sie Macht haben. Auch, wenn ich dachte, er wäre anders."
Und Eleonore wollte keiner Frau zumuten eine solche Stuation erleben zu müssen. "Wenn er der Gott ist, an den ich glaube, wird er es verstehen. Mach dir keine Sorgen, Bess. Alles wird gut."
Eleonore erhob sich vom Bett, legte die Hand auf ihren gewölbten Leib und atmete durch. Armes Ding, offenbar ist dein Vater kein Ehrenmann, wie ich dachte. Aber jetzt würde sie ihm zeigen, was sie von dieser ganzen Sache hielt.
"Und nun kümmere ich mich darum, dass das nicht wieder passiert.", erklärte sie entschlossen und machte sich auf den Weg.

Bess

Bess sah ihre Herrin an und brachte endlich ein kleines Lächeln zu Stande. "Aber so hätten nicht viele gedacht. Es ehrt Euch daher umso mehr, dass Ihr mir helfen wollt." Sie wusste wirklich zu schätzen, was sie an Eleonore hatte und würde jetzt noch unverbrüchlicher zu ihrer Herrin stehen als ohnehin schon.
"Ich danke Euch, Mylady." murmelte Bess und erhob sich dann ebenfalls.
Als Eleonore sich anschickte das Gemach zu verlassen, trat Bess noch einmal vor und berührte ihre Herrin flüchtig am Arm, um sie noch einmal aufzuhalten. "Mylady ..." begann sie besorgt. "Wenn Ihr zu ihm geht, seid vorsichtig, ich bitte Euch." Sie schluckte leicht. "Ich weiß, dass Ihr eine starke Frau seid, aber Euer Gemahl kann ... gefährlich werden, wenn er wütend wird. Und Ihr seid schließlich schwanger. Geht kein unnötiges Risiko ein. Ich könnte mir nie verzeihen, wenn Euch etwas passiert."

Eleonore

Eleonore schüttelte leicht den Kopf. "Du machst mich besser, als ich bin. Ich bin einfach nur eine treue Freundin und ich bin eben nicht blind für die Fehler meines Gemahls." Vielleicht waren es solche Dinge, die Géraud ihr nicht hatte erzählen sollen. Ob Bernard deswegen so wenig begeistert von ihren Besuchen bei seinem Vater war?
Als Bess sie aufhielt, nickte sie kurz. "Ich werde vorsichtig sein, aber ich weiß ihn schon zu nehmen, Bess. Zudem wird er wohl eher nicht Hand an mich legen. Er erhofft sich schließlich, dass ich ihm einen gesunden Sohn schenke. Und er liebt mich ja eigentlich, ich schätze nur, ich muss ihn daran erinnern, was sich gehört. Und ich werde ihm zeigen, wie sehr mir sein Tun missfällt. Glaub mir, mit mir ist nicht zu spaßen, wenn man mich einmal verärgert hat. Ich passe auf uns auf."
Und dann machte sie sich auf den Weg zu Bernard.

Bernard

Bernard schlenderte zufrieden über den Burghof. Er hatte gerade ein schweißtreibendes, aber ausgesprochen erfolgreiches Training hinter sich und war guter Stimmung. Er hatte nun noch den ganzen Nachmittag Zeit, um sich für das abendliche Festmahl vorzubereiten und überlegte, ob er sich ein Bad gönnen sollte. Das wäre besonders für die müden Muskeln eine Wohltat.
Unterwegs hielt er einen Diener auf und beauftragte ihn einen Zuber mit Wasser vorzubereiten und ihm etwas zu Essen und zu Trinken zu bringen. Gerade bog er in den Gang zu seinem Gemach ein als ihm Eleonore entgegen kam. "Ah, Mylady, welch ein erbaulicher Anblick." bemerkte er und legte die letzten Schritte bis zu ihr zurück, erkannte dann jedoch an ihrer Miene, dass irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Und Bernard hatte auch schon so eine Vermutung ... wahrscheinlich hatte dieses kleine Flittchen Eleonore etwas vorgeheult ...

Eleonore

Eleonore begegnete ihrem Ehemann im Gang, als er wohl gerade vom Training kam. Dieses selbstzufriedene Gesicht machte sie noch zusätzlich wütend und sie fragte sich wirklich, was Bernard nur geritten hatte. Er war doch sonst immer so liebenswert gewesen.
Das hier jedoch war zu viel und so zögerte sie gar nicht lange, sondern schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. "Du bist ein Mistkerl, Bernard! Ich dachte wirklich, du wärst nicht wie andere Männer und hättest deine Triebe im Griff, aber was du getan hast, ist wirklich widerwärtig.", warf sie ihm zornig vor. Ihr Temperament brach sich langsam die Bahn, sie war nicht umsonst die Tochter ihres Vaters.
"Du wirst die Finger von meinen Zofen lassen, hast du mich verstanden? Sonst wirst du es bereuen!" Wäre er einfach zu einer Dirne gegangen, hätte sie vermutlich einmal geschluckt und sich sonst zusammen gerissen. Aber sich an ihrer Vertrauten zu vergreifen ging entschieden zu weit.

Bernard

Bernard kannte seine Frau mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass ihm einer ihrer Wutausbrüche bevor stand. Er hatte indes nicht damit gerechnet, dass sie ihn so ohne zu zögern ohrfeigen würde. Sein Kopf ruckte etwas zur Seite, dann verengte Bernard die Augen und sah Eleonore zor ig an. "Was fällt dir ein?" knurrte er ärgerlich. "Ah ja, bereuen werde ich es? Ich glaube ja eher nicht. Hat sie dir etwas vorgejammert, hm? Ich wette, sie hat dir dabei aber verschwiegen, wie genau ihr Part bei der Sache ausgesehen hat, oder?" Dieses kleine Luder, er hätte ja wissen müssen, dass Bess ihrer Herrin mit dieser Sache in den Ohren liegen würde.

Eleonore

Eleonore besah sich zufrieden die Reaktion ihres Mannes, der so gar nicht mit diesem Schlag gerechnet hatte. Aber er würde sie noch kennenlernen, sie ließ sich nicht herum schubsen. Sollte er doch sehen, was er davon hatte.
"Was mir einfällt? Das sagt der Richtige! Wenn du mich schon betrügen musst, weil du deine Triebe nicht beherrschen kannst, nimm dir doch eine Dirne wie jeder andere Mann auch und lass die Dienerschaft in Ruhe! Du vergewaltigst meine Zofe, die meine engste Vertraute ist, und jetzt willst du ihr das auch noch in die Schuhe schieben? Sie wollte mir gar nichts erzählen, sie hat nicht gejammert. Aber ich bin nicht dumm, sie hat ein Veilchen, das Bände spricht! Das hätte ich nie von dir gedacht!"
Zornig stemmte sie die Hände in die Hüften.

Bernard

Bernard schnaubte leise. "Wie jeder andere Mann auch ... als wüsstest du, was andere Männer so treiben." bemerkte er spöttisch. "Es spielt doch überhaupt keine Rolle, ob ich zu einer Dirne gehe oder einer anderen Frau. Und es besteht auch kein Grund, dass du so einen Aufstand deswegen machst. Du bist schwanger, da ist es doch wohl kein solches Drama wenn ich einmal zu einer anderen gehe. Wenn unser Kind auf der Welt ist, bist du schon wieder dran, hab keine Angst." erwiderte Bernard augenzwinkernd, wenngleich der Zorn noch immer in ihm brodelte. Was bildete Eleonore sich eigentlich ein?
Bernard verdrehte die Augen. "Ich habe sie nicht vergewaltigt, red nicht solchen Unsinn. Das kleine Ding hat mir doch schon seit Tagen schöne Augen gemacht. Sie wollte dir nur nichts davon erzählen, damit du nicht erfährst auf was für Dinge sie so steht." behauptete Bernard im Brustton der Überzeugung. "Ihr hat es nämlich ausgesprochen gut gefallen gestern, sei versichert." fügte er leise hinzu.

Eleonore

"Hältst du mich für ein naives Dummchen, Bernard? Ich bin an einem großen Hof aufgewachsen, glaubst du wirklich, mir wären all diese Dinge entgangen? Ihr Männer nehmt euch immer, was ihr wollt. Ohne Rücksicht auf Verluste. Aber eine Dirne verdient damit ihr Geld, es ist nicht richtig, wenn ihr statt diese Dienste anzunehmen die Mägde um ihre anständige Zukunft bringt!"
Eleonores Augen verengten sich und rote Löckchen kringelten sich um ihre Schläfen. "Es spielt für mich eine Rolle, wenn diejenige meine Freundin ist und deine Besuche ganz und gar nicht wünscht." Eleonore trat näher und schließlich ohrfeigte sie ihn erneut.
"Du nimmst all das ga rnicht ernst, was? Es ist mir derzeit ziemlich egal, wann ich 'dran bin'. Wer sagt, dass ich das je wieder sein werde, wenn du solche Dinge tust?", erwiderte sie mit einem trügerisch sanften Lächeln.
"Und unterstell ihr keine Lügen, Bess macht dir keine schönen Augen und sie ist der ehrlichsteMensch, den ich kenne."

Bernard

Bernard verdrehte leicht die Augen. "Ich bringe hier niemanden um seine Zukunft. Und wenn es dir so auf der Seele brennt, kann ich gerne einen passenden Gemahl für deine heißgeliebte Bess finden. Das ist nun wirklich kein großes Problem."
Dieses Mal reagierte Bernard auf die Ohrfeige, allerdings eine Spur zu spät, so dass er Eleonores Handgelenk erst umschloss als sie ihr bereits geohrfeigt hatte. Mit einem kleinen Ruck zog er Eleonore dichter zu sich. "Ich nehme es ernst, allerdings finde ich es reichlich albern, wie du dich benimmst. Aber ich schwöre dir, Eleonore, wenn du mich noch einmal schlägst, wirst du es bereuen." wisperte Bernard mit verengten Augen.
Dann legte er die freie Hand an ihre Wange und erwiderte das trügerisch sanfte Lächeln. "Ich sage das. Immerhin bist du meine Frau, nicht wahr? Es ist deine eheliche Pflicht." erinnerte er sie ungerührt, dann wurde sein Lächeln eine Spur boshafter. "Ja, rede dir das nur ein. Aber vielleicht ist deine kleine Zofe nicht ganz so ehrlich wie du denkst."

Eleonore

"Sie braucht zum jetzigen Zeitpunkt aber keinen Gemahl, sondern einfach nur ihre Ruhe vor dir. Sie ist meine Zofe und meine Freundin, ich erwarte also von dir, dass du dir Finger von ihr lässt.", forderte Eleonore kühl. Unbeeindruckt erwiderte sie seinen Blick, als er ihr Handgelenk packte und sie zu sich zog. "Ach, werde ich das? Was willst du dann tun, hm? Mich auch schlagen? Mir Benehmen einprügeln? Wir wissen Beide, dass du das nicht tun wirst, immerhin könnte ich deinen Erben tragen und du würdest Gefahr laufen, dass ihm etwas passiert."
Eleonore entriss ihm ihren Arm und trat einen Schritt zurück. "Ich bin deine Frau und vielleicht wäre es meine Pflicht, aber wir wissen ja Beide, dass ich nicht immer bin, wie man erwarten würde. Vergiss nicht, wer ich bin. Und jetzt lass endlich Bess aus dem Spiel, du kannst mich dahingehend nicht verunsichern, auch wenn du es versuchst."

Bernard

Bernard knirschte missfällig mit den Zähnen. Eleonore hatte Recht, er würde sie nicht anrühren. Dafür war seine Wut weiß Gott nicht groß genug und die Sorge um das Kind in ihrem Leib war in der Tat größer. Er wollte das Leben seines Erben keineswegs aufs Spiel setzten. "Vielleicht solltest du dennoch lieber einmal darüber nachdenken, dass du mich besser nicht schlagen solltest, wenn du es nicht mit gleicher Münze zurück gezahlt bekommen willst." gab Bernard frostig zu bedenken.
Unwillig ließ er von ihr ab als Eleonore sich los riss und maß sie mit einem verärgerten Blick. "Wie könnte ich das vergessen, Mylady." bemerkte er halb spöttisch, halb bissig. "Nun dann, wenn ich sie aus dem Spiel lassen soll, würde ich vorschlagen, du gibst nun Ruhe und lässt mich endlich vorbei, damit ich mein Bad nehmen kann. Ich habe ein anstrengendes Training hinter mir und das lässt mich deinen Klagen gegenüber wirklich nicht langmütiger werden."

Eleonore

Eleonore wusste, dass sie diese Auseinandersetzung gewonnen hatte. Sie hatte Bernard richtig eingeschätzt, er würde sie nicht anfassen. Er war viel zu besorgt um das Kind. Nicht, dass sie ihr Kleines gern als Schutzschild benutzte, aber für den Moment war es das Beste, was sie hatte.
"Dann benimm dich doch einfach nicht so, dass ich Veranlassung dazu habe, Bernard. Das würde uns beiden viel Kummer ersparen."
Unbeeindruckt von seinem verärgerten Blick machte sie eine einladende Handbewegung. "Nun, ich werde dich nicht davon abhalten. Aber glaub mir, ich erfahre es, wenn du Bess nicht in Ruhe lässt."
Sie mochte diese Art von Auseinandersetzung mit ihm nicht sonderlich, weil er ihr durchaus etwas bedeutete, aber sie war ja keine dumme Gans, mit der er tun konnte, was ihm gefiel. Und das sollte er durchaus spüren.

Bernard

Bernard atmete geräuschvoll aus. "Wie du meinst." brummte er etwas ungehalten. Er war nach wie vor der Meinung, dass sie einen viel zu großen Aufstand wegen dieser kleinen Zofe machte, aber das wiederholte er jetzt lieber nicht noch einmal, sonst würde er nie seine Ruhe kriegen. Außerdem wollte er Eleonore ja auch gar nicht verprellen, er war seiner Gemahlin ja doch sehr zugetan.
Er zog eine Augenbraue in die Höhe und trat an Eleonore vorbei. "Ja, ich glaubs." Dieses Mal hatte sie ja auch schon in Windeseile davon erfahren. Fürs erste würde Bernard die Sache also auf sich beruhen lassen. Aber eins war sicher, das kleine Flittchen würde schon noch erleben, was sie sich mit dieser Sache eingehandelt hatte! So leicht würde sie ihm nicht davon kommen. Erst einmal würde Bernard ein wenig Gras über die Sache wachsen lassen, immerhin gab es ja auch genügend Mägde hier mit denen er sich vergnügen konnte. Aber die kleine Zofe war auf jeden Fall noch einmal fällig.

Eleonore

Am Abend saß Eleonore mit einem Buch vor dem Kamin und las ein wenig, doch immer wieder huschte ihr Blick verstohlen zu Bernard hinüber. Den ganzen Tag über waren sie sich etwas aus dem Weg gegangen und nun herrschte etwas Befangenheit. Doch Eleonore wollte nicht den ersten Schritt machen, das konnte ruhig Bernard in Angriff nehmen, wenn sie ihm etwas bedeutete.
Er war schließlich der Grund für diese Auseinandersetzung gewesen. Nur weil er seine Finger nicht hatte bei sich belassen können.
In Gedanken fuhr sie mit der Hand über ihren Bauch, als das Kind sich darin ein wenig bewegte. Natürlich spürte das Kleine ihre innere Unruhe ganz genau und konnte damit nicht allzu viel anfangen.

Bernard

Sie beide hatten sich heute früh vom Festbankett zurück gezogen und saßen nun noch in ihrem Gemach - zwar zusammen, aber nicht wirklich gemeinsam. Eleonore hatte sich ein Buch geholt und schien etwas abwesend darin zu lesen und Bernards Gedanken drifteten auch immer wieder in unterschiedliche Richtungen ab.
Er spürte ihren Blick auf sich und unterdrückte ein Seufzen. Es war nicht so, dass ihm diese Sache mit Bess leid tat, im Gegenteil, er würde es nur zu gern wiederholen, aber er war kein großer Freund von diesem eisigen Schweigen zwischen ihnen.
Ein wenig unwillig sah er zu Eleonore und beobachtete wie ihre Hand über ihren runden Bauch glitt. Hoffentlich war es tatsächlich der gewünschte Sohn ...
Bernard atmete durch, erhob sich langsam und ging zu seiner Gemahlin hinüber. Er ließ sich neben ihr nieder und legte seine Hand auf ihre, die über ihren Bauch strich. Ein eigentümlicher Anblick, ihre zarten Finger unter seiner Pranke begraben und das auf ihrem runden Bauch ... "Lass uns unseren Streit beilegen, ja? Vergessen wir die Sache einfach." schlug Bernard gedämpft vor. Er war niemand, der sich für gewöhnlich entschuldigte für das, was er tat und er hatte wirklich keinerlei Übung darin. Dass er überhaupt zu Eleonore gegangen war, war schon mehr als er von sich selbst je erwartet hätte in dieser Sache.

Eleonore

Eleonore hob den Kopf, als Bernard sich zu ihr setzte und die Hand mit auf ihren Bauch legte. Er hatte tatsächlich den ersten Schritt gemacht, das hatte sie nicht erwartet, schließlich war Bernard ein sehr stolzer Mann.
Sie belohnte ihn, indem sie die Hand drehte und ihre Finger miteinander verschränkte und sich schließlich an ihn lehnte. "In Ordnung. Ich mag es nicht mit dir zu streiten.", gab sie nach und war froh über diese Übereinkunft.
"Ich bitte dich nur, lass Bess in Ruhe, ja? Sie ist eine meiner wenigen wirklichen Freundinnen und sie ist sehr zuverlässig. Ich habe sie wirklich gern.", bat sie ihn leise und schenkte ihm einen warmen Blick.

Bernard

Bernard musste zugeben, dass er nicht damit gerechnet hatte, dass es so leicht werden würde. Viel mehr hatte er erwartet, dass Eleonore es ihm schwer machen würde, dass die Vorhaltungen vom Mittag noch einmal kamen, doch offenbar war sie mehr als versöhnlicher Stimmung.
Bernard legte den Arm um ihre Schultern als Eleonore sich an ihn lehnte und nickte leicht. "In Ordnung." willigte er leise ein. Zumindest fürs Erste würde er die Finger von Bess lassen. Was später kam, spielte jetzt keine Rolle. Wichtig war nur, dass er Eleonore milde stimmte und sie ihren Streit heute Abend beilegten.
Er beugte sich etwas vor und hauchte einen Kuss auf ihre Schläfe. "Es tut mir Leid, ich wollte dir keinen solchen Kummer machen." fügte er reumütig hinzu.

Eleonore

Eleonore schloss einen kurzen Moment die Augen. Sie mochte diese Art Geborgenheit, die Bernard ihr vermitteln konnte und sie war ihrem Mann ja auch wirklich zugetan. Vor allem jetzt, da sie sein Kind erwartete, wollte sie keine größeren Streitigkeiten. Sie würde ein wenig auf der Hut sein zukünftig und ihm nicht mehr ganz so bedingungslos vertrauen, denn sie hatte nicht vergessen, dass er sie von Bess' Verlogenheit hatte überzeugen wollen, aber das änderte ja nichts daran, dass er ihr Ehemann war. Und bisher war er ihr ja immer ein guter Ehemann gewesen.
"Dann sei dir verziehen. Ich mag Streit mit dir nicht, das ist ja auch unnötig. Es gibt so viel wichtigere Dinge, um die man sich kümmern muss."

Philippe öffnete die Tür seines Hauses, schob sie mit dem Fuß auf und hob den vierjährigen Frederic von seinen Schulter, der glücklich jauchzte, und nahm ihn auf den Arm, so dass der Junge sich nicht den Kopf stoßen konnte. Sein Bruder Francis schlüpfte vor ihnen durch die Tür, hinein in die gemütliche Halle und stürmte durch den großen Raum hinüber zu dem Kamin vor dem seine Mutter mit der kleinen Aliesa und umringt von ihren älteren Töchtern saß. Claire hatte ein Buch vor sich auf dem Tisch liegen und las mit konzentrierter Miene daraus vor.
Der Anblick wärmte Philippe das Herz. Er liebte diese vertrauten Stunden mit seiner Familie. Der einzige, der gerade noch fehlte war Sebastien, aber das war nun wirklich nichts Neues. Der Junge war am Nachmittag mit zwei seiner Freunde ausgeritten und wie so häufig kamen sie wieder einmal zu spät nach Hause.
Philippe setzte Frederic auf dem Boden ab und ließ sich neben seiner Frau nieder. Zur Begrüßung gab er ihr einen zärtlichen Kuss und lächelte leicht. „Was lest ihr denn schönes?“ erkundigte er sich neugierig und legte einen Arm um Amelies Taille.

Amélie genoss den Nachmittag im Kreise ihrer Töchter. Sie saßen vor dem Kamin, die kleine Aliesa auf ihrem Schoß und Charlotte zu ihren Füßen, während Claire konzentriert etwas aus dem Buch vorlas. Sie hob leicht den Kopf, alssich die Tür öffnete und ihre Männer herein kamen.
Francis kam gleich zu ihr hinüber gerannt und setzte sich neben Charlotte. Philippe setzte Frederic ab und gesellte sich dann zu ihr. Nur Sébastien blieb der Runde fern, aber auch er würde sicher bald eintrudeln. Es war ein schöner Abend mit ihrer Familie und hier im eigenen Haus ließ sich dieser auch wunderbar genießen.
"Geschichten über Prinzessinnen und Drachentöter und Ritter...die Mädchen sind ganz verrückt danach. Sie kommen aus London, einer der Händler hat sie mitgebracht."
Und da die Zucht ausgesprochen gut lief, konnten sie sich auch gut einmal etwas Luxus gönnen. Und so hatte Amélie für sie und die Mädchen dieses Buch gekauft.

Philippe streckte die langen Beine aus und grinste heiter. "Ah, Prinzessinnen, Drachentöter und Ritter ... wenn ich mich so umsehe, dann könnte man meinen, euer Londoner Schreiberling hat sich hier inspirieren lassen." bemerkte er augenzwinkernd und erntete munteres Kichern von seinen Kindern. Nur Claire warf ihm einen verstohlenen Blick zu, der besagte, dass sie ihn wieder einmal albern fand, insgeheim aber wirklich gern eine Prinzessin wäre, oder wenigstens eine Dame am königlichen Hof.
Philippe lächelte versonnen. Vielleicht sollte er sich über Claires Zukunft wirklich einmal ernstere Gedanken machen. Es fiel ihm schwer, war seine älteste Tochter doch sein Augenstern, aber er wusste, dass Claire wirklich für mehr bestimmt war als hier irgendeinen Bauern oder einfachen Ritter zu heiraten. Während Sebastién im Gestüt aufblühte und todunglücklich am Hof wäre, war Claire ... Claire. Sie war vermutlich das gescheiteste ihrer Kinder, klug, neugierig und von einer ganz natürlichen Anmut, die sie nur von ihrer Mutter haben konnte.
Philippe machte eine vage Geste in Richtung seiner Tochter. "Komm, erfreu mein Herz und lies noch ein klein wenig weiter." bat er.