William und Joanna - ab 1181 bis 1182

James

James wusste genau, dass es nicht sonderlich schicklich war und er so auch nicht gerade klug wirkte, aber er bekam seinen Mund einfach nicht zu und starrte Rizolli verblüfft an. Bologna? Er sollte an die Universität gehen?
James blinzelte und riss sich dann zusammen. "Ich soll nach Bologna gehen, Eminenz?" fragte er verblüfft, da er es einfach nicht glauben konnte. "Das ... das wäre eine unglaubliche Gelegenheit. Ich fühle mich geehrt, Eminenz, aber ... das muss ich erst mit meinen Eltern sprechen. In Bologna zu studieren wird sicher einiges kosten." erwiderte er und spürte ein aufgeregtes Kribbeln in seinem Magen. Er sollte an die Universität gehen? Das hätte er im Traum nicht erwartet.
Allerdings fiel ihm dann noch etwas ein.
"Eminenz, wenn die Frage erlaubt ist ... was ist mit Alan? Wird er ebenfalls nach Bologna gehen können?" erkundigte James sich dann. Seit er nach York gekommen war, waren sie beide immerhin unzertrennlich.

Kardinal Rizzoli

Der Kardinal unterdrückte ein Grinsen, als er seinen Schüler so überrascht sah. Aber es war auch zum Staunen, so eine Gelegenheit kam nicht wieder.
"Ja, das wäre es. Ich denke nicht, dass deine Eltern etwas dagegen haben. Und die Kosten der Ausbildung wird die Kirche tragen. Der Vatikan braucht kluge Köpfe, jetzt und in Zukunft, also fördern wir unseren begabten Nachwuchs ausgesprochen gern und du hast es verdient. Du bist ein talentierter Bursche.", erklärte er lächelnd, schüttelte dann aber bedauernd den Kopf.
"Es tut mir leid, aber das Angebot gilt nur für dich. Die Universität wird nur einen Schüler aufnehmen, den wir schicken und wir unterstützen nur den Talentiertesten unserer Schüler. Alans Talente liegen in anderen Bereichen, aber nicht darin zu studieren. Wir finden andere Möglichkeiten für ihn sich zu entwickeln."

James

James wurde blass. Dieses Angebot war gewaltig. Nicht nur, dass er nach Bologna durfte, es würde ihn auch finanziert werden. Das war eine Gelegenheit, die sich ihm nur einmal in seinem Leben bieten würde.
"Das ... das ist sehr großzügig, Eure Eminenz." erwiderte er verblüfft.
Der Vatikan braucht kluge Köpfe, jetzt und in Zukunft.
James schauderte beinahe. Das bedeutete, dass sich ihm hier gerade eine völlig neue Tür öffnete. Er hatte seinen Aufenthalt in Rom immer als eine interessante, aber zeitlich sehr begrenzte Gelegenheit gesehen, aber nun ergaben sich ungeahnte Möglichkeiten.
Allerdings hatte das ganze einen faden Beigeschmack. "Oh, ich verstehe." erwiderte James wenig geistreich. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er mit einem Mal vor solch einer Entscheidung stehen würde. Wenn Alan nicht mit nach Bologna konnte, bedeutete das, dass James sich entscheiden musste. Für Bologna und gegen Alan oder für Alan und gegen Bologna.
Ihm wurde beinahe übel bei dem Gedanken.
"Eure Eminenz, dürfte ich ein wenig Bedenkzeit haben? Ich fühle mich über alle Maßen geehrt, aber dieses Angebot ist so gewaltig, ich muss es erst einmal wirklich begreifen, wenn Ihr erlaubt?" erwiderte James dann schließlich.

Kardinal Rizzoli

Der Kardinal neigte leicht das ergraute Haupt. Er mochte James sehr gern, der Junge war ausgesprochen intelligent für sein Alter und unglaublich belesen. Das musste unbedingt gefördert werden. Dann würde James eines Tages vielleicht sogar Kardinal werden können. "Die Kirche braucht junge, offen denkende Männer wie dich. Also sieh zu, dass du der Kirche deinen Verstand als Geschenk zur Verfügung stellst. Als Vergeltung..."
Er nickte zustimmend. "Sicher darfst du das. Gib mir morgen Bescheid, wie du dich entschieden hast. Aber bedenke, dieses Angebot ist eine einmalige Chance für deine Zukunft. Nichts könnte so wichtig sein wie diese Gelegenheit. Du darfst gehen."

James

James verneigte sich ehrfürchtig. "Es wäre mir eine große Ehre unserer heiligen Mutter Kirche ein solches Geschenk allein durch mein bescheidenes Dasein machen zu können." erklärte James lächelnd.
Kurz durchfuhr ihn ein Schwall von Erleichterung als Rizzoli seiner Bitte nachgab und ihm Bedenkzeit gewährte. Gleichzeitig wusste James aber auch, dass er bis morgen keine ruhige Minute mehr finden würde.
"Ich werde es bedenken, Eure Eminenz. Vielen Dank. Ich werde es euch gleich morgen wissen lassen, wie ich mich entschieden habe." Wenngleich James das Gefühl hatte, dass sein Herz die Entscheidung bereits gefällt hatte.
Er verneigte sich noch einmal vor dem Kardinal und verließ dann das Arbeitszimmer, um sich umgehend auf die Suche nach Alan zu machen. Er musste ihm dringend davon erzählen.

Alan

Alan saß vor einem Schriftstück am Schreibtisch und bemühte sich mit der Verzierung des Anfangsbuchstabens ab. Es war kein offizielles Schriftstück, sondern einfach nur eine Übung für ihn. Er nutzt solche Gelegenheiten sofort. Wie viel Spaß er doch daran hatte. Ob er sich eines Tages nur mit solchen Dingen würde auseinander setzen können?
Alan hob den Kopf nur ein wenig, als James herein kam. "Oh, James, du musst es dir ansehen, ich habe etwas Neues ausprobiert.", erklärte er begeistert und hob den Blick, stutzte dann aber.
"Du bist so blass, ist etwas passiert?"

James

James fand Alan wieder einmal über ein Pergament gebeut und der Anblick ließ gemischte Gefühle in ihm aufwallen. Ihm wurde warm ums Herz vor lauter Zuneigung, aber gleichzeitig hatte er das Gefühl zu Ersticken, wenn er daran dachte, dass sich ihre Wege womöglich bald trennen würden - zumindest für eine Weile.
"Hast du das? Na, zeig her." erwiderte James und ignorierte Alans nächste Frage vorerst. Er trat neben seinen Freund, legte gewohnheitsgemäß eine Hand auf Alans Rücken und betrachtete dessen Arbeit. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. "Es ist beeindruckend, Alan. Wie bekommst du sowas nur hin?" bemerkte James und gab seinem Freund einen Kuss.
Dann erst richtete er sich wieder auf, fuhr sich durch die Haare und seufzte leise. "Ich war gerade bei Kardinal Rizzoli." begann er dann langsam zu berichten. "Er ... hat mir angeboten nach Bologna zu gehen, um dort zu studieren."

Alan

Alan lächelte zurück. "Danke. Aber eigentlich ist es nicht so schwierig. Für mich ist es einfach solche Dinge zu zeichnen. Nur meine Hände wollen manchmal noch nicht so, wie ich es gerne hätte. Aber so lange übe ich schließlich noch nicht."
Er erwiderte den Kuss und legte den Kopf zur Seite.
"Was wollte Rizzoli denn von dir?", fragte er, da wurde seine Frage schon beantwortet. "Nach Bologna?", wiederholte er staunend. "Oh, aber das ist doch gut, dass ist eine wunderbare Chance für dich, James. Darauf hast du doch die ganze Zeit gewartet. Ich werde dort auch irgendetwas zu tun finden, da bin ich ganz sicher. Dann verschlägt uns der Weg eben nach Bologna, bevor wir nach England zurückkehren." Dann würde er neue Dinge sehen, das würde ihm als Inspiration auch nicht schaden.

James

James lachte leise. "Du lässt es so einfach klingen. Meine Finger würden sich schon bei dem Versuch verknoten so etwas zu schaffen." erwiderte James und strich zärtlich über Alans Wange. "Du hast wirklich ein Talent dafür."
James' Magen zog sich bei Alans Worten schmerzlich zusammen. Ja, es war eine Chance auf die er immer gewartet hatte, aber zu diesem Preis?
"Ich ..." begann er und stockte. "Rizzoli sagte, dass Angebot würde nur für mich gelten, Alan. Die Universität nimmt nur einen neuen Schüler von hier auf und die Kirche wird nur einen unterstützen, sagte er." erklärte James ein wenig heiser. "Ich müsste mich also entscheiden ..." Für oder gegen Bologna. Gegen oder für Alan.

Alan

"Ach wach...irgendwann musst du es versuchen. Es ist gar nicht so schwer, wenn man weiß, worauf man achten muss. Außerdem ist es vielleicht nur gut, dass unsere Talente in anderen Bereichen liegen, sonst würden wir viel öfter streiten."
Alan sah James abwartend an und erbleichte ein wenig, als er verstand. Ihre Wege würden sich trennen. Für ihn stand außer Frage, wie James sich entscheiden würde. Es wäre Dummheit eine solche Chance wegzuwerfen, auch wenn er sich ausgesprochen minderwertig vorkam. Ja, seine Talente lagen woanders...Sie lagen in einem Bereich, den niemand wirklich zu schätzen wusste. Doch warum hatte Gott ihm dann diese Gabe geschenkt?
"Ich...verstehe...", sagte er ein wenig lahm. "Ich...Du solltest gehen. Eine solche Chance bekommst du nicht wieder." Nur was würde aus ihm werden ohne James?

James

James lächelte kurz. "Vielleicht kannst du mir ja irgendwann ein wenig dabei helfen. Mir Unterricht geben." erwiderte er, wenngleich er wusste, dass er im Leben nicht an Alans Fähigkeiten heran kommen würde und das war auch in Ordnung für ihn. Er liebte es zu sehen, was Alan mit Pinsel und Farbe, mit Feder und Tinte alles schaffen konnte, das war für James schon Bereicherung genug.
"Alan, ich ..." James rang um die richtigen Worte und ließ sich dann zunächst auf einem Stuhl Alan gegenüber nieder. "Ich weiß nicht. Ich meine, natürlich würde ich gerne nach Bologna und diese Gelegenheit nutzen. Es würde mir völlig neue Möglichkeiten eröffnen ... sogar hier im Vatikan." erwiderte er langsam und griff nach Alans Hand. "Aber ich will mich nicht zwischen einer solchen Chance und dir entscheiden müssen. Ich liebe dich, Alan, du gehörst doch zu mir."
James fuhr sich mit der freien Hand über das Gesicht. "Ich kann es ja in England immer noch zu etwas bringen." fügte er recht lahm hinzu.

Alan

"Ja, irgendwann werden wir das tun.", versprach Alan mit einem Lächeln. Er sah James an und wurde wieder ernst, schüttelte den Kopf.
"Dann tu es. Geh und nutze diese Chance für deine Zukunft. Du solltest nicht meinetwegen alles weg werfen. Nicht wegen etwas, das dich ohne Weiteres diese ganze Zukunft kosten könnte. Außerdem wirst du es irgendwann bereuen, James. Du wirst dich fragen, was wäre, wenn du es getan hättest. Wenn der Vatikan dir diese Möglichkeit bietet, ergreif sie. In England wirst du nie soweit kommen. Es...ist ja nicht für immer. Und ich werde schon irgendetwas finden, um mir die Zeit zu vertreiben."
Auch, wenn er nicht wusste, wohin er gehen sollte. Alleine hier bleiben? Nein.

James

James schauderte leicht. Das waren genau die Worte, die er sich erhofft hatte von Alan und er fühlte sich unglaublich schäbig, dass er her gekommen war, um Alans Segen für diese Sache zu erwerben, sich aber tief in seinem Innern schon längst entschieden hatte.
"Oh bei allen Heiligen, Alan, ich werde dich furchtbar vermissen, wenn ich gehe." murmelte James und senkte den Blick. "Wie soll ich denn in Bologna ohne dich zurecht kommen?" Er schluckte schwer und schloss einen Moment die Augen.
Dann hob er den Kopf und sah Alan in die Augen. "Sobald ich fertig bin mit meinem Studium werden wir unseren Weg wieder gemeinsam gehen, nicht wahr? Wir werden gemeinsam etwas finden. Und währenddessen ... wir werden uns schreiben. Und du musst mich in Bologna besuchen kommen." fuhr James fort und legte eine Hand an Alans Wange. "Es wird ja nicht für immer sein." wiederholte er, was Alan gerade gesagt hatte, beugte sich vor und küsste ihn zärtlich. "Du wirst nicht hier bleiben wollen, oder?" fragte er dann und legte den Kopf ein wenig schief. "Ich kenne dich doch." murmelte er und dachte nach.

Alan

Alan nickte. "Ich dich auch...", erwiderte er geknickt. "Ich weiß auch nicht, wie es weiter gehen soll..." Er seufzte schwer. "Ja, danach müssen wir uns überlegen, wie es weiter geht. Aber vielleicht können wir einen gemeinsamen Weg finden. Ich werde dir oft schreiben und vielleicht schaffe ich wirklich einen Besuch."
Er sah James kurz in die Augen, als dieser die Hand an seine Wange legte. "Nein, nicht für immer." Aber für lang genug, als dass sich Vieles ändern konnte. Vielleicht wollte James gar nicht ehr zurück, wenn er einmal dort war. Aber es war klüger ihm das nicht zu sagen.
"Nein..was soll ich hier? Ich bin kein Gelehrter wie du, ich werde nie so klug sein wie du. Meine Talente liegen einfach woanders und die...die schätzt man hier eben nicht. Nur weiß ich nicht, wohin ich gehen soll..."

James

James schüttelte den Kopf. "Nein, wir können nicht, wir werden einen Weg finden. Alan, wir gehören einfach zusammen und wenn wir nun für eine gewisse Zeit getrennte Wege gehen müssen, weil Gott es so will, dann ist das so, aber ich werde nicht zulassen, dass uns das auf ewig trennt. Und wenn ich die Welt auf den Kopf stellen muss, um dich zu mir zu holen. Wir werden wieder zusammen sein." erklärte James dann entschlossen. "Und ich möchte, dass du mir ab und zu auch eine deiner wundervollen Zeichnungen schickst. Ich will sehen, wie du voran kommst und wenn ich sie in der Hand halte, will ich mir vorstellen, wie du wieder stundenlang darüber gebrütet hast, um sie zu malen."
James spürte, wie sich seine Kehle zuschnürte und einen Moment lang musste er mit seiner Fassung ringen.
Dann hatte er sich wieder im Griff und sah Alan eindringlich an. "Geh nach England." schlug er dann vor. "Geh nach Truro zu meinem Vater. Ich weiß, dass er im Moment einen italienischen Maler beschäftigt, der für die Ausgestaltung der Kirche verantwortlich ist. Vielleicht kannst du eine Zeit lang bei ihm in die Lehre gehen." schlug James dann fast ein wenig euphorisch vor. "Ich kann sofort einen Brief an meinen Vater schicken, wenn du willst. Er wird dich sicher mit Freuden aufnehmen!"

Alan

Alan nickte zustimmend. "Irgendwie werden wir es schaffen, du hast ja Recht. Aber es wird schwer werden. Ich weiß nicht, was Gott damit beabsichtigt. Warum schickt er uns diese Gefühle, wenn er uns trennen möchte?"
Er lächelte matt. "Ich werde dir ab und an eine Zeichnung schicken, das wird nicht das Problem sein, glaub mir. Wenigstens vergisst du mich so nicht in der Zeit in Bologna."
Das war seine größte Angst. Dass James jemand Anderen fand, in Italien blieb und er alleine da stand, obwohl er die ganze Zeit gewartet hatte.
Seine Augen weiteten sich überrascht. "Nach England? Das ist....das ist gar keine so schlechte Idee. Mein Vater wird nicht begeistert sein, es ist schließlich keine geistliche Laufbahn. Aber....vielleicht ist das mein Weg und es gibt Menschen, die schätzen, was ich dort lerne. Er muss es ja gar nicht erfahren."
Alan atmete tief durch. "Ja, schreib deinem Vater...."

James

James lächelte sanft. "Gottes Wege sind unergründlich, Alan. Vielleicht ist das seine Probe für uns, um zu sehen, ob wir wirklich zueinander stehen." erklärte er nachdenklich und lachte dann leise. "Dich vergessen? Himmel, Alan, wie könnte ich? Ich sehne mich ja jetzt bereits nach dem Tag an dem ich dich wieder habe."
Als Alan auf seinen Vorschlag einging, wurde James warm ums Herz. Es würde gut tun Alan in Truro zu wissen. "Wundervoll. Dein Vater wird nichts davon erfahren. Und wenn du gut voran kommst, wirst du bald wundervolle Bilder malen können! Und du wirst Bücher verzieren können und Gebäude, ja, du wirst Kirchen ausmalen können. Das wäre wundervoll." schwärmte James zufrieden und gab Alan noch einen Kuss. "Ich werde gleich einen Brief fertig machen, ihm mitteilen, dass ich nach Bologna gehe und dass du nach Truro kommen wirst."

Alan

Alan seufzte. "Ja, vielleicht ist es das. Wenn es so ist, finde ich es allerdings nicht sehr lustig. Wir haben so genug Probleme, da brauchen wir nicht noch zusätzlich eine Prüfung." Sein Blick hing an James, dann schloss er kurz die Augen. "Oh ja...ich auch. Es wird so eine schwere Zeit ohne dich." Er hatte sich so daran gewöhnt, kaum je von ihm getrennt zu sein.
"Ich danke dir...ich hoffe, ich komme gut zurecht. Ja, wenn ich es kann, mus aber jemand auch diese Dienste von mir wollen. Und das könnte die Schwierigkeit werden. Aber erst einmal kann ich ja noch ein bisschen länger lernen, das wird vielleicht ganz gut tun."

Rob

Rob ließ die Beine ein klein wenig baumeln und seinen Blick kurz durch den Raum schweifen. Einen Moment lang sah er zum Fenster hinüber, zwang sich dann jedoch dazu, den Blick wieder auf das Pergament vor sich zu richten. Er wusste noch zu gut, was ihm der Blick aus dem Fenster bei Philip für Ärger eingebracht hatte. John wandte zwar glücklicherweise keine solchen Methoden an, aber wenn er aus dem Fenster sah, würde auffallen, dass Rob nicht wirklich bei der Sache war.
Er hatte heute morgen überlegt, ob er überhaupt zum Unterricht gehen sollte und sich eigentlich schon dagegen entschieden, als er Edmund in die Arme gelaufen war, der gerade auf dem Weg zu seinem Vater gewesen war - und damit Robs Chance zu Nichte gemacht hatte, sich unbemerkt verdrücken zu können.
Rob seufzte stumm und ließ den Blick unwillig über das Pergament wandern. Er wollte das alles nicht mehr lernen, er wollte einfach seine Ruhe haben und ein wenig im Stall mit den Pferden helfen, sich um Bukephalos und MacGrey kümmern und sich dann wieder in seinem Zimmer verkriechen ...

John war sofort aufgefallen, wie wenig Aufmerksamkeit Rob dem Unterricht schenkte, seit er aus Surrey zurück gekehrt war. Auch heute wanderte die Konzentration des Jungen immer wieder weg vom Unterricht, das war offensichtlich. Doch John ließ ihn heute gewähren und machte gute Miene. Erst als der Unterricht beendet war, hielt er Rob zurück, als die Anderen bereits gingen.
"Rob, ich will kurz mit dir sprechen.", bat er. "Was ist los mit dir? Du bist in letzter Zeit sehr unkonzentriert, abwesend...Du warst vorher voller Begeisterung bei der Sache, jetzt bist du mit deinen Gedanken ganz woanders, bist unmotiviert. Was ist los? Geht es dir nicht gut? Du weißt, dass du mit mir sprechen kannst."

Rob

Ein wenig widerwillig blieb Rob zurück als der Unterricht zu Ende war und John ihn aufhielt. Er warf einen sehnsüchtigen Blick zur Tür, dann senkte er den Blick und ließ Johns Fragen über sich ergehen. Er zögerte lange bevor er antwortete, wusste nicht so recht, was er seinem Lehrer antworten sollte ohne diesen zu kränken. Er musste an die Worte seines Vaters denken, er müsse mehr Feingefühl entwickeln, aber das war gar nicht so einfach, wenn er ehrlich war.
"Ich ..." begann er zögernd und machte dann wieder eine Pause. "Ich möchte einfach gerne gehen, darf ich das?" fragte Rob leise und sah unsicher zu John auf. "Mein Pony wartet schon ..."
Wie sollte er John denn sagen, dass er kein Interesse mehr an seinem Unterricht hatte? Das er kein Latein mehr lernen wollte? Dass er einfach seine Ruhe wollte? Er würde es ja doch nicht verstehen und nur wieder mit seinen Eltern darüber sprechen und die würden ihn dann wiederum belagern und sich Sorgen um ihn machen.

John legte skeptisch die Stirn in Falten. So kannte er Rob ja überhaupt nicht. Der Junge war immer ein fröhliches Kind gewesen, mit Spaß am Lernen. Aber jetzt hatte er ein düsteres, in sich gekehrtes Kind vor sich, dass mit niemandem sprechen wollte.
Er seufzte leise. Darüber würde er dringend mit Robert sprechen müssen. "Rob...wir alle würde dir gern helfen, aber das geht nur, wenn du uns sagst, was los ist.", redete er ihm noch einmal ins Gewissen, ehe er nickte. "Gut, dann geh...aber ich hoffe, dass du morgen wieder mit mehr Eifer bei der Sache bist." Was war nur los mit dem Kleinen?
Es hatte keinen Sinn ihn noch länger hier festzuhalten. Wenn er sprechen wollte, würde er es tun. Meistens erreichte man dabei ohne Zwang mehr.

Rob

Rob hob den Blick und für einen Moment blitzte der Ärger in seinen Augen auf. "Ihr könnt mir doch eh alle nicht helfen." erwiderte er trocken. "Niemand kann die Zeit zurück drehen und verhindern, dass ich so geboren wurde, wie ich es nun einmal bin. Und genauso wenig kann niemand all die Menschen auf der Erde ändern, nicht wahr? Also ist mir nicht zu helfen." schloss Rob bitter.
Rob nickte kurz als John ihm erlaubte zu gehen. "Danke." Er biss sich auf die Zunge, um kein 'Verlass dich nicht darauf' hinterher zu schieben, sondern wandte sich ab.
Er würde in den Stallungen nachsehen, ob er ein bisschen helfen konnte und sich ein wenig Zeit mit seinen beiden Vierbeinern vertreiben. Mehr wollte er heute nicht mehr machen. Im Dorf sollte zwar ein fahrender Händler sein, der laut Elias einen Affen dabei hatte, aber so gern Rob sich das angesehen hätte, er wollte einfach nicht mehr ins Dorf gehen, also blieb er wohl oder übel hier.

"Dann liegt es an dir, das Beste daraus zu machen. Es ist einfach sich darauf auszuruhen und zu jammern. Unternimm etwas dagegen und lehre die Menschen, dass du genauso gut bist wie jeder Andre. Das erreichst du nicht dadurch, dass du dich verkriechst."
Innerlich erschrak er aber darüber, welche Verbitterung ihm hier entgegen schlug. Er kannte kein Kind, das in dem Alter so verbittert war, so verschlossen. Vor allem war Rob früher nicht so gewesen. Was hatte Surrey nur aus dem Jungen gemacht? Dabei war es an sich eine gute Idee gewesen, ihn dorthin zu schicken.
Er runzelte die Stirn und wandte sich ab, um sich auf den Weg zu William zu machen. Vielleicht hatte dieser noch eine Idee, wie man an den Jungen heran kam, bevor er Robert noch weiter beunruhigte. Der machte sich so schon Sorgen genug um seinen Sohn.

Rob

Rob hätte schreien können vor Wut, denn ob er es wollte oder nicht, bei Johns Worten stiegen ihm die Tränen in die Augen. Und er hasste es zu heulen, wie ein kleines Kind, aber er konnte es einfach nicht aufhalten. "Das sagst du so einfach! Aber du hast doch auch keine Ahnung, wie sich das anfühlt! Keiner hier versteht das und jeder hat irgendwas an mir auszusetzen. Entweder weil ich irgendwas ihrer Meinung nach nicht verdient habe oder weil ich mir nicht genug Mühe bei irgendetwas gebe oder weil ich einfach nur auf der Welt bin. Das ist nicht fair!" Damit drehte Rob sich um und lief los. Er wollte nicht noch mehr Moralpredigten hören.
Er begriff einfach nicht, wieso in der Welt scheinbar kein richtiger Platz für ihn war. Wenn er tat, was seine Familie erwartete und der Erbe seines Vaters und damit irgendwann Earl wurde, hackten die Leute auf ihm herum, weil er es nicht verdient habe, doch wenn er versuchte sich einen einfach Platz zu suchen ohne Titel und Ehren, dann waren sein Vater und all die anderen enttäuscht von ihm. Egal was er machte, er machte immer etwas falsch.