William und Joanna - ab 1182 bis 1183

"Nein, ich weiß. Aber ich dachte es wäre einen Versuch wert." Gerard wusste, dass sie ih nicht näher bei sich haben wollte und das schmerzte ihn sehr.
"Mary, es tut mir leid! Ich gebe mir wirklich Mühe und du weißt selber, dass ich den Kindern gegenüber noch nie unbeherrscht war." Auch ein Grund, warum er nicht zu oft mit ihnen zu tun haben wollte. Dann tat er ihnen auch nicht weh. Ihre Worte versetzten ihm einen Stich ins Herz.
Er kam noch einen Schritt näher und sank dann auf die Knie.
"Ich flehe dich an, Mary, verlass mich nicht. Ich liebe dich doch....ich würde alles dafür tun, dass ich mich besser im Griff habe. Aber ich komme da allein nicht mehr raus. Ich weiß nicht, wie ich es ändern soll..."

Mary schwieg beharrlich und als Gerard noch näher kam, lehnte sie sich etwas zurück, spürte jedoch die Truhe direkt in ihren Kniekehlen und schluckte. Doch was er dann tat überraschte sie zugegebener Maßen und sie starrte ihren Gemahl verblüfft an als dieser vor ihr auf die Knie sank.
Und im nächsten Moment kamen ihr bereits die Tränen. "Verlassen?" Der Gedanke war ihr tatsächlich noch nicht in den Sinn gekommen. Wie sollte sie ihn einfach so verlassen, sie liebte ihn doch trotz allem irgendwie ... und dann waren da ja noch die Mädchen. Mary schüttelte den Kopf. "Ich werde dich nicht verlassen, Gerard." murmelte sie leise und schloss kurz die Augen. "Nur so kann es doch nicht weiter gehen ... ich ..." Sie fuhr sich ungeduldig über das Gesicht um die Tränen wegzuwischen. "Ich liebe dich auch, nur ... das gestern war einfach zu viel."

Gerard seufzte erleichtert auf. Mary würde bei ihm bleiben, das war gut. Er wollte sie nicht missen, er liebte diese Frau wirklich, auch wenn nicht alles rund lief.
"Ich weiß....ich weiß. Ich gebe mir auch wirklich Mühe, aber ich kriege es nicht hin. Ich weiß nicht, wie ich es kontrollieren soll. Ich kann doch nicht immer weglaufen, wenn mir etwas nicht passt und ich wütend werde. Aber was soll ich tun, Mary? Ich will dir nicht wehtun und es tut mir leid, was ich gesagt habe. Im Affekt schaltet mein Verstand manchmal ab. Ich weiß, es war zu viel. Aber ich würde es so gern rückgängig machen, wenn ich nur könnte."
Und welche Angst er doch hatte, Mary deswegen zu verlieren.

Mary schob eins der Kleider zur Seite und ließ sich auf die Truhe sinken. Betroffen sah sie auf Gerard hinab, der noch immer vor ihr kniete und wieder einmal ging ihr die Frage durch den Kopf, wie viel Schuld sie an der ganzen Sache trug. Immerhin war sie es, die ihn immer wieder provozierte, wenngleich sie wusste, wie schnell er die Fassung verlieren konnte.
Mary strich mit den Händen über ihren Rock und starrte auf ihre Finger hinab. War das vielleicht alles ihr Fehler? Würde die Sache zwischen ihnen beiden nicht so eskalieren, wenn sie sich ab und an einmal fügte ohne ihm zu widersprechen? Der Zweifel nagte schon länger an ihr und nach gestern Abend noch mehr. Und jetzt, da Gerard hier vor ihr kniete erst recht.
Sie schluckte und sah ihren Gemahl wieder an. "Ich weiß auch nicht was du tun solltest. Ich weiß nicht, wie du es in den Griff bekommen kannst und es tut mir Leid, dass ich dir dabei keine Hilfe bin. Eher im Gegenteil."

Gerard sah zu Mary auf und erwiderte schweigend ihren Blick. Er hatte keine Ahnung, was so in ihrem Kopf vorging, aber irgendeine Lösung mussten sie finden.
"Es ist nicht deine Schuld, Mary.", erklärte er leise. "Kein Mann sollte seine Frau schlagen und doch passiert es mir. Obwohl ich nicht will." Er seufzte leise.
"Vater ist das bestimmt nie passiert. Nur ich bin wieder ein Versager. Er hätte mir den Kopf abgerissen, wüsste er das."
Es wurmte ihn ja selbst, aber er hatte keine Ahnung wie er Herr darüber werden sollte. Wenn er es bemerkte, war es zu spät.

Mary fragte sich, ob es noch irgendjemanden auf der Welt gab, der in so einer verrückten Situation war wie sie oder ob das allein an ihr lag. Wie konnte sie sich in so eine Situation manövrieren? Obwohl ein leises Stimmchen in ihr sagte, dass Gerard ihr nicht gut tat, liebte sie ihn trotzdem noch wie am ersten Tag und es schmerzte sie wirklich ihn so zu sehen und das, obwohl ja eigentlich sie diejenige war, der Unrecht geschehen war und nicht anders herum.
Wie verkorkst ich doch bin ...
Und bevor Mary sich davon abhalten konnte, rutschte sie mit einem Mal von der Truhe und sank vor Gerard auf die Knie. Sie schlang die Arme um ihren Gemahl, vergrub das Gesicht an seiner Schulter und ließ ihren Tränen freien Lauf. Sie wollte doch nur, dass sie beide glücklich wurden, war dieser Wunsch wirklich so vermessen, dass er offenbar nicht in Erfüllung ging?

Gerard zögerte und dann machte Mary einen Schritt auf ihn zu. Sofort legte er die Arme um sie und zog sie an sich, strich durch ihr Haar und küsste sie auf Stirn.
"Oh Mary, es tut mir so leid. Ich werde alles wieder gut machen, ich verspreche es dir. Und ich werde versuchen mich zu ändern. Ich werde versuchen nie wieder die Beherrschung so zu verlieren. Aber falls es passiert, hat es nie mit dir zu tun."
Vorsichtig küsste er ihre geschwollene Wange und strich ein paar Tränen fort.
"Meine arme Mary...vergib mir, was ich dir antat." Tränen standen in seinen Augen und er wa wirklich froh, dass nur Mary ihn so sehen konnte.

Als Gerard sie an sich zog und küsste, brach der Damm endgültig und Mary drückte sich fest an ihn und wünschte sich für einen kurzen Moment, er würde sie nie wieder los lassen. War es nicht paradox, dass sie sich ausgerechnet bei dem Mann, der ihr Leid zufügte so geborgen fühlen konnte?
Mary erschauderte leicht als Gerard ihre Wange küsste und legte den Kopf dann an seine Schulter. Sie strich ihm sachte durch die Haare und nickte schwach. "Das tue ich. Ich liebe dich doch." erwiderte sie leise, schloss die Augen und lauschte einen Moment lang einfach nur seinem Herzschlag. Sie wünschte sich wirklich, dass es ihm gelang sich zu beherrschen, schließlich war er ja eigentlich kein schlechter Mensch, im Gegenteil.
Sie hob den Kopf wieder und hauchte einen Kuss auf Gerards Lippen, ehe sie sich etwas vorbeugte, so dass ihre Lippen sein Ohr beinahe berührten. "Ich liebe dich und ich verspreche dir in Zukunft alles zu tun, was in meiner Macht steht, um dir zu helfen." erklärte Mary. "Und ich möchte dir endlich einen Sohn schenken. Ich bin sicher, dass ich es kann ... und danach wird alles besser, da bin ich mir sicher." Die Geburt eines Jungen würde eine Menge Druck von Gerards Schultern nehmen, das wusste sie.

Gerard genoss es, dass sie ihm wieder so nahe kam und ihm vergab. "Ich danke dir, meine Liebste. Du hat so viel Zuversicht und Hoffnung, ich will dich nicht enttäuschen. Ich werde mir noch mehr Mühe geben. Es muss ja nicht deine Schuld sein, dass wir noch keinen Sohn haben. Aber das nächste Kind wird sicher ein Junge."
Er brauchte unbedingt einen Erben, aber es nutzte ja nichts, wenn er Mary noch mehr unter Druck setzte. Erzwingen konnte er es schließlich nicht und er liebte seine Frau. Sie machte sich ja auch Gedanken darum, dass sie nur Mädchen bekommen hatten.

Wie William prophezeit hatte, hatte es nicht sonderlich lange gedauert bis ein Boten aus London eingetroffen war und William freute sich durchaus auf die Reise nach London. Da ihr Aufbruch abzusehen gewesen war, waren die letzten Vorbereitungen schnell getroffen und kurze Zeit später hatten sie London erreicht.
Während Joanna darauf achtete, dass die Kinder sich nicht gleich in alle Winde zerstreuten, sondern erst ihre Sachen ordentlich auspackten, machte William sich auf die Suche nach seinem Cousin. Als er an dessen Arbeitszimmer klopfte, hoffte er inständig, dass auch Edward bei Henry sein würde, denn seinen Zweitgeborenen hatte er schließlich auch über ein Jahr nicht mehr gesehen und er brannte darauf zu sehen und zu hören, wie der Junge sich gemacht hatte.

Henry und Edward hatte gerade noch ein paar Dinge besprochen und sich über den nächsten Tagesablauf unterhalten, als es an die Tür klopfte. Henry bat den Besuch herein und wollte Edward im ersten Moment zu verstehen geben, dass er sich zurückziehen sollte, als William eintrat.
Henry erhob sich und lächelte, ging auf ihn zu und schloss ihn in die Arme. "William, altes Haus, bekommt man dich endlich einmal wieder zu Gesicht? Bei Gott, du siehst beinahe aus wie ein maure, so braungebrannt wie du bist."
Edward wartete ungeduldig ab, dass auch er seinen Vater begrüßen konnte. Schließlich hatte er diesen schon mehr als ein Jahr nicht mehr gesehen.

Als William Antwort von drinnen bekam, trat er ein und musste lächeln als er Henry und Edward sah. Im nächsten Moment kam sein Cousin bereits auf ihn zu und sie schlossen sich beide in die Arme. "Henry, gut dich zu sehen." erklärte William und klopfte Henry auf die Schulter. Einmal mehr war er beinahe überwältigt von dem Gefühl, dass ihn ergriff, jetzt da er seinen Cousin wieder sah. Dieser Mann bedeutete ihm so viel im Leben und William war froh, ihn gesund und munter wieder zu sehen.
Er lachte und nickte kurz. "Das habe ich schon öfter gehört seit ich zurück bin, aber ich schätze, allzu lange wird es hier wohl nicht anhalten bei all dem Regen." scherzte er und wandte sich dann Edward zu.
William schluckte als er seinen Sohn kurz betrachtete, dann zog er ihn in eine feste Umarmung. "Bei Gott, wann bist du eigentlich so groß geworden, Bengel?" fragte er lachend und legte Edward eine Hand auf den Oberarm. "Du siehst gut aus, Junge. Kaum zu glauben, aber Henry scheint es wirklich fertig gebracht zu haben einen Mann aus dir zu machen, was?" neckte William leicht.

Henry grinste. "Gott sei Dank, sonst glaubt noch einer, ich würde neuerdings Mauren hier beherbergen. Aber es ist wirklich gut, dass du wieder da bist. Es gibt viel zu tun und du hast an allen Ecken und Enden gefehlt.", erklärte er schließlich. "Ich hoffe, du verschwindest nach einer Woche nicht schon wieder."
Edward lächelte leicht und erwiderte die Umarmung seines Vaters. Und es stimmte, er war scheinbar doch noch ein paar Zentimeter gewachsen und überragte seinen Vater minimal.
"Ich weiß nicht, Vater. Aber du siehst auch gut aus. Und erholt. Ich schätze, die Reise hat dir ziemlich gut getan, was?" Er lachte leise auf.
"Wurde ja auch Zeit, was? Schließlich habe ich eine Frau und vier Kinder hier sitzen, die mich brauchen." Er warf einen kurzen Blick zu Henry.
"Dein Sohn hat sich gut entwickelt. Er ist Captain meiner Leibwache und ich gedenke, bald größere Ziele ins Auge zu fassen."

William erwiderte das Grinsen. "Ja, ich bin auch froh. Und keine Sorge, so schnell wirst du mich nicht wieder los, ich bin ja glücklich wieder hier zu sein. Außerdem habe ich Joanna und die Kinder mitgebracht, es zieht mich also nicht allzu sehr nach Cornwall." erklärte William heiter.
Mit leichtem Stolz musterte er Edward und nickte zufrieden. "Tja, wann auch immer, fest steht, dass du mich tatsächlich überholt hast." bemerkte William amüsiert, klopfte seinem Jungen auf den Rücken und grinste. Kaum zu glauben, dass aus diesem Querkopf wirklich ein anständiger Mann geworden war.
William lachte. "Ja, Frauen und Kinder bringen einen doch irgendwann zur Vernunft, hm?" Er sah zu Henry hinüber und zog dann eine Augenbraue in die Höhe. "Sieh an, deshalb wolltest du mich so dringend hier haben, was?" spottete er leicht, denn er hatte durchaus eine Ahnung in welche Richtung Henry da dachte.
William sah seinen Sohn wieder an und nickte versonnen. "Nun, dann hast du dir das Geschenk, das ich dir mitgebracht habe ja erst recht verdient, wie?"

Edward grinste ein bisschen verlegen. Ja, er hatte seinen Vater lange nicht gesehen und sich sicherlich verändert. Besonders seit er Julia und die Kinder hier hatte, musste er einfach mehr Verantwortung übernehmen.
"Ohja. Das in der Tat, allerdings musste Julia auch lange genug darauf warten, nicht wahr?"
Er legte den Kopf etwas schief. "Ein Geschenk?", fragte er überrascht. "Du hast mir etwas mitgebracht? Da bin ich ja mal gespannt." Damit hatte er nun nicht unbedingt gerechnet.
"Aber ich bin froh, dass ihr Beide heil zurück gekommen seid."

William bedachte seinen Sohn mit einem tadelnden Blick. "Oh ja, das musste sie, du Holzkopf." Er hätte sich für Edward zwar eigentlich eine andere Frau vorgestellt, aber wenigstens hatte sein Sohn in diesem Punkt einmal Verantwortung übernommen und selbst William konnte nicht abstreiten, dass Julia ein nettes Mädchen war - und vor allem, dass sie Edward glücklich machte.
Er grinste und nickte dann. "Natürlich habe ich das." erwiderte William und griff unter den Mantel, den er noch immer trug, da er direkt hier her gekommen war. "Hier. Ich hatte kurz überlegt, dir genau wie deinen Brüdern auch ein Pferd mitzubringen, aber da die Gäule ja doch dich aussuchen, wie Chouchou bewiesen hat, hätte ich wohl nicht das richtige finden können. Also habe ich mir gedacht, dass du dich darüber ebenfalls freuen würdest." Er hatte bei einem der angeblich besten Waffenschmiede in Jerusalem einen Dolch gesehen, der ihm sofort über alle Maßen gefallen hatte. Eine kunstvoll gearbeitete Waffe, verziert mit einigen kleinen Edelsteinen, so dass sie überaus kostbar, aber nicht so furchtbar protzig war.
William reichte den in ein Tuch eingeschlagenen Dolch an Edward. "Ich hoffe, es gefällt dir."

Edward nickte mit einem Anflug Reue. "Ich weiß, ich weiß. Aber sie hat mir verziehen, also solltest du auch nicht mehr darauf herum reiten.", erklärte er ganz ruhig.
Aufgeregt wie ein kleines Kind beobachtete er seinen Vater dabei, wie er das Geschenk hervorholte. Ehrfürchtig nahm er es entgegen und schlug das Tuch zurück. Er strich mit den Fingerspitzen über die Verzierungen am Dolch und über die feine Kleine, nachdem er ihn aus der Scheide gezogen hatte.
"Danke, Vater. Das ist wirklich...eine wunderbare Waffe. Er gefällt mir wirklich sehr gut. Und mit Chouchou habe ich ja für die nächsten Jahre noch ein gutes Pferd."
Er lächelte glücklich und umarmte seinen Vater kurz.

William machte eine abwehrende Handbewegung. "Ich bin dein Vater, du musst damit leben, dass ich dir deine Dummheiten ab und zu unter die Nase reibe." erwiderte William und grinste breit. So leicht würde er Edward sicher nicht vergessen lassen, was er alles angestellt hatte.
Neugierig beobachtete er dann seinen Sohn dabei, wie dieser sein Geschenk auspackte und es in Augenschein nahm. Ein Lächeln trat auf Williams Lippen. "Das freut mich zu hören." William erwiderte die Umarmung und ließ dann eine Hand auf Edwards Schulter ruhen. "Und bis du ein neues Pferd brauchst, sind sicher die ersten Nachkommen von den Pferden dabei, die ich Robert und Philippe mitgebracht habe. Du wirst sicher fündig werden."
Dann ließ er den Blick von Edward zu Henry hinüber wandern. "Nun denn, wann willst du mich einem meiner Titel berauben, Cousin?" fragte er neugierig und mit einem amüsierten Funkeln in den Augen.

"Ja, ja, du hast wohl Recht. Und wahrscheinlich spekulierst du darauf. dss ich irgendwann mit Gabriel ähnliche Probleme bekomme, was meinst du?"
Edwaard lachte leise. "Da hast du wohl Recht. Wenn sie mir dann eines abgeben. Die neuen pferde hüten sie sicher wie ihren Augapfel, was?"
Neugierig wanderte sein Blick dann zu Henry. Es war also wirklich in Reichweite, dass er Earl of Oxford wurde. Henry hatte Andeutungen gemacht, aber so klar ausgesprochen hatte er es noch nicht.
Henry lächelte leicht. "Naja, du hast den Titel ja im Prinzip nur gehütet. Und ich dachte eigentlich so an nächsten Monat. Er hat sich bewährt, er soll seine Chance kriegen. Was meinst du?"

William lachte auf. "Vielleicht ein wenig. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich es dir aus tiefstem Herzen wünsche oder ob ich doch etwas Mitleid mit dir habe." gestand er grinsend und nickte dann. "Oh, das kannst du wohl glauben. Sie sind unglaublich Stolz auf ihre Zucht und ich denke, die neuen Pferde werden noch eine gute Ergänzung sein." William hatte schon immer gerne ein paar Pferde gezüchtet und seine Tiere hatten immer einen guten Ruf gehabt, doch Robert und Philippe steckten noch einmal unvergleichbar viel mehr Energie in die Zucht und hatten ihr so schon zu einigen Erfolgen verholfen. William war wirklich stolz darauf, wie seine Söhne sich entwickelten.
Sein Blick wanderte kurz zwischen Henry und Edward hin und her, dann nickte er. "Du kennst meinen Sohn momentan wohl besser als ich, Henry. Ich vertraue deinem Urteil. Aber ich habe nach meiner Rückkehr keinerlei Klagen aus Oxford gehört und die Bücher sehen gut aus, er scheint seine Sache also gut gemacht zu haben, während ich weg war. Ich wüsste also nichts, das dagegen spräche." erklärte William ernst. Er wusste wie wichtig dieser Schritt für Edward war und er freute sich jetzt bereits schon mit seinem Sohn, dass Henry von sich aus diese Sache in die Wege leitete.

Edward lächelte leicht. "Abwarten, wie er sich entwickelt, würde ich mal meinen. Vielleicht habe ich Glück und er kommt nach seiner Mutter, statt nach mir." Er hatte mit Thomas schon Ärger genug, musste er feststellen.
Henry erwiderte Williams Blick und nickte. "Er hat sich bemüht und keine Dummheiten mehr angestellt. Er soll die Chance bekommen sich zu beweisen und mir so auf andere Art und Weise zu dienen. Dann ist es also beschlossen. Nächsten Monat soll die Grafschaft übergehen. Also Edward, bereite alles vor, dass du dann auch bald mit deiner Familie nach Oxford gehen kannst."

Mary war überglücklich als sie in den Burghof trat. Als Isabella ihr geschrieben hatte, dass sie nach England kommen würde, hatte sie kaum noch still sitzen können vor Freude und heute war es endlich so weit und ihre Schwester kam.
Sie hatte einen Diener geschickt, der Gerard holen sollte, sie selbst hatte aber keine Sekunde länger warten wollen. Die Tatsache, dass von Gerards letztem Aussetzer außer einer kleinen Schramme an ihrer Lippe nichts weiter mehr zu sehen war, sorgte zusätzlich dafür, dass Mary unbeschwert nach draußen trat. Eine Zeit lang hatte sie gefürchtet, man würde noch zu viel sehen, wenn Isabella kam, doch ihre Sorge war unbegründet gewesen.
Als sie nun den Blick schweifen ließ und ihre Schwester entdeckte, war dann auch das letzte bisschen Zurückhaltung vergessen, Mary raffte die Röcke und eilte zu der kleinen Reisegesellschaft hinüber. "Bella!" Sie schlang die Arme um ihre Schwester und zog sie freudig jauchzend an sich. "Oh endlich, wir haben uns so lange nicht gesehen!" Mary spürte den Kloß im Hals und dass sie kurz davor war in Tränen auszubrechen vor Freude, aber das war ihr egal, sie war einfach so glücklich Isabella wieder zu sehen.

Isabella hatte es kaum erwarten können ihre Schwester zu sehen. Auch, wenn sie nur widerwillig ihren Mann verlassen hatte, hatte sie doch die Notwendigkeit eingesehen. Sie wollte ihm nicht noch mehr Sorgen bereiten und schließlich musste sie auch die Verantwortung für ihr Kind tragen. Sie wollte nicht riskieren, dass ihm etwas ggeschah, jetzt, wo es endlich soweit war. Und manchmal glaubte sie, man sähe schon ein winziges Bäuchlein.
Als sie aus dem Wagen stieg, kam ihr Mary schon entgegen und Isabella hielt nichts mehr. Fest schloss sie ihre Schwester in die Arme und seufzte leise, die Augen kurz geschlossen.
"Mary....es ist viel zu lange her." Sie musterte ihre Schwester kurz. Ein bisschen mitgenommen wirkte sie, aber das konnte auch an ihren vielen Pflichten als Mutter und Burgherrin liegen.
"Alles in Ordnung bei dir?" Ihr Blick blieb an der Schramme haften, die Maryan der Lippe trug. "Was hast du angestellt?"

"Es ist wundervoll, dass du hier bist. Ich muss dir alles in Ruhe zeigen und du musst die Mädchen sehen, du wirst staunen wie groß Leanna geworden ist und die beiden anderen kennst du ja noch gar nicht!" Mary hatte das Gefühl ihr Herz würde überlaufen vor Freude und sie gab Isabella einen Kuss auf die Wange, ehe sie eine wegwerfende Handbewegung machte. "Ach, ich war unvorsichtig und bin die Treppen zu schnell hinunter gelaufen. Ausgerechnet auf der unteren Stufe bin ich ausgerutscht, aber es war nicht allzu schlimm. Meine Wange war etwas blau und beim Sturz habe ich mir auf die Lippe gebissen, daher noch die kleine Schramme." erzählte Mary die Geschichte, die sie schon ein paar Mal zum Besten gegeben hatte nachdem Gerard sie so geschlagen hatte.
"Aber erzähl lieber, wie geht es dir?" fragte sie neugierig und schielte auf den Bauch ihrer Schwester hinab, ein freudiges Funkeln in den Augen. "Und was macht das Kleine?"

"Ich will auch alles sehen und deine Töchter kennenlernen. Leanna sehen. Du musst mir alles erzählen, Mary. Ich bin so froh hier zu sein. Sonst geht es dir gut? Bist du noch glcklich mit Gerard? Wo ist er überhaupt?" Isabella schloss Mary noch einmal in die Arme.
"Dann musst du etwas vorsichtiger sein, Liebes. Nicht, dass du dich beim nächsten Mal ernsthaft verletzt. Mir geht es gut, wirklich. Ich vermisse meinen Mann, aber er macht sich so viele Sorgen, wenn ich jetzt dort bleibe. Ein Krieg steht ins Haus und ich soll nicht zwischen die Fronten geraten. Außerdem wollte er gerade wegen dem Kleinen kein Risiko eingehen." Sie legte sanft die Hand auf ihren Bauch. "Aber es geht ihm ausgezeichnet, denke ich. Und es bereitet mir keine Schwierigkeiten."