William und Joanna - ab 1183 bis 1184

Edward fuhr sich ein wenig ungeduldig über die Augen und wischte die Tränen fort. Er musste sich zusammen nehmen, es half alles nichts. "Das geht nicht, Krümel." murmelte er leise und war seiner Mutter dankbar, dass sie hinzugekommen war. "Hör zu, ich werde nicht lange weg bleiben, ich verspreche es. Und in der Zeit lässt du dir von Onkel Robert fleißig Reitstunden geben. Wenn ich wieder komme, zeigst du mir dann, was du gelernt hast, in Ordnung?" schlug Edward vor und strich seinem Sohn zärtlich über die Wange. "Und ich werde dir eine ganz besondere Überraschung aus London mitbringen." versprach er und gab Gabriel einen Kuss auf die Stirn.
Edward sah seine Mutter über Gabriels roten Schopf hinweg an und nickte. Langsam erhob er sich und nahm den Jungen dabei auf den Arm. "Ich liebe dich, Gabriel." wisperte Edward leise, so dass es nur der Junge hören konnte. "Und ich bin bald wieder zurück, hab keine Angst. Ich werde dich nicht alleine lassen." erklärte er und gab Gabriel dann an seine Mutter weiter.

Gabriel

Gabriel biss sich auf die Lippe und schniefte dann leise, ehe er nickte. "In Ordnung....", erwiderte er traurig. Aber wenn er seinem Vater dann zeigen konnte, was er gelernt hatte, würde er sich ganz besonders viel Mühe geben. Und eine Überraschung war ja auch etwas Tolles.
Er schmiegte sich kurz an Edwards Schulter. "Ich hab dich auch lieb, Papa.", flüsterte er leise in dessen Ohr und wechselte dann nur widerwillig auf den Arm seiner Großmutter.
Joanna lächelte Edward aufmunternd zu und widmete sich dann Gabriel. "Komm, Kleiner, wink ihm noch einmal und dann gehen wir zurück zu den Anderen. Wollen wir dann mal sehen, ob Berta wieder leckere Kekse gebacken hat?"
Gabriel nickte etwas fröhlicher und winkte seinem Vater nach.

Edward war ein wenig erleichtert als Gabriel zögerlich zustimmte. Er lächelte seinem Sohn ein wenig aufmunternd zu und strich ihm durch die Haare. "Das höre ich gern." erklärte er leise und gab Gabriel an Joanna, wenngleich sich alles in ihm dagegen sträubte seinen Sohn wieder los zu lassen.
Mit sehr gemischten Gefühlen beobachtete er, wie sein Sohn sich von Joanna ablenken ließ. Es war ja gut, dass der Kleine auf seine Großmutter so positiv reagierte, trotzdem regte sich etwas in Edward, das beinahe an Eifersucht grenzte und mit einem Mal machte sich die Sorge in ihm breit, dass es ein gewaltiger Fehler sein könnte, vor allem Gabriel hier zu lassen und alleine nach London zu reisen.
Aber nun war es ohnehin zu spät und alles entsprechend vorbereitet. Er hob noch einmal die Hand zum Gruß und trat dann zu Eric, um diesem sein Pferd abzunehmen und in den Sattel zu steigen.

Eric

Eric musterte seinen Herrn nachdenklich und sammelte seinen Mut. Seit sie hier in London waren und Edwar jeglicher Schranken übrdrüssig war, ging es stetig beargab. Tag für Tag trank Edwward mehr und war kaum mehr richtig zurechenbar. Noch hatten sie es vor Henry geheim halten können, aber irgendwann konnten sie die Fassade nicht mehr aufrecht halten.
Nun saß Edward wieder trübsinnig mit einem Becher Wein am Tisch und starrte vor sich hin. Eric trat vorsichtig näher.
"Mylord....glaubt Ihr nicht, Ihr hat genug getrunken? Das ist schon der fünfte Becher. Bitte kommt wieder zu Euch. Wenn Euch jemand so sieht..."

Edward hätte es sich nie eingestanden, doch Tatsache war, dass es ein Fehler gewesen war, nach London zu kommen und das ohne die Kinder. Nachdem er die Verantwortung für die Kleinen hinter sich gelassen hatte, war es ihm von Tag zu Tag schwerer gefallen sich zusammen zu reißen und hatte immer öfter zum Wein gegriffen. Und da er es nachts nicht mehr alleine in seinem Bett aushielt, hatte er angefangen abends durch Londons Straßen zu ziehen. Er hatte sich früher oft genug in der Stadt herum getrieben, aber um die wirklich üblen Viertel hatte er immer einen Bogen gemacht. Mittlerweile zog es ihn aber immer öfter genau dorthin, denn da war er sicher, dass ihm niemand über den Weg laufen würde, der ihn kannte und er fiel nicht weiter auf, wenn er sich in irgendeinem heruntergekommenen Wirtshaus allein mit Bier und Wein voll laufen ließ.
Ihm war durchaus aufgefallen, dass Eric ihn die ganze Zeit über misstrauisch beobachtete und so überraschte es Edward nicht wirklich als sein Knappe nun an den Tisch heran trat und versuchte auf ihn einzureden. Edward hob den Blick und sah Eric einen Moment lang schweigend an, dann schüttelte er den Kopf. "Deine Sorge in allen Ehren, aber es ist immer noch meine Entscheidung, wie viel ich trinke." erwiderte er und schnaubte dann verächtlich. "Soll mich doch jemand so sehen, mir ist es gleich. Was soll schon passieren, außer dass sie sich die Mäuler zerreißen und das tun sie doch eh schon."

Eric

Eric kaute unbehaglich auf seiner Unterlippe. Es gefiel ihm ganz und gar nicht, wie sein Herr sich aufführte, obwohl es ihm auch eigentlich nicht zustand diesen zu tadeln. Doch er konnte schließlich nicht einfach tatenlos zusehen!
"Aber Mylord...habt Ihr schon vergessen, wie es meinem Vater ergangen ist? Ich will nicht nochmal dabei zusehen müssen, wie jemand sein Leben auf den Wein ausrichtet. Alkohol ist ein sehr tückischer Freund, er lässt einen nicht wieder los, wenn man ihm einmal erlegen ist und ich will nicht, dass Ihr Euch selbst schadet. Eure Kinder warten doch auf Eure Rückkehr."
Eric rieb sich über den Oberarm.
"Ihr seid der Earl of Oxford und Ihr solltet ein gewisses Ansehen waren, um den König nicht zu entehren." Gott, er konnte kaum glauben, dass er das tatsächlich gesagt hatte.

Edward hatte den Blick auf den Becher vor sich gerichtet und runzelte bei Erics Worten die Stirn. Er wusste, dass der Junge es gut meinte, aber genau das war auch das Problem. Alle meinten es immer nur gut. Sie bemitleideten ihn, sie wollten ihm helfen ... aber nichts hatte seinen Schmerz bisher auch nur ansatzweise lindern können. Und seit er Gabriel in Truro gelassen und in dessen Augen diese furchtbare Angst vor dem Alleinsein gesehen hatte, war es nur schlimmer geworden.
"Es steht dir frei zu gehen, wenn du den Anblick nicht ertragen kannst." erwiderte Edward und sah seinen Knappen wieder an. "Ich würde es bedauern, würdest du gehen, aber wenn mir der Sinn nach Moralpredigten und mitleidigen Worten stünde, wäre ich bei meinen Eltern und meinem heiligen Bruder geblieben." brummte Edward und streckte die Beine unter dem Tisch aus.
Ein leises Lachen kam über seine Lippen und er nahm einen tiefen Zug aus seinem Becher. "Hm, soll er den Titel doch jemandem geben, der die ach so wichtige königliche Ehre aufrecht erhalten kann. Ich bin sicher, mein kleiner Bruder wäre ganz versessen darauf Earl zu werden."

Eric

Eric schluckte schwer. Das hatte er nicht erwartet. "Seht Ihr, das ist das Problem. Alles ist Euch inzwischen egal, was auch immer man versucht um Euch wieder mit etwas Freude zu bereiten. Ich habe Euch immer gerne gedient, weil Ihr nicht so seid wie alle Anderen. Aber jetzt ertränkt Ihr Euer Selbst in Alkohol, das wird auch nichts bringen." Eric wurde regelrecht wütend darüber. "Es wird nichts besser machen, es wird sich genauso beschissen anfühlen wie vorher auch! Mir scheint, sogar Eure Kinder sind Euch egal! Sonst würdet Ihr nicht hier den Kopf in den Sand stecken, sondern wärt bei Ihnen!" Ihm war bewusst, wie sehr er Edward provozierte, aber genau das warsein Ziel. Ihm irgendeine Reaktion entlocken, die nicht Gleichgültigkeit war.
"Sie meinen es alle gut. Es ist in Ordnung zu trauern, Mylord, aber ich schaue es mir seit Wochen an und der König auch. Alles, wofür Ihr gearbeitet habt....wollt Ihr es wirklich wegwerfen? Glaubt Ihr wirklich, Julia hätte das gewollt?"

Edwards Augen verengten sich etwas als er Eric ansah. "Und das würde ihnen was genau bringen? Was sollen sie von einem Vater haben, der nicht auf sie Acht geben kann? Du hast doch gesehen, wie es mit Thomas gelaufen ist. Ich schätze, derzeit sind sie alle besser dran, wenn ich nicht bei ihnen bin." erwiderte Edward bissig.
"Es ist mir egal, was -" Edward stockte bei Erics letzten Worten und für einen Herzschlag regte er sich keinen Zentimeter mehr. Dann war er mit einer, für einen Betrunkenen geradezu erstaunlichen Schnelligkeit auf den Beinen und verpasste Eric eine schallende Ohrfeige, ehe dieser überhaupt reagieren konnte. "Wag es ja nicht!" zischte Edward wütend. "Nimm ihren Namen nicht in den Mund, um mich damit zu erpressen, hörst du, du unverschämter Bengel?"

Eric

"Thomas ist anders, Mylord. Er war schon weit genug um zu begreifen, dass sein Vater nie ersetzt werden könnte. Er war immer der Älteste, aber trotzdem spürt er deutlich, dass er von Euch die wenigste Zuneigung erhält. Die Kleinen haben es Euch leichter gemacht, also gebt Ihr ihnen mehr Zuneigung. Eigentlich leidet er ziemlich darunter zu glauben, dass Ihr ihn hasst.", erklärte Eric leise. "Aber sie brauchen Euch jetzt, Mylord. Gerade jetzt. Niemand wird so gut auf sie acht geben wie Ihr."
Eric biss die Zähne zusammen, als ihn der harte Schlag traf. Er fuhr sich flüchtig über die schmerzende Wange, nahm die Ohrfeige aber so hin.
"Das war keine Erpressung, sondern die Feststellung einer Tatsache. Aber seht Ihr, das meinte ich. Ihr verliert immer mehr Euch selbst."

"Ach und weil er ja so sehr leidet, verwendet er all seine Energie darauf mich zu hassen? Bei dem was er dauernd anstellt, braucht er sich doch nicht wundern, dass ich ihm nicht liebevoll um den Hals falle." knurrte Edward, der nur sehr ungerne an seine Fehde mit Thomas erinnert wurde.
Edward biss die Zähne aufeinander und starrte Eric verärgert an. Er hatte mich wütendem Protest auf Grund der Ohrfeige gerechnet, doch Erics Reaktion verursachte nur, dass er sich noch schlechter fühlte.
Schließlich wandte Edward sich ohne ein weiteres Wort ab, trat hinter den Tisch und holte seinen Mantel hervor, der achtlos auf einem Schemel gelegen hatte.
"Sieh nach Chouchou und geh sicher, dass er versorgt ist. Longiere ihn vielleicht etwas, wenn du willst. Warte nicht mit dem Essen auf mich, besorg dir was unten in der Küche und nimm dir den Rest des Tages frei, ich weiß nicht, wann ich zurück bin." erklärte Edward ohne Eric noch einmal anzusehen. Stattdessen warf er sich den Mantel über die Schultern und ging zur Tür. Er musste hier raus und zwar jetzt sofort.

Eric

"Ihr gebt Euch ja auch keine Mühe ihn wirklich zu verstehen. Das ist zu unbequem, nicht wahr? Sich damit auseinander setzen zu müssen. Anstatt zu hinterfragen, warum er diesen Unsinn macht, steckt Ihr ihn ins Kloster. Und tut nicht so, ich weiß von Vater sehr gut, dass Ihr früher auch Unsinn gemacht habt und wahrlich kein Unschuldsengel wart."
Er nahm die Ohrfeige kommentarlos hin, war aber mehr als überrascht, als Edward seinen Mantel nahm. "Früher seid Ihr nicht davon gelaufen.", sagte er ganz leise, verneigte sich dann aber übertrieben formvollendet.
"Wie Ihr wünscht, Mylord." Irgendetwas musste passieren, sonst würde Edward sich noch zugrunde richten. Stellte sich nur die Frage, wie er das anstellen sollte. Es würde nicht leicht werden Edward zu seinem Glück zu zwingen.

Als James einen Brief von Cathie mit der Einladung zu ihrer Hochzeit erhalten hatte, hatte das die verschiedensten Gefühle in ihm ausgelöst, aber trotz dieses Gefühlschaos hatte er natürlich keine Sekunde gezögert und den Boten sofort mit einer Antwort zurück geschickt. Und nun war er mit Alan zusammen in Truro angekommen und James' Augen leuchteten vor Freude als er den Blick über den Burghof wandern ließ. Er freute sich wieder zu Hause zu Besuch zu sein und seine Familie und Freunde zu sehen.
Er glitt aus dem Sattel, atmete tief durch und wandte sich zu Alan um. "Oh, ich kann es gar nicht erwarten alle wieder zu sehen." erklärte er ein wenig aufgeregt.

Auch Alan hatte sich sehr gefreut einen Grund zu haben Truro wieder zu sehen. Zu sehen, wie es Cedric ging und auch Cathie, die ihm schließich auch Freundin gewesen war.
Er spürte, dass James nicht recht wusste wie er mit der Nachricht umgehen sollte, dass seine beste Freundin heiraten würde, aber früher oder später hatte es ja so kommen müssen. Und Cathie hatte sich durchaus Zeit gelassen.
Alan war gespannt auf den Mann, der es geschafft hatte ihr Herz zu erobern und er würde James eine Stütze sein, so gut er es vermochte.
Lächelnd ließ er sich vom Pferd gleiten. "Oh ja...ich freue mich auch darüber. Aber wir werden ein bisschen vorsichtig sein müssen, was? Wenn wir keinen Skandal auslösen und Cathie die Schau stehlen wollen."

James hatte sein Pferd an einen der Stallburschen übergeben und trat zu Alan. Ein Grinsen huschte über seine Lippen. Ja, sie würden aufpassen müssen. Es war ihr erster Besuch in Truro seit sie beide wirklich zusammen gefunden hatten und wenngleich seine Eltern in seine Vorlieben und Sehnsüchte eingeweiht waren, sollte es doch darüber hinaus besser ein Geheimnis bleiben.
Verstohlen strich er kurz über Alans Handrücken und nickte. "Ja, das sollten wir wohl. Schließlich sind wir nicht hier, um ganz Truro in Aufregung zu versetzen, sondern um mit Cathie ihren großen Tag zu feiern." erwiderte er und nickte dann in Richtung der Burg. "Na komm, lass uns hinein gehen."
James brannte darauf alle zu begrüßen und besonders auch Cathies Verlobten zu sehen.

Alan grinste flüchtig und gemeinsam mit James betrat er die Gänge der Burg. Er folgte seinem Freund, der zielstrebig eine bestimmte Richtung anschlug: Johns Gemächer, wo auch Cathie wohnte. Dort würde sie mit etwas Glück zu finden sein.
"Sie weiß nichts von uns, oder? Irgendwann solltest du es ihr vielleicht sagen. Aber wohl vorzugsweise nach der Hochzeit, bevor sie zu geschockt ist.", bemerkte Alan etwas amüsiert. Er nahm die ganze Sache bedeutend lockerer, seit er zu mehr Selbstbewusstsein gefunden hatte. Und alle seine Kundinnen hatten ie Pause, die er sich nahm, mit solchem Bedauern aufgenommen...
Alan klopfte leicht an, in der Hoffnung, Cathie würde vielleicht öffnen.

James sah seinen Freund an und seufzte leise. "Nein. Eigentlich hatte ich es ihr schon längst erzählen wollen, aber irgendwie war nie der richtige Zeitpunkt da und ich wollte es auch keinem Brief anvertrauen." erwiderte er unbehaglich. Normalerweise hätte er Cathie schon längst davon erzählen müssen, früher hatten sie schließlich immer alles miteinander geteilt. Aber Alan hatte Recht, jetzt würde es wohl bis nach der Hochzeit noch warten können.
Er wartete geduldig vor der Tür als Alan geklopft hatte und im nächsten Moment begann er zu strahlen. "Cathie!" Überglücklich zog er seine Freundin in die Arme als diese die Tür geöffnet hatte und drückte sie lachend an sich. "Oh, ich freue mich so dich zu sehen!"

Cathie hatte schon zeitig eine Einladung zur Hochzeit an James und Alan geschickt. Sie hatte die Hochzeit einfach ungern ohne ihren besten Freund feiern wollen. James fehlte ihr ohnehin schrecklich, seit er nicht mehr in Truro lebte.
Als es nun klopfte und sie nichtsahnend die Tür öffnete, stutzte sie zunächst, fiel James dann aber freudestrahlend um den Hals und drückte ihn an sich.
"Oh James, ich hatte ja keine Ahnung, dass ihr so bald schon da sein würdet! Ich freue mich auch so sehr dich zu sehen, du hast mir gefehlt."
Als sie sich schließlich voneinander lösten, schenkte sie auch Alan eine kurze Umarmung. "Kommt doch rein. Wollt Ihr etwas trinken?"

James lachte und hauchte einen Kuss auf Cathies Stirn. "Da siehst du mal, wir sind immer für eine Überraschung gut." Oh und wie sehr sogar ... aber das würde Cathie später noch heraus finden, jetzt war dafür nicht die richtige Zeit.
Lächelnd folgte James ihrer Einladung und nickte dann. "Gerne. Wir sind gerade erst angekommen und die Straßen sind doch ein wenig staubig. Da kann ein Schlückchen nicht schaden." erklärte er heiter. "Und, bist du schon aufgeregt?" fragte er dann mit breitem Grinsen.

"Das seid ihr wohl. Aber ich bin ausgesprochen froh euch hier zu haben. Das macht es doch erst zu einem bis ins letzte Detail schönen Tag."
Sie wartete, bis Beide sich gesetzt hatten und brachte ihnen dann etwas zu trinken, ehe sie sich ihnen gegenüber setzte. Cathie lächelte sanft.
"Oh ja, schon ein wenig. Ich glaube auch, es wäre unnatürlich, wäre ich es nicht, nicht wahr? Aber ich habe schon so lange auf Azeem gewartet, es wird nun wirklich Zeit, dass wir endlich heiraten. Ich bin mir sicher, du wirst ihn mögen, James."

Als Cathie ihnen etwas zu Trinken gebracht hatte und sich dann setzte, griff James nach ihrer Hand und drückte sie sanft. "Um keinen Preis der Welt hätte ich diesen großen Tag verpassen wollen! Leider heiratest du ja ein Jahr zu früh, sonst hätte ich dich liebend gerne selbst getraut." erklärte James mit einem verschmitzten Lächeln und gab ihre Hand wieder frei, um etwas zu trinken.
James hatte den Becher gerade an die Lippen gesetzt als Cathies Worte ihn stutzen ließen. "Azeem?" wiederholte er langsam. "Du heiratest diesen Mauren?" Er war zugegebenermaßen mehr als verblüfft. Cathie hatte ihm nicht geschrieben, wer der Glückliche war und James hatte gedacht, es würde auch keine Rolle spielen, sofern der Kerl Cathie nur glücklich machte - doch er schien sich getäuscht zu haben.
"Und das ... das funktioniert so einfach? Dein Vater ist damit einverstanden?" fragte er ein wenig irritiert.

Cathie lchelte ihren Freund sanft an. "Ich weiß...Ich habe auch einen Moment mit dem Gedanken gespielt solange zu warten, weil es mich sehr glücklich gemacht hätte, aber ich konnte einfach nicht ehr so lange warten. Es dauert so schon lange genug und ich will ihn endlich an meiner Seite haben.", erklärte sie dann mit leisem Bedauern.
Sie beobachtete James genau, als er erfuhr, wer ihr Verlobter war und das war der Grund, warum sie ihm nicht geschrieben hatte, wen sie heiratete. Sie hatte verhindern wollen, dass er deswegen vielleicht nicht kam. So konnte sie ihm alles selbst erklären.
"Ja, ich heirate diesen Mauren. Ist das ein Problem für dich?", fragte sie bestimmt. "Es funktioniert, weil wir es Beide genug wollen. Er liebt mich wirklich, James. Und deshalb hat er sich von Vater und Hal unseren Glauben näher bringen lassen. Im Frühjahr wurde er getauft. Damit ist dann letztlich auch mein Vater einverstanden, der mich nur glücklich sehen möchte."

James machte eine abwehrende Geste. "Ach was, das wäre doch wirklich unnötig gewesen. Aber ich bestehe darauf, dein Kind taufen zu dürfen, sobald es soweit ist." erklärte er grinsend und zwinkerte ihr verschwörerisch zu.
Bis dahin würde er immerhin seine Priesterweihe empfangen haben, denn sein Studium in Bologna neigte sich langsam dem Ende entgegen und im Frühjahr des nächsten Jahres würde er endlich Priester werden. Ein Gedanke, der ihn bereits mit freudiger Erwartung erfüllte, denn danach würde er zunächst nach England zurück kehren, schließlich sollte er früher oder später ein Bischofsamt antreten.
James sah Cathie einen Moment lang an und rieb sich ein wenig unbehaglich die Schläfe. Er hatte nicht mit einer solchen Offenbarung gerechnet, aber im Grunde ... "Nein, nein, es ist kein Problem für mich. Ich ... ich bin nur ein wenig überrascht." gab er ganz offen zu, riss sich dann aber zusammen und lächelte leicht. "Aber wenn er unseren Glauben für dich angenommen hat und er dich glücklich macht, dann freut es mich natürlich für dich."
Oh Herr, wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein ... ich sollte wohl also besser meine Zunge hüten.

Cathie lachte auf. "In Ordnung. Ich werde dir rechtzeitig Bescheid sagen, damit du auch hier bist, wenn es soweit ist. Ich werde dich beim Wort nehmen."
Sie nickte zufrieden. "Dann ist es ja gut und es freut mich, dass ich dich nicht falsch eingeschätzt habe. Normalerweise bist du ein recht offener Mensch. Und wenn du Azeem besser kennenlernst, wirst du feststellen, dass er fester und sicherer in seinem Glauben ist als so mancher, der als Christ geboren ist. Manchmal versteht er unsere Heiligengeschichten nicht ganz, aber daran scheitern auch so manche, die sich Mönch nennen. Ich denke, du wirst dich gut mit ihm verstehen."
Alan warf James einen belustigten Blick zu, denn er konnte genau sehen, was in seinem Gefährten gerade vor ging. Cathie allerdings wechselte das Thema.
"Nun erzähl doch mal, wie ist es so in Italien? Ich will alles wissen. Läuft es gut? Ihr wohnt zusammen, nicht?"

James grinste und nickte zufrieden. "Ich bitte darum. Aber ich denke, das sollte gut passen, immerhin komme ich nächstes Jahr sowieso nach England zurück." erwiderte er und lehnte sich ein wenig zurück.
Er nippte an seinem Wein, hörte Cathie aufmerksam zu und war mit jedem ihrer Worte gespannter darauf diesen Azeem genau kennen zu lernen.
"Nun, das klingt mir als hätte er sich für dich wirklich ins Zeug gelegt. Ich bin gespannt darauf ihn näher kennen zu lernen. Aber wenn du ihn liebst, kann er ja nur ein anständiger Mann sein." entgegnete James mit einem Lächeln und spürte dabei Alans Blick auf sich ruhen. Er wusste jetzt schon, dass Alan ihn mit dieser Sache nachher ein wenig aufziehen würde, denn für ihn würde es zweifellos offensichtlich sein, was James gerade alles durch den Kopf ging.
Bei Cathies Fragen zeichnete sich ein Lächeln auf James' Lippen ab, dass beinahe erstarrt wäre, hätte er sich nicht so gut im Griff gehabt. Ihr wohnt zusammen, nicht? James nahm vorsorglich noch einen Schluck Wein. Oh wenn du wüsstest, Cathie ...
Er nickte langsam. "Ja, es hat sich einfach angeboten, dass wir uns eine Unterkunft teilen. Und es funktioniert hervorragend, während ich an der Universität bin, empfängt Alan seine Kunden bei uns und fertigt all die famosen Bilder an wegen derer ihm die ganzen, hübschen Italienerinnen die Tür ein rennen." erklärte er mit neckendem Unterton und sah zu Alan hinüber. "Wenn das so weiter geht, wird er bald mehr haben als ich und ein reicher Mann sein."
James schlug die Beine übereinander und grinste. "Aber es ist wundervoll. Italien ist ein faszinierendes Land und die Menschen so anders als hier in England. Aber ich freue mich auch jedes Mal, wenn ich wieder hier sein kann. England gehört nun einmal mein Herz."