William und Joanna - ab 1184 bis 1185

Harry

Harry verneigte sich noch einmal, ein Lächeln auf den Lippen. "Vielen Dank für das Kompliment, Mylady." Aufmerksam beobachtete Harry, wie Sophie sich der Lektüre zu wandte. "Das freut mich zu hören. Es ist immer schön, wenn meine Kritzeleien von irgendjemandem gemocht werden." befand er vergnügt und legte dann den Kopf ein wenig schief. "Ich schreibe ein Gedicht für dich, wenn du magst. Ich habe mir sagen lassen, ich sei ganz gut darin ..." Harry zwinkerte Sophie verschwörerisch zu.
"Ich würde meinen Gedichten gerne noch viel mehr Zeit widmen, aber ich schätze, bis es soweit ist, müssen noch ein paar Jahre ins Land ziehen, vielleicht hat mein Vater dann ja ein Einsehen mit mir." Und wenn nicht, dann würde er irgendwann einfach seine Sachen packen und verschwinden, so viel war sicher.

Sophie

"Oh, du willst wirklich ein Gedicht für mich schreiben?", fragte Sophie überrascht und gleichermaßen gerührt. "Das..."Sie errötete ein klein wenig.
"Das wäre wirklich toll....darüber freue mich sehr.", erklärte sie dann leise. "Ich bin sicher, eines tages kannst du dich dem so widmen wie du willst. Du musst nur dein eigener Herr werden. Wenn du Land hast, hast du doch so viel Zeit wie du willst, oder? Vielleicht fragst du meinen vater mal, ob du die Gedichte hier mal vortragen darfst für den Anfang."
Ihr würde das sehr gut gefallen und ihrer Mutter sicherlich auch.

Harry

Harry lächelte sanft. "Ja, klar. Wieso nicht? Wenn es dir eine Freude bereitet, wäre es mir eine Ehre, dir eins zu schreiben." erwiderte Harry und legte kurz seine Hand auf Sophies, die auf dem Tisch neben seinen Gedichten lag. "Du wirst Augen machen, wenn du es liest, das verspreche ich."
Harry seufzte leise und schüttelte ein wenig den Kopf. "Ich denke, ich wäre nicht sonderlich dafür geeignet Land und Leute zu besitzen ... dafür bin ich einfach nicht gemacht. Aber ich schätze, es wird auch so schon gehen." Dann funkelten seine Augen ein wenig und er nickte langsam. "Warum eigentlich nicht? Aber ich schätze, ich könnte deine Fürsprache gebrauchen, damit ich erhört werde. Was denkst du, würdest du ein gutes Wort bei deinem Vater für mich einlegen und ihm sagen, dass du mich gerne hören würdest?"

Sophie

Sophie strahlte Harry dankbar an. "Wirklich? Oh, ich danke dir. Ich bin sicher, es wird wundervoll werden. Ich nehme dich beim Wort." Sie drückte einen kurzen Moment seine Hand. Ihr Vater wäre sicherlich davon nicht so begeistert, er behütete sie wie seinen größten Schatz und ließ ja keinen Mann mit irgendwelchen Absichten an sie heran.
"Oh ich weiß nicht. Manchmal überrascht man sich selbst, Harry. Vielleicht würdest du es besser machen, als du glaubst." Sie nickte mit einem Funkeln in den Augen.
"Nur zu gern. Ich werde mit ihm sprechen und ihn darum bitten."

Mary hatte den Vormittag mit den Kindern verbracht und jetzt, da diese unter Ediths Aufsicht ihren Mittagsschlaf hielten, hatte Mary sich in den Garten zurück gezogen, um ein wenig ihren Gedanken nachzuhängen.
Sie war sich nicht sicher, wie genau es mit Gerard weiter gehen sollte. Zweifelsohne würde er ihr ein wenig Zeit hier lassen, aber früher oder später würde er am Hof auftauchen und versuchen sie von einer Rückkehr nach Hause zu überzeugen. Und bis dahin musste sie sich darüber klar werden, wie es in Zukunft weiter gehen sollte und wie vor allem, wie sie ihm gegenüber treten würde.
Mary seufzte leise und trat an einen Rosenbusch heran, der noch einige wunderschöne Blüten vorzuweisen hatte. Sie strich sachte über die tiefroten Blätter und beugte sich etwas vor, um daran zu riechen. Sie war wunderschön anzusehen und duftete traumhaft, doch wenn man nicht aufpasste und an den Stiel heran kam, konnte man sich schnell an den Dornen verletzten ... irgendwie hatte diese Rose eine gewisse Ähnlichkeit mit ihrer Ehe. Sie liebte Gerard, aber es schien auch immer ein Spiel mit dem Feuer mit ihm zu sein. Sie stritten häufig und waren mitunter doch unglaublich verschieden, was immer damit endete, dass einer am Ende verletzt zurück blieb.

Charles of Kent schlenderte durch den Garten der Burg und hing seinen Gedanken nach, während er dem leisen Knrischen der Steine unter seinen Stiefeln lauschte. Er hatte eine wichtige Unterredung mit Henry geführt und nun wollte er ein wenig Erholung finden, weg von all den Sorgen, die die Politik mit sich brachte. Sein Sohn war Zuhause in Kent, nicht einmal dieser konnte ihn also ablenken.
Seine Handschuhe knirschten leicht, als er die Finger auf dem Rücken verschränkte und seinen Weg ein wenig abwesend fortsetzte.
Als er seine Umgebung wieder wirklich wahr nahm, hatten seine Füße ihn in den Teil des Gartens geführt, der den Rosen vorbehalten war, die auch die alte Burgmauer bereits erobert hatten und dort nach oben glitten. Dort vor einem Strauch mit roten Rosen stand sie. Eine der schönsten Frauen, die er jemals zu Gesicht bekommen hatte. Und gleichzeitig eine der Traurigsten.
Die blauen Augen strahlten eine Niedergeschlagenheit aus, die ihn direkt ins Herz traf und ihn beklommen machte. Auch, wenn er sonst kein Mann vieler Worte oder großer Einfühlsamkeit war, trat er nach kurzem Zögern etwas näher.
"Mylady...verzeiht meine Störung, doch Ihr wirkt sehr niedergeschlagen. Kann ich Euch irgendwie behilflich sein? Charles of Kent, Mylady."

Mary hatte die Schritte näher kommen gehört, doch da hier häufig allerlei Menschen durch die Gärten strömten, hatte sie ihnen keine weitere Beachtung geschenkt. Als nun jedoch eine tiefe, raue, aber auf gewisse Art dennoch warme Stimme neben ihr erklang, wandte Mary den Kopf. Sie war sich nicht sicher, was sie erwartet hatte, aber der Mann vor ihr passte erstaunlich gut zu der Stimme, sein Äußeres wirkte genau so gegensätzlich. Seine Statur und Haltung verrieten, dass er schon das ein oder andere Schlachtfeld gesehen hatte, die Kleidung wies ihn zweifelsohne als Earl aus und auf den ersten Blick mochte man ihn als eher rauen Gesellen abtun, doch ein Blick in seine Augen belehrte Mary eines Besseren und sie musste unwillkürlich lächeln.
"Habt Dank, Mylord, doch ich fürchte ganz so leicht ist mir nicht zu helfen. Aber Ich hatte gehofft hier draußen ein wenig Zerstreuung zu finden, vielleicht würdet Ihr mich ja auf dem letzten Stück meines Spazierganges begleiten." erklärte sie, senkte sittsam den Blick und sank in einen kurzen Knicks. "Mary of Essex, es freut mich Euch kennen zu lernen, Mylord."

Charles

Charles freute sich über dieses schöne Lächeln, dass der jungen Frau viel besser stand als ddie Traurigkeit. Offensichtlich war noch nicht alles verloren.
"Oh, aber für alles gibt es eine Lösung, sie muss nur gefunden werden. Wenn ich Euch irgendwie behilflich sein kann, zögert nicht es auszusprechen.", bot er dann bereitwillig an.
Er erwiderte das Lächeln nur leicht, er war kein Mann, der viele Gefühle zeigte. Viele hielten ihn für kaltherzig und unfreundlich, aber er konnte auch ganz anders sein. Nur für Heucheleien hatte er keinerlei Nerven.
"Gern, Mylady, wenn Euch das erfreuen würde.", stimmte er zu. "Ohne indiskret sein zu wollen, Mylady, aber Euer Gatte ist mir noch nicht begegnet. Seid Ihr allein hier?"

Mary betrachtete ihren Gegenüber nachdenklich und nickte schließlich. "Ja, vermutlich habt Ihr Recht, nur manchmal ist es nicht ganz so leicht die Lösung zu finden. Aber ich danke Euch vielmals für Euer Angebot, Mylord. Fürs Erste wäre mir sehr damit geholfen, wenn Ihr mich ein Stück begleitet und mich so von weiteren Grübeleien abhaltet." erwiderte Mary sanft.
Sie wusste nicht genau warum, aber irgendetwas an der Art wie Charles of Kent ihr entgegen trat, sorgte dafür, dass sie ein gewisses Vertrauen zu ihm fasste. Dieses fast nur angedeutete Lächeln, das man beinahe als abweisend hätte werten können, das letztlich aber einfach nur ehrlich war.
Bei seiner nächsten Frage seufzte Mary leise und ihr Blick wurde wieder eine Spur wehmütiger, trauriger ... "Ganz Recht, ich bin allein mit meinen Kindern hergekommen. Mein Gemahl weilt noch in Essex." erwiderte sie und wog einen kurzen Moment ab, ob sie noch etwas hinzu fügen sollte oder nicht. "Sagt bloß, Ihr habt noch keines der vielen Gerüchte gehört, die zweifellos über mich hier im Umlauf sind?"

Charles

Charles neigte leicht den Kopf. "Das habe ich auch nie behauptet. Oft muss man den steinigen Weg bestreiten, Mylady." Er zögerte kurz, dann bot er ihr seinen Arm an, damit sie sich in Bewegung setzen konnten. Er kam sich furchtbar ungalant vor, aber er war niemals jemand gewesen, der Frauen durch Schmeicheleien um den Finger gewickelt hatte. Die Ehe mit seiner verstorbenen Frau war arrangiert gewesen und sie hatte irgendwann seinen Charakter selbst zu schätzen gelernt.
Der Earl of Kent schüttelte leicht den Kopf. "Nein, Mylady. Ich schenke Gerüchten nur höchst selten mein Gehör, der Hofklatsch interessiert mich nicht. Das Meiste davon entspricht ohnehin nicht der Wahrheit und führt nur in die Irre. Ungewöhnlich jedoch, dass er Euch allein herkommen lässt."
Aber er fragte nicht nach, stellte nur fest. Wenn sie es ihm sagen wollte, würde sie es tun oder sie würde die Gelegenheit nutzen die Sache einfach zu überspielen.

Einen Herzschlag lang starrte Mary auf den Arm, den der Earl ihr anbot, dann gab sie sich einen Ruck und legte leicht die Hand darauf. Es war nur eine leichte Berührung, schließlich wollte sie nicht, dass diese Geste zu vertraut wirkte, aber trotzdem setzte ihr Herz einen Schlag lang aus, als ihre Finger den Stoff seines Hemdes berührten. Ohne ihr Zutun musste sie daran denken, dass Gerard fuchsteufelswild werden würde, wenn er sie so sah ... mit einem fremden Mann ohne weitere Begleitung zum Anstand. Doch Mary verscheuchte den Gedanken und sah ihren Begleiter im nächsten Moment etwas überrascht an.
"Eine sehr seltene, aber umso lobenswertere Einstellung, Mylord. Ich wünschte, mehr Menschen würden so denken wie ihr." erwiderte sie und sah wieder nach vorne, ließ den Blick einen Moment schweifen und schwieg nachdenklich.
Mary wusste nicht wieso, aber schließlich ergriff sie doch wieder das Wort, um sich dem Earl of Kent anzuvertrauen. "Er war nicht gerade begeistert von meiner Entscheidung, wir haben uns nicht gerade im Guten getrennt als ich her kam. Ich habe ihm im Grunde keine andere Wahl gelassen, als mich gehen zu lassen. Ich ... kann sehr eigenwillig sein, wie Euch nicht nur mein Gemahl sicher bestätigen wird." erklärte Mary und lächelte flüchtig bei ihren letzten Worten, wenngleich es eher ein trauriges Lächeln war, bedingt durch die Erinnerung an ihren Streit mit Gerard.

Charles

Charles war beinahe überrascht, als sie seinen Arm tatsächlich annahm und sich von ihm führen ließ. Doch was war schon dabei? Eine verheiratete Frau und ein Witwer... Niemand würde Anstoß nehmen. Auch nicht ihr Mann, denn wenn er schon so dämlich war seine schöne Frau allein herkommen zu lassen.
"Leider erfreuen sich viele Menschen daran, weil ihr eigenes Leben so langweilig ist. Doch wie Ihr vielleicht feststellen werdet, denke ich in vielen Sachen nicht so wie all die Anderen." Er war immer ein Mann gewesen, der seinen eigenen Kopf und seine eigene Meinung hatte.
Umso erstaunter war er aber, als sie ihm tatsächlich bereitwillig erzählte, warum sie allein hier war. Damit hatte er nicht gerechnet.
"Streit gibt es in jeder Ehe.", erwiderte er ein wenig unbeholfen. "Sicher werden sich die Wogen wieder glätten." Ein winziges, flüchtiges Lächeln huschte über seine Lippen.
"Zweifelsohne das Erbe Eurer Mutter, Mylady. Ich kenne Lady Joanna und kam nicht umhin Eurem Vater Respekt zu zollen für seinen Umgang mit diesem Eigenwillen."

Marys Augen funkelten ein wenig amüsiert und sie nickte andächtig. "Da habt Ihr wohl Recht, Mylord. Aber es tut gut einmal mit jemandem zu sprechen, der nicht so denkt wie alle anderen und der ausnahmsweise nicht zu meiner Familie gehört." erwiderte sie lächelnd.
Dann wandte sie rasch den Blick ab, damit Charles ihr verräterisches Blinzeln nicht sehen konnte mit dem sie versuchte die Tränen zurück zu halten. "Ja, vermutlich werden sie sich wieder glätten." murmelte Mary und musste ein wenig schlucken. In Wahrheit war sie nicht ganz so zuversichtlich. Sie wusste einfach nicht, wie ihr gelingen sollte wieder Vertrauen zu Gerard zu fassen.
Die nächsten Worte des Earls entlockten ihr hingegen ein leises Lachen und sie sah ihren Begleiter wieder an. "Da seid Ihr zweifelsohne einer der Wenigen, die so denken. Die meisten Männer schütteln den Kopf über meinen Vater, wenn es um seine Ehe mit meiner Mutter geht. Aber ich gebe zu, manchmal wünschte ich, dass mein Gemahl ein wenig mehr von meinem Vater in dieser Sache hätte. Dann würde mein Eigenwille nicht ganz so oft zum Streitpunkt zwischen uns werden." gestand sie und war selbst überrascht über ihre Offenheit.

Charles

Charles bemerkte die Belustigung in ihren Augen und sie gefiel ihm an ihr so viel besser als diese Traurigkeit.Was hatte Essex ihr nur angetan, dass sie so niedergeschlagen war?
"Es freut mich, dass meine Gesellschaft Euch wohl tut, Mylady.", erwiderte er ernst. "Ihr solltet Euch den Streit mit Eurem Gemahl nicht so zu Herzen nehmen. Ich bin sicher, es wird sich alles finden und er wird bald kommen um sich mit Euch zu versöhnen."
Charles' Lächeln wurde ein wenig breiter.
"Ihr solltet öfter lachen. Das steht Euch viel besser.", stellte er fest und war überrascht von sich selbst. Er machte Frauen niemals Komplimente....warum ihr?
"Ich denke, ein Mann kann niemals stärker sein als mit einer Frau an der Seite, die ihn aufrichtig liebt. Und darum ist es weise von Eurem Vater Eure Mutter bei sich zu halten. Darum ging er aus allen Schwierigkeiten als Sieger hervor. Aber Weisheit ist keine Tugend, die viele Männer besitzen."

Mary lächelte sanft. "Es scheint fast so als wärt Ihr genau im richtigen Moment gekommen, um mich von meinen düsteren Gedanken abzulenken, Mylord." erklärte sie und seufzte dann leise. "Ich hoffe, Ihr behaltet Recht. Es ist nur gar nicht so leicht, sich diese Dinge nicht zu Herzen zu nehmen, ich neige dazu sehr emotional zu sein in solchen Belangen."
Als sie sah, wie sein Lächeln eine Spur breiter wurde, spürte Mary ein leichtes Kribbeln in der Magengegend und seine nächsten Worte sorgten dafür, dass sie rasch den Blick abwandte, weil sie spürte, wie ihre Wangen rot wurden. "Ich werde mich bemühen, öfter zu lachen, versprochen." erklärte sie und blieb im nächsten Moment überrascht stehen. Verblüfft starrte sie ihren Begleiter an und unweigerlich musste sie an eine Unterhaltung denken, die sie einmal mit Isabella geführt hatte und in der sie ein bisschen über die Vor- und Nachteile ihrer Männer gesprochen hatten, die doch so einige Jahre voneinander trennte.
Mary nahm sie wieder zusammen und setzte sich wieder in Bewegung. "Ihr hingegen scheint mit dieser Tugend gesegnet zu sein, Mylord." bemerkte Mary und schenkte ihm ein leichtes Lächeln. "Was Ihr sagt erscheint mir ausgesprochen weise."

Charles

Charles nickte langsam. "Umso besser, Mylady. Dann war meine Störung nicht vergebens. Emotionalität ist etwas, was man sich nur bedingt leisten kann in diesen Zeiten. Aber ich denke, wenn es um den Menschen geht, den man liebt, sollte es erlaubt sein."
Erhob eine Augenbraue an, als sie es ihm versprach. Ihm, einem Wildfremden. Diese Frau war wahrlich faszinierend und weitere Gespräche mit ihr würden sicherlich erbaulich sein. Ihr Mann würde sie sicherlich auch bald vermissen und herkommen, dann würde sie von selbst wieder fröhlicher aussehen.
"Ihr wirkt überrascht, Mylady? Habe ich Euch gekränkt?", fragte er sorgenvoll. Manchmal war er doch wirklich ein ungehobelter Klotz, aber er konnte es nicht verhindern. Charles verneigte sich leicht vor ihr. "Ich denke für diese Einschätzung, doch manchmal wähne ich mich von Weisheit weit entfernt."
Aber dieses Lächeln, dass sie ausgerechnet ihm schenkte, sorgte dafür, dass er sich ausgesprochen wohl fühlte.

Mary nickte nachdenklich. Ja, sie hatte schon manches Mal gedacht, dass sie sich besser in den Griff bekommen musste.
Im nächsten Moment schüttelte sie den Kopf. "Nein, im Gegenteil. Ich ... schätze, ich bin solche Worte nicht mehr gewöhnt." Sie runzelte kurz nachdenklich die Stirn, zögerte einen Moment und sprach dann doch aus, was ihr auf der Zunge lag. "Und ich glaube, ihr habt gerade einen Makel an meinem Gemahl benannt, den ich vorher zwar kannte, aber den ich nicht hatte benennen können." gestand sie leise und ließ den Blick nachdenklich durch den Garten schweifen. Manchmal würde sie sich von Gerard auch mehr Besonnenheit wünschen, ein wenig mehr Weisheit ... aber wie konnte sie das von ihm erwarten, wenn sie selbst es nicht aufbringen konnte? Doch vielleicht brauchte sie einen Gegenpol. Jemanden, der sie zur Ruhe brachte und das ohne sie zu zwingen.
"Dass Ihr so über Euch selbst denkt, beweist hingegen nur einmal mehr welche Qualitäten in Euch stecken, Mylord." erklärte Mary dann entschieden.

Charles

Charles hob eine Augenbraue. "Das solltet Ihr aber, Ihr seid doch eine junge, ansehnliche Frau. Weiß Euer Mann das nicht zu schätzen?" Er seufzte leise. "Verzeiht mir, ich wollte nicht so indiskret sein. Ich sollte mich in diese Dinge nicht einmischen, es geht mich nichts an."
Er legte den Kopf ein wenig zur Seite. "Weisheitist etwas, das man sich mit den Jahren erwerben kann. Ich bin sicher, er wird diesen Makel ausmerzen. Es lag mir fern ihn zu kritisieren, Mylady, schließlich kenne ich ihn kaum und kann mir darum nur schwer ein Urteil erlauben."
Charles verneigte sich leicht vor ihr. "Erfreulich, dass Ihr so denkt, Mylady. Da seid Ihr allerdings eine der Wenigen."
Viele hielten ihn nur für einen groben Klotz, einen Haudegen, gut für den Kampf, aber bei Hofe fehl am Platz.

Mary machte eine abwehrende Geste. "Es ist schon in Ordnung, Ihr habt nichts falsch gemacht. Es ist momentan nur nicht ganz so einfach mit meinem Gemahl und ich tue mich schwer darin, selbst ein wenig geduldiger zu sein und mich etwas zurück zu nehmen."
Mary lächelte und schüttelte den Kopf. "Wirklich? Das kann ich mir kaum vorstellen ... ich kenne Euch zwar erst wenige Minuten, aber Ihr scheint mir durchaus ein besonderer Mann zu sein. Ich kann kaum glauben, dass so wenige Menschen das zu schätzen wissen." Charles of Kent hatte wahrlich einen guten ersten Eindruck bei Mary gemacht und sie konnte sich nicht vorstellen, dass er tatsächlich so anders sein sollte als sie bisher den Eindruck hatte.

Charles

"Danke für Eure Nachsicht. Ihr werdet sicher die Geduld finden mit Eurem Mann wieder ins Reine zu kommen, keine Sorge." Charles lächelte schwach und verneigte sich leicht vor ihr.
"Nun denn, Mylady, ich muss gehen...Einige Pflichten erwarten mich. Der König erwartet mich...Ich bin sicher, wir werden uns wieder einmal über den Weg laufen. Bis dahin lasst Euch von der Traurigkeit nicht allzu sehr niederdrücken."
Mit ernster Miene wandte er sich schließlich ab und entfernte sich mit entschlossenen Schritten, doch die junge Frau ging ihm nicht aus dem Kopf.

Mary war nun schon seit einigen Tagen am Hof und Gerard hatte sich bisher weder blicken lassen, noch hatte er einen Boten geschickt, aber das war ihr momentan auch noch ganz recht, denn sie war mit ihren Gedanken immer noch keinen Schritt weiter gekommen.
Heute hatte sie die Zeit in der die Kinder Mittagsschlaf machten, genutzt, um mit ihrer Stute ein wenig auszureiten. In Essex kam sie viel zu selten dazu und Gerard war darüber hinaus immer strikt dagegen gewesen, dass sie alleine ausritt. Mary ließ die Zügel ein wenig länger und genoss die Ruhe hier im Wald. Als sie eine kleine Lichtung erreichte, saß sie ab, band die Zügel sorgsam zusammen, damit ihre Stute nicht hineintreten konnte und ließ sie dann grasen, während sie selbst sich einen sonnigen Platz in der Mitte der Lichtung suchte und sich dort im Gras niederließ.
Gedankenverloren strich sie mit der Rechten durch die Gräser und wilden Blumen, die hier wuchsen und begann ohne bewussten Entschluss ein paar der Blumen zu pflücken. Eigentümlicherweise glitten ihre Gedanken dabei einmal nicht zu Gerard zurück, sondern viel mehr zum Earl of Kent, den sie vor einigen Tagen kennen gelernt hatte. Seit ihrem Treffen im Rosengarten hatten sie sich ein paar Mal gesehen, ein paar kurze Worte gewechselt, aber nie war Zeit oder der Ort gewesen für ein längeres Gespräch, dabei hatte Mary immer mehr das Bedürfnis danach mit Charles einfach ein wenig zu reden.

Charles

Der Earl of Kent hatte das Wetter nutzen wollen, um einen Ausritt zu unternehmen und dabei seine Gedanken zu klären, die immer nocch verdächtig oft um eine junge Dame kreisten. Er begriff einfach nicht, wie es ihm nach all den Jahren passieren konnte, dass sie ihn so in den Bann schlug. Das durfte einfach nicht sein. Er war kein Mann, der sich einfach in Schwärmereien erging und seit seine Frau tot war, hatte er sich wie andere Männer auch dann und wann eine Dirne genommen, aber sonst hatte er sich wohlweislich von Frauen fern gehalten. Wohin das nun führen sollte?
Er pfiff nach seiner kleinen Hündin, die ihn gern zur Jagd und bei jedem Ausritt treu begleitete. Sie war nicht wirklich geeignet gewesen zur Zucht und eigentlich hatte sein Hundeführer sie als Welpe schon ertränken wollen. Sie war viel zu klein geraten, hatte zu kurze Beine. Aber da sie anders war, hatte Charles Gefallen an ihr gefunden und sie für sich behalten. Und zur Überraschung aller, die ihn Zuhause heimlich einen sentimentalen Trottel genannt hatten, war sie die beste Jagdhündin des ganzen Wurfs.
Charles runzelte die Stirn. "Cassy?!" Wo war nur dieser Hund? Normalerweise kam sie immer sofort und wich kaum von seiner Seite.
Er ritt dorthin, wo er sie zuletzt gesehen hatte und ließ sein Pferd in langsamem Schritt durch das Gestrüpp treten. Und dann sah er, wohin der Weg seine Hündin geführt hatte. Oder zu wem...."Lady Mary...."

Marys Kopf fuhr herum als es im Unterholz verdächtig knackte und sie wäre um ein Haar aufgesprungen, als ein kleiner Hund aus dem Dickicht hervor bracht. Mary lachte leise und legte den kleinen Blumenstrauß, den sie mittlerweile gepflückt hatte in ihren Schoß. "Na du, wem bist du denn abhanden gekommen, hm?" fragte sie mit sanfter Stimme und streckte eine Hand aus. Schwanzwedelnd kam der kleine Hund näher und Mary musste sich in Gedanken korrigieren, es war eine kleine Hündin, die nun an ihrer Hand schnupperte und sich dann vertrauensvoll von ihr hinter den Ohren kraulen ließ.
"Du bist ja ein süßen Ding ..." murmelte Mary lächelnd und musterte die kleine Hündin mit den kurzen Beinen als mit einem Mal ein Reiter auf die Lichtung kam.
Mary sah auf, wenig überrascht, denn schließlich war der Hund wohl kaum alleine unterwegs gewesen, blinzelte dann aber überrascht als sie den Reiter erkannte. "Mylord of Kent." Mary nahm die Blumen von ihrem Schoß und erhob sich, jedoch ohne Eile, dann knickste sie leicht und sah lächelnd zu dem Earl auf. "Dann ist dieses süße Mädchen also Eure Hündin, nicht wahr?"

Charles

Der Earl of Kent stützte beide Hände auf seinem Sattel ab und musterte mit erhobener Augenbraue das Bild vor ihm. Cassy schien sich sofort mit Lady Mary angefreundet zu haben und ließ sich genüsslich hinter den Ohren kraulen.
"Also wirklich...das nennt man dann einen gut erzogenen Jagdhund. Lässt sich bei erster Gelegenheit von ein paar Streicheleinheiten ablenken. Offensichtlich hat Cassy Gefallen an Euch gefunden."
Er ritt ein paar Schritte näher, stieg aus dem Sattel und entließ sein Pferd zu etwas Gras. Charles verneigte sich höflich vor der jungen Frau.
"Das ist sie. Sie war anders als ihre Geschwister, das hat mir gefallen. Außerdem hätte mein Sohn mir nicht verziehen, wenn ich zugelassen hätte, dass der Hundeführer sie tötet." Er selbst mochte die Vorstellung allerdings auch nicht, aber das musste ja nicht jeder wissen.
"Was tut Ihr hier, Mylady? Ihr solltet nicht alleine ausreiten, wir leben in gefährlichen Zeiten."

Mary lachte und strich der kleinen Hündin noch einmal über den Kopf. "Sie weiß halt ganz genau, wo sie es gut hat. Und ein paar Streicheleinheiten sind doch eigentlich sowieso viel schöner als zu jagen." erwiderte Mary amüsiert.
Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen betrachtete Mary ihren Gegenüber, dessen Äußeres so gar nicht zu der Erscheinung der kleinen Hündin passen wollte und auch seine Worte hätte man wohl eher nicht von einem Mann wie Charles of Kent erwartet, doch Mary war durchaus schon aufgefallen, dass hinter der rauen äußeren Schale viel mehr zu stecken schien.
"Ihr habt ein gutes Herz, Mylord, dass Ihr Cassy vor solch einem Schicksal gerettet habt. Ich bin sicher, Euer Sohn, sowie Euer Hund sind Euch dafür sehr dankbar." erwiderte sie und sah kurz auf die Hündin hinab, die sich mittlerweile neben sie gesetzt hatte und den Blick zwischen ihrem Herren und Mary hin und her wandern ließ, so als würde sie dem Gespräch folgen.
Mary machte eine abwehrende Geste. "Nun, ich hatte ja Glück und wurde gerade noch rechtzeitig von Eurer treuen Cassy gerettet, bevor mich die bösen Wildblumen überwältigen konnten." gab sie ein wenig spöttisch zurück und zuckte dann leicht mit den Schultern. "Ich wollte ein wenig die Ruhe hier genießen und die Gelegenheit nutzen, dass meine Kinder gerade in der Obhut ihrer Kinderfrau friedlich ihren Mittagsschlaf halten."