William und Joanna - ab 1184 bis 1185

Sophie

Sophie nickte langsam. Was auch immer Harry daran fand, von Anfang an hatte der Ältere es wundervoll gefunden, wenn sie etwas vorgelesen hatte. Und sie tat es gern, um ihm einen Gefalllen zu tun.
"Natürlich.", bestätigte sie und zögerte nur kurz, als Harry den Kopf in ihren Schoß bettete. Es war nicht das erste und sicher auch nicht das letzte Mal, dass Harry das tat und doch wünschte Sophie sich, dass niemand sie so sah, fühlte sich etwas ertappt.
Aber sie mochte es, wenn er so nahe war, Während sie sich in das Werk versenkte und vorzulesen begann, wanderte ihre Hand in Harrys blonde Locken und fuhr langsam hindurch.
"Harry, es ist wirklich gut.", sagte sie leise.

Harry

Harry war selig als er dort im Gras lag, die Sonne auf sie beide hinab schien und Sophies Hand schließlich zu seinen blonden Locken wanderte und durch seine Haare strich. Zufrieden schloss er die Augen und lauschte ihrer schönen Stimme, während sie sich Zeile um Zeile durch sein Werk arbeitete und wie üblich begannen die Ideen nur so hervorzusprießen.
"Hm." brummte er leise. "Ein paar kleine Details müssen noch ausgebessert werden, aber sonst ..." Harry schlug die Augen wieder auf und lächelte sanft. "Lies noch ein wenig weiter, ja? Manchmal scheint es mir, als würde ich als diese Dinge nur für deine schöne Stimme schreiben. Erst wenn du es vorliest, merke ich, ob es wirklich gut ist oder nicht."
Und er genoss diese Zeit mit ihr so sehr, konnte sich einmal mehr in seiner Arbeit verlieren und hatte das Gefühl in Sophie eine Seele gefunden zu haben, die ihn verstehen konnte und ihn nicht belächelte.

Sophie

Sophie nickte langsam. "Hier und da ein paar Formulierungen. Abersonst finde ich es sehr gelungen.", erwiderte sie leise und strich durch sein blondes Haar. Wie sehr sie es genoss das zu tun. "Du schmeichelst mir. Dein Werk wäre immer gut, egal, wer es liest. Aber wenn du möchtest, lese ich noch etwas mehr vor."
Sie mochte es seine Werke vorzulesen und zwischen ihnen Beiden eine Atmosphäre zu schaffen, die sie vorher noch nie erlebt hatte.
Es war, als gebe es nur sie Beide. Aber sie vermutete, dass es ihrem Vater und ihrem Bruder nicht wirklich gefallen würde sie so mit Harry zu sehen.

Harry

Harry lächelte sanft. "Ehre, wem Ehre gebührt." erwiderte er. "Aber du unterschätzt die Kraft einer guten Lesestimme. Es ist bei weitem nicht jeder in der Lage solche Schriften ordentlich vorzubringen, dazu gehört ein gutes Gespür für den Text."
Dann nickte er zufrieden und schloss wieder die Augen. Er liebte es hier zu liegen, Sophie zuzuhören und ihre schlanken Finger zu spüren, die fast ein wenig abwesend durch seine Haare strichen. So konnte er alles andere um sich herum vergessen. Er konnte vergessen, dass sein Vater immer noch einen Ritter aus ihm machen wollte und dass er nicht hier war um sich allein seinen Werken hinzugeben.
Und besonders leicht war es so die Zeit zu vergessen und den Umstand, dass Robert eigentlich auf ihn wartete.

Sophie

Sophie lachte auf. "Was immer du sagst...aber ich denke, es liegt auch daran, dass ich deine Texte sehr gern mag. Da fällt einem dieses Gespür immer bedeutend leichter als bei schlechten Texten."
Auch sie versank wieder völlig in der Geschichte, die Harry ihr zu lesen gegeben hatte und vergaß, was um sie herum geschah. Nur Harrys Anwesenheit war noch präsent, das war gut.
Robert hatte schon überall nach Harry gesucht und war inzwischen doch recht ungehalten. Sein Schützling stellte ihn wirklich auf eine harte Probe, denn mit jedem zweiten Tag vergaß er das Training einfach oder kam zu spät. Zuverlässigkeit war wirklich nicht seine Stärke. Doch Roberts Aufgabe war es, ihm wenigstens die Grundbegriffe eines Ritters beizubringen, dazu zählte auch der Schwertkampf, so wenig Harry auch Begeisterung darin fand.
Schließlich wurde Robert im Garten fündig, doch das Bild, das sich ihm bot, schockierte ihn ein wenig. "Harry!" Wütend stapfte er durch das Gras auf die Beiden zu. Da lag dieser Taugenichts doch tatsächlich mit dem Kopf auf dem Schoß seiner jüngsten Schwester und ließ es sich gut gehen. Dieser unzuverlässige Bengel sollte bloß die Finger von Sophie lassen.
"Was glaubst du eigentlich, was du hier tust?!"

Harry

Hätte Sophies Stimme ihn nicht so gefesselt, Harry wäre schlichtweg eingeschlafen, so behaglich war es hier draußen. Doch diese Ruhe und dieser so wundervolle Moment wurde je unterbrochen als er seinen Namen hörte und die Stimme, die ihn rief, klang unheilschwanger.
Harry öffnete die Augen und setzte sich eilig auf als er Robert auf sie zukommen sah. Er strich sich die etwas wirren Haare aus der Stirn und kam auf die Füße.
"Ich glaube, ich habe gerade im Gras gelegen und Eurer Schwester beim Lesen meines neusten Kapitels zugehört." erwiderte er mit entschuldigendem Grinsen. "Es tut mir Leid, ich habe wieder einmal die Zeit vergessen ..." bekannte Harry und war einmal mehr über sich selbst erstaunt, dass er in diesem Punkt noch immer aufrichtig zerknirscht klingen konnte.

Robert blieb vor Harry stehen und bedachte ihn mit einem finsteren Blick. "Es tut dir jedes Mal leid, Harry Plantagenet. Jedes Mal sagst du mir dasselbe, aber du bist einfach nicht in der Lage zuverlässig zu sein. Wie also soll ich meine Pflicht erfüllen und dir wenigstens ein bisschen beibringen?"
Er schnitt Harry mit einer Handbewegung das Wort an. "Deine Unbeständigkeit bin ich inzwischen gewöhnt, aber das hier..." Er packte Harry am Kragen und zog ihn zu sich heran.
"Lass gefälligst deine Finger von meiner Schwester, Bürschchen.", zischte er. "Wenn du sie in Schwierigkeiten bringst, dann gnade dir Gott. Ich werde es nicht tun."

Harry

Harry zuckte leicht zusammen. "Ihr solltet mich so nicht nennen." erwiderte er etwas missmutig. Dann seufzte er leise. "Ich habe Euch von Anfang an gesagt, dass es nicht gerade hoffnungsvoll mit mir ist in diesen Dingen. Ich kann mit diesem ganzen Ritter-Getue einfach nichts anfangen ..."
Im nächsten Moment erlebte Harry Robert das erste Mal wirklich wütend und er musste zugeben, dass der junge Cornwall ausgesprochen beeindruckend sein konnte. "Aber ich ... ich habe doch überhaupt nichts getan." brachte Harry keuchend hervor und legte die Hände auf Roberts in der Hoffnung, den Griff etwas lockern zu können.
"Ich habe sie nicht angerührt und ich würde sie auch nie in Schwierigkeiten bringen. Nie." Auch, wenn er sich sonst bei einer Frau keine allzu großen Gedanken darum machte, ob er sie in Schwierigkeiten brachte oder nicht.

Sophie

"Ich nenne dich aber so. Es mag ja sein, dass du kein Interesse daran hast Ritter zu werden. Das nehme ich dir auch nicht übel. Aber du weißt, dass du ein paar Dinge lernen musst, Harry, und dass du mich permanent versetzt oder zu spät kommst, hat nichts mit dem Rittersein zu tun. Du wirst es in deinem Leben immer brauchen. Ob du nun eine Geschichte fertig bekommen musst oder ob es eine wichtige Verabredung ist.", stellte Robert klar. "Du könntest es weit bringen. Aber nur, wenn du deinem Vater einen Grund gibst dich mit Land zu versorgen, kannst du dort tun und lassen, was du willst, ohne dich um deine Einkünfte sorgen zu müssen."
Sophie stand auf und legte Robert sanft die Hand auf den Arm. "Rob...er hat nichts getan. Er ist mein Freund, wir haben nur sein neues Kapitel gelesen." Robert schnaubte leise. "Das habe ich gesehen.", gab er immer noch verstimmt zurück und hielt Harry noch einen Moment fest.
"Nichts getan? So wie ich euch vorgefunden habe, hast du schon genug getan. Ich kenne deinen Ruf, Harry, und ich weiß, dass du Mädchen gern umgarnst um deinen Spaß zu haben. Aber wenn du meiner Schwester nur ein einziges Mal zu nahe kommst....dann sage ich deinem Vater, er soll dich ins Kloster schicken. Hast du mich verstanden?", warnte er eindringlich und stieß Harry dann von sich.

Harry

Harry hörte sich Roberts Vorhaltungen mit zusammen gebissenen Zähnen an und sah kurz zur Seite als Sophie zu ihnen trat, um bei ihrem Bruder ein gutes Wort für ihn einzulegen. Er konnte nicht anders als ihr ein dankbares Lächeln zu schenken.
Doch bei Roberts nächsten Worten wurde er blass. Zum einen, weil er nicht wollte, dass Sophie solche Dinge über ihn hörte, wenngleich es kein Geheimnis war, aber es war ihm in ihrer Anwesenheit unglaublich unangenehm, und zum anderen, weil ihn allein der Gedanke daran, dass Robert seine Drohung wahr machen könnte, in Panik versetzte.
Ein Kloster war der letzte Ort auf dieser Welt an dem er sein wollte. Er würde hinter diesen dicken Mauern eingehen wie eine Blume ohne Wasser.
Als Robert ihn von sich stieß, stolperte Harry etwas zurück und ließ dann den Kopf betroffen hängen. Bleich und mit einem Mal ungewöhnlich kleinlaut nickte Harry betreten. "Das habe ich." erwiderte er und sah Sophie kurz an. "Ich ... ich sollte wohl gehen. Behalt die Blätter, dann kannst du es alleine in Ruhe zu Ende lesen und mir später sagen, was du von dem Rest hältst." erklärte er mit belegter Stimme.

Robert bemerkte zufrieden, dass seine Worte diesmal wenigstens eine Wirkung zu zeigen schienen und nicht im Nichts verhallten wie sonst. Dieses eine Mal musste Harry endlich einmal etwas ernst nehmen, sonst würde es wirklich noch böse enden mit dem Jungen. Robert wusste, dass Harry kein schlechter Kerl war und es tat ihm ein wenig leid ihn so angehen zu müssen, aber Harry brauchte jetzt Grenzen. Grenzen, die er bisher nie gehabt hatte, wie es schien.
"Gut. Ja, du solltest gehen, und zwar mit mir. Dir steht immer noch eine Stunde Schwerttraining bevor, mein Lieber. Glaube nicht, dass du mir so einfach davon kommst.", erklärte er wieder freundlicher, während Sophie die Blätter betroffen an ihre Brust drückte und betreten nickte.

Harry

Harry sah Sophie betreten an. Er hatte keinen solchen Ärger herauf beschwören wollen und zweifelsohne würde man sie beide nun deutlich im Blick behalten. Dabei hatte er doch wirklich keine unlauteren Absichten gehegt, er hatte einfach nur ihre Nähe genießen wollen.
Harry seufzte leise. "Manchmal frage ich mich, wer von uns der größere Narr ist. Ich, weil ich so bin, wie ich nun einmal bin, oder Ihr, weil Ihr immer noch zu glauben scheint, dass ich irgendwann mit diesem grässlichen Schwert werde umgehen können." bemerkte er trocken und wandte sich mit einem letzten Blick auf Sophie zum Gehen.
Er verspürte nicht die geringste Lust mit Robert zu trainieren, aber er würde so oder so nicht drum herum kommen.

Robert schüttelte den Kopf,als er sich mit Harry zum Gehen wandte. Was sollte er mit diesem Jungen bloß anfangen? Er wartete, bis sie aus Sophies Sichtweite verschwunden waren und blieb dann stehen. "Du kannst es, Harry, und du stellst dich doch gar nicht so dumm an dabei. Ich erwarte nicht, dass du ein sehr erfolgreicher Schwertkämpfer wirst. Es genügt mir völlig, wenn du in der Lage bist dich zu verteidigen. Und glaubst du nicht, dass das sinnvoll sein kann? Es ist nichts dagegen einzuwenden, wie du bist, Harry. Ich habe gelesen, was du schreibst und es ist wirklich gut. Es wäre Verschwendung das wegzuwerfen, daher zwing mich nicht dazu wirklich Konsequenzen aus deinem Verhalten ziehen zu müssen, das möchte ich nicht. Aber du musst einsehen, dass es auch andere wichtige Dinge im Leben gibt. Du musst von etwas leben und dein Vater ist der Schlüssel dazu, zumindest, bis du auf eigenen Beinen stehst. Und dann steht dir niemand mehr im Wege. Und auch Sophie...glaubst du wirklich, mein Vater würde sie dir geben, solange du ihr nichts bieten kannst außer ein paar Versen? Ich will nur dein Bestes, Junge."

Harry

Als Harry sah, dass Robert stehen geblieben war, hielt er inne und drehte sich zu ihm herum. Er rang einen Moment lang mit sich, hatte den Blick auf den Boden gerichtet und wog ab, ob und was er sagen sollte.
Dann schließlich hob er den Kopf und sah Robert in die Augen. "Wurdet Ihr schon einmal zu etwas gezwungen, was Euch zutiefst zuwider ist?" fragte er dann langsam. "Ich kann mich einfach nicht dazu aufraffen etwas zu erlernen, was ich in meinem tiefsten Innern nicht lernen will ... etwas, das mir beim bloßen Gedanken daran schon Übelkeit bereitet. Mylord, ich weiß, ich beteuere wieder und wieder, dass es mir Leid täte und ... es tut mir wirklich Leid. Aber nicht, dass ich das Training versäume, sondern dass ich Euch damit in eine solche Lage bringe. Ich weiß, dass Ihr ein gutes Herz habt und niemand war in diesen Dingen je so geduldig mit mir wie Ihr es seid. Aber ..." Harry machte eine kurze Pause und seufzte leise. "Was denkt Ihr, wird mein Vater tun, wenn ich zurück kehre? Sich freuen, dass ich ein Schwert ein wenig schwingen kann und mich dann tun lassen, was ich möchte? Nein, niemals. Er ist besessen davon aus mir einen solchen Mann zu machen, wie er es sich vorstellt ... jemanden wie ihn, dessen Schwert locker in der Scheide sitzt und der Vergnügen daran findet in einen Kampf nach dem anderen zu ziehen. Aber so werde ich nie sein, Mylord. Und solange ich nicht so werde und mein Vater lebt, werde ich nie tun dürfen, wonach mein Herz sich sehnt. Erst Recht nicht, wenn er sieht, dass ich tatsächlich diesen unsinnigen Schwertkampf beherrsche. Das wird ihn nur noch mehr in seiner Meinung anstacheln." Harry atmete tief durch und fuhr sich kurz durch den bloden Schopf. "Ich könnte von dem Leben, was ich von Herzen tue. Wenn man mich nur ließe. Ich habe meine Verse oft genug irgendwo vorgetragen und dafür einige Münzen erhalten. Wenn ich dürfte, könnte ich all das ausbauen und Abschriften meine Werke anfertigen, sie verkaufen ... ich würde nicht einmal am Hungertuch nagen müssen. Sicher, ich würde kein steinreicher Mann werden, der mit Gold und Silber nur so um sich schmeißen kann, wie die meisten feinen Lords am Hofe meines Vaters, aber das will ich auch überhaupt nicht. Ich möchte einfach nur das tun, wozu Gott mich auf diese Erde geschickt hat."
Harry hatte sich fast in Rage geredet, so verzweifelt wollte er, dass Robert ihn verstand. Harrys Blick wurde traurig und er senkte den Blick wieder etwas. "Würde meine Mutter noch leben, hätte sie dafür gesorgt, dass er nicht versucht mich zu verbiegen. Sie hätte mich verstanden." murmelte er mit belegter Stimme.
Was Robert dann jedoch sagte, ließ ihn wieder aufsehen und er sah seinen Gegenüber verblüfft an. "Sie mir geben?" wiederholte er verblüfft. "Ihr glaubt, ich -" Harry brach ab, bevor er etwas dummes sagen konnte und runzelte dann leicht die Stirn. "Eure Schwester, Mylord, sie ... sie kann verstehen, was in mir vor geht. Manchmal glaube ich, sie schaut direkt in meine Seele hinein, wenn sie mich ansieht und versteht, wer ich wirklich bin. Und sie hat ein solches Gespür für Kunst und Poesie ... es ist eine wahre Freude ihr zu zu hören. Ich weiß, was Ihr über mich gehört habt und es ist ja auch die Wahrheit, ich ..." Harry stockte kurz und ein Grinsen huschte über seine Lippen. "Ich liebe Frauen. Jede auf ihre Art und ich liebe es auch mit ihnen das Bett zu teilen, aber ... das ist nicht das, was ich von Eurer Schwester möchte, Mylord. Ich schätze sie viel zu sehr und ihre Meinung ist mir teuer, das möchte ich um keinen Preis der Welt aufs Spiel setzen. Und ich möchte ihr nicht wehtun ... das wäre das letzte, was ich im Sinn hätte." erklärte Harry ernst.

Robert lauschte den Worten seines Schützlings und hatte unwillkürlich Mitleid mit ihm. Der Junge hatte wirklich kein leichtes Leben als Bastard des Königs.
"Ja, das wurde ich. Und ich weiß, wie schwer das ist." Er hatte auch nicht in den Krieg gegen Vater und Bruder ziehen wollen. "Ich versuche einfach nur, dir das Wichtigste mit auf den Weg zu geben. Dein Ziel ist es nicht ein Schwert führen zu können. Aber wenn dein Vater zufrieden ist, wird ihn sein schlechtes Gewissen irgendwann dazu treiben dir Ländereien zu geben. Und dann kannst du dort leben ohne ein Schwert führen zu müssen. Und dann hast du Mittel und Muße um deinen Traum zu leben und deine Schriften zu vervielfältigen. Und wenn er dich in den Kampf schicken will, sagst du ihm eben, dass das nicht Teil eurer Abmachung war. Er hat verlangt, dass du lernst, was ein Ritter können muss. Nicht dass du ein hervorragender Kämpfer wirst. Ich möchte dir doch nur helfen, damit du deinen Traum verwirklichen kannst. Aber manchmal führen lange Wege zum Ziel."
Robert legte Harry die Hände auf die Schultern. "Ich weiß....ich weiß. Deine Mutter war eine großartige Frau und sie hat deinen Vater beeinflusst wie niemand sonst. Aber Gott hatte andere Pläne und so müssen wir Beide sehen, dass du deinen Weg auch so gehen kannst."
Er hörte aufmerksam zu und runzelte die Stirn. "Du hast gar kein Interesse an ihr? Das ist...unerwartet." Aber er musste lächeln. "Und doch, so wie du redest....so eine Frau findet man nur einmal im Leben. Eine, die einen wirklich versteht. Ich habe sie gefunden. Und ich habe sie halten können. Denk bei Gelegenheit einmal darüber nach. Du redest nicht, als wäre sie dir so gleichgültig, wie du tust."
Der Junge klang, als wäre er bis über beide Ohren verliebt in Sophie.
"Aber es ist gut, dass du ihr nicht weh tun willst. Das hat sie auch nicht verdient."

Harry

Harry wiegte den Kopf leicht hin und her. "Ich glaube nicht, dass er so schnell ein schlechtes Gewissen bekommt. Davon versteht mein Vater nicht sonderlich viel. Außerdem ist es John, der momentan alles an Ländereien zugeschoben bekommt, was Vater erübrigen kann. Ich glaube kaum, dass da für seinen Bastard noch Platz ist. Aber abgesehen davon ... ich bin ein Stadtkind, Mylord. Ich habe fast mein ganzes Leben in London verbracht und wenn ich ehrlich bin, möchte ich auch dort bleiben. Vielleicht eine nette kleine Villa kaufen, sobald ich es mir leisten kann ... aber mit Ländereien könnte ich nicht allzu viel anfangen, schätze ich. Zumal es genug Männer gibt, die sie mehr verdient hätten und die mehr heraus holen könnten."
Harry hatte den Blick gesenkt als Robert ihm die Hände auf die Schultern legte und für einen Moment bebte er leicht am ganzen Körper als er um seine Fassung rang. "Ja, das war sie. Bis sie Aileen und mich alleine gelassen hat." brachte er ein wenig heiser hervor. Harry war gerade einmal neun Jahre gewesen als sie gestorben war. Und mit einem Mal hatte sich alles geändert, seine Mutter, die immer für ihn da gewesen war, hatte plötzlich ein großes Loch hinterlassen, das niemand gefüllt hatte. Sein Vater schon gar nicht. Nur seine Schwester war noch da gewesen, seine kleine Aileen und irgendwie hatten sie beide durchgehalten, trotz all der Trauer.
Harry rieb sich den Nacken. "Ich ... ich würde wohl lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte gar kein Interesse an ihr, aber ... nicht so, schätze ich." erwiderte Harry und atmete geräuschvoll aus. "Ich werde darüber nachdenken, Mylord." erwiderte er. "Aber ich möchte, dass sie glücklich wird, dass sie jemanden heiratet, der ihr all das geben kann, was sie sich wünscht. Und wenn sie nebenbei ab und an noch Zeit haben sollte, um meine Werke zu lesen, würde sie mich schon glücklich machen."

"Aber er hat eines, glaub mir. Allein deshalb, weil er nicht so für dich da war, wie er es deiner Mutter versprochen hat. Eigentlich will er, dass du glücklich wirst. Was John angeht...das ist eine Sache, die uns allen nicht sonderlich gut schmeckt. Wir müssen sehen, was daraus noch wird. Ein Stadtkind..." Robert lächelte schief.
"Wie du willst. Dumm ist es nicht, was du sagst. Und ich möchte, dass du deinen Weg gehst. Wenn ich dir dabei helfen kann, werde ich es gern tun. Aber ich schätze, wir sollten trotzdem sehen, dass du dich wenigstens verteidigen kannst. Schaden kann es nicht und ich hab es deinem Bruder versprochen. Und ein paar Werte können dir auch für deine Geschichten nutzen."
Robert spürte, wie sehr es dem Jungen nahe ging über seine Mutter zu sprechen. "Sie wollte euch nicht allein lassen, Harry. Wirklich nicht. Sie hatte einfach nur keine andere Wahl. Und sie wird immer über euch wachen. Dein Vater liebt euch sehr, aber ich denke, die Erinnerung an eure Mutter schmerzt ihn immer noch."
Er nickte langsam. "Ich bin sicher, das wird sie."

Harry

Harry seufzte leise und nickte schließlich. "Versuchen wir es. Aber ich fürchte, ich werde Eure Geduld noch sehr auf die Probe stellen in diesem Punkt." erklärte Harry mit schuldbewusstem Grinsen.
Harry fuhr sich ein wenig unwillig mit dem Ärmel über die Augen. "Ich weiß. Ich weiß, es ist nur manchmal so schwer. Ich hätte ihre Hilfe noch so sehr gebraucht ..." erwiderte er bedrückt. Es war so unglaublich schwierig, er wusste, wie sein Vater unter dem Verlust gelitten hatte, aber dieser hatte sich ihm gegenüber nie geöffnet, hatte sich eher noch mehr zurück gezogen.
Harry lächelte leicht. "Ich hoffe, Ihr behaltet Recht. Es würde mich jedenfalls sehr freuen." Er atmete tief durch und straffte die Schultern. "Und nun sollten wir gehen, nicht wahr? Wir haben ja noch einiges vor uns."

Beatrice genoss die Zeit in Cornwall sehr und hatte sich auch ausgesprochen mit Mary gefreut. Ihre kleine Schwester schien nun wirklich glücklich zu sein und das gönnte sie ihr. Ihre Familie wieder nahezu vollständig um sich zu haben war ein schönes Gefühl, doch ihr war auch aufgefallen, dass Elias sich ein wenig reserviert ihr gegenüber verhielt. Das war ungewöhnlich für ihren kleinen Bruder und deshalb wollte sie dem auf den Grund gehen.
Als sie ihm nun in den Stallungen begegnete, trat sie ihm in den Weg. "Elias...hast du ein paar Minuten für mich? Wir könnten ein Stück gehen, denn ich würde gern mit dir sprechen."

Elias

Elias war erleichtert gewesen, dass er zu Marys Hochzeit hatte nach Truro kommen können, denn zwischen durch hatte er Sorge gehabt, dass sie erst heiraten würde, wenn er mit John bereits in Irland war. So hatte er jedoch an dem Fest teilnehmen können und war darüber hinaus noch ein paar Tage geblieben.
Allerdings hatte er sich mit Richards Anwesenheit sehr schwer getan. Dem Prinzen hatte er zum Glück meist aus dem Weg gehen können, aber um Beatrice hatte er keinen Bogen machen können ohne das es aufgefallen wäre. Er hatte versucht sich etwas zu distanzieren, aber nun wurde ihm selbst das in gewisser Weise zum Verhängnis als Beatrice in den Stallungen zu ihm trat.
Er betrachtete sie nachdenklich und nickte. "Sicher, wenn es nicht allzu lange dauert, ich bin in Kürze mit Brian zum Training verabredet." erklärte er und begleitete seine Schwester nach draußen. Er war wenig erpicht auf dieses Gespräch, wusste aber, dass er ihm kaum entkommen konnte. "Nun, was gibt es denn?"

Beatrice war froh, dass Elias sich wenigstens widerstandslos auf dieses Gespräch einließ und sie ihn nicht noch dazu zwingen musste. Sie wollte diese Sache klären, jetzt, bevor einer von ihnen wieder abreiste und sie immer nocht nicht wusste, was los war.
"Wie lange es dauert, wird ganz von dir abhängen, Bruder.", bemerkte sie und begleitete Elias nach draußen. Erst als sie außer Hörweite von anderen Menschen waren, ergriff sie das Wort. "Ich will wissen, was los ist, Elias. Du bist so kühl und reserviert mir gegenüber. Richard gehst du ganz aus dem Weg. Was ist dein Problem? Und jetzt sag mir nicht, ich bilde mir das ein. Ich habe inzwischen eine ziemlich gute Menschenkenntnis und kann Menschen ganz gut einschätzen."

Elias

Genau so ein Gespräch hatte er befürchtet, aber was hatte er schon tun sollen? Er musste sich dieser Sache stellen. Elias öffnete den Mund, klappte ihn dann jedoch ohne etwas gesagt zu haben wieder zu als Beatrice seinem Einwand zuvor kam.
Er knirschte missmutig mit den Zähnen und überlegte, wie er ihr sagen sollte, was in ihm vorging. "Ich will mit Richard einfach nicht mehr zu tun haben als nötig." erwiderte Elias dann ernst. "Sein Verhalten ist unmöglich, das muss ich mir nicht antun. Es hat nichts mit dir zu tun, wirklich. Nur ... bist du nun einmal mit ihm verheiratet und stehst hinter dem was er tut, nicht wahr?"

Beatrice legte die Stirn in Falten. Eine solche Reaktion hatte sie nn wirklich nicht erwartet. Was war denn mit ihrem Bruder los? In ihrer Familie waren bisher alle ausgezeichnet mit Richard ausgekommen. Er war ein Teil dieser Familie geworden.
"Was soll das heißen, du willst nichts mit ihm zu tun haben? Er ist dein Schwager! Was hast du plötzlich für ein Problem mit Richard? Wasfür ein Verhalten meinst du? Spuck es aus, Elias." Nun war sie wirklich verärgert. Was sollte dieser Unsinn?
"Natürlich stehe ich hinter ihm, er ist mein Mann. Wohin er geht, dorthin gehe ich auch. Daran wird niemand etwas ändern. Und du sagst mir, es hätte nichts mit mir zu tun? Was ist dein Problem?"

Elias

Elias atmete geräuschvoll aus. "Sein Verhalten John gegenüber! Wann immer es ihm möglich ist, spricht er abfällig von ihm und lässt ihn wie den letzten Idioten dastehen. Findest du das etwa in Ordnung?" erwiderte Elias ein wenig verärgert. "Er benimmt sich, als sei er der einzige Mensch auf dieser Erde, der etwas zu Stande bringt und die Selbstverständlichkeit mit der er erklärt, dass John niemals die Krone bekommen wird, widert mich an. Richard ist so ein ... ein selbstverliebter, arroganter Bastard!" knurrte er dann.
Ihm wurde jedes Mal speiübel, wenn Richard damit anfing, dass ihm die Krone zu stünde und dass John einen jämmerlichen König abgeben würde. Es fühlte sich dann jedes Mal so an, als wären die Beleidigungen gegen ihn selbst gerichtet und nicht nur gegen seinen Freund und Lehnsherren.

Beatrice hob überrascht die Augenbrauen. "John? Natürlich John...." Sie lachte ein wenig verächtlich auf. "John ist ein Meister darin Zwietracht zu sähen. Nun schafft er es sogar in unserer Familie, ist das zu fassen? Glaub mir, John braucht sicherlich nicht Richard dazu um als Idiot da zu stehen. Im Gegensatz zu allen seinen Brüdern hat Richard nämlich etwas erreicht. Und die meiste Zeit sehen sich die Beiden doch auch gar nicht."
Beatrice verschränkte die Arme vor der Brust, um sich daran zu hindern Elias zu ohrfeigen. "Wenn du noch ein einziges Mal solche Worte über meinen Ehemann aussprichst, Elias, dann bekommst du wirklich Ärger mit mir!", zischte sie aufgebracht.
"Und natürlich erklärt er es wie selbstverständlich. Weil er Recht hat! Er ist der Älteste, jetzt, da Henrytot ist. Und der Älteste erbt die Krone von England. So ist es nur gerecht. Und John....John wird niemals König werden."