William und Joanna - ca. 1186 - ?

Harry

"Ja, Ihr quält mich! Ihr wollt mein bestes, aber Ihr seht dabei nicht, dass das, was Ihr für das Beste haltet, nicht das ist, was mir wirklich gut tun. Es ... es bereitet mir Übelkeit auch nur ein Schwert in die Hand zu nehmen, geschweige denn es gegen jemanden zu führen. Das war auch nie das, was Mutter für mich wollte!" erwiderte Harry ein wenig heiser.
"Ja, ich sehe aus wie sie und ich bin wie sie. Sie hat mir so viel von sich gegeben, ihre Leidenschaft für jede Form der Kunst, ihre Liebe am Leben ..." Harry spürte die Tränen in den Augen und wie seine Kehle eng wurde. "All das hat sie mir mitgegeben, all das trage ich in meinem Herzen und es erinnert mich an sie. Und Ihr ... Ihr bestraft mich genau dafür. Ihr bestraft mich für die Erinnerung an meine Mutter." brachte er heiser hervor.

"Du kannst nicht wissen, was sie für dich wollte. Sie ist tot und sie ist es schon lange.", erwiderte Henry rau. "Das ist das Problem.  Du siehst aus wie sie, du bist wie sie. Du erinnerst mich jeden Tag an sie und ich vermisse sie jeden Tag. Ich dachte, es würde weniger werden mit den Jahren. Aber das war ein Fehler. Es wird nicht weniger."
Und wenn Harry etwas ordentliches gelernt hätte, hätte er etwas wieder gut machen können. Auch aber hätte er seinen Sohn endlich einmal ansehen und sein eigenes Erbe entdecken können statt Janes.
"Ich wollte, dass du weniger ihr Sohn wirst und mehr meiner. Aber es gelang nicht."
Und nun stand er hier wieder am Anfang. Vielleicht sollte er Harry einfach gehen lassen und hoffen, dass die Zeit die Erinnerung wieder etwas trübte.

Harry

"Vielleicht nicht, aber ich ... ich fühle es, versteht Ihr? Es ist einfach ein Gefühl, dass mir sagt, dass das, was ich tue richtig ist, dass sie es sich so für mich gewünscht hätte. Es ..." Harry brach ab und schüttelte den Kopf. "Nein, natürlich versteht Ihr es nicht. Ihr hört immer auf Euren Kopf und ich kann nicht in Worte fassen, was mein Herz mir sagt, um es Euch zu erklären."
Harrys Miene veränderte sich kurz, wirkte einen Moment lang gequält, als ihm Henrys Worte vor Augen führten, dass sein eigener Vater ihn nicht ansehen konnte ohne Schmerz zu empfinden. Und er würde nie etwas daran ändern können, weil er nun einmal Janes Sohn war und blieb.
"Vielleicht ... solltet Ihr mich dann gehen lassen, wenn Ihr meinen Anblick nicht ertragt." erwiderte Harry leise. Es schmerzte unwahrscheinlich, aber vielleicht würde er so nun seinen Weg gehen können.
Harry rang kurz mit sich, dann schüttelte er den Kopf. "Aber ich bin ihr Sohn. Durch und durch. Und um das zu ändern müsstet Ihr mich brechen und mich in meinem tiefsten Innern zerstören. Aber dann wäre ich auch nicht mehr im geringsten Euer Sohn." erwiderte Harry leise.

Henry nickte langsam. "Ich höre auf meinen Kopf und du hörst auf dein Herz. Wir könnten kaum unterschiedlicher sein."
Er schwieg eine Weile und seufzte dann schwer. "Vielleicht sollte ich das tun. Aber einen Unterschied wird es nicht machen. Ich werde sie deswegen nicht weniger vermissen." Nur vielleicht würde er etwas besser vergessen bei Eleonore finden können.
"Ich weiß, dass du das bist. Und manchmal erkenne ich gar nichts von mir in dir wieder. Dann...meinetwegen geh. Es wird ohnehin nichts nutzden dich davon abzuhalten. Ich habe es deiner Mutter prophezeit und sie gewarnt. Ich habe ihr gesagt, dass ich kein guter Vater bin. Sie wollte es mir nicht glauben."

Harry

Harry fuhr sich unbehaglich mit der Zunge über die Lippen. "Vielleicht ... vielleicht erkennt Ihr nichts von Euch in mir, weil Ihr tief in Eurem Herzen eigentlich nur sie in mir sehen wollt." erwiderte Harry leise.
Als Henry die erlösenden Worte sprach, spürte Harry nicht die Erleichterung und Freude, die er erhofft, ja erwartet hatte. Er war erleichtert, dass Henry ihn nicht mehr zwingen wollte zu bleiben, aber es hatte einen zutiefst bitteren Beigeschmack.
Harry schüttelte den Kopf. "Sie wollte es nicht glauben, weil sie Euch besser kannte als Ihr Euch selbst." entgegnete er langsam. "Es gab eine Zeit in der Ihr ein ausgesprochen guter Vater gewesen seid. Neun Jahre meines Lebens hätte ich mir schwerlich einen besseren wünschen können, denn Ihr wart immer für mich da."

"Möglich wäre es, aber ich verstehe mich ohnehin selbst nicht mehr." Henry seufzte leise und wandte sich zu Harry um, um ihn anzusehen.
"Sie wollte es nicht glauben, weil sie immer nur das Gute in anderen Menschen sehen wollte, sogar in mir. Ich war nie ein begnadeter Vater. Für euch ebenso wenig wie für die Kinder mit Eleonore. Aber mit jane an meiner Seite war alles einfacher."
Jane hatte sein Temperament zu bändigen gewusst und hatte seine Gefühle genau in die richtigen Bahnen gelenkt. Wenigstens hatte er nicht vollständig versagt.
"Nun denn....geh also mit Richard, wenn du unbedingt willst."

Harry

Harry schüttelte entschlossen den Kopf. "Nicht sehen wollte, sondern sehen konnte." erwiderte er entschieden. Harry sah seinen Vater an und nickte langsam, aber entschlossen. "Ich danke Euch. Ich glaube, Ihr habt gar keine Vorstellung davon wie viel mir das bedeutet." bemerkte Harry und seufzte leise. "Es tut mir Leid, dass ich nicht der Sohn geworden bin, den Ihr Euch gewünscht habt. Aber vielleicht ... vielleicht wisst Ihr eines Tages das was ich tue ja doch ein wenig zu schätzen. Es würde mich wirklich glücklich machen, denn ich habe immer gehofft, dass Ihr einmal stolz auf mich seid." bekannte Harry leise und senkte dann verlegen den Blick. Er fühlte sich mit einem Mal merkwürdig fehl am Platz, denn er konnte weder hinaus stürmen, wie er es sonst getan hatte, wenn sie gestritten hatten, noch hatte er den Eindruck, dass er seinen Vater in die Arme schließen konnte, wenngleich er das wirklich gerne einmal getan hätte ... seit zehn Jahren sehnte er sich im Grunde nur nach dieser Umarmung.

"Nein, das habe ich vermutlich wirklich nicht. Aber ich bin dieses ewigen Kampfes müde und es wird nichts nutzen dich zwingen zu wollen." Henry hatte es versucht mit allen Mitteln, zu denen er greifen wollte, doch es hatte nicht gefruchtet. Harry würde wohl seinen eigenen Weg gehen müssen und er selbst würde irgendwann Jane gegenüber stehen und gestehen müssen, dass er versagt hatte.
"Vielleicht weiß ich das. Und glaube mir, deine Mutter wäresogar ausgesprochen stolz auf dich. Vielleicht bin ich es auch irgendwo, weil du so standhaft bist. Ich weiß es nicht."
Er drehte sich um und musterte Harry schweigend, dann seufzte er tief.
"Nun geh. Du solltest deine Sachen packen, Richard wird bald aufbrechen."

Harry

Harry erschauderte leicht und spürte seine Kehle eng werden. Er sah seinem Vater in die Augen als dieser ihn musterte, dann schluckte er leicht. "Danke, Vater." erwiderte er leise, aber dennoch klar und deutlich. Er hatte ihn seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr so genannt, weil er auch schon lange nicht mehr das Gefühl gehabt hatte, seinem Vater gegenüber zu stehen.
Seine Sachen packen ... ja, das musste er wohl. Und sich von Sophie verabschieden, wenngleich ihm das wohl auch nicht leicht fallen würde.
Er nickte langsam und trat einen Schritt zurück, hielt jedoch noch einmal kurz inne, ehe er sich umdrehte. "Lebt wohl." Es kam ihm nicht wirklich angemessen vor und er würde gerne noch mehr sagen, doch er spürte genau, dass jetzt nicht die Gelegenheit dazu war. Diese Entscheidung hatte Henry schon mehr abverlangt als dieser eigentlich gewollt hatte, also sollte Harry es besser nicht überstrapazieren.
Mit einem letzten Nicken wandte er sich ab und ging zur Tür.

Sophie

Sophie saß mit angezogenen Beinen auf Harrys Bett und beobachtete ihn traurig beim Packen seiner Sachen. Es war schade, dass sie nur so kurze Zeit zusammen gehabt hatten, sie vermisste ihn jetzt schon so sehr.
"Ich wünschte, du könntest noch bleiben. Du wirst mir so fehlen. Ich will nicht, dass du gehst. Warum kommst du nicht wieder mit uns nach Truro?"
Auch wenn sie eigentlich wusste, dass das einfach nicht der richtige Ort für ihn war. Er gehörte nach Bordeaux, wo er seiner Kunst nachgehen konnte.
Dort war er glücklich, nicht hier am Hof und nicht in Cornwall.

Harry

Harry hatte bereits mit dem Packen begonnen als Sophie zu ihm kam und nun saß sie auf seinem Bett, während er seine letzten Habseligkeiten zusammen sammelte. Als sie das Wort an ihn richtete, hielt er inne und trat an das Bett, ließ sich langsam darauf nieder.
"Du wirst mir auch fehlen." erwiderte Harry leise, winkelte die Knie etwas an und zog Sophie dann ganz selbstverständlich an sich, so dass sie zwischen seinen Beinen saß und den Rücken an seine Brust lehnen konnte. "Aber es ist ausgeschlossen, dass ich hier bleibe, nicht nach dem, was mein Vater gesagt hat. Und in Truro ... es war schön dort, aber das im Grunde nur, weil du dort warst. Was soll ich dort anfangen außer deinem Vater auf der Tasche zu liegen? Nein, ich muss mir etwas eigenes aufbauen, muss auf eigenen Füßen stehen und die Möglichkeit habe ich in Bordeaux." erklärte er bedächtig. "Aber ich würde mich freuen, wenn du bald dorthin kommen würdet. Du könntest doch deine Schwester besuchen, vielleicht ein Weilchen in ihrem Haushalt leben?" kam Harry dann eine Idee, wenngleich er wusste, dass all das so viel leichter gesagt war als getan.

Sophie

Sophie ließ sich bereitwillig in Harrys Arme ziehen und lehnte sich an seine Brust. Sie genoss die Nähe, auch wenn sie wusste, dass es eine ihrer letzten gemeinsamen Gelegenheiten war.
"Ja, ich weiß. Du musst nach Bordeaux gehen, weil die Leute deine Kunst dort mehr zu schätzen wissen. Vater hätte zwar sicher nichts dagegen, aber ich kann dich ja verstehen. Es ist nur so einsam ohne dich." Sie hatte Freundinnen, aber Harry war etwas Besonderes. Ihr bester Freund, der sie immer verstand.
"Ich werde sehen, ob sich Vater überzeugen lässt. Vielleicht darf ich ja tatsächlich eine Weile zu Beatrice gehen. Oder ich komme mit Aileen nach Bordeaux, wenn Elias und sie dich besuchen kommen. Irgendetwas wird mir schon einfallen."

Harry

Harry nickte und musste lächeln. "Wenn ich erst ein berühmter Dichter geworden bin, komme ich nach England zurück. Dann wird man sich auch hier vor meinen Werken nicht mehr verschließen können und wir können uns wieder öfter sehen." erwiderte er zuversichtlich.
Harry strich ihr über den Arm um grinste. "Das klingt hervorragend. Ich kann es kaum erwarten, dass du mich dort besuchen kommst. Du wirst Augen machen, glaub mir. Es gibt so viel dort, was ich dir gerne zeigen würde." Und er genoss Sophies Nähe immer ungemein. Es schmerzte ihn selbst nicht unwesentlich, sie zurück zu lassen, aber er musste nach Bordeaux. Das war seine Chance und die konnte er nicht verstreichen lassen.

Sophie

"Da bin ich mir sicher. Dann werden sie sehen, dass das kein Unsinn ist. Auch dein Vater. Jeder wird deinen Namen kennen der Gedichte und Geschichten wegen." Sophie seufzte zufrieden. "Oh ja, das wäre wirklich schön, nicht."
Sie nickte eifrig. "Ich freue mich auch schon darauf. Bordeaux ist sicher wundervoll. Ich will alles sehen, was du mir zeigen willst und noch viel mehr. Also lass uns zusehen, dass wir uns Beide bald wiedersehen und nicht wieder so viel Zeit vergeht."
Am liebsten hätte sie Harry immmerzu in ihrer Nähe.

William saß in seinem Arbeitszimmer und war dabei ein paar Briefe zu lesen und zu beantworten, die Geoffrey ihm vorhin gebracht hatte. Joanna leistete ihm wie so oft Gesellschaft und hatte sich mit ihrem Stickrahmen ans Fenster gesetzt. Er liebte dieses Arrangement, denn so konnten sie wesentlich mehr Zeit miteinander verbringen, auch während er seinen Pflichten nachkommen musste.
William nahm einen neuen Brief, brach das Siegel und begann zu lesen. Er zog leicht die Augenbraue in die Höhe und wandte sich Joanna zu. "Du wirst nicht erraten, wer uns besuchen kommt ..." bemerkte er und hob den Brief kurz in die Höhe. "William d'Aubigny. Und ganz offensichtlich bringt er seinen Sohn mit. Er schreibt es hier zwar nicht, aber wir wissen ja beide, wieso er seinen heiratsfähigen Jungen mit herbringt, nicht wahr?" William d'Aubigny war seit dem Tod seines Vaters vor zehn Jahren der Earl of Arundel - und der Bruder von Williams verstorbenen ersten Gemahlin. Es überraschte William im Grunde wenig, dass Arundel es gern sehen würde, wenn sein dreizehnjähriger Sohn mit eine Ehe mit Sophie eingehen würde. Es wäre für beide Seiten ohne Zweifel eine sehr lohnenswerte Partie.

Joanna genoss die Zweisamkeit in Williams Arbeitszimmer. Je älter sie beide wurden, desto mehr sehnten sie sich einfach nur nach der Gesellschaft des Anderen. Joanna saß beinahe täglich ein paar Stunden in Williams Arbeitszimmer und beschäftigte sich mit einem Buch oder einer Handarbeit, jetzt, da die Kinder nicht mehr ihrer ständigen Aufsicht bedurften.
Sie sah von ihrem Stickrahmen auf, als er das Wort an sie richtete und hob ebenfalls eine Augenbraue. "William d'Aubigny? Tatsächlich? Welch seltener Besuch. Natürlich, er erhofft sich eine erneute Verbindung zu unserem Haus. Ich wage allerdings zu bezweifeln, dass Sophie mit diesem Arrangement zufrieden wäre. Wie alt ist der Junge? Dreizehn? Ohne Zweifel eine gute Partie und es würde für Sophie langsam Zeit, aber....es könnte schwierig werden."

William nickte und erhob sich langsam, um zu Joanna an das Fenster zu treten. Er brummte zustimmend. "Ein seltener Besuch in der Tat, aber nicht unwillkommen, Arundel ist ein angenehmer Mann und offenbar will er nicht nur seinen Sohn verheiraten, sondern auch ein paar Pferde kaufen. Das hat er immerhin geschrieben." erwiderte William schmunzelnd. "Dreizehn, ja. Ich habe ihn eine Weile nicht gesehen, aber früher war er zumindest ein sehr anständiger Junge. Allerdings schätze ich, dass du Recht hast, was Sophie angeht ..." William seufzte leise. "Vielleicht kannst du sie ja bei Gelegenheit auf den Besuch vorbereiten und einmal herausfinden, wie sie überhaupt zu der Idee steht allmählich zu heiraten." überlegte William langsam.
Sein Blick glitt nachdenklich aus dem Fenster, genau in dem Moment in dem im Innenhof ein Reiter sein Pferd abrupt zum Stehen brachte und aus dem Sattel glitt ... oder eher fiel, denn der Mann konnte sich kaum noch auf den Beinen halten, so erschöpft schien er.
William runzelte die Stirn. "Ich wünschte, ich würde mich irren, aber ich fürchte, dort kommen keine guten Nachrichten ..." murmelte er unbehaglich.

Joanna neigte leicht den Kopf. "Wie du meinst. Aber immerhin besinnt er sich dessen, dass es hier gute Pferde gibt. Ich bin sicher, er wird höchst zufrieden sein. Wenn er so angenehm ist, wie du sagst, wird er sicher ein angenehmer Gast sein und sein Sohn wird Sophie ja vielleicht doch zusagen. Ich werde mit ihr sprechen, keine Sorge. Vielleicht überrascht sie mich ja auch, aber ich dachte fast, ihr Herz hinge ein wenig an Harry. Der allerdings kein Interesse an einer Ehe hat."
Sie griff nach seiner Hand und drückte sie leicht, dann folgte sie seinem Blick und zog ein wenig die Schultern hoch.
"Das befürchte ich auch. Hoffen wir, dass es nichts mit einem unserer Kinder zu tun hat. Aber die Satteldecke trägt Richards Wappen."

William nickte leicht. "Ich danke dir. Es wäre nicht tragisch, wenn sie Arundels Sohn nicht haben will, aber es wäre nicht schlecht, wenn sie sich generell mit dem Gedanken anfreunden würde, bald zu heiraten. Arundel ist nicht der Erste und wird nicht der Letzte sein, der mich um Sophies Hand bittet und sie ist alt genug." erwiderte William und zog dann eine Augenbraue in die Höhe. "Harry? Der Bengel ist doch ungefähr so beständig wie ein Fähnchen im Wind. Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass er irgendwie in der Lage sein könnte sich zu binden und eine Familie zu gründen. Dafür ist er doch noch viel zu sehr mit sich und seinen Träumereien beschäftigt."
William strich mit dem Daumen über Joannas Handrücken als diese nach seiner Hand griff und beobachtetet das Geschehen unten im Hof. Es dauerte nicht allzu lange bis es an die Tür seines Arbeitszimmers klopfte und Brian herein trat. "Mylord, ein Bote aus Aquitanien kam mit einer Nachricht für Euch ..." William nickte und nahm das Pergament entgegen. "Ich habe ihn kommen sehen. Ich danke dir, Brian. Sieh zu, dass der Bote gut versorgt ist." bat er seinen Ritter und wartete bis dieser sich wieder zurück gezogen hatte, dann erbrach er mit mulmigem Gefühl im Bauch Richards Siegel.
Er erkannte Beatrices Schrift sofort und überflog eilig die Zeilen, wurde mit jedem Wort, dass er las ein wenig blasser. Langsam ließ William sich neben Joanna auf die Fensterbank sinken. "Ich schätze, ich werde umgehend nach London zu Henry müssen." erklärte er und reichte Joanna den Brief. "Geoffrey ist bei einem Turnierunfalls ums Leben gekommen."

"Ich werde es ihr sagen. Sicher hat sie ein Mitspracherecht, aber viele wissen, dass du noch eine Tochter im heiratsfähigen Alter hast und wollen die Gelegenheit nutzen die Beziehung zu uns zu verbessern. Sicher wird jemand dabei sein, mit dem sie sich eine Ehe vorstellen kann." Joanna lächelte sanft. "Ich weiß. Eines Tages vielleicht, aber im Moment beschäftigt ihn nur seine Kunst. Er ist ein netter Junge, das steht außer Frage. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Sophie das auch so sieht. Ist dir entgangen, dass sie auch jetzt am Hof ständig die Köpfe zusammen gesteckt haben? Ihn würde sie vermutlich sofort nehmen."
Joanna wartete angespannt, als Brian die Nachricht brachte und William das Siegel brach.
"Geoffrey ist tot?", hauchte sie entsetzt und überflog rasch den Brief. "Das kommt...in der Tat überraschend. Was meinst du, wie Henry reagieren wird?"

"Ein netter Junge, das ist wahr. Eine Menge von Jane steckt in ihm und ich fürchte genau deshalb kommt Henry nicht mit ihm zurecht. Aber nein, es ist mir nicht entgangen. Allerdings scheint Harry nicht nur seine Finger bei sich behalten zu haben, er machte auch nicht den Eindruck als wollte er irgendetwas an seinem Verhältnis zu Sophie ändern. Und vermutlich ist das auch nur gut so."
William wünschte sich, der Bote wäre noch nicht gekommen und hätte ihre traute Zweisamkeit gestört, aber im Grunde war diese Nachricht immer unwillkommen, es änderte also nichts. "Ich weiß es nicht. Es wird ihn vermutlich hart treffen, dass er nun schon den nächsten Sohn zu Grabe tragen muss. Zudem wird Geoffreys Tod einigen Ärger auf dem Festland mit sich bringen. Ich gehe jede Wette ein, dass nun jeder, der auch nur entfernt mit Konstanze verwandt ist, Ansprüche auf die Bretagne erheben wird. Das wird ausgesprochen ungemütlich werden und wir müssen handeln, ehe es jemand anderes tut."

Joanna nickte. "Oh ja...er ist so sehr wie seine Mutter. Natürlich kommt Henry nicht mit ihm zurecht. Er erträgt es nicht den Jungen zu sehen, weil dieser ihn so sehr an Jane erinnert. Erinnerst du dich, wie vernarrt Henry in sie war? Es war unglaublich. Wenigstens Aileen hat ihr Glück gefunden. Ich habe ihrer Mutter schließlich versprochen auf sie acht zu geben. Harry ist ein ehrbarer Junge, vielleicht hat er auch einfach noch nicht begriffen, was ihm an Sophie liegt. Doch er ist einfach zu sprunghaft. Vielleichtist sie für ihn auch wirklich nur eine Freundin."
Sie seufzte leise. "Vermutlich wird es das wirklich. Und Eleonore auch. Aber Konstanze erwartet ein Kind, nicht wahr? Wenn es ein Junge wird, ist der Anspruch auf die Bretagne doch gesichert. Also gibt es noch Hoffnung, lass uns abwarten. Und wenn du nach London gehst, sollen wir dich begleiten oder wird es nur ein kurzer Aufenthalt?"

William nickte bedächtig und hauchte Joanna dann einen Kuss auf die Lippen. "Fast so vernarrt in sie, wie ich in dich." murmelte er leise und lächelte dann. "Aber ich muss dir Recht geben, Aileen scheint überglücklich zu sein. Und das freut mich nicht nur ihretwegen, sondern vor allem, weil sie Elias wirklich gut tut. Sie hat ihn von John weg bekommen, allein dafür werde ich ihr ewig dankbar sein." Und seit Elias sich wegen Aileen an seinen Vater gewandt hatte, um ihn um Unterstützung zu bitten, war ihr Verhältnis zueinander von Tag zu Tag wieder besser geworden. Ein Umstand, der William wirklich erleichterte.
William wiegte den Kopf ein wenig. "Aber nicht für uns, nicht für England. Konstanze wird versuchen ihre eigenen Pläne durchzusetzen und Philippe wird seine Finger mit im Spiel haben und alles tun, um an die Bretagne heran zu kommen - und wenn es nur als Vormund für das Kind sein sollte."
Nachdenklich rieb William sich über den Bart, der mittlerweile bei weitem nicht mehr so schwarz war wie früher. Dann schließlich schüttelte er den Kopf. "Die nächsten Schritte, die wir tun sind sehr entscheidend, ich werde gleich morgen nach London aufbrechen, also besteht nicht die Zeit alles vorzubereiten. Lass mich allein nach London reisen und dort sehen, wie die Dinge stehen. Sollte ich länger bleiben müssen, schicke ich einen Boten und du kannst immer noch nachkommen, wenn du willst."

"So sehr kann sonst niemand verliebt sein oder geliebt werden, mein Schatz.", wisperte Joanna zufrieden und erwiderte seinen Kuss. All die Jahre gingen sie schon gemeinsam durch das Leben und es würde sich auch nie ändern.
"Oh ja. Elias hat endlich eingesehen, was für ein Scheusal John ist und wird vernünftig. Aileen kam genau zum richtigen Zeitpunkt, sie führt ihn wieder auf den Weg der Vernunft. Ich bin so froh, dass ihr euch nun auch wieder besser versteht. "
Joanna seufzte leise. "Ja, vermutlich hast du Recht. Aber so wie ich dich kenne, wirst du für Henry doch irgendwie wieder das Beste heraus holen. Für England. Aber gut. Ich werde warten, entweder auf deine Rückkehr oder deinen Boten. Die Zeiten, da ich Wochen ohne dich auskommen konnte, sind vorbei. Ich will nicht mehr von dir getrennt sein."
Schließlich wusste auch niemand von ihnen, wie viel gemeinsame Zeit Gott ihnen noch zumaß.

"Wohl wahr." erwiderte William und legte die Arme um Joanna. An jedem Morgen an dem er neben ihr aufwachte, dankte er Gott im Stillen dafür, dass er sie nach allen Unwegsamkeiten doch noch zusammen geführt hatte und dass sie nun so lange schon gemeinsam durch das Leben gehen konnten.
"Und ich erst, ich habe mir wirklich Sorgen um ihn gemacht. Aber wir wissen ja beide aus eigener Erfahrung, dass eine Frau einem schon den Kopf ordentlich zurecht rücken kann, nicht wahr, meine Schöne?" neckte William zärtlich und küsste Joanna liebevoll.
Die Nachricht von Geoffreys Tod hatte in ihm erst Recht das Bedürfnis geweckt, seiner Gemahlin seine Liebe zu versichern - und die Zeit mit ihr zu nutzen, die er hatte.
"Ich werde es zumindest versuchen." erwiderte William und grinste leicht. "Tatsächlich? Dabei heißt es doch eigentlich, dass man im Alter geduldiger wird, hm?"