William und Joanna - ab 1183

Charles

Charles genoss es, dass endlich wieder Ruhe eingekehrt war in seine Familie. Auch wenn er spürte, dass Mary der Verlust ihrer Tochter noch immer sehr nahe ging, wusste er, dass nur die Zeit all das heilen konnte. Er nahm sich Zeit für die Familie, das tat er auch heute.
Er beobachtete Mary, wie sie zufrieden mit den beiden jüngsten auf einer Decke saß und die Sonne genoss. Ein so idyllisches Bild, dass es ihm das Herz wärmte.
Langsam ging er zu ihr hinüber und setzte sich zu den Dreien auf die Decke. Charles begrüßte seine Frau mit einem Kuss.
"Genießt ihr das Wetter, meine Lieben?" Er fuhr Samuel durch die Locken und bedachte die schlafende Joan mit einem liebevollen Blick.

Mary hörte wie sich ihnen Schritte näherten und sah auf als Charles sich zu ihnen auf die Decke setzte. Sie lächelte und erwiderte den Kuss, den er ihr zur Begrüßung gab. "Ja, ich dachte mir, wozu drinnen hocken, wenn hier draußen so schön die Sonne scheint? Und wie du siehst, beschäftigen sich die vier ja hervorragend selbst." bemerkte sie grinsend und deutete auf das kleine Knäul von Kindern, das durch den Garten jagte.
"Und unsere zwei hier, sind ja doch sehr genügsam. Deshalb haben wir es uns hier auf der Decke bequem gemacht." Mary lehnte sich an Charles und lächelte leicht. "Sobald die zwei sicher auf den Beinen sind, werden sie genau so viel Unfug anstellen, wie ihre Geschwister. Samuel hat vorhin schon versucht mitzuhalten, aber seine Beine sind einfach noch zu kurz. Nicht wahr mein Schatz?" Sie sah ihren Sohn an, der eifrig nickte und sich dann ein wenig mehr an sie kuschelte. Für ihn war der Tag schon aufregend genug gewesen.

Charles

Charles lächelte sie an und musste zustimmen. "Da hast du Recht. Deshalb habe ich mir auch Zeit für euch genommen um das schöne Wetter mit euch gemeinsam genießen zu können." Er folgte ihrem Wink und musste grinsen.
"Wundervoll...sie scheinen sehr gut allein zurecht zu kommen. Dann schlafen sie heute abend auch wie die Steine, so viel steht fest." Das warauch gut so. Nichts war für die Kinder gesünder als viel frische Luft, das hatte er bei Daniel auch schon so gehalten.
"Wo ist eigentlich Daniel? Hast du ihn heute schon gesehen?", fragte er mit gerunzelter Stirn, widmete sich dann aber Samuel.
"Oh bald, wirst du sie alle überholen, Großer. Da brauchst du dir keine Sorgen zumachen. Nach dem nächsten Winter wird das schon viel besser gehen."

Mary erwiderte das Grinsen. "Ja, das ist wirklich ausgesprochen gut. Dann können wir es uns gut gehen lassen, sobald die Kinder selig schlummern." Sie hauchte Charles einen Kuss auf die Wange und nickte dann. "Er war heute Vormittag kurz bei uns und hat etwas mit Roland gespielt. Vorhin hat er sich dann auf den Weg zu den Ställen gemacht. Er hatte George überredet einen Ausritt mit ihm zu machen." Mary hatte es dem Jungen ohne zu zögern erlaubt und sie war froh, dass er ganz alleine darauf gekommen war, einen von Charles' Rittern zu fragen, ob er ihn begleiten würde.
Samuels Augen leuchteten als sein Vater sich ihm zuwandte und Mary konnte diese Szene nur mit einem Lächeln auf den Lippen beobachten. Lange Zeit hatte sie nicht geglaubt, dass sie jemals wieder so glücklich werden würde, aber dann hatte sie Charles im Garten in London getroffen und dieser hatte ihr Leben gründlich verändert.

Charles

Charles nickte zustimmend. "So ist es. Ein ruhiger Abend für uns Beide würde mir ausgesprochen zusagen, das steht fest. Aber wenigstens hast du Daniel zu Gesicht bekommen, ich habe mir schon Sorgen gemacht, wo er sich rum treibt."
Aber Daniel war ein vernünftiger Bursche, der eher selten Dummheiten machte. "Oh, er hat George bei sich? Das ist gut. Daniel mag ihn gern." Und Charles war ausgesprochen froh, dass Daniel sich dennoch für seine neuen Geschwister interessierte und sich am Familienleben beteiligte.
"Und was hast du so getriebenden ganzen Tag?"

Mary musste bei Charles' Worten schmunzeln. "Ach Charles, er ist doch ein vernünftiger Junge. Denkst du wirklich, er würde irgendetwas anstellen?" Sie hatte ihren Stiefsohn im Grunde nie anders als wohlerzogen erlebt und jedes bisschen Unfug, das er anstellte, war in Marys Augen noch immer harmlos gewesen. Sie selbst hatte mindestens genauso viel angestellt als sie klein gewesen war.
"Ich habe der Amme heute frei gegeben, also habe ich den ganzen Tag mit der kleinen Rasselbande verbracht." berichtete Mary und strich Samuel, der nun in ihren Armen doch endlich eingeschlafen war, sanft über den Rücken. "Und ich habe viel nachgedacht." fügte sie hinzu und ließ den Blick einen Moment durch den Garten wandern. Dann gab sie sich einen Ruck und sah ihren Gemahl wieder an. "Charles, ich ... möchte vorerst keine Kinder mehr bekommen." eröffnete sie ihm ihren Beschluss. Sie wusste, dass er es akzeptieren würde, dennoch war es in ihren Augen nach wie vor ein heikles Thema. Möglicherweise auch, weil sie noch zu gut wusste, wie es geendet hatte als sie Gerard gegenüber diesen Wunsch geäußert hatte ...

Charles

"Nein, vermutlich nicht, du hast Recht. Aber ich weiß trotzdem gern, wo meine Kinder sich herum treiben. Das bedeutet hinterher meistens weniger Ärger. Aber offensichtlich habe ich bei Daniel immerhin nicht völlig versagt.", bemerkte Charles leise und beobachtete nachdenklich, wie Cassy sich einen Weg durch das hohe Gras bahnte und tippelnden Schrittes hoheitsvoll die Decke zu ihrem Gebiet erklärte und sich zu Charles Füßen zusammen rollte.
"Du hast nachgedacht?" Charles hob den Blick und musterte Mary aufmerksam. Er wusste, jetzt kam etwas  Wichtiges und er täuschte sich nicht.
"Oh..." Er wusste, warum sie das wollte und konnte das durchaus verstehen, aber er musste sich eingestehen, dass er sich durchaus noch Kinder von ihr wünschte.
"Ich denke, das sollte deine Entscheidung sein, soweit du das beeinflussen kannst.", sagte er bedächtig. "Wie willst du das zuverlässig beeinflussen können?" Er glaubte nicht an solches Hexenwerk wie Kräuter unter dem Kopfkissen und er hatte auch nicht geglaubt, dass sie es tat. Er konnte sich auh nicht vorstellen, dass sie völlig auf ihn verzichten wollte, dazu genoss sie es viel zu sehr.
"Vorerst bedeutet....dass du die Möglichkeit aber nicht völlig ausschließt?", fragte er vorsichtig.

Mary lächelte spöttisch. "Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du deinen Sohn zu einem anständigen Jungen erzogen hast, hm?" tadelte sie sanft. Sie strich der Hündin durch das weiche Felle, als sie sich vor Charles auf der Decke zusammenrollte. Dann sah Mary wieder auf und nickte langsam.
Sie beobachtete ihn aufmerksam und ihr entging die Enttäuschung in seinem Blick keineswegs, doch seine Worte sorgten dafür, dass Mary sich entspannte. "Zuverlässig ... wirklich zuverlässig wäre es nur, wenn wir das Bett nicht mehr teilen würden, aber das ist Unsinn. Ein Risiko gibt es natürlich immer, aber es gibt den ein oder anderen Weg ... Kräutertränke zum Beispiel. Ich würde es damit gerne versuchen wollen." erklärte Mary ernst.
Sie sah Charles einen Moment lang in die Augen, dann blickte sie auf ihre beiden schlafenden Kinder hinab, strich Samuel über den Schopf und hauchte einen Kuss auf seinen Scheitel. "Wie könnte ich das völlig ausschließen?" fragte sie leise und sah Charles wieder an. "Charles, es ist nicht so, dass ich gar keine Kinder mehr will. Im Gegenteil, wenn dann sind es deine Kinder, die ich mir wünsche. Nur habe ich manchmal das Gefühl selbst noch ein halbes Kind zu sein und dabei habe ich sechs eigene Kinder auf die ich Acht geben muss. Ich ... war die letzten acht Jahre beinahe ständig schwanger. Ich brauche einfach eine Pause."

Charles

Charles lächelte zurück. "Ich werde es vermutlich erst entspannt hinnehmen können, wenn er erwachsen ist. Ein anständiger Mann, auf den man stolz sein kann. Aber ich zweifle nicht, dass er das werden wird.", erwiderte Charles bedächtig und schmunzelte, als Cassy sich behaglich auf den Rücken drehte, damit Mary ihren Bauch streicheln konnte.
Mary hatte die eigensinnige Hundedame völlig um den Finger gewickelt und das vom ersten Moment ihrer Begegnung an.
"Wenn du meinst, es hat den gewünschten Effekt, versuch es damit. Aber ich bitte dich, sprich mit jemandem darüber, der davon Ahnung an. Ich will nicht, dass du herum experimentierst und dich in Gefahr bringst."
Er legte den Kopf zur Seite und seufzte erleichtert. "Das ist gut...Ich kann dich verstehen, Mary. So gut ich das als Mann eben kann. Ich denke, du willst deinen Körper einfach einmal eine Weile für dich allein ohne Rücksicht nehmen zu müssen und das ist dein gutes Recht. Du wirst mir schon sagen, wenn deine Pause lang genug für dich war. Ich will nicht, dass du dich von mir genötigt fühlst. Du hast mir zwei wundervolle Kinder geschenkt, mehr kann und will ich auch nicht verlangen. Du sollst glücklich sein, nichts sonst."

Mary grinste und begann dann damit Cassy den Bauch zu kraulen. Sie konnte der Hündin einfach nichts abschlagen und sie hatten sich von Anfang an hervorragend verstanden.
Dann warf sie Charles einen Blick zu und gab ihm einen Kuss. "Ach Charles, glaubst du wirklich, ich würde so etwas dummes tun? Dafür habe ich hier doch viel zu viel, was mir wichtig ist. Mach dir keine Sorgen, ich gebe schon auf mich Acht. Außerdem habe ich mit einem solchen Trank auch schon Erfahrungen gemacht, ich weiß also was ich tue." beruhigte sie ihren Gemahl.
Sie sah ihn unverwandt an und lächelte dann sanft. "Ich danke dir." wisperte sie leise und kuschelte sich etwas mehr an ihn. "Und zwei, drei Jahren können wir wieder weiter sehen. Dann sind die kleinen auch schon ein bisschen selbstständiger und vielleicht darfst du dann nochmal Vater werden." Sie zwinkerte ihm zu und sah dann wieder zu den spielenden Kindern hinüber. Sie liebte ihre Kinder von ganzem Herzen, aber sie war auch froh, wenn ihr eine weitere Schwangerschaft nun erst einmal erspart blieb.

Charles

"Du bist wirklich eine verwöhnte Prinzessin, Cassy...", seufzte Charles amüsiert. Aber er konnte Mary ohnehin nichts vor machen, er liebte diesen Hund abgöttisch. Sie begleitete ihn schon ein paar Jahre und war so liebenswürdig eigensinnig, dass er sich das alles ohne sie kaum vorstellen konnte.
"Du hast schon Erfahrung damit?", fragte Charles erstaunt. "Ich kann mir kaum vorstellen, dass Gerard so begeistert davon war. Wusste er es überhaupt?" Aber es beruhigte ihn tatsächlich, dass Mary gewisse Erfahrungen hatte. Dann würde der Trank ihr nicht schaden.
"Ja, dann sehen wir weiter....Ich freue mich darauf, wenn es soweit ist. Ich werde gern Vater und sehe deinem Bauch dabei zu, wie er eine hübsche Kugel wird. Das ist ausgesprochen faszinierend."  Aber er würde Marys Wunsch respektieren.
"Die Kinder werden uns auch so auf Trab halten."

Mary lachte leise. "Tja, mit dieser Sorte von Damen scheinst du dich ja besonders gern zu umgeben, nicht wahr?" neckte sie Charles sanft.
Dann seufzte sie jedoch. "Ja, nach den Zwillingen. Gerard war nicht begeistert, hatte aber zunächst eingewilligt. Allerdings hat er sich das sehr schnell wieder anders überlegt und wir hatten einen fürchterlichen Streit deswegen. Danach bin ich an den Hof gegangen." berichtete Mary kurz was vorgefallen war.
Dann schürzte sie spöttisch die Lippen. "Ah, wunderbar. Die hübsche Kugel, wie du es nennst, hat nur leider die schlechte Angewohnheit hinterher nicht wieder ganz zu verschwinden, sondern hinterlässt mir immer gern ein paar Pfunde zurück." wand Mary ein.

Charles

Charles  stimmte in ihr Lachen und und gab ihr einen Kuss. "Das tue ich wohl...aber du bist Vieles, aber sicherlich keine verwöhnte Prinzessin. Du weißt ganz genau, dass man sich manche Dinge erarbeiten muss und nicht alles sofort haben kann, was man gern möchte. Es wundert mich indes gar nicht, dass Gerard wegen dieser Sache so verstimmt war. Ein Sohn war eben nicht genug... Wie gut für mich, dass du den Weg zum Hof gefunden hast, nicht wahr?"
Charles legte kurz die Hand auf ihren Bauch und schüttelte den Kopf. "Oh Liebste...das stört mich nicht im Geringsten. Ich liebe jedes einzelne Pfund an dir."
Und das war voll und ganz die Wahrheit.

Mary lächelte spitzbübisch. "Hm, doch ein ganz klein wenig schon, denke ich." erwiderte sie amüsiert. Dann nickte sie langsam. "Nicht nur das. Er hatte die fixe Idee, dass er mich ja nur wieder zu schwängern bräuchte, damit ich schön brav in Essex sitzen bleibe und die Hände in den Schoß lege. Er war immer schon wahnsinnig eifersüchtig, wenn ich am Hof mehr Vergnügen gefunden habe als er."
Mary hauchte einen Kuss auf Charles' Lippen. "Und wie gut für mich ..." wisperte sie leise. Dass sie Charles kennen gelernt hatte, war das beste, was ihr je hätte passieren können, so viel war sicher.
Sie seufzte leise als er die Hand auf ihren Bauch legte. "Gut von dir, das zu sagen. Aber ich hätte nichts dagegen, wenn es nicht noch mehr werden." erklärte Mary und lehnte den Kopf an Charles' Schulter. Wenngleich sie wusste, dass er sie schön fand, tat es immer wieder gut, das auch noch einmal zu hören.

Charles

Charles grinste. "Vielleicht manchmal, was?" Als Mary mit den Streicheinheiten inne hielt, bedachte Cassy sie mit einem vorwurfsvollen Blick und blieb in exakt der Position, die sie auf dem Rücken liegend inne gehabt hatte.
"Als ob man dich an einen Ort fesseln könnte, wenn du das nicht möchtest. Dazu bist du ein viel zu großer Wildfang. Allerdings habe ich den Eindruck, dass du hier in Kent nciht so ruhelos bist. Kent tut dir gut, nicht wahr? Aber es ist doch klar, dass er eifersüchtig war....Du bist eine wunderschöne, junge Frau. Welcher Mann wäre da nicht eifersüchtig, wenn du überall bewundernde Blicke erntest?"
Er erwiderte ihren Kuss und strich durch ihre roten Strähnen.
"Das werden es nicht..."

Mary nickte mit einem leichten Grinsen auf den Lippen. "Ja, manchmal." stimmte sie zu. Dann sah sie ihren Gemahl mit liebevollem Blick an und schüttelte den Kopf. "Nicht Kent, Charles." widersprach sie dann sanft. "Du. Du tust mir gut." Mary küsste ihn noch einmal. "Mit dir an meiner Seite wäre ich überall glücklich und zufrieden." Sie grinste und gab ihm einen sanften Klaps auf den Oberarm. "Du alter Schmeichler. Aber wenigstens wirst du trotz all der Eifersucht nicht so herrisch." neckte sie ihn und schloss zufrieden die Augen als sie sich küssten und Charles die Finger durch ihre Haare gleiten ließ.
Ja, hier an seiner Seite hatte sie endlich ihren Platz gefunden. Und Kent gefiel ihr darüber hinaus auch gut, da hatte er durchaus Recht. Aber die Grafschaft war nicht das ausschlaggebende dafür, dass sie endlich zur Ruhe gekommen war.

Charles

Charles seufzte zufrieden und lehnte seine Stirn einen Moment an Marys, den Blick kurz auf die Kinder gerichtet. "So wie du mir gut tust. Du und die Kinder...sogar die Diener sagen es. Alice meinte, sie hätte mich viele Jahre nicht mehr so offen erlebt."
Er hatte sich vergraben und der Welt seine harte Fassade gezeigt, weil es angenehmer war. Er wollte seine Ruhe. Und dann war Mary gekommen und hatte ihm gezeigt, dass er alles wollte, aber nicht seine Ruhe.
"Nein, ich könnte dir gegenüber niemals grob werden, Engel. Dazu bist du einfach zu liebenswürdig."
Und das würde sich niemals ändern. Charles gab es nicht zu, aber er war sehr froh, dass Gerard tot war. Das war die beste Entscheidung, die dieser Dummkopf hatte treffen können.

James sah in die dunklen Augen vor ihm. Sie standen keine Armeslänge voneinander entfernt, James hatte die Hand auf den Rücken seines Gegenübers gelegt, spürte, wie der Dolch in dessen Brust eindrang und das Heft ihn schließlich daran hinderte, die Klinge weiter in das Fleisch hinein zu treiben.
James sah weiter in die ihm einst so vertraut gewesenen Augen und wartete darauf, dass das Leuchten in ihnen erlosch.
Doch das tat es nicht. Das Leuchten blieb und Francescos Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln. "Aber aber James, soweit sind wir schon gekommen?" fragte er leise und James sah, wie dem Italiener das Blut aus dem Mund lief.
"So skrupellos räumst du diejenigen aus dem Weg, die dir unbequem werden? Faszinierend, was für ein machthungriger, egoistischer Bastard du geworden bist. Früher hast du immer so große Reden geschwungen und heute? Heute umgibst du dich mit Prunk und Protz wie all die anderen und holst dir deinen Liebhaber ins Bett." Francescos Lippen kräuselten sich abschätzig. "Tja, was man nicht alles für mehr Macht tut, nicht wahr? Aber sieh es dir nur genau an. Mein Blut klebt jetzt an deinen Händen und das wirst du nie wieder los werden."
James' Blick löste sich von dem Gesicht des Italieners und glitt hinab zu seiner Hand, die noch immer den Dolch umschlossen hielt, der in Francescos Brust steckte. Blut strömte auch hier aus der Wunde und lief James über die Hand.
Er hob wieder den Blick und seine Augen weiteten sich als es nicht mehr Francesco war, der vor ihm stand, sondern Alan. Alan, der ihn aus matten Augen ansah, dem Blut über die Lippen lief ...
"Was hast du mir angetan, James?" wisperte sein Freund leise und James fuhr mit einem gellenden Schrei aus seinem Albtraum auf.
Sein Herz raste wie verrückt und selbst Alans Anblick neben ihm im Bett, konnte ihn nicht beruhigen. Er zitterte am ganzen Körper und sein Atem ging heftig. Es war nur ein Traum gewesen. Nur ein Albtraum, aber trotzdem ...

Alan schrak nach oben, als James neben ihm mit einem Schrei aus dem Schlaf fuhr. Es passierte dann und wann, dass James schlecht träumte und unruhig schlief, aber so wie heute war es noch nie gewesen, seit sie die meisten Nächte wieder zusammen verbrachten. Alan war unendlich froh, dass sie wieder Zeit miteinander verbrachten und sie hatten einen recht annehmbaren Kompromiss gefunden, wie sie dem Risiko der Entdeckung gut entgegen wirkten. Den Geheimgängen des Bischofssitzes sei Dank...
Alan brauchte einen kurzen Moment zur Orientierung, dann zog er James in seine Arme. "Jamie...sch, sch...", flüsterte er beruhigend.
"Es war nur ein Traum, nichts Reales. Was hast du geträumt?" Es würde James besser gehen, wenn er darüber sprach.

James rang nach Atem als Alan ihn in die Arme zog. Nur dumpf drang die Stimme seines Freundes zu ihm durch und James vergrub das Gesicht einen Moment lang an Alans Schulter. "Es war kein Traum ..." keuchte er leise. "Es war real ... ich ... ich habe ihn getötet."
James hatte schon so manchen Gedanken an seine Tat verschwendet und sein Gewissen hatte ihn mitunter geplagt, aber er war letztlich immer wieder an dem Punkt angekommen an dem ihm klar war, dass es notwendig gewesen war. Dieser Traum hatte ihn nun jedoch gründlich aufgerüttelt.
"Bei Gott, Alan ... was ist nur aus mir geworden?" War er wirklich zu genau so einem Mann geworden, der er nie hatte sein wollen? Hatte er sich so verändert?

Alan fuhr James zärtlich durch das verschwitzte, dunkle Haar und hielt ihn einfach fest. "Das war nur ein Traum. Du hast ihn getötet, aber ist es wirklich das, was dich an diesem Traum so erschreckt hat, Jamie? Oder war da noch mehr? Erzähl es mir, das hilft."
Er wusste, wie sehr James der Mord an Francesco belastete und er konnte es verstehen. Genauso wie er seine Beweggründe verstehen konnte. Es war eine schwierige Sache gewesen...
"Du hast getan, was du tun musstet. Es war nötig, sonst hätte er uns alle Beide früher oder später auf den Scheiterhaufen gebracht. Mach dir deswegen keine Vorwürfe..."
James hatte nur beste Absichten gehabt.

James gab ein ersticktes Schluchzen von sich als Alan nachhakte. "Es ... es war zuerst Francesco, aber dann ... dann warst du es, dem ich den Dolch ... ins Herz gestoßen hatte." brachte James mühselig hervor.
James spürte die Tränen in seinen Augen brennen und er presste das Gesicht noch fester an Alans Oberkörper. Wenn er wenigstens beichten könnte, aber dann wäre alles umsonst gewesen, denn dann hätte er ihr Geheimnis ja erst Recht jemandem Preis geben müssen.
"Notwendig? Aber woher weiß ich das? Mit Sicherheit meine ich ... oh Gott, ich bin nicht einmal ein Jahr lang Bischof und schon habe ich eine solche Schwelle übertreten. Was ist, wenn noch jemand kommt? Wenn wieder irgendjemand mir zu schaden versucht?" James stöhnte leise auf. "Ich hätte nie Bischof werden dürfen ..." wisperte er leise.

Alan seufzte leise und küsste James auf die Stirn. "Aber ich bin hier....mir geht es gut. Francesco war ein Fanatiker, nichts und niemand hätte ihn aufhalten können. Er hätte uns Beide getötet, James. Du hattest keine andere Wahl." Er fuhr zärtlich durch die schwarzen Strähnen.
"Und ich weiß, du würdest gern beichten. Dann tu es doch...allein im Zwiegespräch mit Gott. Wenn du Gott nicht nahe bist, wer ist es dann? Gott hat uns  das hier geschenkt und dafür gesorgt, dass du sein Vertreter in London wirst. Er hätte all das nicht getan, wenn er uns das übel nehmen würde."
Alan schloss kurz die Augen. "Mit Sicherheit wirst du es erst wissen, wenn du eines Tages vor dem Herrn stehst. Bis dahinmach das Beste aus deinem Leben, Liebster. Wer sonst sollte kommen? Wir sind so unendlich vorsichtig, niemand wird uns auf die Schliche kommen. Vertrau mir, es wird gut gehen. Und du bist ein guter Bischof, das ist deine Bestimmung."
Er war nur ein kleiner Maler, aber er würde James nicht von der Seite weichen, auch wenn dieser eines Tages Kardinal werden sollte.

James unterdrückte mit Mühe ein weiteres Schluchzen. "Aber wer bin ich denn, dass ich mich zu seinem Richter aufgeschwungen habe? Wie anmaßend von mir! Das ... das hätte ich nie tun dürfen. Vor allem nicht so. Ich bin so doch keinen Deut besser als er." wisperte James.
Überrascht sah James auf, als Alan ihm nahelegte zu beichten, senkte dann jedoch wieder den Blick. "Das kann ich nicht. Ich habe es versucht, aber ich bringe es einfach nicht fertig, zumindest nicht so, dass es mir hinterher besser geht, dass ich mich leichter fühle." Dieses erlösende Gefühl, dass er sonst nach einer Beichte verspürte, hatte sich einfach nicht eingestellt.
James schluchzte leise auf. "Ich weiß es nicht ... aber irgendwer ... es muss nur durch einen dummen Zufall passieren. Und was, wenn es nicht einmal um uns geht? Wenn es irgendetwas anderes ist? Ich bin der Kirche verpflichtet und England, was, wenn ich wieder vor so einer Entscheidung stehe? Gott Alan, ich will nicht noch mehr Menschen töten müssen ..."

Alan strich ihm über die Wange. "Du bist von Gott auserwählt sein Stellvertreter zu sein. Und du weißt, dass Gott für Fanatismus nichts übrig hat, er ist ein gütiger Gott, ein Gott der Vergebung. Selbst wenn das nicht sein Wille war, du bereust und er wird es vergeben. Das ist doch das, was du predigst, Liebster. Das, woran die Menschen glauben sollen. Also glaub auch du daran und vertraue auf Gott, Jamie...", versuchte er James wieder mehr Sicherheit zu geben.
"Du bist immer besser als er." Alan lehnte seine Stirn an James'.
"Versuch es noch einmal...wenn du wirklich bereust, wird es helfen. Lass dir Zeit. Und hab Vertrauen, niemand wird uns sehen. Und für alle anderen Entscheidungen mache ich mir keine Sorgen. Da bist du nun wirklich über alle Zweifel erhaben. Dein Gewissen wird dich leiten."