William und Joanna - ab 1183

Guillaume

"Nein, in der Tat, das möchtet Ihr nicht. Ihr möchtet, dass ich in Bordeaux sitze, die Hände in den Schoß lege und zu allem Ja und Amen sage, was Ihr entscheidet." grollte Guillaume leise. Dann runzelte er die Stirn. "Und deshalb darf ich keine eigenen Entscheidungen treffen? Nicht selbst über mein Leben verfügen?" Er schüttelte leicht den Kopf. "Ich bin kein kleiner Bengel mehr, das müsst Ihr doch auch einsehen."
Guillaume knirschte mit den Zähnen. "Wieso solltet Ihr das tun? Seid Ihr der Meinung, ich wäre noch nicht bereit für den Ritterschlag?" erkundigte Guillaume sich missmutig. Wieso wollte sein Vater ihn umgehend wieder an die kurze Leine legen? Er hatte hier schon so viel erreichen können ... Guillaume sah hilfesuchend zu seiner Mutter hinüber. Vielleicht konnte die seinem Vater ja klar machen, dass er kein Kind mehr war. Dass es an der Zeit war, dass er Verantwortung übertragen bekam.

Richard seufzte leise. "Nein, aber ich möchte, dass du mich und meine Entscheidungen respektierst, was du offenbar nicht tust. Du darfst im Rahmen eigene Entscheidungen treffen, dagegen hat niemand etwas. Aber so auf eigene Faust alles auf den Kopf zustellen zeigt mir nicht gerade deine geistige Reife, Guillaume.", erklärte er ungehalten.
"Weil ich wissen will, warum er dich bereitszum Ritter schlagen will und was er von der ganzen Sache hält. Was für einen Nutzen er davon hat."
Beatrice seufzte genervt.
"Jetzt hört doch auf zu streiten. Richard, du weißt doch, dass er ohnehin bald soweit ist. Er ist fünfzehn, kein kleines Kind mehr, so ungern ich mir das eingestehe."

Guillaume

Guillaumes Augen weiteten sich ein wenig. "Was?" fragte er entgeistert und war im nächsten Moment auf den Füßen. Das hier war so himmelschreiend ungerecht, er konnte es kaum glauben. "Wenn Ihr nur die Augen öffnen würdet, würdet Ihr feststellen, dass ich nicht einfach alles auf den Kopf gestellt habe und das mein Plan sehr wohl von geistiger Reife zeugt! Mutter fand ihn ebenfalls gut." hielt er dagegen. "Aber nur, weil es nicht Eure Idee ist, haltet Ihr nichts davon." knurrte Guillaume. Sein Vater stellte ihn dieses Mal wirklich auf eine harte Probe, hatte er das Gefühl.
Guillaume schürzte die Lippen. "Dass er mich zum Ritter schlägt, weil er eingesehen hat, dass ich es verdient habe, darauf kommt Ihr nicht, was?"
Er sah seine Mutter an und lächelte, als deren Einwurf zu seinen Gunsten ausfiel. Normalerweise war immer sie diejenige gewesen, die ihren Kindern nur widerwillig zugestanden hatte, dass sie wohl oder übel erwachsen wurden. Doch in diesem Fall war seine Mutter im Vergleich zu seinem Vater eindeutig die vernünftigere. Er neigte leicht den Kopf. "Danke." erwiderte er lächelnd. "Gut zu wissen, dass wenigstens eine Person in diesem Raum begreift, dass ich kein kleines Kind mehr bin, dem man die Welt erklären muss."

Richard verdrehte die Augen. "Deine Mutter fand ihn erst gut, als du sie davon überzeugt hast, Guillaume. Dein Plan war nicht übel, aber ich wollte, dass du wartest und in Bordeaux bleibst. John ist nicht zu unterschätzen und mein Vater schon gar nicht. Er hat dich schon völlig um den Finger gewickelt, sonst würdest du nicht so reden. Ich wusste, warum ich dich ihm nicht allein überlassen wollte.", erwiderte Richard mühsam ruhig.
"Ich kenne meinen Vater besser als du, Guillaume. Mein Vater tut nie irgendetwas, ohne sich davon einen Vorteil zu versprechen. Und das will ich herausfinden, bevor ich das zulasse. Er sollte mich ohnehin fragen, ich bin immer noch dein Vormund."
Er grollte genervt. "Ich weiß, dass du kein kleines Kind bist, aber Politik ist ein sehr gefährliches Pflaster, glaube mir."

Guillaume

Guillaume wurde blass als sein Vater ihn so schonungslos aburteilte. Für einen Moment hatte er das Gefühl, er müsse an seiner Wut ersticken, dann schluckte er mühsam und ballte die Hände zu Fäusten. "Begreift Ihr eigentlich, was Ihr tut, Mylord?" fragte er dann leise. "Dass Ihr die selben Fehler begeht, wie Euer Vater vor Euch? Die Fehler, die Ihr ihm immer vorgehalten habt?" Guillaume trat auf seinen Vater zu, die Augen ein wenig verengt.
"Ihr habt für Euer Recht gekämpft über Aquitanien verfügen zu dürfen, aber mich legt Ihr an die kurze Leine? Haltet mich für einen kleinen, dummen Bengel, der leicht zu beeinflusse ist ..." Guillaume schüttelte den Kopf und trat noch etwas näher, so dass sie beide nur noch eine Armeslänge voneinander trennte. Seine Augen funkelten vor Ärger und Entschlossenheit. "Ich will diese Krone haben, versteht Ihr? Ich werdet nicht zulassen, dass John dieses Ungetüm sie in die Finger bekommt. Und Ihr tätet gut daran zu begreifen, dass wir schneller an unser Ziel gelangen, wenn Ihr mich endlich für voll nehmt und aufhört mich zu gängeln." knurrte Guillaume entschlossen.

Richard hatte die ganze Zeit versucht selbst ruhig zu bleiben, aber sein Sohn machte es ihm wahrlich nicht einfach. Warum musste der Bengel nur so viel Plantagenet-Blut abbekommen?
"Verdammt noch mal, Junge, begreifst du nicht, dass ich mir Sorgen um dich mache? Ich kenne die Mühlen am Hof sehr genau, seit meiner Kindheit. Ich will nicht riskieren, dass du unter die Räder gerätst.", stieß er dann hervor.
"Man muss nicht leicht zu beeinflussen sein um deinem Großvater auf den Leim zu gehen. Das ist schon älteren und klügeren Männern als uns passiert, Guillaume."
Er bemühte sich um Geduld. Er konnte ja verstehen, was ihn antrieb, aber es war nicht so einfach, wie sein Sohn sich das vorstellte.
"Das möchte ich doch auch nicht zulassen, aber wir müssen taktisch klug vorgehen, um John in die Schranken zu weisen. Ich will dich nicht ausschließen, aber es gibt Dinge, die ich selbst nicht ganz überblicken kann und ich möchte erst sicherstellen, dass John kein Ass im Ärmel hat, wenn wir ihn endgültig vernichten. Also solltest du ein wenig Geduld lernen. Und vielleicht deinen Ton überdenken, in dem du mit deinem Vater sprichst.", erwiderte Richard ein wenig säuerlich, aber er versuchte verständnisvoll zu wirken.

Guillaume

Guillaume stieß geräuschvoll die Luft aus und mahnte sich dann zur Ruhe. "Deine Sorgen wirklich in allen Ehren, Vater, aber wenn du mich immer nur vor allem Unbill behüten willst, werde ich nie lernen, was ich wissen muss. Vögel werden auch nur flügge, wenn sie das Nest endlich verlassen ... solange ich in Bordeaux hocke, sind mir immer die Hände gebunden." erwiderte er nun deutlich ruhiger, wenngleich der Ärger noch immer in ihm brodelte.
Dann lachte er leise. "Ein Ass im Ärmel? John? Nie im Leben. Der Kerl ist ein elender Feigling. Gut genug, um mir eine Ohrfeige zu verpassen, wenn wir alleine sind, aber nicht Manns genug, um sich mir bei einem Trainingskampf zu stellen. Der Kerl hat kein Ass im Ärmel, dafür fehlt ihm einfach das politische Geschick. Und da er unbeständig ist, wie ein Fähnchen im Wind, hat er auch keine loyalen Anhänger."

"Ich weiß, ich weiß. Aber wir leben in schwierigen Zeiten. Ich möchte nicht, dass dir etwas passiert. Und immerhin hast du die Wochen hier unbeschadet überstanden, das ist doch schon einmal ein Anfang." Es war sinnlos weiter darüber zu diskutieren.
Richard hob eine Augenbraue.
"Er hat dich geohrfeigt und du wolltest mit ihm kämpfen?" Es war klar gewesen, dass John Ärger provozierte. Offenbar hatte sein Sohn aber gut reagiert.
"John ist hinterlistig, er hat schon öfter plötzlich irgendwoher Gefolgsleute gezaubert, denen er was auch immer versprochen hatte. Aber im Prinzip hast du Recht. Doch eine Schlange findet immer einen Weg durchzuhuschen. Wir müssen ihn gut im Auge behalten, Junge."

Guillaume

Guillaume zog die Augenbrauen in die Höhe. "Ach mit einem Mal leben wir in schwierigen Zeiten? Vorhin hieß es noch, ich würde ja ach so behütet aufwachsen." erwiderte Guillaume mit einem leichten Grinsen auf den Lippen. Dann schürzte er die Lippen verächtlich und nickte. "In dem Punkt seid ihr beiden mal einer Meinung gewesen. Er sagte, ich würde es an Respekt ihm gegenüber mangeln lassen. Ich habe ihn aufgefordert die Sache auf dem Trainingsplatz zu klären, aber der Feigling ist nicht aufgetaucht."
Guillaume betrachtete seinen Vater eingehend, dann lächelte er leicht. "Solange es dabei bleibt, dass wir ihn im Auge behalten, tue ich das mit Vergnügen."

Richard seufzte. "Das tun wir auch. Und du, du bist in Bordeaux doch behütet aufgewachsen, oder nicht? Hast du dich jemals nicht sicher oder ungeliebt dort gefühlt? Ich denke nicht, wir haben uns dafür wirklich Mühe gegeben."
Er als Kind hatte diese Sicherheit nicht immer gehabt. Er hatte sich von seinem Vater vollkommen missverstanden und ungeliebt gefühlt. Aber immerhin war seine Mutter da gewesen.
"Das hätte ich dir gleich sagen können. John kämpft nicht, schon gar nicht mit dem Schwert in der Hand gegen einen überlegenen Gegner."
Richard legte den Kopf schief. "Na gut...dann begleite mich doch zu deinem Großvater, denn fragen werde ich ihn definitiv nach diesem Ritterschlag."

Guillaume

Guillaume stieß geräuschvoll die Luft aus und sah zu seiner Mutter hinüber. "Doch, natürlich bin ich das." Er hatte immer den Rückhalt seiner Familie gehabt und selbst, wenn sein Vater viel unterwegs war, war immer noch seine Mutter für ihn da gewesen und er hatte nie Ängste, Hunger oder Entbehrung kennen gelernt.
Guillaume beobachtete seinen Vater aufmerksam, dann nickte er. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. "Nur zu gern." willigte er zufrieden ein. Es war ein erster Schritt des Entgegenkommens und er wusste genau, was er daran hatte. Und vor allem, dass er gut daran tat, dieses Entgegenkommen auch angemessen zu würdigen.

"Siehst du...Also beschwer dich nicht." Manchmal glaubte Richard, es täte seinen Kindern gut nicht ganz so sehr behütet zu werden. Aber dafür liebten Beatrice und er ihren Nachwuchs einfach zu sehr. Sie waren alle großartig gelungen, das stand fest.
"Gut, dann lass uns gehen. Ich will nicht zu lange warten." Richard hoffte, dass sein Sohn dieses Entgegenkommen zu schätzen wusste und es nicht übertrieb.
Aber Guillaume war ein kluges Kerlchen, er würde schon einsehen, dass er mehr momentan nicht zugestanden bekommen würde.
"Dein Großvater weiß ohnehin schon, dass wir hier sind."

James betrat Alans kleines Arbeitszimmer, in dem dieser all seine Malutensilien untergebracht hatte und fand seinen Freund über ein Bild gebeugt am Tisch sitzen. "Alan ..." begann er leise und trat zu ihm. "Alan, du hast doch im Moment keinen wichtigen Auftrag, oder?" fragte James und zog sich einen Stuhl heran, um sich darauf nieder zu lassen.
Müde fuhr er sich über die Augen, ehe er fort fuhr. "Würdest du ... würdest du mich nach Truro begleiten? Meine Eltern sind zwar gerade in Rouen, aber dennoch, ich ... ich muss einfach eine Zeit lang raus aus London." erklärte er mit belegter Stimme.
Die letzte Zeit hatte James sich intensiv seiner Buße gewidmet, aber trotzdem fühlte er sich noch immer nicht wohl in seiner Haut. Hinter jeder Ecke schien Francescos Erinnerung zu lauern, um ihn anzuspringen und seine Nerven lagen allmählich blank.

Alan malte konzentriert die letzten Striche zuende, ehe er sich James widmete, der sich zu ihm setzte. Er wusste genau, dass James etwas auf der Seele lag, er konnte es spüren. Seufzend legte er den Pinsel zur Seite und betrachtete einen Moment lang kritisch sein Werk. Ein Bild, das den Einband eines wissenschaftlichen Buches zieren sollte. Ein Geschenk sollte es werden, hatte der Auftraggeber gesagt.
"Nein, nichts, was nicht noch ein wenig warten könnte, wenn ich das hier beendet habe." Alan richtete den Blick auf James und musterte ihn ein wenig missmutig. Sein Freund war mittlerweile viel zu dünn für seinen Geschmack, wirkte ausgelaugt und gestresst. Und ihm selbst ging es nicht wirklich viel besser. Seine Nerven lagen genauso blank, auch weil diese Buße ihn ebenfalls beeinträchtigte. Er konnte nichts tun, nur zusehen und musste auf den warmen Körper im Bett verzichten. Das bedeutete, sie sahen sich weniger als vorher.
"Sicher werde ich dich begleiten, wenn du einfach so gehen kannst. Ein weiser Entschluss, London ein wenig den Rücken zu kehren." Und in Truro würde alles einfacher sein. Sie konnten wieder offener zueinander sein, mussten sich nicht so streng versteckt halten mit ihren Gefühlen.
"Wann willst du aufbrechen?"

James nickte ein wenig zerstreut. "Das kann ich. Es muss ja auch Vorteile haben, sein eigener Herr zu sein." erwiderte er mit müdem Lächeln. Dann atmete er erleichtert aus. "Heute." erwiderte er, schüttelte aber sogleich den Kopf. "Nein, natürlich nicht. Das heißt, ich würde gerne heute aufbrechen, aber ich muss noch ein paar letzte Kleinigkeiten klären und packen ..." James warf einen Blick auf Alans Zeichnung. "Ich bin ab morgen bereit. Das meiste habe ich schon vorbereitet. Sobald du mit deinem Werk fertig bist, können wir uns also auf den Weg machen." erklärte James und sah Alan in die Augen. Am liebsten würde er sofort aufs Pferd steigen und verschwinden, aber das ging natürlich nicht.
Doch er sehnte jetzt schon den Augenblick herbei in dem sie die Stadtmauern Londons hinter sich hatten.

"Da hast du wohl Recht." Alan lächelte schief, als James selbst mitteilte, dass heute ein wenig kurzfristig wäre. "Gut. Ich werde heute eine Nachtschicht einlegen und das Bild fertig stellen. Dann werde ich es morgen früh meinem Auftraggeber bringen und dann werden wir aufbrechen können. Viel Arbeit ist es nicht mehr, es ist ohnehin nahezu fertig."
Er schaute James ernst an.
"Meinst du nicht, du hast genug gebüßt? Wirst du damit aufhören, wenn wir London verlassen? Ich weiß, ich darf dich nicht drängen, aber verstehst du wenigstens ein bisschen, wie schwer es mir fällt dir dabei zuzusehen und auf dich zu verzichten? Ich habe das Gefühl, du entgleitest mir."

"Bist du sicher, dass das reicht? Ich will dich nicht zur Eile drängen. Wir können auch noch zwei, drei Tage warten, wenn du die Zeit brauchst." erwiderte James.
Ohne den Entschluss dazu gefasst zu haben, streckte James die Hand aus, um Alan über die Wange zu streichen, hielt sich im letzten Moment jedoch davon ab und ließ die Hand mit einem traurigen Lächeln wieder sinken. "Natürlich verstehe ich dich." Für ihn war es schließlich auch nicht leicht sich von Alan fern zu halten, besonders nachdem sie so eine schwere Zeit hinter sich gebracht hatten. "Lass uns nach Truro reisen, dann sehen wir weiter, in Ordnung?" erwiderte James sanft und wusste genau, dass er damit einer klaren Antwort auswich. Aber er wollte Alan einfach keine Versprechungen machen, die er nicht halten konnte. Vielleicht würde es ihm besser gehen, wenn sie London verließen, vielleicht brauchte er aber auch noch etwas Zeit.
Er wünschte so sehr, er könnte sich irgendjemandem anvertrauen mit dieser Sache ... jemanden von dem er wusste, dass sein Geheimnis in guten Händen war.

Alan nickte entschlossen. "Ja, keine Sorge. Zwei, drei Stunden Arbeit, dann dürfte es geschafft sein. Dann werde ich meine Sachen packen und wir können aufbrechen." In Truro würde er auch Cedric wiedersehen, darauf freute er sich besonders.
Er widerstand dem Drang die Augen zu schließen, als James zu einer berhrung ansetzte, sie aber doch nicht vollendete. Wie weit war es zwischen ihnen gekommen?
"Meinetwegen..." Wieder eine Abfuhr, so fühlte es sich zumindest an. Er hatte keine Ahnung, wie lange er das noch durchstehen sollte.
"Vielleicht solltest du mit John über alles reden..." James' Mentor hatte sicherlich einen guten Rat und er wusste von ihrer Beziehung zueinander.

James lächelte erleichtert. "Gut."
Er sah den Schmerz in Alans Augen und biss sich auf die Unterlippe. "Es tut mir Leid, Alan." murmelte er kaum hörbar. Er wollte seinem Freund doch wirklich nicht solchen Kummer bereiten, aber was war eine Buße wert, wenn er sie bei jeder kleinen Gelegenheit ein wenig brach?
Unsicher sah er ihn an und hob leicht die Schultern. "Ich weiß nicht ... ich glaube nicht, dass er mich verstehen würde." mutmaßte James. Diese Offenbarung wäre für John vermutlich wirklich schwer zu verkraften und James fürchtete sich vor einem Zerwürfnis mit seinem einstigen Mentor, der ihm noch immer ein teurer Freund war.

Alan schüttelte leicht den Kopf. "Ich weiß. Aber das macht es für mich nicht wirklich einfacher." Er fragte sich bis heute, warum er sich ausgerechnet in einen so ehrgeizigen Geistlichen verlieben musste...Hätte es nicht irgendein Handwerker oder Gelehrter auch getan? Was hatte Gott nur für seltsame Pläne.
"Ich finde einfach, du übertreibst es. Sieh dich an, du bist fast nur noch Haut und Knochen. Ich mache mir Sorgen. Und ich vermisse den James, der du vor dieser ganzen Geschichte warst."
Alan hob die Schultern.
"Ich weiß es nicht...vielleicht versteht er dich besser, als du glaubst. Ich hätte gesagt, vertraue dich deinem Vater an, aber der ist ja nicht im Lande."

James schwieg einen Moment lang, dann lächelte er matt. "Nun, den James habe ich wohl zusammen mit Francesco in meinem Arbeitszimmer erstochen." erklärte er und seufzte leise. "Mein Vater würde das wesentliche Problem nicht begreifen. Er ist Soldat, Staatsmann, ... ich will gar nicht wissen wie viele Menschen er während, aber auch außerhalb des Krieges er schon getötet hat. Er würde mir zuhören und mir vermutlich einen Rat geben, aber nicht verstehen." James fuhr sich nachdenklich über das Kinn. Vielleicht hatte Alan ja Recht. "Aber ... ich denke, ich werde versuchen mit John zu sprechen. Es könnte gut tun, mich ihm anzuvertrauen und er hat noch immer einen guten Ratschlag bereit gehabt."

Alan seufzte. "Nein, das glaube ich nicht. Du müsstest dir nur einmal gestatten diese Sache hinter dir zu lassen und dir auch selbst vergeben. Ich bin sicher, dass Gott es längst getan hat. Du aber strafst dich immer weiter, ziehst dich immer mehr zurück. Ich will, dass du endlich wieder nach vorne siehst, James, nicht mehr länger nur zurück. Verstehst du?"
Aber er musste zustimmen. "Zugegeben, dein Vater war nicht die beste Idee. Aber er weiß immerhin wie es sich anfühlt zu töten. Dennoch bin ich sicher, es ist keine schlechte Idee mit John darüber zu sprechen. Er war früher Priester, du bist sicher nicht der erste, der mit solche Problemen zu ihm kommt."

James atmete tief durch. "Ja, vielleicht müsste ich das. Und ich hoffe wirklich, dass ich in Truro endlich meinen Seelenfrieden wieder finden. Es hat mir schon immer gut getan dort zu sein." Möglicherweise würde es ihm auch dieses Mal helfen wieder zu sich selbst zu finden und sich mit seiner Tat zu versöhnen.
Er schloss kurz die Augen. "Sicher, er wird schon einige Schauermärchen gehört haben. Nur dass ausgerechnet ich nun mit einer zweiten so großen, unverzeihlichen Sünde zu ihm komme ..." James hoffte inständig, dass John ihm das tatsächlich vergeben konnte.

Alan nickte hoffnungsvoll. "Ich bin sicher, das wirst du. Dort müssen wir auch nicht ganz so vorsichtig sein wie hier. Das wird uns gut tun und eine Menge Druck wegnehmen." Die wichtigsten Personen in Truro wussten bereits von ihrer Beziehung.
"Ich bin mir sicher, dass er dir nicht böse ist. John ist noch nie wirklich böse auf dich gewesen, auch nicht, als er uns erwischt hat an Cathies Hochzeit im Gang. Da dachte ich, er würde niemals wieder mit uns sprechen. Da haben wir uns auch geirrt."
John durfte James nicht fallen lassen, sonst würde er sich gar nicht mehr fangen.

James lächelte zärtlich. "Ja, dort haben wir beide wieder mehr Luft zum Atmen." Und dort würden sie sicher auch wieder ungestört zusammen finden, wenn James sich erst John anvertraut hatte.
Er nickte und griff dann nach Alans Hand, um diese leicht zu drücken. "Es ist wahr, John hat uns wohl wirklich überrascht in diesem Punkt. Hoffen wir, dass er mir dieses Mal auch so gut zur Seite stehen kann." James hatte immer große Stücke auf seinen einstigen Lehrer gehalten und sie standen noch immer in durchaus regelmäßigem Briefverkehr. Nur die letzten Ereignisse hatte James unmöglich einem Brief anvertrauen können, also wusste John nicht im Geringsten, wie es momentan in London stand.