William und Joanna - 1192

"Es ist schön, dass du das so siehst. Du wirst dich an ein bisschen Trubel im Haus gewöhnen. Und spätestens wenn ihr eigene Kinder habt, wird es vollkommen normal sein." Es war für Matthew sicher eine Umstellung, nun eine Familie zu haben und jemanden, der wartete. Aber auch für Hanna war es sicher neu, dass jemand ihr die Verantwortung abnahm und ihr ein ganz normales Familienleben bot.
"Oh ich werde ihm schon den Kopf waschen, keine Sorge, Matthew. Ich habe meinen Bruder gut im Griff, er wird euch keine zu großen Scherereien machen."
Sie seufzte leise. "Ich verzeihe dir, es ist ja doch nichts als die Wahrheit. Mein Bruder ist ein wundervoller Mensch, aber was Frauen angeht hat er einfach absolut kein Feingefühl. Ich werde dir sagen, wenn ich mit Helene gesprochen habe. Vielleicht können die Beiden sich tatsächlich vertragen." Das schien ihr gar nicht mehr so abwegig.

Matthew

"Oh, ich glaube, daran habe ich mich sogar schon gewöhnt. Es ist ein Segen sie in Haus zu haben. Zu wissen, dass dort jemand auf einen wartet." Matthew lächelte unverbindlich. "Ich glaub's. Jeder aus Eurer Familie, der hier war, schien herzensgut. Euer Bruder wird da sicher keine Ausnahme sein, aber was ich von ihm bisher in Punkte Frauen gehört habe ..." Matthew zuckte diplomatisch mit den Achseln und sparte sich den Rest des Satzes. Er hielt Edward of Cornwall für einen ziemlichen Lumpen, aber er war auf Grund seiner Liebe zu Hanna auch nicht wirklich unvoreingenommen.
Dann wurde Matthews Lächeln etwas wärmer. "Das wäre natürlich wunderbar. Es würde beiden sicher gut tun." Beschied er. Es wäre für beide Frauen eine Erleichterung, sowohl für Hanna als auch für Lady Oxford, vermutete er.

Helene hatte beschlossen Aliz noch einmal zu besuchen. Sie wollte sehen, wie das Mädchen sich in Pembroke eingelebt hatte und wie sie sich entwickelt hatte. Sie hatte Aliz immer gern gehabt und sich gut mit ihr verstanden. Langsam kam das Mädchen ins heiratsfähige Alter, aber sie wollte ihr Zeit lassen.
Sie hatte ihre kleine Tochter bei Alexander in Oxford gelassen und kam nun in Pembroke an.
Als sie vom Pferd stieg, konnte sie bereits Isabella im Hof stehen sehen. Sie übergab ihr Pferd an einen Stallburschen und ging zu ihr hinüber.
Sie küsste ihre Schwägerin sanft auf die Wange.
"Isabella...wie schön dich zu sehen. Wie geht es euch und Aliz? Sind alle wohlauf?"

Isabella freute sich auf den Besuch von Helene. Sie hatte die Frau ihres Bruders wirklich ins Herz geschlossen und sie hatten sich schon lange nicht mehr gesehen, es wurde also durchaus mal wieder Zeit für ein Treffen.
Sie wartete im Burghof als Helene mit ihrem kleinen Gefolge eintraf und trat Helene lächelnd entgegen. Isabella schloss sie leicht in die Arme und erwiderte den Kuss auf die Wange zur Begrüßung. "Helene, schön, dass du gekommen bist." begrüßte sie ihre Schwägerin und legte ihr leicht eine Hand auf den Arm und deutete auf den Bergfried. "Lass uns hinein gehen, dann können wir in Ruhe erzählen und du kannst dich nach der Reise etwas ausruhen. Uns geht es allen gut und Aliz ist eine kleine Perle. Sie macht sich so wunderbar, es ist wirklich schön zu sehen. Sie freut sich auch schon ungemein darauf dich zu sehen."

Helene lächelte. "Es ist viel zu lange her." Und Isabella war ihr immer eine gute Freundin gewesen. Sie war noch nicht sicher, ob sie ihr von Alexander und Theresa erzählen konnte. Ob sie es wagte oder ob sie zu viel Angst hatte Isabellas Verachtung zu ernten.
"Das freut mich sehr zu hören." Sie folgte Isabella ins Haus und als sie schließlich gemütlich vor em Kamin zusammen saßen, entspannte Helene sich.
Sie fühlte sich bei Isabella immer wohl, das war von Anfang an gewesen. Obwohl Edward ihr Bruder war, hatte ihre Schwägerin immer zu ihr gehalten.
"Nun erzähl mal...was gibt es Neues? Aliz hat sich gut eingelebt?" Ihre Ziehtochter war eine junge Frau geworden, das schockierte sie beinahe ein wenig.

Isabella füllte zwei Becher mit Wein und reichte einen an Helene weiter, ehe sie leicht mit den Schultern zuckte. "Oh, der übliche kleine Wahnsinn, du weißt ja, dass es mit Kindern im Haus immer etwas Trubel gibt. Aber im großen und ganzen läuft es bei uns sehr harmonisch momentan." begann Isabella lächelnd und nickte dann. "Das hat sie. Sie ist ein Engel und ich kann dir jetzt schon sagen, dass ich sie später nur sehr ungern wieder gehen lassen werde." bemerkte Isabella lachend. Sie hatte Aliz sehr gerne, das Mädchen war klug, wissbegierig und hatte einen angenehmen Charakter, so dass sie wirklich gute Gesellschaft war.
"Sie bietet sich oft auch von ganz alleine an, einmal auf die Kleinen aufzupassen und geht wunderbar mit ihnen um. Man merkt, dass sie viel Erfahrung mit jüngeren Geschwistern hat." fuhr Isabella fort und überlegte, wie sie am besten Hannas Hochzeit erwähnen konnte ohne dass das Thema allzu abrupt auftrat.

Helene nahm dankbar einen Becher Wein entgegen und nippte daran. "Ja, das ist wahr. Die Kleinen halten einen immer in Gang. Aber man liebt sie ja doch zu sehr um sich deswegen zu grämen. Gabriel hat uns ein paar Wochen besucht, nun ist er zurück in Truro. Dort fühlt er sich ziemlich wohl. Seine Amme lebt dort und er ist ihr immer noch sehr verbunden."
Sie lauschte zufrieden. "Ich bin froh, dass du es so siehst. Sie hat ein sanftes Wesen. Ich denke, sie sollte noch ein wenig reifen und dann können wir ihr einen Mann suchen. Aber ich schätze, das kann Edward selbst tun, wenn er zurück ist. Wenn sie das möchte, wird sie auch so lang noch hier bleiben können. Sie war immer eine wundervolle Schwester für Gabriel, Michael und Raphael. Daher hat sie auch Erfahrung mit kleinen Geschwistern. Und sie hing immer auch bei Hanna herum, um mit Juliana zu spielen, weil sie keine kleine Schwester hat."

"Oh keine Frage. Ich bin auch mehr als froh darüber, dass wir Maud im vergangenen Jahr bekommen haben, es ist einfach immer wieder schön mit kleinen Kindern." pflichtete Isabella ihrer Schwägerin bei. "Es freut mich, dass Gabriel euch besucht hat, du hängst ja schließlich auch sehr an ihm, nicht? Aber es erstaunt mich, dass es ihn so nach Truro zieht, seine ehemalige Amme hin oder her. Ich hätte erwartet, dass man ihn nur schwer aus Oxford weg bekommt, während Edward nicht da ist."
Isabella hätte um ein Haar leise geseufzt als Helene ihr unwissendlich so entgegen kam und ihr die perfekte Vorlage lieferte, um über Hanna zu sprechen. "Ja, da gebe ich dir Recht, es wird ihr gut tun, wenn sie noch etwas Zeit hat. Aber sie wird sicher auch schnell einen anständigen Mann finden, verstecken braucht sie sich wirklich nicht. Und sie beschäftigt sich auch immer noch gerne mit Juliana und auch mit Edmund. Sie besucht die beiden auch jetzt noch regelmäßig im Dorf, denn ... Hanna hat geheiratet, weißt du? Sie und die Kinder leben nun bei Matthew, unserem Schmied hier in Pembroke." berichtete Isabella und beobachtete ihre Freundin aufmerksam. Wie Helene diese Neuigkeiten wohl auffassen würde?

"Ja, da hast du Recht." Helene wusste das nur allzu gut, schließlich war Theresa noch nicht so groß. Aber sie konnte Isabella das doch nicht einfach erzählen. Je weniger Leute davon wussten, desto ungefährlicher war es.
"Ja, ich hänge sehr an ihm. Es zieht ihn trotzdem nach Truro zurück, er fühlt sich wohl dort...Er hat sich etwas von mir distanziert, weil ihm nicht immer behagt was ich tue." Das war in der Tat ein heikles Thema.
Helene hob die Augenbraue. "Tatsächlich? Hanna hat geheiratet? Wie kam es denn dazu? Ich hätte ja nicht gedacht, dass sie es aufgibt Einfluss auf Edward zu haben."
Aber das bedeutete ein Ärgernis weniger, wenn Edward zurückkehrte. Dann würde Hanna in Oxford wenigstens nicht dazwischen funken, die Dinge waren kompliziert genug, wenn er zurückkehrte.

Isabella sah Helene überrascht an. "Ihm behagt nicht, was du tust?" wiederholte sie irritiert. Das klang als wäre einiges im Argen, aber Helene schien nicht wirklich darüber sprechen zu wollen. Isabella beugte sich ein klein wenig vor und legte kurz eine Hand auf Helenes Unterarm. "Du weißt, dass du mit mir über alles sprechen kannst, wenn du willst." bot sie sanft an. Sie wollte ihre Schwägerin nicht dazu drängen etwas zu erzählen, dass sie lieber für sich behielt, wollte ihr aber klar machen, dass sie immer für sie da war und ein offenes Ohr hatte.
Isabella nickte. "Das hat sie. Es ist noch nicht so lange her. Matthew kam irgendwann zu mir und fragte mich, ob ich es für denkbar hielte, dass Hanna ihn heiraten würde. Ich habe ihm Mut zugesprochen, da ich ohnehin der Meinung war, dass eine Heirat für Hanna das beste wäre und sie schien zu der gleichen Erkenntnis gekommen zu sein, denn sie hat eingewilligt. Matthew ist ein angesehener Mann hier und ein sehr umgänglicher Mensch. Er ist gut zu den beiden Kindern und ich denke, für sie alle ist es so die beste Lösung. Ich denke, Hanna ist auch bewusst geworden, wie kompliziert Edward ihr Leben immer hat sein lassen, bei Matthew hat sie nun einen sicheren Hafen gefunden - ich schätze, du wirst darüber auch nicht gerade unglücklich sein, hm?" berichtete Isabella und lächelte dann leicht.

Helene erwiderte Isabellas Blick. "Ich weiß...aber ich wollte dich eigentlich nicht mit da hinein ziehen. Allerdings findest du es ja doch raus...Ich...habe eine kleine Tochter, Theresa. Sie ist ein halbes Jahr alt. Ich...habe die Liebe meines Lebens getroffen, Isabella.", gestand sie leise. "Und ich weiß, du verachtest mich sicher dafür, aber ich kann nicht anders."
Und Edward hatte es ja auch nicht anders verdient, so oft wie er sie verletzt hatte.
"Um ehrlich zu sein ist es mir nicht mehr so wichtig wie noch vor zwei Jahren. Sie ist weit weg, das tut uns gut und zudem...habe ich nichts mehr an sie zu verlieren. Wer weiß, wann Edward zurückkehrt und dann zerbricht meine Welt ohnehin. Da ist Hanna mir gar nicht mehr so wichtig. Ich...freue mich fast etwas für sie, dass sie ein geregeltes Leben gefunden hat. Edward macht alles kompliziert, an wen auch immer er sich wendet."

Isabella lehnte sich zurück und sah Helene schweigend an. Das kam nun wirklich überraschend und einen Moment lang fehlten ihr schlichtweg die Worte. Dann schüttelte sie langsam den Kopf. "Ach Brüderchen, wenn du zurück kommst, wirst du erst einmal feststellen, was für ein Chaos du eigentlich immer anrichtest ..." murmelte sie leise. Edward konnte einem langsam wirklich Leid tun.
Dann atmete Isabella durch und lehnte sich wieder vor, griff nach Helenes Hand und drückte sie leicht. "Das sind wirklich ... unerwartete Neuigkeiten und ich gebe zu, dass ich um meines Bruders Willen womöglich etwas befremdet bin, aber ich weiß, was er immer wieder angerichtet hat und ebenso, wie wichtig es ist jemanden an seiner Seite zu haben, den man liebt. Also nein, ich verachte dich deswegen keineswegs." Es war wohl nicht der Weg, den sie eingeschlagen hätte, aber andererseits konnte sie womöglich auch nicht ganz nachvollziehen, wie Helene sich fühlen musste, immerhin hatte Isabella das Glück gehabt ihren Liebsten gleich heiraten zu können.
Langsam nickte Isabella. "Jetzt wird sie auf jeden Fall hier in Pembroke bleiben. Es spricht sehr für dich, dass du so für sie empfindest nach all dem, was ihr beiden durchgemacht habt. Vielleicht willst du ja einmal mit ihr sprechen während du hier bist? Es könnte euch beiden gut tun, in gewisser Weise habt ihr ja doch einige Dinge gemeinsam. Jetzt umso mehr scheint mir nachdem was du mir offenbart hast." Und das würde Isabella erst einmal verarbeiten müssen.

Helene nickte langsam. "Er wird seine eigene Medizin zu schmecken bekommen...sonst ist er derjenige, der alle vor vollendete Tatsachen stellt und verschwindet. Nun wird er selbst merken, wie das sich anfühlt. Aber ich habe das nicht aus Rache getan. Ich bin froh, dass du dich nicht von mir abwendest." Sie seufzte leise.
"Ich liebe ihn so sehr. Edward war mir nicht gleichgültig, aber das hier...ist viel größer. Alexander ist ein großartiger Mensch. Ich hatte ihn als Hauskaplan eingestellt, ich hoffte, durch Gott ein bisschen Trost zu finden. Und dann kam er und...er ergänzt mich einfach. Ich konnte ihm nicht widerstehen und irgendwann war ich eben schwanger. Ich habe mich in ein Kloster zurückgezogen und wir haben den Menschen in Oxford Theresa als meine Ziehtochter verkauft. Es funktioniert. Außer dir weiß es nur Gabriel."
Sie nickte nachdenklich. "Vielleicht werde ich das...du hast ja Recht, aber ich weiß nicht, ob ich Zugang zu ihr finde."

"Das wird er wohl. Und so sehr ich meinen Bruder liebe, vielleicht lässt ihn das endlich einmal erwachsen werden. Zu viel Hoffnung habe ich dabei allerdings nicht." Immerhin hatte Edward schon so einiges durchlebt bei dem man hätte meinen können es wäre ihm eine Lehre gewesen, aber er schien sich in manchen Dingen einfach nicht ändern zu können.
Isabella nickte. "Ich weiß, dass du es nicht aus Rache getan hast, das würde überhaupt nicht zu dir passen. Und ich habe schon oft genug erlebt, wozu die Liebe die Menschen treibt. Ich kenne das Gefühl, das du beschreibst nur zu gut, William ist wie mein Gegenstück. Mit ihm fühle ich mich erst wirklich vollständig."
Isabella schüttelte leicht den Kopf. "Ein Priester ... da hast du ja wirklich alles ausgereizt, was für einen Skandal möglich wäre, hm?" Aber Isabellas Stimme klang nachsichtig. Sie wusste wie schwierig die Situation für Helene sein musste und sie brauchte ihr wahrlich nicht noch zusätzlich ein schlechtes Gewissen einreden.
"Jetzt überrascht es mich auch nicht mehr so sehr, dass Gabriel in Truro ist. Ist er sehr zornig auf dich?" fragte sie besorgt. Isabella ahnte, dass es für den Jungen ein harter Schlag gewesen war von dieser Sache zu erfahren.
Sie zuckte leicht mit den Schultern. "Ihr müsst ja keine Freunde werden. Aber vielleicht tut es gut euch einmal auszusprechen. Denk in Ruhe darüber nach."

Helene hob die Schultern. "Vielleicht wird es das. Aber ich habe viel mehr Angst davor, was er Alexander antun wird, wenn er es herausfindet. Ich glaube nicht, dass er Theresa etwas tut, aber...wenn er ihn aufhängen lässt..."
Sie schüttelte den Kopf. "Ich will gar nicht darüber nachdenken. Aber ja, so fühle ich mich mit ihm. Ich kannte das nie so..."
Sie lächelte schief. "Es ist nicht so, als hätte ich mir das ausgesucht. Wohin die Liebe fällt...Gabriel ist weniger zornig auf mich. Er hat auch Theresa gern und sieht sie als kleine Schwester. Aber er wird Alexander nicht verzeihen. Er war böse auf mich, weil ich ihn heraushalten wollte. Daher habe ich ihn nach Truro geschickt. Ich wollte, dass er nicht zwischen mich und seinen Vater gerät. Aber er hat es herausgefunden, er ist in meine Gemächer geplatzt, als ich die Bandagen abgenommen hatte, die meinen Bauch am Anfang kaschierten. Wir sind aber....recht versöhnt. Nur mit Alexander....das wird dauern." Sie seufzte. "Das werde ich."

Isabella sah Helene eindringlich an. "Soweit wird es nicht kommen. Wir werden schon zu verhindern wissen, dass er ihn aufhängt. Es wird nicht einfach werden, wenn mein Bruder zurück kommt, darüber will ich dir keine Illusionen machen, aber er wird Alexander nicht aufhängen. Notfalls müssen wir einen Weg finden, um Alexander und womöglich auch Theresa und dich vor Edward zu Verstecken, wenn es heraus ist, aber vielleicht wird es auch gar nicht so schlimm, warten wir es ab." In jedem Fall konnte Helene auf Isabellas Unterstützung rechnen, sie würde ihren Bruder schon zur Vernunft bringen.
Isabella seufzte leise. "Der Junge ist wirklich ein Goldstück. Er hat all die guten Eigenschaften seines Vaters in sich, diese Offenheit jedem gegenüber, dieses gute Herz ... ich hoffe, dass er nicht auch Edwards schlechten Seiten geerbt hat." murmelte Isabella nachdenklich. "Hm, nicht verwunderlich, schätze ich. Gabriel hat dich doch ohne große Vorbehalte als Stiefmutter akzeptiert; nach Julias Tod brauchte er schließlich mehr als alles andere eine Mutter, die ihm noch etwas Geborgenheit vermitteln konnte. Zu Alexander hat er keine solche Bindung und für ihn ist er der Mann, der sich zwischen dich und seinen Vater gebracht hat - die Wurzel allen Übels sozusagen."

Helene lächelte Isabella dankbar an. "Ich bin wirklich froh, dass du auf meiner Seite bist. Das erleichtert mich....Ich weiß nicht, was werden soll, wenn Edward zurückkehrt. Und niemand weiß, wann und ob das der Fall sein will."
Sie konnte Isabellas Einschätzung nur teilen. "Ja, ich weiß...die hat er. Er ist großartig. Er ist so gut zu Theresa gewesen bei seinem Besuch, er will sie beschützen wie seine leibliche Schwester und er ist immer noch freundlich zu mir. Ich bin immer noch wie seine Mutter. Mit Alexander hast du Recht, das wird die Zeit bringen. Gabriel hatte ihn gern, er fühlt sich verraten. Er ist schon wieder einen Schritt auf ihn zugegangen, aber es ist so wie es ist."
Sie lehnte sich zurück. "Wenigstens hast du ein recht ruhiges Leben hier ohne Trubel. Ich bin dankbar, dass Aliz von all dem in Oxford nichts mitbekommen hat."

"Du bist meine Freundin, also werde ich nicht einfach tatenlos zusehen, wenn es irgendetwas gibt, das ich tun kann." versicherte Isabella. "Es ist schön, dass Gabriel Theresa gegenüber solche Gefühle hegt. Vielleicht wird aus ihm ja ein anständigerer Kerl als aus seinem Vater, wenn wir nur gut auf ihn Acht geben." Wenn Gabriel nur nicht so leichtsinnig und in gewisser Weise egoistisch wurde wie sein Vater ... Edward war manchmal so achtlos in seinem Handeln, dachte überhaupt nicht an die Konsequenzen und besonders nicht daran wie andere sich dabei fühlten, wenn er darin einen Vorteil für sich sah. Er tat das nie aus Boshaftigkeit, es war viel eher so, dass er ... blind war für solche Dinge.
Isabella lachte leise. "Nun ja, einige meiner Familienmitglieder sorgen für so viel Trubel, dass es für mich vollkommen mit ausreicht. Da ist es nur gut, wenn es hier in Pembroke geruhsam zugeht." erwiderte Isabella amüsiert.

Hanna

Hanna hatte sich mit den Kindern gut bei Matthew eingelebt. Sie mochte dieses neue, geregelte Leben und sie arbeitete immer noch ein wenig in der Küche mit, wo sie einige Freude gefunden hatte. Sie war mit einem Mal eine angesehene Frau, das verwirrte sie immer noch ein wenig.
Aber Matthew war zuckersüß zu den Kindern und behandelte sie selbst mit allerhöchstem Respekt und etwas wie Zärtlichkeit. Sie hatten auch einigen Spaß miteinander, es war eine glückliche Ehe und würde es wohl auch bleiben. Sie war zufrieden mit ihrer Entscheidung.
Auch in dieser Nacht lag sie an Matthew geschmiegt im gemeinsamen Bett. Seit sie Kinder hatte, hatte sie einen leichten Schlaf und daher war sie nun auch direkt wach, als sie kleine Füßchen barfuß zum Bett tapsen hörte. Sie löste sich aus Matthews Armen und setzte sich auf.
"Edmund? Was ist los, Krümelchen?"

Matthew

Matthew wurde wach als plötzlich die Wärme von seiner Seite verschwand. Im ersten Moment begriff er gar nicht so richtig, dann klärte sich sein Verstand ein wenig und er wusste noch bevor er die Augen geöffnet hatte, dass Hanna sich aus seinen Armen gelöst hatte. "Was ...?" murmelte er mit verschlafener, rauer Stimme als er Hanna hörte, gefolgt von einem kleinen, leisen Schniefen. "Kann nicht mehr schlafen ..." nuschelte Edmunds Stimmchen kaum hörbar und sichtlich mitgenommen.
Matthew brummte leise, zwang sich die Augen endgültig zu öffnen und setzte sich auf. "Schlecht geträumt, hm?" mutmaßte Matthew und kratzte sich am Kinn. Es war eigentlich keine Überraschung, viel eher war es erstaunlich, dass der kleine Kerl sich nicht schon am ersten Abend gegruselt hatte. Edmund schniefte und nickte kläglich. "Ganz schlecht." bestätigte er verzweifelt.
Matthew sah auf den kleinen Schatten hinab, der am Bettrand stand, das Gesicht des Jungen konnte man gerade so in groben Zügen erkennen - die angstvoll geweiteten Augen waren aber auch in der Dunkelheit zu erkennen und Matthew beugte sich über Hannas Schoß hinweg, griff Edmund unter den Achseln und hob ihn ohne weiteres Zögern ins Bett. "Denkst du, du kannst noch etwas schlafen, wenn du hier bleibst, Melys?" erkundigte er sich nachdem er Edmund zwischen Hanna und sich auf das Bett gesetzt hatte.

Hanna

"Oh, Schatz...alles ist gut." Hanna spürte, wie Matthew sich neben ihr regte und empfand umso mehr Zärtlichkeit für diesen Mann, als er Edmund ohne zu zögern ins Bett hob. Sie strich dem kleinen Jungen durch den roten Schopf.
Edmund nickte indes eifrig. "Jaaa...dann kannst du mich beschützen. Du bist so stark!" Seine Furcht war sofort geringer geworden. Hier zwischen seiner Mutter und Matthew konnte ihm nichts passieren.
Hanna lächelte. "Na komm, Krümel, leg dich schön hin und schlaf." Edmund kuschelte sich augenblicklich in die Decken und schloss die Augen.
Hanna beugte sich hinüber und gab Matthew einen sanften Kuss. "Danke. Du solltest mir walisisch beibringen, Matthew. Mehr als ein paar Brocken versteh ich nicht, wenn ihr euch unterhaltet, wie euch der Schnabel gewachsen ist."

Matthew

Matthew grinste dem Jungen verschwörerisch zu. "Das mach ich, versprochen." versicherte er und drückte vorsichtig die kleine Kinderhand, die in seiner großen Pranke beinahe verschwand. Der Anblick des kleinen Jungen, der sich so vertrauensvoll in die Decke wickelte und beinahe augenblicklich wieder einschlief, jagte Matthew einen kleinen Schauer über den Rücken. Wie sehr er diese beiden Kinder doch schon in sein Herz geschlossen hatte!
Matthew erwiderte Hannas Kuss und lachte dann leise. "Oh, nur zu gern. Wenn du dich einmal darauf eingelassen hast, wirst du unsere Sprache lieben, fy nharafaf." versprach Matthew und hauchte noch einen Kuss auf Hannas Lippen. Er wusste diese Bitte wirklich zu schätzen, denn hier in Pembroke bestand für Hanna im Grunde keine Notwendigkeit Walisisch zu lernen, denn bis auf wenige Ausnahmen sprachen hier alle auch Englisch. Pembroke war einer der wenigen Orte an denen es Hand in Hand ging und niemand über den anderen die Nase rümpfte, weil er eine andere Sprache sprach.

Hanna

Edmund war hoch zufrieden damit und hielt seine Hand in Matthews bis er eingeschlafen war. Er kannte das Gefühl gar nicht einen Vater zu haben wie die anderen Kinder. Aber jetzt wusste er, wie es sein musste.
Hanna lächelte Matthew an. "Ich fürchte nur, ich werde ein paar Schwierigkeiten damit haben. Sie ist so kompliziert und hört sich an, als würde man sich einen Knoten in die Zunge machen beim sprechen. Aber ich will es jedenfalls versuchen und ich habe ja lange genug Zeit. Wenn die Kinder es auch etwas aufschnappen, schadet es nichts. Sie werden es durch den Umgang mit ihren Freunden schneller lernen als ich."
Sie strich Matthew über den Arm. "Ich bin froh, dass unser Leben so gut verläuft. Die Kinder fühlen sich so wohl und haben endlich einen Vater."
Und bald würden sie sicher auch ein Geschwisterchen bekommen.

Matthew

Matthew legte den freien Arm um Edmund und Hanna und lächelte. "Ach, man verknotet sich die Zunge nicht so leicht. Und du hast alle Zeit der Welt. Sobald Juliana und Edmund Walisisch sprechen, wirst du es auch schon schnell lernen, glaub mir." neckte er sanft.
"Ich auch." murmelte Matthew ein wenig gerührt. "Seit ihr hier bei mir seid, ist alles so viel lebendiger, so viel heiterer geworden. Ich würde es nie wieder missen wollen. Du hast mir einen Traum damit erfüllt als du ja gesagt hast." erklärte er leise. "Ich hatte es nämlich nicht so wirklich zu hoffen gewagt, dabei hast du mich doch schon vor so langer Zeit um den Finger gewickelt, ich war völlig verloren." räumte Matthew ein. Hanna hatte ihn mit ihrer fröhlichen Art sofort für sich eingenommen. Sie war so unkompliziert und warmherzig, es war Matthew immer leicht gefallen in ihrer Gesellschaft ein wenig aus seinem eher einsamen Alltag zu entfliehen.

Hanna

Hanna nickte zuversichtlich. "Ich werde es schon hinbekommen. Früher oder später....wenn du mir immer ein paar Worte beibringst, bin ich mir da sicher."
Sie lehnte den Kopf einen Moment an seinen. "Ich finde es schön ein geregeltes Leben zu haben. Eine richtige Familie...Es freut mich und es schmeichelt mir, dass ich dich so in den Bann geschlagen habe." Sie war sich dieser Wirkung gar nicht bewusst gewesen. Aber Matthew war unkompliziert, genügsam und sanftmütig. Das hatte sie davon überzeugt, dass es für sie alle das Beste war und jetzt entwickelte sie so etwas wie Liebe für diesen Kerl.
Diese ungeteilte Aufmerksamkeit war etwas, was sie von Edward nie hätte bekommen können.