William und Joanna - 1192

Berengaria nickte schwach. "Ja..." Immerhin das konnte sie einsehen....das Kind würde bei Gott sein. Ein kleiner Trost. Der Trank, den Jane ihr reichte, entfaltete rasch seine Wirkung und so schlief sie bald vor Erschöpfung ein.
Joline richtete sich auf und seufzte leise. "Ich muss dir nicht erzählen, dass das keine einfache Sache wird." Obwohl Jane mit einem Prinzen verheiratet war, war sie so wunderbar bodenständig und so hatte sie sich rasch mit Joline angefreundet, die erst vor einiger Zeit die Tätigkeit als Hebamme voll übernommen hatte, weil ihre Vorgängerin einfach zu walt wurde. Sie verließ sich gern auf Janes Kräuterkenntnisse.
"Ich kann es nicht sagen. Ich denke, die Nacht wird entscheidend sein. Wir werden ihr blutungsstillende Tränke geben und immer wieder den Unterleib massieren, in der Hoffnung, dass die Blutung aufhört. Wenn es bis morgen früh aufgehört hat, wird sie über den Berg sein. Aber ich denke, es hängt auch von ihrer Gemütsverfassung ab, ob sie das Ganze übersteht und sich nicht geich völlig aufgibt. Es ist einfacher, wenn das Kind noch so klein ist, dass sie es nicht wirklich zur Welt bringen müssen. Oder wenn es lebt. Aber wenn es tot zur Welt kommt....das macht die Dinge so viel schlimmer."
Joline biss sich auf die Unterlippe. "Du solltest...es deinem Schwager schonend beibringen. Ich schätze, sein Beistand könnte für Berengaria entscheidend sein."

Jane nickte. "Ich weiß. Aber wir müssen alles versuchen. Wenn ich dir noch irgendwie zur Hand gehen kann, sag Bescheid." erwiderte Jane und bettete Berengarias Kopf vorsichtig in die Kissen, damit sie aufstehen konnte. "Wenn sie wieder wach wird, sollten wir ihr noch etwas von dem Trank geben und für hinterher bereite ich eine Kräutermischung vor. Davon sollte sie in regelmäßigen Abständen immer ein wenig trinken." überlegte sie und seufzte leise. "Großer Gott, sowas wünscht man wirklich niemandem." Und doch geschah es immer wieder. So viele Kinder starben, wenn nicht so früh wie Berengarias, dann einige Wochen später bei der Geburt oder kurz danach. Es war einfach grauenvoll und Jane wünschte, sie könnte mehr dagegen unternehmen.
"Wir sollten das Kleine Taufen lassen bevor sie wieder aufwacht. Und bevor Guillaume her kommt, sollte es hier wieder ein bisschen ... ordentlicher aussehen. Nicht, dass er uns gleich umfällt, wenn er all das Blut sieht."

Joline

"Das werde ich. Aber ich denke, wenn du die Tränke vorbereitest, sind wir recht gut gerüstet. Viel mehr können wir nicht tun. Ich weiß, es ist immer hart...für dich derzeit besonders. Aber solche Dinge geschehen nun einmal. Man kann es einfach nicht ändern.", erwiderte Joline sanft.
"Ich werde mit Emma ein wenig Ordnung schaffen und einen Diener nach dem Priester schicken. Er wird rasch hier sein, das Kind taufen. Bis dorthin hat sich Guillaume vielleicht so weit gefangen, dass er hierher kommen kann. Wenn er noch zu aufgelöst ist, halte ich etwas hin. Berengaria braucht Ruhe. Aber wenn er sich zusammen reißen kann, wäre es sicher gut, wenn er hier ist, wenn sie aufwacht."
Wenn die Beiden ein wenig gemeinsam trauern konnten, würde es das für Berengaria sicherlich ein bisschen einfacher machen.

Jane atmete tief durch und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. "Ja. Ich sollte es nicht so sehr an mich heran lassen. Ich weiß nur zu gut, dass solche Dinge passieren, aber seit ich selber schwanger bin, ist das alles irgendwie ... ein bisschen anders." Sie ließ den Blick kurz schweifen und nickte dann. "In Ordnung. Ich werde Guillaume suchen gehen und schauen, wie er es aufnimmt." Wenngleich Jane das Gefühl hatte, dass sie nicht wirklich in der richtigen Position war, um Guillaume solch eine Nachricht zu überbringen. Sie stand ihm weder so nahe, dass sie eine echte Vertrauensperson gewesen wäre, noch war sie so neutral wie zum Beispiel Joline, die es aus der professionellen Sicht heraus hätte tun können. Aber irgendwie würde Jane es schon hinbekommen - sie musste es.
Langsam machte sie sich also auf den Weg, um den jungen Thronfolger zu suchen. Mit jedem Schritt schien ihr Herz dabei schwerer zu werden. Sie wusste wie sehr Berengaria sich auf das Kind gefreut hatte und auch Guillaume hatte ihm entgegen gefiebert. Es würde ihn hart treffen.

Guillaume

Guillaume hatte sich in seiner Arbeit vergraben wie so oft, seit sein Vater fort war. Stephan war ihm am Morgen ein wenig zur Hand gegangen, so kamen sie schneller voran. Er überlegte gerade eine kleine Pause zu machen und vielleicht nach seinen beiden Frauen zu sehen, die sicherlich schon wieder zusammen steckten, als es klopfte.
Gut gelaunt bat er den Besuch hinein. Zu seiner Überraschung war es Jane. "Jane, was für eine Überraschung dich hier zu sehen. Aber du siehst wie immer wundervoll aus. Ein seltener Besuch....Stephan ist schon fort, falls du ihn suchst."
Mit Jane hatte er nun nicht gerade gerechnet. Guillaume runzelte die Stirn, als er ihre ernste Miene sah, sie wirkte gar ein wenig blass.
"Ist etwas passiert?"

Mit einem matten Lächeln ging Jane über Guillaumes Kompliment hinweg. Sie erinnerte sich daran, was Stephan über seinen Bruder gesagt hatte, dass dieser sich nach der Geburt von Emmas Kindern verändert hatte ... Jane konnte sich allmählich wirklich vorstellen, was Stephan meinte, wenn er sagte, Guillaume sei ein fürchterlicher Filou gewesen. Der junge Prinz war auch heute nie um ein paar schöne Worte verlegen, wenn er einer Frau gegenüber stand.
"Ich bin nicht auf der Suche nach Stephan, ich ... wollte zu dir." erklärte sie und schluckte als Guillaumes Blick misstrauisch wurde und er bemerkte, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. "Es geht um Berengaria." begann Jane langsam. "Guillaume, sie ... sie hat das Kind verloren, es tut mir so Leid." sprach sie dann den schweren Part aus ohne lange herum zu reden. Es wurde ja doch nicht besser, wenn man es hinaus zögerte.

Guillaume

Guillaume hob die Augenbrauen. "Zu mir? Das hatte ich nicht erwartet." Er ahnte schon, dass etwas Schreckliches passiert war, als sie so zögerte. Das war normal nicht ihre Art. "Berengaria? Was ist mit ihr?" Als sie es ihm sagte, blinzelte er verständnislos und fühlte sich, als habe man ihm ein Brett vor den Kopf geschlagen.
"Wie...kann das sein? Heute Morgen war doch noch alles gut!" Er war zutiefst traurig, denn er hatte sich sehr auf das Kind gefreut und den Erben herbei gesehnt. Doch Berengaria würde das noch so viel schlimmer treffen, weil sie so lange auf diese Schwangerschaft gewartet hatte.
"Wie geht es ihr, Jane? Wie geht es meiner Frau? Sie...wird doch wieder gesund, oder?"

Jane hob leicht die Schultern. "Solche Sachen können manchmal ziemlich schnell gehen. Von einem Moment auf den anderen hatte sie heftige Wehen und Emma hat Joline und mich geholt." Sie zögerte kurz, überlegte, wie sie es am besten in Worte fassen sollte, diese fürchterliche Ungewissheit. "Wir tun, was wir können, Guillaume. Halbwegs sicher können wir uns erst morgen sein. Sie hat sehr kämpfen müssen, es war eine große Belastung für sie und sie hat viel Blut verloren. Außerdem ... außerdem ist es immer schwer, wenn das Kind stirbt. Es hat sie schwer getroffen. Gerade schläft sie, aber wenn sie wieder aufwacht ... nun, wenn du kannst, würde es ihr gut tun, wenn du ihr beistehst. Sie wird sich fürchterliche Vorwürfe machen und du solltest wenigstens versuchen ihr die Angst ein wenig zu nehmen. Das kann sie wirklich gebrauchen." erklärte Jane schließlich.

Guillaume

"Oh meine arme Berengaria...sie hat sich so gefreut." Und er hatte hier gesessen und nichts geahnt. Sie musste wirklich gelitten haben. Guillaume war wirklich traurig, er hätte so gerne dieses Kind aufwachsen sehen. Doch letztendlich musste wenigstens er vernüftig sein. Es passierte eben, da hatte Jane Recht. Niemand konnte etwas dafür.
"Natürlich. Ich werde gleich zu ihr gehen und bei ihr sein. Das bin ich ihr schuldig. Außerdem...hat sie keinen Grund sich Vorwürfe zu machen. Jane, ihr müsst zusehen, dass sie es schafft. Ich könnte es nicht ertragen sie auch noch zu verlieren."
Zwar liebte er Emma, aber auch mit Berengaria verbanden ihn zärtliche Gefühle. "Ich....begleite dich.", sagte er, deutlich blasser als noch zuvor.
"Kann ich sonst etwas tun?"

Jane nickte bedrückt. "Das hat sie. Und sie ist wirklich verzweifelt. Ich habe ihr einen Kräutertrank gegeben, der sie eine Weile schlafen lässt, damit sie sich ausruhen kann, aber sobald sie wach ist, wird es für sie sicher ein harter Weg."
Jane presste die Lippen aufeinander und nickte erneut. "Wir geben unser Bestes." Und sie hoffte, dass es ausreichen würde, um die liebenswerte navarrische Prinzessin zu retten. "Nein, es ist ansonsten alles vorbereitet. Steh ihr bei, das ist im Moment das wichtigste und vor allem kann es entscheidend dafür sein, ob sie ihren Lebenswillen zurück gewinnt oder nicht." erklärte Jane leise. Sie war ein wenig erschlagen angesichts dieses Schicksalsschlages.

Als Berengaria zu sich kam, war sie für einen Moment orientierungslos. Dann aber erinnerte sie ihr schmerzender, erschöpfter Körper an das, was geschehen war und sofort schossen ihr die Tränen in die Augen. Ihr Kind war tot und sie würde nie sehen, wie es aufwuchs und lernte und eines Tages Guillaumes Erbe antrat.
Sie drehte leicht den Kopf und versuchte mühsam sich etwas aufzurichten, als ihr Blick auf Guillaume fiel, der neben dem Bett saß.
"Guillaume...", wisperte sie und die Tränen liefen ihr über die Wangen. "Es tut mir so leid..." Vielleicht hätte sie besser auf sich aufpassen müssen. Sie hatte sicher einen Fehler gemacht und ihr Kleines gefährdet. Guillaume war sicher maßlos enttäuscht von ihr.

Guillaume

Guillaume hatte Jane zu Berengaria begleitet und neben ihrem Bett Stellung bezogen. Seine Frau hatte noch geschlafen als er gekommen war und so hatte er Zeit gehabt, sich ein wenig an den Gedanken zu gewöhnen, dass ihnen dieses erste Kind nicht vergönnt gewesen war. Zu seiner Erleichterung hatte die Hebamme ihm erklärt, dass sie die Blutungen zumindest vorerst hatte stoppen können. Es blieb nun abzuwarten wie sich alles weitere entwickelte und Berengaria müsse sich unbedingt ausruhen, damit sie nicht wieder zu bluten begann.
Als Berengaria sich nun zu regen begann, erhob Guillaume sich und ließ sich vorsichtig auf der Bettkante nieder. "Sch sch. Die Hebamme sagt, du brauchst Ruhe. Bleib nur liegen." murmelte Guillaume beruhigend als Berengaria sich aufrichten wollte. Als er die Tränen sah, die über Berengarias Wange liefen, strich er ihr zärtlich über die Haare und küsste sanft die Tränen fort. "Nicht doch. Es ist ja nicht deine Schuld, Liebes. Mach dir keine Vorwürfe. Solche Dinge ... passieren." erwiderte er leise und mit sanfter Stimme.

Berengaria schaute zu Guillaume auf und ließ sich dann wieder in die Kissen sinken. Es war ohnehin so furchtbar anstrengend, sie war so erschöpft und ihr Körper schmerzte. Ruhe war auch das Einzige, zu dem sie im Stande war.
Es erleichterte ihr Herz ein wenig, dass Guillaume so zärtlich zu ihr war, obwohl sie das Kind verloren hatte. Und wenigstens machte er ihr keine Vorwürfe, die machte sie sich selbst schon mehr als genug. "Vielleicht hätte ich mehr aufpassen müssen...vielleicht habe ich etwas falsch gemacht.", sagte sie mit einem leisen Schluchzen.
"Ich verstehe das einfach nicht..." Sie hatten sich so gefreut und das Kind hätte so ein wundervolles Zuhause hier gehabt.

Guillaume

"Unsinn." erwiderte Guillaume sanft. "Du hast die Anweisungen der Hebamme immer genau befolgt, hast dich geschont und nichts getan, was dem Kind hätte schaden können. Es ist nicht deine Schuld, mein Herz." erklärte Guillaume entschieden. "Mach dir keine Vorwürfe deswegen. Gott hat so entschieden und ich habe wirklich keine Ahnung warum, aber ich weiß genau, dass es nicht deine Schuld war." wisperte Guillaume und küsste Berengaria sanft auf die Lippen. Erlehnte seine Stirn an ihre und griff nach einer ihrer Hände. "Es ist nicht deine Schuld, hörst du?" Und so Gott wollte, würde hoffentlich das nächste Kind lebend und gesund zur Welt kommen. Doch jetzt war erst einmal nur wichtig, dass Berengaria das ganze überlebte.

Berengaria wurde ein bisschen ruhiger, als Guillaume so sanft versuchte ihr die Schuldgefühle zu nehmen. Wenigstens stand er zu ihr. Es bedeutete ihr viel, dass er hier war und dass er hier mit ihr gemeinsam trauerte, gleichzeitig aber versuchte eine Schulter zum anlehnen für sie zu sein. Sie schloss die Augen, als er die Stirn an ihre lehnte und seine Hand nahm. Seine Finger waren so wunderbar warm um ihre kalten Fingerspitzen.
"Es ist so ungerecht, Guillaume...Wir wären ihm so gute Eltern gewesen.", wisperte sie. "Weißt du...was es geworden wäre? Sie haben es doch getauft, nicht wahr? Dann kann es wenigstens in den Himmel..."
Dieses Gefühl der Leere nagte an ihr, denn eigentlich müsste da etwas sein.
Es fehlte....

Guillaume

Guillaume lächelte ein wenig matt. "Das wären wir sicher. Und das werden wir eines Tages auch noch, gib die Hoffnung nicht auf." erwiderte Guillaume, doch dann zauderte er einen Moment. Er war sich nicht sicher, ob es gut war, ihr das jetzt zu erzählen, aber früher oder später würde sie es wohl ohnehin erfahren. "Es ... war ein kleiner Junge." erklärte Guillaume und dieses Mal klang auch seine Stimme heiser. Sie hätten einen Sohn bekommen. "Er wurde getauft, keine Sorge. Er ... auf den Namen Alfons, nach deinem Großvater." Guillaume schluckte schwer, dann schloss er Berengaria vorsichtig in seine Arme. Er konnte ebenso wenig wie sie begreifen, wieso Gott so entschieden hatte und es traf ihn ebenso hart. Zu gern hätte er dieses Kind in den Armen gehalten und es aufwachsen sehen.

"Sicher...aber im Moment fällt mir das ein bisschen schwer." Gerade jetzt, wo ihr alles schmerzte und alles sie daran erinnerte, was sie in den letzten Stunden durchgemacht hatte. Es war einfach eine Tortur gewesen, die sie so schnell nicht vergessen würde.
Erneut kullerten einzelne Tränen über ihre Wangen. Ein kleiner Junge...es wäre der ersehnte Erbe gewesen. Und doch hätte sie um ein Mädchen genauso getrauert, da war sie sicher.
"Alfons...das ist ein guter Name." Und sie war froh, dass man soweit gedacht hatte, sie wäre einfach nicht in der Lage gewesen ihm einen Namen zu geben.
Sie schmiegte sich an Guillaume. Es würde eine ganze Weile dauern, bis sie darüber hinweg kamen. Und vermutlich würde es ihr länger zu schaffen machen.

Guillaume

Guillaume war noch lange bei Berengaria geblieben. Sie war schnell wieder eingeschlafen, aber er hatte bei ihr bleiben wollen. Irgendwann als es draußen schon dunkel war, waren Jane und Stephan gekommen und hatten ihn sanft, aber energisch vor die Tür gesetzt - er solle schlafen gehen. Es half niemandem, wenn er hier umkippte.
Aber Guillaume fand keine Ruhe. Daher saß er nun in seinem Gemach und starrte vor sich hin. Er hatte überlegt zu Emma zu gehen, die Kinder zu besuchen, aber er konnte nicht. Er war wie gelähmt. Er hatte keine Kraft aufzustehen und er vermutete, dass er weder für Emma noch für die Kinder gute Gesellschaft sein würde. Also war es wohl nur gut, dass er nicht in der Lage war aufzustehen.

Beatrice hatte nicht schlafen können. Sie hatte lange gearbeitet und dann nach Berengaria gesehen. Ihre Schwiegertochter tat ihr unfassbar leid, aber sie konnte ihr nicht helfen. Berengaria hatte geschlafen und so hatte sie sie ihrer nötigen Ruhe überlassen, um selbst ein wenig zu ruhen. Doch sie fand keinen Schlaf, zu unruhig waren ihre Gedanken und sie ahnte, dass Guillaume ihren Beistand brauchte. Jane und Stephan hatten ihn ins Bett geschickt, aber nach einer solchen Nachricht allein zu sein, war sicher nicht förderlich und ob er Emma heute um sich ertragen konnte, war auch nicht klar.
Also hatte sie beschlossen nach dem Rechten zu sehen und sich wieder in einen leichten Mantel gehüllt. In solchen Momenten sehnte sie sich Richards Beistand umso mehr herbei...
Sie klopfte und trat dann ein. Wie erwartet saß Guillaume wie in Schockstarre am Tisch. Sie ging zu ihm hinüber, fuhr über seine Schulter und legte von hinten beide Arme um seinen Hals.
"Ach, mein Junge...es tut mir wirklich leid für euch Beide."

Guillaume

Als es an der Tür klopfte, hätte Guillaume den Besuch nur zu gerne weg geschickt, doch er war viel zu erschöpft, um auch nur die Stimme zu heben, geschweige denn darauf zu bestehen, dass der Besucher wieder ging. Er hob leicht den Blick als sich die Tür öffnete und war in gewisser Weise erleichtert, dass es seine Mutter war, die zu ihm kam.
Guillaume ließ zu, dass sie ihm über die Schulter strich und lehnte sich etwas zurück als seine Mutter die Arme um ihn legte. Er kniff einen Moment lang die Augen zu und kämpfte gegen die Tränen an. "Ich begreife es einfach nicht." brachte er heiser hervor. "Ich ... wieso hat Gott uns unseren Sohn nicht gegönnt?" Sie waren so glücklich gewesen als Berengaria ihre Schwangerschaft festgestellt hatte, sie beide hatten diesem Kind so entgegen gefiebert. "Welchen Fehler habe ich begannen? Straft er mich für meinen Hochmut? Für meinen frevlerischen Stolz, den ich so frühzeitig empfunden habe?" Guillaumes Stimme bebte und schließlich gab er auch den Kampf gegen die Tränen auf. Vor allen anderen musste er sich zusammen nehmen, aber nicht vor seiner Mutter.

Beatrice war ein wenig erleichtert, dass Guillaume ihre Nähe annahm und sich ein bisschen trösten ließ. Es tat nicht gut, wenn er alles mit sich allein ausmachte und Berengarias Schmerz dann auch noch trug. Bei ihr konnte er sich auch einmal fallen lassen, sie war seine Mutter, vor der er sich nicht schämen musste.
Sie küsste seine Schläfe. "Ach, Guillaume...solche Dinge können wir alle nicht verstehen. Was auch immer Gott sich dabei denkt, ich glaube nicht, dass er es tut um uns zu strafen. Du hast nichts falsch gemacht. Aber manchmal....manchmal gehen die Dinge eben schief. Ich habe auch schon ein Kind verloren, aber das ist lange her. Es war einfach noch nicht stark genug zum leben. Wir sind Menschen und daher nicht perfekt. Es passieren Fehler, auch in unseren Körpern, während einer Schwangerschaft oder wenn wir krank werden. Das gehört zum Menschsein. So versucht John es immer zu erklären....Aber du bist nicht schuld daran."
Sie zog ihn enger an ihre Brust. "Weine nur, mein Sohn...trauere um deinen Sohn und friss es nicht in dich hinein. Die Dinge sind leichter, wenn man sie teilt und Berengaria wird dich brauchen. Sie wird eine Weile brauchen, bis sie das verkraftet."

Guillaume

Guillaume nickte matt. Es waren ja im Grunde die Dinge, die er auch Berengaria gesagt hatte: dass sie nichts dafür konnte, dass es Gottes Entscheidung gewesen war. Aber so wenig wie sie, konnte er selbst nachvollziehen wieso es soweit gekommen war.
Guillaume gab ein ersticktes Schluchzen von sich, dann löste er sich von seiner Mutter um aufzustehen und sie im nächsten Moment schon wieder in die Arme zu schließen. Er überragte sie ein gutes Stück, aber das spielte keine Rolle. Es war trotzdem leicht sich an ihrer Schulter auszuweinen und vor allem tat es gut. Es fühlte sich befreiend an.
"Wir haben uns dieses Kind so sehr gewünscht." wisperte Guillaume leise. "Berengaria war so selig, dass sie endlich schwanger geworden war ..." Ein Jahr waren sie bereits verheiratet gewesen, dann erst hatte es geklappt. An sich keine furchtbar lange Zeit, aber wenn man den kleinen Guillaume und Aliénor vor der Nase hatte und wusste, dass es möglich war ... Guillaume schluckte schwer. "Glaubst du, sie wird durch kommen?" stellte er dann die Frage, die er sich bisher kaum zu denken getraut hatte. Er wollte sich gar nicht vorstellen, dass Berengaria diese Fehlgeburt womöglich nicht überstehen würde.

Beatrice ließ ihren Sohn gewähren und legte die Arme um seine Mitte, als er sich an ihrer Schulter ausweinte. Sie war stolz darauf, dass ihr Sohn immer noch diese Art von Nähe suchte und seine Gedanken mit ihr teilte. Offenbar hatte sie alles richtig gemacht, ihre Kinder vertrauten ihr.
"Ich weiß. Ihr habt euch so darauf gefreut...Aber manchmal soll es nicht sein. Die Natur nimmt sich ihre Zeit, Guillaume. Berengaria ist eine junge Frau. Ich bin sicher, dass ihr eine ganze Schar gesunder Kinder haben werdet, aber es dauert eben seine Zeit. Ich befürchte nur, dass die Dinge zwischen Emma und Berengaria nicht mehr so einfach sein werden in nächster Zeit."
Beatrice spürte Guillaumes Angst und fuhr durch seine roten Locken. "Dessen bin ich ganz sicher. Sie ist stark. Du kennst doch das Temperament und den Kampfgeist südländischer Frauen. Joline weiß, was sie tut. Und Jane auch. Die Blutung hat aufgehört und sie hat bisher kein Fieber bekommen, das ist ein gutes Zeichen."

Guillaume

Guillaume lächelte traurig. "Ich hoffe, du behältst Recht. Eine Schar Kinder wäre etwas feines." erwiderte er. Allerdings musste Guillaume sich auch eingestehen, dass er nun ein wenig Angst hatte, Angst davor, dass auch die nächste Schwangerschaft schief gehen könnte und dass er Berengaria dadurch verlieren könnte.
Er seufzte leise. "Arme Emma, dabei kann sie doch ebenso wenig dafür." murmelte er leise. Aber er wusste, was seine Mutter meinte. Es war ein herber Schlag für Berengaria, dass Emma Guillaume ohne Schwierigkeiten zwei gesunde Kinder geschenkt hatte und sie selbst hingegen den ersten Sohn verloren hatte.
Guillaume sah seine Mutter wieder an als diese ihm durch die Haare strich. "Ja, das kenne ich." bemerkte er mit einem erschöpften Lächeln. "Gut. Dann hoffen und beten wir, dass du Recht behältst."

"Oh sicher. Du weißt doch, ich habe immer Recht, ich bin deine Mutter.", neckte Beatrice zärtlich und versuchte ihren Sohn ein wenig aufzumuntern. "Du wirst es ohnehin auf euch zukommen lassen müssen. Einige Dinge kann man nicht planen, man muss ein wenig vertrauen."
Beatrice nickte. "Ich weiß...sie kann nichts dafür. Aber für Berengaria war es die ganze Zeit schon ein kleiner Stachel, dass Emma dir zwei Kinder geschenkt hat und sie nicht schwanger wurde. Sie hat es hinunter geschluckt, weil sie Emma mag. Aber das wird eine harte Prüfung werden und ich glaube, sie wird einfach ein bisschen brauchen, bis sie wieder unbeschwert mit Emma und den Kindern umgehen kann." Sie küsste ihn auf die Wange.
"Beten kann nie schaden, Guillaume. Aber jetzt solltest du dich ein bisschen ausruhen, damit du morgen für Berengaria da sein kannst. Du wirst deine Kraft brauchen."