William und Joanna - ab 1193 bis 1194

Claire nickte schließlich. "Tu das. Wenn du zufrieden bist, umso besser. Nun, ich dachte, du würdest Lucas vielleicht ein bisschen beneiden, wo du sein Leben und seine Familie ein bisschen kennengelernt hast. Aber offenbar habe ich mich geirrt."
Sie neigte den Kopf zur Seite und lächelte wissend. "Nein, das nicht. Aber dich vielleicht. Ich weiß, wie wichtig du Edward bist. Außerdem wäre das sicher auch etwas Eigennutz. Ich würde vielleicht eine Freundin gewinnen, wenn deine Frau auch hier leben würde.", bemerkte sie.
"Aber was solls...wir werden sehen. Irgendwann erwischt es dich schon auch noch, da bin ich mir sehr sicher."

Laura

Laura hielt Odysseus einen kleinen Apfel hin und lächelte als die weichen Pferdelippen den Leckerbissen vorsichtig von ihrer Hand nahmen. Sanft strich sie dem jungen Hengst über die Stirn, dann trat sie neben ihn und begann sein Fell mit der Bürste zu bearbeiten, die sie mitgebracht hatte.
Im Haus hatte sie das Gefühl gehabt, die Decke würde ihr bald auf den Kopf fallen, zumal ihre Schwiegermutter gerade oben auf der Burg war und das Haus somit nahezu verweist. Und da es ja im Grunde nur ein paar Schritte zu den Stallungen waren, hatte Laura beschlossen hinüber zu gehen und ihrem ganz besonderen Liebling einen Besuch abzustatten. Seit Odysseus auf Grund seiner Verletzungen ein paar Tage im Stall hatte bleiben müssen, hatte sie den kleinen Hengst noch mehr in ihr Herz geschlossen, hatte ihn jeden Tag besucht und ihm und sich damit die Zeit etwas vertrieben.
Wenngleich sie hochschwanger war und Amelie ihr nahegelegt hatte, sie solle das Haus nicht mehr alleine verlassen, hatte Laura sich gedacht, dass hier im Gestüt ja doch ständig jemand war, im Grunde war sie also nicht alleine. Dabei hatte sie aber nicht bedacht, dass gerade das Training der dreijährigen Hengst stattfand und sie somit doch ganz allein hier bei Odysseus war. Im Grunde hätte sie das auch nicht weiter gestört, wäre nicht plötzlich ein heftiger Schmerz durch ihren Körper gejagt, der ihr für einen Augenblick den Atem raubte. Sie stützte sich mit einer Hand an der Schulter des Pferdes ab und atmete tief durch. Konnte das sein? Konnten die Wehen so plötzlich so heftig anfangen? Irgendwie hatte sie damit gerechnet, dass es langsam beginnen würde, es hieß doch schließlich immer, dass es nach den ersten Wehen meist noch Stunden dauerte bis es wirklich ernst wurde, oder nicht?

Sébastien

Sébastien hatte das Training der dreijährigen Hengste beaufsichtigt und war sehr zufrieden mit dem Zustand der künftigen Verkaufspferde. Während die Stallburschen die Pferde trocken ritten und dann versorgten, hatte er beschlossen, einmal nach seiner Frau zu sehen. Es konnte schließlich jeden Tag soweit sein, dass sein Kind zur Welt kam und seine Mutter hatte zur Burg hinauf gemusst.
Besorgt stellte Sébastien allerdings fest, dass Laura nicht zuhause war. Ihm fielen nur zwei Orte ein, wo sie sein könnte: das Hospital oder das Gestüt. Ersteres war zu weit, diese Strecke würde sie in ihrem Zustand wohl nicht allein wagen zu gehen. Also würde sie wohl wieder einmal bei Odysseus sein.
Dort wurde er auch schließlich fündig. "Du bist so unvernünftig, Laura! Nicht nur, dass du allein herum läufst, er ist jung und ungestüm, wenn er dich umstößt, bringst du dich und das Kind in Gefahr! Er kennt doch noch gar..." Er verstummte, als er sie schließlich entdeckte, das Gesicht schmerzverzerrt, an den schmalen, jungen Pferdeleib gestützt.
"Laura..." Ohne Umschweife betrat er die Box, in der Odysseus verdächtig ruhig hielt, und legte den Arm um die Taille seiner Frau.
"Hast du Wehen?"

Laura

Laura stand im Nu der Schweiß auf der Stirn und sie verfluchte sich selbst dafür, dass sie wider besseren Wissens alleine hier her gekommen war. Einen Moment schloss sie die Augen und war mehr als dankbar, dass Odysseus so ruhig stehen blieb und zu ließ, dass sie sich an ihn lehnte. Es war fast so, als spüre der junge Hengst, dass es ihr nicht gut ging, andernfalls hätte er wohl kaum so gelassen ausgeharrt.
Laura hörte Schritte und im nächsten Moment erklang Sébastiens ärgerliche Stimme. Sie schlug die Augen wieder auf und hätte gelacht, hätte sie nicht solche Schmerzen gehabt.
"Ja ... ich hab auch schon gemerkt, dass es keine so gute Idee war ..." erwiderte sie matt und lehnte sich erleichtert an ihren Mann als dieser eilig zu ihr trat und den Arm um sie legte.
Sie strich noch einmal mit der rechten über das weiche Fell des Hengstes und dankte ihm stumm für seine Hilfe, ehe sie nickte. "Ja, ich ... schätze schon." erwiderte sie und sah Sébastien an. "Es hat gerade erst angefangen." berichtete sie, ehe sie wieder zusammen zuckte. "Aber es scheint, als hätte es da jemand sehr eilig."

Sébastien

Sébastien verdrehte die Augen. "Du kannst von Glück reden, dass Odysseus einen guten Tag hat. Er ist ein junger Hengst, kein Schoßhund. Nicht auszudenken, wenn er dich umgerempelt hätte!" Allein der Gedanke, was hätte passieren können, machte ihn wahnsinnig vor Sorge. Er hatte es immer geduldet, aber inzwischen war Laura eben so unbeweglich.
"Ich schätze, du hast den ganzen Tag schon Wehen und hast es nur nicht bemerkt, weil sie so unscheinbar waren. Das kommt öfter vor, als man meint.", erklärte er fachmännisch, führte seine Frau dann aber aus der Box und in Richtung Haus. Er steckte zwei Finger in den Mund und pfiff laut. Sofort kamen zwei junge Burschen aus einem Nebengebäude.
"Johnny, Luke, einer von euch geht und holt Elena aus dem Hospital, ja? Sagt ihr, es wäre eilig. Der Andere läuft zur Burg und holt meine Mutter her.", befahl er.
"Und wir bringen dich jetzt ins Schlafzimmer, du musst ins Bett."

Laura

"Unsinn." erwiderte Laura gepresst. "Er hatte keinen guten Tag. Er war immer vorsichtig mit mir." Das hatte sie an dem jungen Hengst von Anfang an so fasziniert, es war, als merke er genau, dass in Laura neues Leben heran wuchs und dass er sie deshalb vorsichtig behandeln musste. Aber wenn sie das Sébastien erklärte, hätte der sie ja doch nur ausgelacht.
Sie warf ihm einen kritischen Blick zu. "Aha, da spricht der Fachmann ... bist du neuerdings Hebamme, oder was?" brachte sie hervor, ehe sie erneut zusammen zuckte und sich fester an ihren Mann klammerte. "Heilige Jungfrau ..." wisperte sie und schluckte schwer, während Sébastien den beiden Stallburschen Befehle gab. "Ins Schlafzimmer ..." wiederholte Laura matt. "Die Treppe komme ich doch im Leben nicht rauf." protestierte sie angestrengt.

Sébastien

"Du hattest Glück mit ihm. Die Jungspunde sind oft ein bisschen rüpelig. Aber wir werden uns darüber nicht einig werden. Jetzt haben wir andere Dinge zu tun, als darüber zu streiten."
Sébastien hob die Augenbrauen. "Nein. Aber zum einen hole ich jedes Jahr über ein Dutzend Fohlen auf die Welt und zum Anderen habe ich eine nicht zu unterschätzende Anzahl an Geschwistern. Da bekommt man doch das eine oder andere mit, besonders wenn man der Älteste ist.", erklärte er dann und betrat mit ihr gemeinsam das Haus.
"Wohin denn sonst? Ach, red keinen Unsinn. Natürlich...ich trage dich die Stufen hinauf.", versprach er. "Wir schaffen das schon." Er blieb stehen und hob sie unter den Kniekehlen hoch. Sicher, Laura war gerade kein Leichtgewicht, aber Sébastien war ein kräftiger Bursche und schaffte es so ohne größere Mühen die Stufen hinauf, wo er seine Frau auf das gemeinsame Bett legte.

Laura

"Was du wieder redest ..." presste Laura hervor, musste Sébastien insgeheim aber natürlich Recht geben, jetzt konnte sie nicht mit ihm darüber streiten.
Trotz allem war sie aber noch in der Lage ihm einen bösen Blick zu zuwerfen. "Ich bin doch keine von deinen Zuchtstuten!" protestierte sie ärgerlich, hatte jedoch nicht genug Luft, um ihm noch mehr Vorwürfe zu machen, da sich bereits die nächste Wehe ankündigte. Sie presste die Lippen aufeinander und konzentrierte sich darauf an Sébastiens Seite einen Fuß vor den anderen zu setzen. Und sie war zugegebener Maßen erleichtert, dass er ihr gar nicht erst gut zuredete, sie würde die Treppe schon hinauf kommen, sondern sie einfach hochhob.
Während Sébastien sie nach oben trug, bettete Laura den Kopf an seine Schulter und atmete tief durch. Sie wusste, dass die nächste Wehe sie gleich wieder heimsuchen würde, aber für den Moment gab sie sich einfach dem Gedanken hin, dass sie Eltern wurden, dass sie bald ihr Kind in den Armen halten würde und dass sie sich darauf freute zu sehen, wie Sébastien mit dem Kleinen umging.

Sébastien

Sébastien schüttelte den Kopf. "Natürlich nicht. Aber die Natur der Sache ist doch gar nicht so unähnlich. Das kannst nicht einmal du bestreiten."
Es sagte schon viel, dass sie keine weiteren Widerworte gab und sich einfach an seine Schulter schmiegte. Als er sie abgelegt hatte, hörte er unten die Tür und wenig später kam Elena hinauf. Seine Mutter folgte ein paar Minuten später mit heißem Wasser vom Kamin und sauberen Tüchtern.
Sébastien küsste seine Frau auf die Stirn. "Du schaffst das, Laura, nur Mut...", beschwor er sie und verließ dann den Raum.
Die Frauen hatten ihm schon bitterböse Blicke zugeworfen. Etwas später lief er unruhig vor dem Kamin auf und ab. Er war aufgeregt, schließlich würde er Vater werden, aber Panik hatte er keineswegs. Dazu war er zu bodenständig aufgewachsen. Niederkünfte gehörten einfach zum Leben dazu.
Angenehm war es trotzdem nicht, Laura schreien zu hören.

Laura

Laura hätte gelacht, hätte sie das nicht so viel Atem gekostet. Also warf sie Sébastien nur einen kurzen Blick zu, ehe dieser den Raum verließ. "Du Bastard hast leicht reden ..." wisperte sie als die Tür ins Schloss fiel. Für ihn war es leicht, er verdrückte sich nach unten und musste einfach nur abwarten bis sie all die Arbeit erledigt hatte.
Während Elena alles vorbereitete, half ihre Schwiegermutter Laura aus dem Kleid. "Danke." Jetzt schon erschöpft, ließ Laura sich zurück in die Kissen sinken und sah Amelie zweifelnd an. "Ich frage mich wirklich, wie das gehen soll ... ich bin ja jetzt schön völlig -" Ihre Worte gingen in einen Schrei über als die nächste Wehe einsetzte und Laura hatte das Gefühl, dass diese hier noch stärker war als die vorherigen.
Süßer Jesus, und das soll ich nun womöglich Stunden lang aushalten? Ihr war es ein Rätsel woher sie diese Kraft nehmen sollte.

Amélie leistete ihrer Schwiegertochter Gesellschaft, nachdem Sébastien sie hatte holen lassen. Sie war selbst oft genug Muter geworden um zu wissen, wie die Jüngere sich jetzt fühlte. So saß sie auf der Bettkante und hielt Lauras Hand, während sie ihr aufmunternd zusprach.
"Ach Liebes, das geht uns allen so. Mach dir darum mal keine Gedanken. Die Natur hat es so gerichtet, dass der Körper sich die Kräfte einteilt. Ich mache dir nicht vor, dass es leicht wird, aber du schaffst es, ganz sicher."
Amélie drückte ermutigend Lauras Finger. "Schön atmen, Laura, nicht aufhören damit.", forderte sie sie auf, bis schließlich Elena Laura dazu aufforderte zu pressen.
"Komm schon, Laura, streng dich an. Lass uns dein Kind holen..."

Laura

Laura hatte wenig Zeit sich über Amélies Worte Gedanken zu machen, doch ihre Schwiegermutter sollte tatsächlich Recht behalten. Es war eine elende Schinderei, aber es war nicht unmöglich. Während Laura nach den ersten Wehen noch geglaubt hatte, sie würde keine weitere davon durchstehen, mobilisierte ihr Körper ungeahnte Kräfte und irgendwann war es soweit: ein kräftiges Gebrüll erfüllte den Raum, während Laura erschöpft in die Kissen zurück sank.
Sie atmete schwer und fühlte sich wie zerschlagen, aber sie konnte den Blick nicht von dem kleinen Wesen nehmen, das Elena gerade vorsichtig wusch und in ein dickes Tuch hüllte.
"Geht es ihm gut? Geht es meinem Kind gut?" fragte sie atemlos. Das war gerade das einzige, was sie interessierte. Der Protestschrei des Kindes war kräftig gewesen, aber bei einem so kleinen, zarten Ding wusste man ja nie ...

Amélie unterstützte ihre Schwiegertochter, so gut es ihr möglich war und war dennoch erleichtert, als das Kind endlich zur Welt kam. Sie versuchte sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass es ihr Enkelkind war, dass gerade lautstark protestierte, weil es dem warmen Mutterleib entrissen worden war.
Elena brachte Laura das Kind und legte es ihr in die Arme.
"Ein kräftiger Junge, Laura.", sagte Elena sanft und Amélie musterte ihren Enkel zufrieden. "Oh, Philippe und Sébastien werden so stolz sein.", prophezeite sie.
"So wie er gebrüllt hat, geht es ihm ausgezeichnet. Mach dir darum keine Sorgen..." Amélie strich dem Kleinen kurz über die Wange. "Oh, er ist so hübsch.", schwärmte sie, ehe sie begann, Elena beim aufräumen zu helfen.
Schließlich wollten sie Sébastien gleich herein lassen, damit er seinen Sohn kennenlernte.

Laura

Laura lächelte als Elena ihr das Kind brachte und nahm es vorsichtig in die Arme. "Ein Sohn ..." wisperte sie und musste schlucken, so gerührt war sie. Sie hatte sich eingeredet, es sei ihr egal, ob es ein Junge oder ein Mädchen werden würde und sicher hätte sie sich auch über eine Tochter gefreut, aber Laura verspürte dennoch einen kleinen Triumph über diesen Sohn. Sie hatte Sébastiens Erben geboren und das gleich beim ersten Mal.
Laura riss kurz den Blick von ihrem Jungen und schenkte ihrer Schwiegermutter ein strahlendes Lächeln. "Oh ja, das ist er." stimmte sie ein wenig heiser zu. Die Freudentränen schimmerten in ihren Augen als sie wieder auf den Jungen in ihren Armen hinab sah. Zärtlich strich sie ihm über die Wange und legte ihn dann vorsichtig an die Brust, damit er trinken konnte. Sie beobachtete, wie die kleinen Lippen sofort den richtigen Weg fanden, so als wisse der Kleine ganz genau, was er zu tun hatte, obwohl er doch gerade erst das Licht der Welt erblickt hatte.

Sébastien

Amélie nickte. "Oh ja, ein Sohn...du kannst wirklich sehr stolz sein auf den Kleinen..." Und ihre Männer würden es auch sein, weil die Familie fortgeführt wurde. Sébastien würde sich vielleicht am Anfang etwas schwer tun mit seiner neuen Vaterrolle, aber er würde sich schon einfinden. Sie ließ Laura noch ein bisschen Zeit den Kleinen zu stillen und ihn in Ruhe kennenzulernen, dann ging sie hinaus um ihren Sohn zu holen.
Sébastien war neugierig, ein wenig aufgeregt und durchaus ein bisschen blass um die Nase. Er hatte Laura gern und hatte mit ihr gelitten, als er sie hatte schreien hören.
Vorsichtig betrat er das Schlafzimmer und setzte sich zu Laura auf die Bettkante. "Wie geht es euch?", fragte er leise und beäugte neugierig den gemeinsamen Nachwuchs.
"Ein Junge, sagte meine Mutter?", fragte er dann lächelnd. "Er ist wundervoll...."

Laura

Laura nutzte die Zeit in der ihr Kleiner trank, um ihn ausgiebig zu betrachten und selbst wieder etwas zu Atem zu kommen. Es waren anstrengende Stunden gewesen, aber Laura fühlte sich nicht so am Ende wie sie erwartet hatte. Vielleicht war es das Glück über den kleinen Sohn, das die Erschöpfung übertönte, sie war sich nicht sicher.
Als Sébastien schließlich herein kam, war sie aber trotz der anstrengenden Zeit in der Lage ihm ein Lächeln zu schenken. "Es war ziemlich anstrengend, aber den Umständen entsprechend geht es uns gut." erklärte sie und nickte dann. "So ist es. Wir haben einen Sohn." stimmte sie zu und hielt den Jungen dann vorsichtig Sébastien entgegen. "Hier, kleiner Mann, das ist dein Vater. Und wenngleich er nicht so aussieht, ich bin überzeugt, dass er dich nicht fallen lassen wird." bemerkte Laura leise.

Sébastien

Sébastien nickte langsam. "Das ist gut." Er schaute Laura ein bisschen zweifelnd an, als sie ihm so einfach den kleinen Jungen übergeben wollte, gab dann aber nach und nahm den Jungen auf den Arm. Es war ein sonderbares Gefühl zu wissen, dass das hier sein eigen Fleisch und Blut war. Sein Sohn...
"Du hast viel Vertrauen in mich..." Fasziniert beobachtete er, wie sich eine kleine Faust aus dem weichen Tuch befreite. "Gott, wie winzig er ist..."
Man hatte wirklich Angst ihn zu zerbrechen, sobald man ein kleines bisschen fester zupackte. Daran würde er sich gewöhnen müssen.
"Wie willst du ihn nennen, Liebes?"

Laura

Laura unterdrückte ein Seufzen als sie Sébastien mit dem Kleinen auf dem Arm sah und beschränkte sich auf ein warmes Lächeln. "Das habe ich. Und bisher hast du mich noch nie enttäuscht, wenn ich mein Vertrauen in dich gesetzt habe." entgegnete sie und lachte leise. "Natürlich ist er das. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie die letzten neun Monate gewesen wären, wäre er viel größer. Aber du bist doch von uns beiden hier eigentlich der Experte, du müsstest doch wissen, dass Neugeborene winzig sind." neckte sie ihn sanft, nachdem er ihr doch vorhin noch fast eine Predigt über seine Erfahrungen gehalten hatte.
Laura sah kurz noch einmal auf ihren Sohn, dann wieder auf zu Sébastien. "Vielleicht ... Philip? Nach deinem Vater? Nur halt, naja, englischer?" schlug sie dann vor und wartete gespannt auf seine Reaktion.

Sébastien

Sébastien lächelte zurück. "Dann hoffe ich wirklich, dass das auch in Zukunft so bleibt." Er war immerhin ein
Filou, aber sie hatte Recht. Er hatte sich immer bemüht es Laura recht zu machen, weil er sie gern hatte und weil er sie in Schwierigkeiten gebracht hatte. Aber gerade was das Kind anging, wollte er es gut machen. Der Kleine war sein Sohn und er würde alles dafür tun ihn zu beschützen. Und sobald er weniger zerbrechlich war, würde er ihn mitnehmen zu den Pferden. Man konnte nicht früh genug damit anfangen, fand er.
"Nein, ich weiß. Aber das hier fasziniert mich trotzdem. Es ist immerhin mein Sohn und kein kleines Geschwisterchen. Das macht einen Unterschied. Man hat viel mehr Angst ihnen wehzutun, wenn man sie zu hart anfasst."
Sébastien überlegte kurz und nickte dann. "Eine gute Idee. Er wird sich sehr geehrt fühlen. Nun, kleiner Phil, willkommen auf der Welt."

Laura

"Ich bin da recht zuversichtlich." erwiderte Laura, beugte sich vor und hauchte einen Kuss auf Sébastiens Wange. Tatsächlich hatte diese Ehe sich so viel besser entwickelt als sie anfangs zu hoffen gewagt hatte und sie war wirklich zufrieden mit ihrem Los.
Laura musste grinsen, aber gleichzeitig wurde ihr so warm ums Herz, dass es sie schier überwältigte. "Du würdest ihm nie weh tun können." murmelte sie leise. Der Anblick von Sébastien mit diesem kleinen Wurm in den Armen war wirklich faszinierend. Durch die Arbeit auf dem Gestüt war Sébastien ein wirklich stattlicher Kerl geworden und der Säugling verschwand beinahe in den starken Armen seines Vaters. Dennoch hatte Laura keine Zweifel, dass dies der wohl beste Platz für ihren Sohn war, den es geben konnte.
"Ja, das dachte ich auch. Und schließlich ist er ja dein Erbe, nicht wahr? Es erschien mir passend." bemerkte sie und strich sachte über Sébastiens Arm. "Willst du ihn mitnehmen? Ihn taufen lassen und deinen Eltern zeigen? Ich glaube, ich könnte jetzt ohnehin ein wenig Schlaf gebrauchen."

Sébastien

Sébastien strich Laura sanft über die Wange. Wie seltsam sich sein Leben doch entwickelt hatte...Er hatte eigentlich nicht so schnell heiraten wollen und jetzt war da dieses kleine Wunder, das ihr Leben umkrempeln würde.
"Nein, ich werde auf ihn aufpassen. Und du hast völlig recht, es ist ausgesprochen passend. Es gefällt mir. Natürlich nehme ich ihn mit. Mutter hat ihn zwar schon gesehen, aber Vater wird sich sehr freuen. Und du ruhst dich aus. Es wäre albern, würdest du jetzt noch Fieber bekommen..."
Er gab Laura einen sanften Kuss und nahm seinen Sohn dann mit nach draußen. Vielleicht würde sein Vater ja schon unten warten.
Inzwischen hatte er sicher erfahren, dass Laura in den Wehen gelegen hatte.

Laura

Laura schüttelte etwas über sich selbst den Kopf, aber lachte dann leise. "Ja, stimmt, das hat sie schon. Aber jetzt ist er nicht mehr ganz so krebsrot und schon etwas weniger zerknautscht als vorhin, ich bin sicher, sie schaut ihn sich gerne noch einmal genau an. Und ich bin sehr gespannt, was dein Vater sagt, wenn er hört, wie sein Enkel heißt." Ebenso wie Sébastiens Mutter hatte Laura auch dessen Vater sofort ins Herz geschlossen als sie erst einmal hier eingezogen war. Früher hatte der Stallmeister ihr gehörigen Respekt eingejagt, doch seit sie ein Mitglied dieser Familie geworden war, hatte sie Philippe erst wirklich kennen gelernt und festgestellt, dass er wohl einer der gutherzigsten und freundlichsten Menschen war, die sie kannte.
"Oh, das werde ich. Gerade fühle ich mich als könnte ich zwei Tage durch schlafen. Aber mach dir keine Gedanken, ich bekomme schon kein Fieber. So schnell wirst du mich nicht los." erwiderte sie augenzwinkernd, erwiderte aber zärtlich den Kuss, den Sébastien ihr gab.

Sébastien

Sébastien konnte kaum die Augen von seinem Sohn abwenden, als er die Treppen hinab stieg. Ganz vorsichtig, damit Philip ja nichts geschah, betrat er schließlich das Wohngemach der Familie. Wie so oft saß sein Vater am Kamin und beobachtete Frederic bei seinen Übungen.
"Vater....darf ich dir dein erstes Enkelkind vorstellen?" Er schenkte seinem Vater ein stolzes Lächeln und trat näher.
"Es ist ein zäher, kleiner Bursche. Und beinahe wäre er im Gestüt zur Welt gekommen." Das hätte ihm später sicher gut gefallen.
"Wir werden ihn Philip nennen."

Philippe hatte seinen bevorzugten Platz vor dem Kamin bezogen und sah seinem Jüngsten bei dessen Aufgaben zu, um sicher zu gehen, dass er sie auch wirklich zu ende brachte, aber auch, um ihm notfalls helfen zu können. Mittlerweile schätzte er es wirklich, ab und zu auch für solche Dinge Zeit zu haben. Seit Sébastien so tatkräftig im Gestüt mitarbeitete, hatte Philippe einfach immer mehr Zeit zur Verfügung ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.
Er sah auf als er Schritte hörte und war im nächsten Moment auf den Beinen als Sébastien lächelnd auf ihn zukam. Natürlich hatte Philippe gewusst, dass Laura in den Wehen lag und da er auch Amélie schon gesehen hatte, wusste er, dass alles gut gegangen war, doch jetzt bekam er das Kindchen endlich zu Gesicht. Seinen Enkel ...
Philippe lachte leise. "Tatsächlich? Nun, bei den Eltern wundert mich das wenig." bemerkte er und spähte hinab auf das kleine Gesichtchen, das zwischen den weichen Tüchern hervorlugte. Dann hob er den Blick überrascht und starrte Sébastien an. "Philip?" wiederholte er und schluckte dann schwer. Sein Enkelkind und es würde auch seinen Namen tragen ... "Wie gut von euch." murmelte Philippe gerührt und deutete dann vage auf den kleinen Jungen. "Darf ich?"

Sébastien

Sébastien hob die Schultern und grinste breit. "Nun, das ist natürlich wahr. Es wäre seltsam, würden wir ein fügsames Kind bekommen. Der Kleine wird es so faustdick hinter den Ohren haben wie Laura und ich. Ich war auch nicht gerade ein ruhiges Kind. Aber das ist gut so...Laura wird mich lynchen, aber sobald er weniger zerbrechlich ist, nehme ich ihn mit zu den Pferden. Je früher, desto besser."
Er nickte nachdrücklich. "Ja, Philip. Er wird schließlich die Linie weiterführen, warum also nicht auch den Namen? Ein wenig englischer, aber das ist wohl nur recht so. Seine Mutter ist immerhin Engländerin." Bereitwillig überließ er seinen Sohn den deutlich erfahreneren Armen seines Großvaters.
"Aber sicher....nur zu. Ich habe ohnehin ständig das Gefühl, ich mache etwas falsch und tue ihm weh."