William und Joanna - ab 1193 bis 1194

"Ja, es ist ihm ausgesprochen gut gelungen. Er ist ein Aas. Ich hoffe wirklich, dass man ihn bändigen kann. Aber es ist ihm ja schon einmal gelungen, Richard meine ich. Er kennt seinen Bruder ausgesprochen gut.", erwiderte Beatrice zuversichtlich.
"Ja, du hast sicher Recht. Damit würde die Menschheit weiter kommen. Vielleicht hast du Recht. Vielleicht...war dieser Kreuzzug doch nicht umsonst."
Sie erwiderte den Händedruck, dann lächelte sie. "Ich danke dir, liebster Bruder. Ich vertraue auf dich. Und ich versuche, Gott ein bisschen mehr zu vertrauen."

Edward fragte sich insgeheim, ob er jemals aufhören würde vor solchen Begegnungen nervös zu sein. Vermutlich nicht, aber er hoffte, dass diese Begegnungen einfach so nicht mehr an der Tagesordnung sein würden. Dass endlich Ruhe in sein Leben kehrte ...
Aber mit Claire an seiner Seite, war er da sehr zuversichtlich. Und wenn sie nun hier in Pembroke waren, war immerhin ein weiterer wichtiger Schritt getan. Er sah kurz zu seiner Frau hinüber als sie zusammen durch das Burgtor ritten und lächelte leicht. Er freute sich unglaublich darauf seine Kinder wiederzusehen und sie Claire vorzustellen, auch wenn er hoffte, dass Matthew sich möglichst wenig zeigen würde, denn gegen den Schmied hegte Edward nach wie vor eine tiefe Abneigung.
Doch für den Moment wurden seine Gedanken davon abgelenkt als er wieder nach vorne sah und Isabella im Burghof entdeckte. Er lächelte breit als er sein Pferd zügelte und aus dem Sattel glitt. Er trat zu Claire und half ihr aus dem Sattel, dann führte er sie zu seiner Schwester hinüber, die er stürmisch umarmte. "Bella! Wie gut dich zu sehen."

 

Claire war ausgesprochen neugierig auf die Begegnungen, die sie hier in Pembroke erwarten würden. Sie wollte unbedingt Isabella kennenlernen, aber auch Hanna und vor allem Edwards Kinder. Sie war gespannt, wie die Beiden waren, ob sie Edward ähnelten.
Als sie den Burghof erreichten, ließ sie sich bereitwillig aus den Sattel helfen, weil sie wusste, dass Edward es einfach gern tat. Sie folgte ihm und beobachtete zufrieden, wie er seine Schwester begrüßte. Man konnte sofort sehen, dass die Beiden ein enges Band teilten und sie sich sehr gut verstanden.
Isabella erwiderte die Umarmung ihres Bruders ebenso begeistert. "Oh, Ed, das kann ich nur zurück geben. Wundervoll, dass ihr uns besucht."
Sie wandte sich neugierig an Claire. "Wie schön auch dich einmal wieder zu sehen, Claire. Zuletzt sah ich dich als kleines Mädchen. Und jetzt hast du meinem Bruder den Kopf verdreht." Sie umarmte auch Claire und grinste ihren Bruder flüchtig an.

Edward schenkte seiner Schwester ein verschmitztes Lächeln. "Würdet ihr hier nicht im tiefsten Nirgendwo leben, würde ich öfter kommen." neckte er und gab Isabella einen Kuss auf die Wange. Er wusste genau, wie sehr sie Pembroke liebte und er konnte es verstehen, es war nicht nur ein wunderschöner Flecken Erde, hier waren die Menschen auch von einem ganz anderen Schlag und es war wirklich angenehm wie unkompliziert viele Dinge hier in Wales waren.
Edward beobachtete, wie Isabella sich an Claire wandte und auch sie ohne Zögern in die Arme schloss, dann schnitt er eine kleine Grimasse. "Ich würde eher sagen, sie hat meinen Kopf zurecht gerückt, weniger verdreht." bemerkte er und legte seiner Gemahlin einen Arm um die Taille. "Und wie steht es mit dir? Ist deine bessere Hälfte zu Hause oder musst du dich selbst ein wenig zügeln?" fragte er amüsiert.

Isabella lachte leise. "Ich weiß. Aber die Reise lohnt sich doch immer, schließlich ist es wundervoll hier. Friedlich und jeder ist willkommen. Wer weiß, vielleicht möchtest du ja doch öfter kommen, wenn es deiner Frau hier gut gefällt. Aliz freut sich sicher wahnsinnig dich zu sehen, Ed."
Isabella legte den Kopf zur Seite. "Das schadet dir gar nichts. Du verträgst es, wenn man dir den Kopf zurecht rückt. Oh, Will ist noch unterwegs, er musste ein paar Dinge in der nahegelegenen Stadt besprechen, aber er wollte heute Abend zurück sein. Wir werden also sicher zusammen essen können heute Abend. Bist dahin zügele ich mich selbst.", fügte sie grinsend hinzu.
Sie machte eine auffordernde Geste. "Nun kommt, ihr wollt euch sicher etwas frisch machen."

"Da hast du Recht, es ist wirklich immer schön hier. Aber ich hoffe, dass meine Frau es dennoch in Oxford ein wenig schöner findet." bemerkte er augenzwinkernd und nickte dann. "Ich freue mich auch schon sehr sie zu sehen. Ich bin immer noch ein wenig schockiert darüber, dass aus dem kleinen Mädchen eine Dame geworden ist ..." räumte er ein, wusste aber auch, dass er über diesen Umstand besser nicht zu sehr jammerte, denn Aliz war immerhin ein Jahr älter als Claire.
Edward zuckte leicht mit den Schultern. "Ich weiß. Deshalb habe ich sie ja auch geheiratet, damit sie das immer wieder tun kann, wenn nötig." erklärte er und schenkte Claire ein sanftes Lächeln.
Zufrieden nickte er und führte Claire dann hinter Isabella her zur Burg hinüber. "Das klingt nach einem guten Plan." Sie würden immerhin auch einige Tage bleiben, sie hatten also genug Zeit, um alles hier in Ruhe anzugehen.

Während Claire sich noch ein wenig frisch machte, hatte Isabella sich mit Edward ein bisschen zurück gezogen um allein zu reden. Claire und auch Aliz würden nachher zu ihnen stoßen und die Runde vergrößern, aber für den Moment genoss sie es sehr, ihren Bruder einen Moment für sich allein zu haben.
"Du wirkst sehr glücklich mit ihr, Ed. Ich hätte es mir kaum vorstellen können." Aber ihr Bruder wirkte endlich wieder entspannt. Entspannter, als sie ihn je in seiner Ehe mit Helene gesehen hatte.
"Du willst ihr die Kinder vorstellen, nicht wahr?", fragte sie dann. "Weißt du, ich dachte...Aliz und Claire würden sich sicher gut verstehen. Sie sind ja fast gleich alt. Vielleicht würde Aliz dich gern wieder begleiten, es würde ohnehin Zeit, ihr langsam einen Mann zu suchen."

Edward saß neben Isabella in den großzügigen Wohngemächern und musste bei den Worten seiner Schwester unwillkürlich lächeln. "Ich wirke nicht nur so, ich bin es, Bella. Mit ihr an meiner Seite fühle ich mich ... wieder vollständig. Und vielleicht verstehst du jetzt ja erst recht, wieso ich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt habe, um sie zu bekommen. Ich wäre eingegangen, hätte ich sie wieder gehen lassen müssen." Er schlug die Beine übereinander und nickte dann. "So nach und nach soll sie alle kennen lernen und ich dachte mir, es wäre gut, hier anzufangen." Edward legte den Kopf ein wenig zur Seite und seufzte dann tief. "Ich hatte auch schon daran gedacht, ihr das anzubieten. Aber ihr einen Mann suchen ..." Er schauderte leicht. "Du hast natürlich Recht, es ist Zeit und ich bin wohl der letzte, der sich irgendwelche bigotten Reden erlauben darf. Trotzdem ist es ein seltsames Gefühl, es kommt mir vor als hätte ich sie erst gestern in den Armen gehalten." Winzig wie sie damals gewesen war. Und wenngleich Aliz nicht seine leibliche Tochter war, hatte sie vom ersten Moment an seinen Beschützerinstinkt geweckt und er liebte sie wie sein eigen Fleisch und Blut. Anders als ihre Brüder, die er zwar ebenfalls ins Herz geschlossen hatte - nachdem Thomas und er ihre anfänglichen Schwierigkeiten überwunden hatten - aber Aliz hatte einen besonderen Platz in Edwards Herzen bekommen.

"Das ist gut. Ich bin froh, dass es so ist, du hast es wirklich verdient. Natürlich kann ich dich verstehen, wie könnte ich nicht. Ich weiß, wie es ist, so gefesselt zu sein. Ich würde es auch nicht anders haben wollen als mit William hier und mit unserer stetig wachsenden Familie." Sie lächelte zufrieden. "Weißt du, ich bin wieder schwanger."
Und vergessen waren all die Sorgen aus vergangenen Zeiten, dass sie keine Kinder bekommen konnte. "Ich weß, aber sie ist erwachsen geworden. Sie ist älter als deine Claire....Du musst sie ja nicht zwingen. Nimm sie mit nach Hause, vielleicht einmal mit an den Hof. Sie ist ein hübsches Ding, sie wird schon einen netten Kerl finden."
Dafür würde Edward schon sorgen. Er würde seine Kleine nicht irgendwem geben...

"Ja, es scheint, als wären wir zwei wirklich vom Glück gesegnet." bemerkte er zufrieden und sah Isabella dann überrascht an, ehe er sie freudig umarmte. "Oh, Bella, das freut mich für euch. Meinen Glückwunsch. Vielleicht bekommt euer kleiner Will dann dieses Mal noch einen Bruder. Ich bin sicher, er hätte bei zwei Schwestern nichts dagegen." bemerkte Edward amüsiert. So wie er Isabella liebte, war er auch völlig vernarrt in die kleine Kinderschar seiner Schwester. Mit Kindern hatte er eigentlich schon immer gut gekonnt, vielleicht, weil er selbst einfach nie so richtig erwachsen wurde.
Edward stöhnte leise und machte eine matte Geste. "Ich weiß, ich weiß. Trotzdem ist es ein merkwürdiges Gefühl. Du wirst mich verstehen, wenn Sybil in vier, fünf Jahren dir das erste Mal ihre Schwäche für irgendeinen noblen Ritter anvertraut." prophezeite er grinsend. "Aber ich spreche mit Aliz darüber und biete ihr an wieder mit nach Oxford zu kommen. Ich würde mich freuen, wenn sie will und ich denke, du hast Recht, sie und Claire könnten sich sehr gut verstehen. Und alles weitere fügt sich dann, wenn sie bereit ist. Ich will sie nicht in irgendeine Ehe zwingen." Aliz sollte es um keinen Preis ergehen wie ihrer Mutter, die unter Tom so gelitten hatte.

Isabella erwiderte die Umarmung und lächelte. "Ich danke dir. Ich bin auch wirklich glücklich. Will würde sich sicher freuen...Aber das liegt in Gottes Hand und es ist mir einfach egal. Ich bin...zufrieden."
Sie lachte auf. "Es ist ein merkwürdiges Gefühl. Aber ich werde damit weniger Probleme haben, wenn sie soweit ist. Ich glaube, Willam wird mehr Schwierigkeiten damit haben sie loszulassen." Da war sie ganz sicher. Ihr Mann hing so sehr an seinen Kindern.
"Sprich mit ihr, sie soll entscheiden. Sie ist alt genug. Lass sie Claire ein bisschen kennenlernen, dann werden wir sehen, was sich entwickelt."

Edward schmunzelte leicht. "Und wer könnte das besser verstehen als ich. Ach Bella, ich bin so froh, dass wir alle nach und nach unser Glück finden. Genau so und nicht anders sollte es sein." Und in seinen Augen hatten sie es auch alle verdient. Jeder aus seiner Familie hatte seine eigene Prüfung zu bewältigen gehabt und es tat gut zu sehen, dass sie nach und nach alles zum Guten wendete.
Edward wiegte den Kopf leicht hin und her. "Abwarten, meine Liebe. Wir sprechen uns nochmal, wenn es soweit ist." neckte er sanft und lehnte sich dann mit einem entspannten Seufzen zurück. "Es ist gut, mal wieder hier zu sein. Und das mit Claire an meiner Seite. Ich glaube, jetzt werde ich auch Matthew ein klein wenig gelassener entgegen treten können." mutmaßte er. "Weißt du, wie es ihnen geht? Hanna und den Kindern?"

Isabella nickte. "Ja, so sollte es sein. Wir haben alle unsere Familie, auch wenn wir manchmal ein paar Anläufe mehr brauchen. Aber auch Mary und du, ihr habt euren Partner fürs Leben gefunden und das freut mich wirklich sehr."
Sie lachte leise auf und strich eine Strähne hinter ihr Ohr. "Das können wir gerne tun, aber ich denke, ich werde tatsächlich entspannter sein als mein Mann. Aber sicher wirst du Matthew gegenüber entspannter sein, denn du hast nicht mehr das Gefühl, dass er dir etwas wegnimmt. Du hast jetzt Claire..." Isabella lächelte. "Es geht ihnen gut. Zwei muntere Kobolde, die Beiden, lauter Unfug im Kopf wie du. Und Hanna ist zufrieden. Sie ist eine angesehen Frau im Dorf, weißt du."

"Das ist wahr. Und es freut mich, auch Mary so glücklich zu sehen. Als ich in Dover war, ist mir wieder einmal aufgefallen, wie sehr sie aufblüht seit sie Charles hat. Auch wenn es kaum zu glauben ist, dass dieser griesgrämige Bär eine so zarte Seite hat." feixte Edward, der seinen Schwager tatsächlich aber ausgesprochen gut leiden konnte. Anfangs hatte es ihn verwundert, dass ausgerechnet Mary und Charles zueinander gefunden hatten, denn er hatte nie viel mit Charles of Kent zu tun gehabt. Er hatte ihn stets als aufrichtigen, höflichen, aber sehr reservierten und wortkargen Mann wahrgenommen. Erst an der Seite seiner Schwester war Charles aus sich heraus gekommen.
Edward zuckte leicht mit den Schultern. "Stimmt, er nimmt mir nur noch die Kinder weg." bemerkte er ein wenig spöttisch, hörte Isabella dann jedoch aufmerksam zu und lächelte sanft bei ihrer Beschreibung. "Das ist gut. Es freut mich, dass sie wohl auf sind und auch für Hanna freut es mich." Sie war ihm schließlich nie gleichgültig gewesen und war es auch heute nicht.

Isabella lächelte sentimental. "So ist es... Sie ist so glücklich mit ihm. Er hält sie auf dem Boden und ist ihr Ruhepol. Und das schafft er mühelos, ohne dass sie sich eingeengt fühlt. Das ist die große Kunst. Er hat eine sehr zarte Seite. Die Beiden sind wirklich süß zusammen, Charles kann kaum die Augen von ihr lassen, wenn sie im selben Raum ist."
Sie schüttelte leicht den Kopf. "Das stimmt doch gar nicht. Was soll er denn tun? Sie von ihrer Mutter fort holen um sie dir zu schicken? Sei lieber froh, dass er die Kleinen so sehr ins Herz geschlossen hat. Er wird sie immer behandeln wie seine eigenen und darum musst du dir nie Gedanken machen. Auch um Hanna nicht, er ist wie ein Lämmchen zu ihr."

Edward lächelte leicht. "Was du liebst, lass frei und es kehrt zu dir zurück ..." murmelte er versonnen. Vielleicht war er derjenige, der Mary in dieser Hinsicht am allerbesten verstehen konnte. Er hatte schon immer eine Neigung dazu gehabt über die Stränge zu schlagen und gegen Regeln zu verstoßen, doch je mehr man ihn unter Druck setzte, desto schlimmer war es geworden. Je mehr man ihn zu Mäßigung und Ruhe angehalten hatte, desto mehr hatte er sich nach Abenteuern gesehnt und Mary erging es da nicht ganz unähnlich. Gerard, dieser Verrückte, hatte sie in einen goldenen Käfig sperren wollen und je mehr er sich geweigert hatte mit Mary an den Hof zu gehen, desto größer war ihre Sehnsucht nach dem bunten Treiben dort geworden. Edward erinnerte sich noch sehr genau an eine Gelegenheit an der Mary mit ihrem Gemahl am Hof gewesen war und da Gerard mit finsterer Miene am Tisch gesessen hatte, hatte Edward seine Schwester zum Tanzen entführt - und ihr Gemahl war fast verrückt geworden vor Eifersucht während Mary am liebsten immer weiter getanzt hätte.
Und heute? Heute liebte Mary ihr Leben mit Charles in Kent, genoss es in Dover oder Leeds zu verweilen, obwohl sie jederzeit an den Hof könnte, denn ein Wort von ihr genügte und Charles würde umgehend die Koffer packen lassen. Und genau dieses Wissen um ihre Wahlmöglichkeit, ihre Freiheit, hatte Mary zur Ruhe kommen lassen.
Edward nickte versonnen. "Ich kann ihn verstehen. Mir geht es da ganz genau so." räumte er dann grinsend ein. Claire und er mochten auf den ersten Blick vielleicht auch wie ein ungleiches Paar wirken, aber er hätte diese Frau nicht inniger lieben können.
Edward lehnte sich vor und schüttelte leicht den Kopf. "Das ist auch nicht, was ich meine, Bella. Er soll sie nicht zu mir schicken, wir sind ja gerade überein gekommen, dass sie bei Hanna derzeit noch am besten aufgehoben sind und ich weiß ja, dass er die Kleinen mag, aber ..." Edward rang kurz um Worte. "Genau das ist das Problem, weißt du?" räumte er dann verlegen ein. "Ich meine ... für Edmund bin ich ein netter Kerl, der dann und wann zu Besuch kommt und behauptet sein Vater zu sein. Vielleicht findet er es ein wenig aufregend, wenn ich da bin, ihm Zeit widme und Rittergeschichten erzählen kann, aber ... Matthew ist in seinem Herzen sein Vater. Matthew ist derjenige, der all seine kleinen und großen Sorgen miterlebt und zu dem er geht, wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist. Matthew ist der Mann, dem er vertraut und ... Gott bewahre ... den er sich zum Vorbild nimmt. Der Bengel spricht lieber Walisisch als Englisch, sieht die meiste Zeit aus wie ein kleiner Strauchdieb, weil er sich in der Schmiede herum treibt und das einzige, was der Knirps über Pferde weiß, ist, dass man sie richtig beschlagen muss, damit sie gut laufen können." Edward seufzte leise. "Weißt du, Bella, ich ... mir graut es vor dem Tag an dem ich ihn zu mir hole und feststelle, dass er in meiner Welt todunglücklich ist, weil er in seinem Herzen ein ... ein walisischer Bauernlümmel ist. Und mit Juliana sieht es ganz ähnlich aus. Sie war noch so klein als ich Hanna und sie hier her gebracht habe, das zählt also nicht wirklich viel, im Grunde geht es ihr fast genauso wie Edmund." Was genau hatte Edward eigentlich verbrochen, dass er Kinder von ganzem Herzen liebte, mit einer eigenen Kinderschar gesegnet war und keines von ihnen bei sich haben konnte?

"So ist es. Und wer würde das besser wissen als du." Ihr Bruder war schon immer ein Abenteurer und Unruhestifter gewesen, schon als Kind. Aber wenn man versuchte ihn zu bändigen, wurde es meistens nur noch schlimmer. "Aber dem alten Henry ist an dir ein Kunststück gelungen. Er hat es geschafft dich zu formen..."
Und Mary war Isabella sowieso so verbunden, dass sie ganz genau nachvollziehen konnte, was in ihr vorging. Sie war es ja auch gewesen, die den Anstoß gegeben hatte, um Mary aus dieser Ehe zu holen.
Isabella seufzte leise.
"Ich weiß, Ed...Aber Edmund ist noch so klein. Sicher fällt es ihm im Moment schwer das zu trennen und hier spricht eben fast jeder walisisch, sogar ich habe es ein wenig gelernt. Wenn er älter wird, wird er aber mehr Interesse an dir haben. Du solltest Hanna vertrauen, sie wird dafür schon sorgen. Ich mache dir nichts vor, Matthew wird immer in seinem Herzen sein. Aber das wirst du auch. Er wird in deiner Welt nicht unglücklich sein. Und selbst wenn doch...lass ihn doch sein, wie sein Herz begehrt. Du hast einen Erben, du hast wundervolle Kinder. Erfreue dich an ihrer Vielfalt. Warte einmal, bis du Aliz siehst. Dir wird das Herz aufgehen. Und wenn sie mit dir kommt, wird sie bei dir sein für die nächste Zeit."

Edward seufzte leise als Isabella den alten König erwähnte und nickte dann. "Oh ja, das ist ihm tatsächlich gelungen. Er hat an eine Seite in mir appelliert, derer ich mir zuvor so gar nicht bewusst gewesen bin. Und er war ein wirklich großartiger Mann. Ich werde ihm nie vergessen, was er alles für mich getan hat."
Er schnitt eine kleine Grimasse. "Lass ihn doch sein, wie sein Herz begehrt. Das ist so ein typischer Ratschlag von dir ... aber ich fürchte, in diesem Punkt unterliege ich dem gleichen Fehler, wie die meisten Väter, ich wünsche mir, dass meine Söhne in meine Fußstapfen treten. Oder zumindest die Wege verfolgen, die ich für sie angedacht habe." Edward schloss einen Moment die Augen und dachte an seine Kinder, an Gabriel, Michael und Raphael und an Juliana und Edmund. Aber auch an seine Stiefkinder, an Thomas und Jonah und natürlich an Aliz ... "Vielleicht würde es mir leichter fallen diese Vielfalt zu genießen, wenn ich sie auch beständig um mich herum sehen könnte. So fürchte ich andauernd, dass die Männer, die tatsächlich für die Erziehung meiner Kinder verantwortlich sind, sie mir entfremden. Matthew hier und Alexander in Dover. Wobei Michael und Raphael ja wenigstens direkt bei Mary und Charles am Hof leben und wenn einer von ihnen eine kleine Bibelschwester wird, naja, das ist vielleicht nicht das Schlechteste. Aber Edmund und Juliana ... wenn ich sie irgendwann zu mir hole, werden sie ohnehin von einigen schief angesehen, weil sie Bastarde sind. Wenn sie dann aber obendrein auch noch mehr Waliser als Engländer und mehr Bauernkinder als Adlige sind ..." Edward schüttelte den Kopf. Die Vorstellung gefiel ihm ganz und gar nicht und er liebte diese zwei Kinder viel zu sehr, um sie hier einfach ihrem Leben zu überlassen. Er wollte sie um sich haben, wollte ihnen ein Vater sein.

Isabella lächelte leicht. "Ja, er hat einen Mann aus dir gemacht, Ed." Sie hob die Schultern. "Natürlich, du weißt doch, wie ich darüber denke. Du wirst dich schon daran gewöhnen. Lass sie ihren Weg gehen. Du hast ohnehin nicht für alle deine Söhne ein Erbe, Ed. Du hast auch geduldet, dass Thomas Stallmeister wird. Wenn Edmund Schmied werden will, warum denn auch nicht? Du wirst sie immer wieder um dich haben. Gabriel wird bald heim kehren, Michael ebenso, denn er ist bald alt genug. Und in der Tat wäre es für Raphael vielleicht gar nicht schlecht, wenn er Priester werden würde. Vertrau auf ihre Mütter, sie werden eine Entfremdung nicht zulassen."
Sie seufzte. "Das wird ihnen nicht erspart bleiben, Edward. Sie wachsen nun einmal in Wales auf. Aber sie sind jung und formbar, auch wenn sie zu dir kommen."

Edward wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. "Das nicht, aber ich habe Einfluss, ich kann jeden von ihnen in gute Positionen bringen, so dass sie ein gutes Auskommen haben und womöglich auch Land bekommen." Er schnalzte leise mit der Zunge. "Thomas ist kein gutes Beispiel." wandte er ein. Thomas war nicht sein leiblicher Sohn und sie beide hatten von Anfang an Schwierigkeiten miteinander gehabt. Edward war also froh gewesen als der Junge schließlich eine Passion gefunden hatte, die ihn glücklich machte, ganz gleich was es war. Und auch erst danach waren sich die beiden wirklich näher gekommen.
Edward fuhr sich durch den roten Schopf und grinste leicht. "Ach Bella, du weißt doch, dass Geduld nicht gerade meine große Stärke ist. Und auch nicht, so wichtige Dinge einfach anderen in die Hände zu legen." Das war etwas, womit er sich wohl erst nach und nach würde abfinden müssen.

"Das hast du wohl. Aber was nutzt dir all das, wenn sie dann nicht glücklich dabei sind? Aber ich gebe dir Recht, bei Thomas liegen die Dinge ein bisschen anders."
Isabella lachte leise. "Ja, ich weiß. Du bist kein geduldiger Mensch, Feuerkopf der du bist. Aber du wirst es schon meistern."
Sie legte den Kopf schief und deutete dann zur Tür. "Sieh mal, wer da ist..."
Aliz betrat schüchtern den Raum, begann dann aber zu strahlen, als sie Edward sah. "Oh, Vater!" Edward war für sie immer ein Vater gewesen, von klein auf, und sie liebte ihn sehr. Er war immer da und sie freute sich auch, dass er nun wieder in England war. Die Zeit des Kreuzzuges war ihr lang geworden. Und sie war gespannt seine Frau kennenzulernen.

Edward seufzte theatralisch. "Nichts natürlich. Ich sehe schon die Weisheit in deinen Worten, Schwesterherz, nur fällt es mir noch ein wenig schwer sie zu akzeptieren. Aber es ist wie du sagst, ich werde es schon meistern ... irgendwann." Fügte er grinsend hinzu.
Dann wandte er den Kopf und Edwards Augen begannen zu leuchten. "Aliz!" Er war auf den Beinen ehe er ihren Namen völlig über die Lippen gebracht hatte und eilte auf sie zu. "Großer Gott ..." murmelte er und schloss sie ohne zu Zögern in die Arme. "Mir scheint, als seist du noch ein wenig schöner geworden seit ich das letzte Mal hier war. Und ich dachte, das wäre eigentlich gar nicht mehr möglich." Bemerkte er, strich ihr sachte über die Wange und hauchte einen Kuss auf ihre Stirn.
Als er vom Kreuzzug zurück gekommen und sie dS erste Mal wieder gesehen hatte, hatte er gedacht, ihn würde der Schlag treffen, denn aus dem kleinen Mädchen War eine junge Dame geworden. Heute war es nun das erste Mal, dass er Aliz nach seiner Hochzeit mit Claire wiedersah und vielleicht hatte auch das seinen Blick auf seine Ziehtochter verändert, denn er sah ganz genau, was Isabella vorhin gemeint hatte.
"Wie geht es dir, meine Kleine?" Fragte Edward, nahm sie leicht am Ellenbogen und führte Aliz hinüber zu den Sesseln wo Isabella saß und lächelnd die Begrüßung beobachtet hatte.

Aliz

Aliz erwiderte die Umarmung zufrieden und sonnte sich in der Geborgenheit, die Edward ihr vermitteln konnte. Er war der einzige Vater, den sie kannte und sie war zufrieden.
Sie lachte leise. "Ich danke dir, aber ich glaube, das ist wirklich unmöglich." Aliz neigte den Kopf zur Seite und begleitete Edward zu den Sesseln hinüber, wo sie ihrer Tante zulächelte. Sie hatte Isabella sehr gern, denn ihre Tante war immer liebevoll und hatte ein offenes Ohr.
"Es geht mir gut, wirklich, Vater. Ich bin zufrieden hier. Wales ist schön. Und wie geht es dir? Und deiner Frau? Du hast sie mitgebracht, oder?"

Edward grinste. "Nicht ganz unmöglich will mir scheinen, wenn ich dich so vor mir sehe." erwiderte er vergnügt und zwinkerte Aliz verschwörerisch zu.
Als sie sich gegenüber saßen, musterte Edward seine Tochter lächelnd und nickte. "Das freut mich zu hören." Wenngleich er hoffte, dass ihr Wales nicht so gut gefiel, dass sie hier bleiben wollte. "Oh, mir geht es hervorragend. Ich bin ... glücklich. Und meine Frau auch, will ich meinen." Erklärte er und nickte. "Ja, sie ist mitgekommen. Sie wirbelt noch durch unser Gemach, ich vermute sie sucht ihr Lieblingskleid um es anzuziehen, hat es aber ganz unten in der Truhe verstaut." Scherzte er leicht. "Aber du wirst sie nachher noch kennenlernen. Und ich bin sehr gespannt auf dein Urteil."

Aliz

"Du bist ein Schmeichler.", erwiderte Aliz ein wenig verlegen. Es bedeutete ihr durchaus viel, dass Edward sie so herzlich begrüßte und ihr solche Komplimente machte.
Aliz lauschte ihrem Stiefvater zufrieden und nickte. "Es ist schön dich wieder so zufrieden zu sehen. So glücklich. Allein deshalb mag ich sie sicher gerne. Wenn sie dich glücklich macht, ist sie die Richtige für dich."
Sie legte Edward die Hand auf den Arm. Es wird noch Zeit genug sein. Ihr bleibt doch eine Weile, oder? Ihr reist nicht gleich wieder ab?"
Aliz sehnte sich danach, etwas mehr von ihrem Vater zu haben. Sie wollte mit ihm Zeit verbringen, ihn wieder besser kennenlernen.