William und Joanna - ab 1183

Edward grinste anzüglich. "Oh ja, zumindest zwischen den Laken waren wir immer ein perfektes Paar." stimmte er zu und ließ eine Hand sachte über Helenes warme Haut wandern. Wie lange es her war, dass sie sich das letzte Mal geliebt hatten ... er war mit Richard ins Heilige Land gegangen und als er zurück gekommen war, hatte sie sich bereits auf Alexander eingelassen, diesem sogar schon die kleine Theresa geboren. Nun war noch ein weiteres Kind hinzu gekommen und Helenes Körper hatte sich entsprechend ein wenig verändert, aber in Edwards Augen absolut zum Positiven. Es gefiel ihm, wenn eine Frau wirklich weibliche Rundungen aufzuweisen hatte, alles andere war in seinen Augen viel zu langweilig.
Edward lachte auf. "Ah, vielen Dank für dieses Lob. Und ich kann es wirklich nur zurück geben." stellte er fest und ließ seine Hand zu ihrer Brust wandern, malte mit dem Zeigefinger Kreise auf ihre Haut, zunächst kleine, dicht um ihre Brustwarze herum, dann langsam größer werdend. "Du wirst mich in den nächsten Tagen gut in deinem Bett verstecken müssen." wisperte er leise. "Nicht, dass ich noch missfällige Blicke von meiner Schwester oder meinem werten Schwager bekomme." fügte Edward hinzu und beugte sich dann etwas vor, um Helene einen Kuss geben zu können. Es war durchaus sein Ernst gewesen, er konnte gut und gerne noch ein wenig so weiter machen. Dieser eine Akt war doch ein perfekter Beginn für noch mehr vergnügliche Zeit hier im Bett.

"Das ist wahr. Und wäre es doch immer so einfach gewesen...ich schätze, dann hätten wir uns nie so auseinander gelebt." Helene hatte oft darüber nachgedacht, was passiert wäre, wenn sie Alexander nie getroffen hätte.
"Hm, ich hatte einen wirklich guten Lehrmeister, mein Lieber." Wie hatte sie sich gefürchtet in ihrer Hochzeitsnacht...Aber danach hatte sich alles geändert. Sie erschauderte vor Wonne, als er ihre Brust liebkoste. "Das dürfte kein größeres Problem darstellen. Sie werden es vielleicht missbilligen, aber es hilft mir..."
Sie seufzte leise und erwiderte seinen Kuss. "Ich kann nicht versprechen, wie lange diese gute Phase hält. Vermutlich liege ich heute Nacht in deinen Armen und weine...Aber weißt du...es ist egal, solange du es verstehst. Und ich denke, es ist besser, wenn diese Sachen diese vier Wände nicht verlassen. Für uns Beide, denn du musst irgendwann in dein Leben zurückkehren. Aber...du bist mir immer willkommen. Wir können ja doch nicht voneinander lassen, auch nach all den Jahren nicht. Und ich bin entzückt, dass du mich immer noch begehrst, obwohl ich nicht mehr das schlanke Mädchen von damals bin."

"Vielleicht. Aber es ist müßig darüber nachzudenken, oder? Es ist ohnehin schon lange vorbei." Sie waren ja nun auch nicht erst seit ein paar Tagen nicht mehr verheiratet.
"Hm, das muss wirklich ein fantastischer Lehrmeister gewesen sein." feixte Edward und küsste Helene erneut, ein klein wenig herausfordernd dieses Mal, denn ihm war das leichte Schaudern nicht entgangen, dass seine Hand an ihrer Brust ihr beschert hatte. "Und das ist es, was zählt, nicht wahr? Dafür bin ich immerhin hergekommen. Um dir zu helfen."
Unbekümmert zuckte Edward mit den Schultern. "Und wenn schon. Besser du liegst weinend in meinen Armen als allein hier im Dunkeln. Es ist immer besser, solchen Schmerz zu teilen. Das habe ich selbst oft genug festgestellt." Und womöglich hatte er immer noch das Bedürfnis, seinen Schmerz zu teilen, dieses Mal mit jemandem der ihn wirklich verstand.
Edward grinste. "Vielen Dank für dieses verlockende Angebot, Teuerste. Einer solchen Einladung komme ich doch sicher gerne bei Gelegenheit nach." erwiderte er augenzwinkernd. Edwards Hand hielt in ihrem Tun inne und er drückte leicht zu, dann ließ er sie weiter wandern, über Helenes wundervolle Kurven. "Ach, wer braucht schon schlanke Mädchen ..." wisperte er. "Du bist wunderbar, so wie du bist."

Helene brummte zustimmend. Er hatte ja Recht, es war lange vorbei. Trotzdem dachte sie manchmal darüber nach. "Hm, das war er. Nach leichten Anfangsschwierigkeiten." Sie erwiderte den Kuss und legte die Hand in seinen Nacken, um ihn einen Moment länger festzuhalten. Dieser so vertraute, warme Körper tat ihr gut. Es war Lebensfreude, die sich erstmals wieder regte und das fühlte sich seltsam an, aber gut. "Ja, du hast wahrscheinlich Recht. Und ich weiß, du verstehst das besser als jeder Andere." Sie musste sich vor Edward nicht schämen.
Sie legte den Kopf leicht in den Nacken vor Wonne, als er zudrückte. Sie genoss seine Hände auf ihrer Haut, wie er ihre Rundungen liebkoste. Sie fuhr mit der Hand über seinen Rücken und seine Oberschenkel. "Mir scheint, du bist wirklich bereit für eine neue Runde...", neckte sie lachend. "Solche Kompliment hört man wirklich gern..."

Edward lächelte gegen Helenes Lippen als sie die Hand in seinen Nacken legte und den Kuss noch etwas in die Länge zog. Es war schon faszinierend, wie schnell und scheinbar leicht sie wieder so vertraut miteinander geworden waren, obwohl die vergangenen Jahre doch immer ein gewaltiger Graben zwischen ihnen existiert zu haben schien. Doch Alexanders Tod hatte so einiges verändert und Edward fragte sich, ob er womöglich bis zum Schluss in einem Winkel seines Herzens eifersüchtig auf den Pfaffen gewesen war, selbst nachdem er Claire getroffen hatte.
"Das ist wirklich ein denkwürdiger Augenblick. chérie. Sonst halten mich die Leute doch so gerne für einen Holzklotz ohne jegliches Feingefühl." scherzte er amüsiert. Aber Helene hatte natürlich Recht, er verstand sie besser als jeder andere hier und das schaffte eine merkwürdige, vollkommen neue Vertrautheit zwischen ihnen.
Edward schnappte nach Luft als Helenes Hände über seinen Rücken hinweg zu seinen Oberschenkeln glitten. "Oh ja, das bin ich in der Tat ..." stimmte er zu und drehte sich herum, so dass sie wieder unter ihm lag.

"Das bist du auch, oft. Aber nicht in dieser Hinsicht. Das hier ist etwas, das niemand so gut versteht wie du. Und darum kann mir niemand Trost spenden wie du. Und es ist gut so...Gott wird sich schon etwas dabei gedacht haben."
Helene gab sich ihm bereitwillig hin und war mehr als bereit. Sie genoss diese Begegnung ungemein und mit jeder Sekunde schien mehr Last von ihr abzufallen.
Es war gut, wie es war und sie wollte einfach gar nicht darüber nachdenken, dass sie das wirkliche Leben irgendwann einholen würde.
Doch Edward und sie hatten zu einer völlig neuen Beziehung gefunden. Es war Freundschaft mit ein bisschen mehr. Sie hielt das für ein glückliches Arrangement.

Giulia

Giulia kam sich immer noch vor als wäre sie in einer vollkommen fremden Welt angekommen und nicht einfach nur in einem fremden Land. Sie begriff nicht so recht, wie ihr Vater so von England schwärmen konnte, denn für Giulia war es deutlich, dass nichts an Italien heran kam. Und dabei blieb sie auch nachdem sie nun schon ein Weilchen hier in Truro war.
Sie machte gerade einen Spaziergang durch den Garten und hing ihren Gedanken nach als sie weiter vor sich helles Kinderlachen hörte. Kurz überlegte Giulia, ob sie umkehren sollte, da sie ja eigentlich extra hergekommen war, um ein wenig alleine zu sein, doch sie entschied sich dagegen und setzte ihren Weg langsam fort. Hinter der nächsten Biegung, die der Pfad an einem Busch voller Rosen vorbei machte, sah sie dann auch, woher die Stimmen kamen. Zwei kleine Mädchen spielten vergnügt Fangen und das zu Giulias Überraschung im Beisein von Lady Josephine und der jungen Magd, Madeleine, die man ihr immer wieder an die Seite stellte, da das Mädchen ein paar Wörter Französisch konnte.
Giulia knickste vor der jungen Gräfin. "Signora, ich wollte Euer munteres Spiel nicht stören, verzeiht." erklärte sie, wenngleich sie doch sichtlich irritiert war. Sie hatte die Mädchen noch nie zuvor hier gesehen und wenngleich sie ordentliche Kleidchen trugen, war Giulias erster Gedanke gewesen, dass sie wie Bauernkinder wirkten ... und somit so vollkommen Fehl am Platze hier im Garten der Burg und in Gesellschaft der Gräfin.

Josephine und Madeleine nutzten eine Mußestunde, um mit den Mädchen Zeit zu verbringen. Mochten sie auch Bastarde sein, waren Lilian und Rosalie dennoch ihre Enkelinnen und so verbrachte Josephine viel Zeit mit ihnen. Und auch Madeleine und sie verstanden sich gut, sie wussten einander zu schätzen.
Ein wenig überrascht entdeckte sie Giulia. Die junge Italienerin tat sich schwer, sich hier einzuleben, auch wenn Madeleine sich Mühe gab, dass sie sich hier wohl fühlte. Josephine schenkte ihr ein Lächeln und nahm sehr wohl den verwirrten Ausdruck auf ihrem Gesicht war.
"Oh, das tut Ihr nicht, Giulia. Gesellt Euch nur zu uns, die Beiden spielen auch ohne uns sehr gut miteinander.", erwiderte sie freundlich. "Lilian und Rosalie sind Madeleines Töchter." Und mit einem forschenden Blick fügte sie hinzu: "Und meine Enkelinnen..." Sie ahnte schon, dass Giulia darüber wohl die Nase rümpfen würde. Bastarde, um die man auch noch so ein Gewese machte, passten nicht in vornehme Denkweise.

Giulia

Die Einladung der jungen Gräfin passte eigentlich nicht zu Giulias Wunsch nach etwas Ruhe, aber sie konnte unmöglich einfach ablehnen und wieder gehen ohne vollkommen unhöflich zu wirken. Also nickte sie lächelnd. "Nun, wenn ich wirklich nicht störe, Mylady ..." Etwas zögerlich trat Giulia ein wenig näher und ihr Blick flackerte kurz zwischen Josephine und Madeleine hin und her. Sie hatte durchaus erwartet, dass die Mädchen die Töchter der Magd waren, aber das, was Lady Josephine noch offenbarte hatte Giulia nun wirklich nicht erwartet. Sie wusste mittlerweile, dass Madeleine mit ihrem Mann im Dorf wohnte. Wenn diese beiden Kinder Lady Josephines Enkelin waren, mussten sie die Töchter von dem jungen Lord Robert sein, denn Josephines andere Söhne waren eindeutig zu jung, um Väter zu sein.
"Ah ... ich verstehe ..." erwiderte Giulia, etwas unsicher was sie dazu sagen sollte. Es irritierte sie, dass diese beiden Mädchen hier waren und Josephine ihnen so viel Zeit widmete. Bastarde verschwieg man normalerweise so gut es eben ging.

"Aber nein, wie könntet Ihr? Es ist doch Platz für alle und ich bin sicher, die Beiden werden Euch auch erfreuen." Sie waren schließlich wirklich hinreißend und Josephine erkannte vor allem in Lilian jeden Tag mehr von Rob wieder, dem sie ja auch wie aus dem Gesicht geschnitten war.
"Da bin ich nicht so sicher. Aber wenn Ihr Fragen habt, fragt. Madeleine kennt Ihr ja auch schon ein wenig besser, wir werden Euch also gern erleuchten. Ich sehe Euch an, dass Ihr verwirrt seid."
Josephine lächelte leicht und tauschte einen Blick mit Madeleine. Madeleine war wirklich froh, dass die Gräfin ihr immer so beigestanden hatte. Das war nicht selbstverständlich.
Madeleine bedachte Giulia mit einem leicht skeptischen Blick. Sie ahnte irgendwie, dass der italienischen Lady diese Geschichte gar nicht passte. Sie war immer so schnell in ihrem Urteil, das hatte Madeleine bereits am ersten Tag gesehen.

Giulia

Giulia runzelte leicht die Stirn. Sie hätte es vorgezogen einfach über diese Dinge zu schweigen, aber die so offenen Worte der Gräfin schienen ja nur darauf abzuzielen ihr etwas zu entlocken.
"Ich wüsste nicht, was es da zu erleuchten gäbe." erwiderte sie nüchtern. Irgendwie passte all das hier doch so gut ins Bild. Sie hielt die meisten Engländer nach wie vor für unkultiviert und eigenartig und es war daher keine allzu große Überraschung, dass sie das auch im Umgang mit ihren Bastarden war.
"Es ist wohl ganz Eure Entscheidung, wie ihr mit Euren Bastardenkeln umgeht, das braucht Ihr mir nicht zu erklären." Aber das bedeutete ja auch noch lange nicht, dass Giulia es gut heißen musste.

Josephine lachte leise. "Es ist meine Sache, da habt Ihr Recht. Trotzdem missbilligt Ihr es. Ihr seid sehr festgefahren in Eurer Ansicht, hm? Ihr urteilt schnell. ", erwiderte sie sanft. "Aber Ihr setzte sehr feine Spitzen, das muss man Euch lassen. Ihr könntet einmal darüber nachdenken, ob nicht jedes Kind gleich liebenswert ist. Sie sind mein Blut wie Robs eheliche Kinder auch und ich habe Lilian auf die Welt geholfen. Und ich sollte mir solches Standesdenken ohnehin ein wenig verkneifen, denke ich. Ich glaube, wenn Ihr eines Tages Kinder habt, denkt Ihr ein wenig anders."
Sie hatte früher als Dirne gearbeitet, ein Bastard bereitete ihr kein Kopfzerbrechen. Sie legte den Kopf ein wenig zur Seite.
"Warum erzählt Ihr uns nicht ein wenig von Eurem Zuhause? Wir wissen nicht sehr viel über Euch und wir waren alle noch nicht in Italien. Es wäre sicher schön zu hören, wie es dort so ist." Ihre Schwiegereltern schwärmten jedenfalls sehr davon.

Giulia

Giulia biss die Zähne aufeinander als Josephine zu lachen begann. "Ich habe nie behauptet, dass sie nicht liebenswert sind." entgegnete Giulia. Das war es ja auch gar nicht, was sie dachte. Nur fand sie es anstößig, dass die Kinder hier so vor aller Augen mit der Gräfin zusammen spielten und so offen wie sie damit umging, wohl auch jeder davon wusste. Und dadurch natürlich von dem Fehltritt, den der Erbe der Grafschaft sich da geleistet hatte. Oder besser gesagt von den zwei Fehltritten.
Als die Gräfin sie aufforderte von ihrem zu Hause zu erzählen, wurde Giulia ein wenig misstrauisch. Sie konnte nicht so recht begreifen, wieso ein solches Interesse an ihr bekundet wurde, wenn Lady Josephine sie doch gerade für ihr angeblich vorschnelles Urteil kritisiert hatte.
Unbewusst verschränkte Giulia die Arme etwas vor der Brust und zögerte. "Nun ... Italien ist ... wunderschön. Es ist nicht so grau und nass und kalt wie hier. Und wir haben die besten Weinberge überhaupt. Voll mit den unterschiedlichsten Reben für die verschiedenen Weine, die wir überall hin importieren. Deshalb ist Vater auch immer so viel in anderen Ländern unterwegs, er pflegt Kontakte an einige der größten Höfe der Christenheit." erklärte Giulia schließlich nicht ohne Stolz. Sie liebte ihre Heimat und am liebsten wäre sie noch heute dorthin zurück gereist.

Josephine seufzte. "Nein, aber Ihr seid der Ansicht, sie hätten bei uns nicht viel verloren. Das denken wohl so Einige, aber letztendlich...ist es, wie es ist und niemand wird etwas daran ändern. Aber nichts desto trotz hatten wir zu wenig Gelegenheit uns besser kennenzulernen und vielleicht stellst du fest, dass nicht alle Engländer schlechte Gesellschaft sind."
Sie lauschte aufmerksam. "Oh, Ihr werdet feststellen, der englische Sommer hat auch schöne Seiten ohne Regen. Und der Regen macht das Land fruchtbar. Was den Wein angeht, gebe ich Euch aber Recht. Ich habe nie besseren Wein getrunken als den aus Euren Weinbergen. Englischer Wein ist einfach fürchterlich. Euer Vater ist ein sehr weit gereister, erfahrener Mann. Ich hatte schon vorher einmal das Vergnügen ihn kennenzulernen, es ist viele Jahre her. Ich schätze ihn wirklich."

Giulia

Giulia haderte mit sich, biss sich im letzten Moment aber die Zunge, um nicht etwas ganz und gar ungehöriges zu sagen und schwieg stattdessen. Dann hob sie das Kinn ein wenig an. "Italien ist auch fruchtbar und das ohne all den Regen. Es mag ja sein, dass es hier dadurch mehr Wiesen für all diese Schafe hier gibt, aber das ist nichts, was ich allzu erstrebenswert finde. Und so oder so, dieser Regen legt sich aufs Gemüt." entgegnete sie. Doch als Josephine so klare Worte für den englischen Wein fand, zupfte ein leichtes Lächeln an Giulias Mundwinkeln. "Ja, das ist er. Aber deshalb hat er sich auch in den Kopf gesetzt, dass ich bevor ich heirate, ebenfalls noch ein wenig reisen muss und hat mich hier her verschleppt." bemerkte Giulia und seufzte leise. Sie wäre von Paris aus gerne wieder nach Hause gereist, aber sie hatte schließlich kaum ablehnen können.

"Das bestreite ich nicht, aber ich denke, dort wachsen andere Pflanzen als hier. Eure Pflanzen brauchen mehr Sonne, unsere mehr Wasser. Euer Gold ist Euer Wein, unser Gold sind unsere Schafe, denn die Wolle ist sehr begehrt. Doch jeder hat andere Bedürfnisse. Ich halte die grünen Wiesen auch für erstrebenswert, weil sie schön sind. Etwas fürs Auge. Der Regen legt sich also nur dann auf Euer Gemüt, wenn Ihr es zulasst. Und irgendetwas hier wird Euch doch bestimmt auch zusagen."
Josephine nickte versonnen. "Hm, Unrecht hat er nicht. Wer weiß, ob Ihr danach noch viel Gelegenheit habt, hm? Es schadet nie, wenn man ein bisschen mehr von der Welt gesehen hat. So lange seid Ihr ja noch nicht hier, vielleicht gefällt es Euch besser, als Ihr dachtet."
Sie war sicher, dass Giulia es nicht mehr so schlimm finden würde, wenn sie sich nur einmal wirklich darauf einließ.

Giulia

Giulia zuckte leicht mit den Schultern. "Wieso sollte ich viel reisen, wenn ich in meinem zu Hause glücklich bin?" hielt sie dagegen. "Das sagt man mir die ganze Zeit schon, aber bisher habe ich nicht wirklich etwas entdecken können, was mir den Aufenthalt hier versüßen würde. Mein Bruder hat dafür gesorgt, dass ich nach Paris an den Hof als Hofdame der Königin kam, das war zwar hauptsächlich sein Wunsch und nicht der meine, aber dort gab es wenigstens viel Kultur und Esprit. Hier hingegen ... Abgeschiedenheit, Regen, Schafe und die meisten Menschen können nicht einmal Französisch, geschweige denn Italienisch oder Latein." Nur diese fürchterliche Krächzsprache, die Giulia beinahe schon in den Ohren weh tat, wenn sie sie hörte.

Josephine lächelte. "Weil Ihr dann Euer Zuhause noch mehr zu schätzen lernt und neue Eindrücke mitnehmt? Auf jeder Reise kann man etwas lernen. Gib dem Ganzen ein wenig Zeit, du wirst schon noch Zugang zu unseren Gepflogenheiten finden."
Sie hob die Augenbrauen.
"Kultur und Esprit gibt es auch hier. Wir haben einen der besten Dichter Englands hier. Unsere Kirche wurde von den besten Malern aus Italien und England gestaltet. Wenn du dir die Mühe machst genau hinzusehen, kannst du hier andere, aber genauso viel Kunst und Kultur entdecken wie in Italien. Und was die Sprache angeht...dein Vater spricht hervorragend Englisch und du bist auch nicht erst seit gestern hier. Du köntest dich wenigstens ein bisschen bemühen Englisch zu lernen, Giulia, dann könntest du dich auch mit mehr Leuten verständigen. Wir leben nun einmal in England und nicht in Frankreich. Und die einfachen leute sprechen auch kein Latein. Ich habe es auch nie gelernt."

Giulia

"Ich weiß meine Heimat sehr zu schätzen, seid versichert, Mylady." entgegnete Giulia und runzelte dann die Stirn. Sie war natürlich schon mehrfach in der großen Kathedrale gewesen und zumindest in dem Punkt musste sie der Gräfin Recht geben, die Malereien waren ausgesprochen gelungen. "Aber ich muss nicht extra nach England reisen, um die Werke meiner Landsleute zu bewundern, davon gibt es in Italien schließlich mehr als genug. Und was Eure Sprache betrifft ... ich sehe wirklich keine Notwendigkeit darin sie zu lernen. Ich habe nicht vor länger als nötig hier zu bleiben und in Italien benötige ich Eure Sprache nicht." hielt Giulia dagegen. Wozu sollte sie auch ihre Zeit mit dem Lernen einer Sprache verschwenden, die sie nie wieder brauchen würde, wenn sie hier endlich wieder weg war.

"Nun, derjenige, der den größten Teil davon gefertigt hat, ist tatsächlich Engländer, auch wenn Ihr es nicht glauben wollt. Ihr würdet wirklich staunen, wenn Ihr eines seiner Portraits sehen würdet. Ich habe noch nie bessere Zeichnungen gesehen."
Josephine musste sich ein wenig zusammenreißen, damit sie aufgrund der Geringschätzung und Missachtung der jungen Italienerin nicht aus der Haut fuhr und sie zurecht wies. "Es ist eine Frage des Respekts, Giulia. Immerhin lebt Ihr derzeit nun einmal hier. Zudem vertreibt es Euch die Langeweile. Und wie Ihr seht, treibt Euer Vater auch fleißig Handel mit England. Wenn Ihr eines Tages ähnliche Ziele verfolgt und einen Weinhändler heiraten solltet, könnte es durchaus sein, dass Ihr Euer Englisch brauchen könnt. Und wenn es nur ist um Eurem Ehemann zu helfen. Und wenn Ihr so an Künsten interessiert sein, warum wollt Ihr nicht Euren Horizont erweitern?"

Giulia

Giulia seufzte leise bei dem Gedanken an eine bevorstehende Ehe. Ihr Bruder hatte in dieser Hinsicht sehr klare Vorstellungen und würde sich vermutlich nicht damit zufrieden geben, wenn seine Schwester einen Weinhändler heiratete. Deshalb hatte er sie ja auch nach Paris geschickt, er wollte Verbindungen zum Adel.
"Es ist recht unwahrscheinlich, dass ich das eines Tages tun werde. Mein Bruder hat ... sehr konkrete Pläne in dieser Hinsicht." erwiderte Giulia ein wenig widerwillig, denn der Gedanke, wie ein Stück Vieh an den bestmöglichen Heiratskandidaten verschachert zu werden, gefiel ihr nicht allzu gut.
"Ich wüsste nicht, wie mir das Erlernen des Englischen dabei helfen sollte. All die großen Werke sind auf Latein und Griechisch verfasst."

Josephine hob die Schultern. "Es kommt manchmal anders als man denkt. Und zumindest Euer Vater scheint sehr darauf erpicht zu sein, dass Ihr glücklich werdet. Wenn Euer Herz also an einem Weinhändler hängt...Euer Bruder sollte Euch wirklich nicht seinen Interessen opfern."
Josephine schüttelte den Kopf. "Woher wollt Ihr das wissen, wenn Ihr nie englische Werke gelesen habt? Ihr könnt nicht wissen, wie qualitätvoll sie sind."
Eines der Mädchen kam zu Giulia gelaufen und strahlte sie vertrauensvoll an. Die exotisch aussehende Lady war ihr irgendwie sympathisch, fand Lilian.
"Du bist aber schön.", sagte sie fröhlich. Madeleine lächelte schief. "Sie findet Euch schön, Mylady.", übersetzte sie dann, denn natürlich konnten die Kinder kein Französisch.

Giulia

"Mein Herz hängt an niemandem." erwiderte sie rasch und fragte sich insgeheim, ob sie wohl eine Spur zu eilig geantwortet hatte, um glaubhaft zu wirken. Und was das vor allem über sie aussagte ... Sie meinte, was sie da gesagt hatte, eigentlich. Ihr Herz hing an niemandem, aber dennoch hatte sie oben in ihrer Kammer einen langen Brief liegen, den sie einfach nicht wegschmeißen konnte ...
"Er sollte es vielleicht nicht, aber so kommt es doch fast immer, nicht wahr? Das wir Frauen den Begehrlichkeiten der Männer geopfert werden." Das war hier in England wohl kaum anders als überall sonst auf der Welt.
Giulia wiegte den Kopf hin und her. "Aber nirgendwo liest man sie. Weder in Paris, noch in Deutschland oder in Italien. Wären sie so qualitätsvoll, dass sie mit den großen römischen und griechischen Dichtern von einst mithalten könnten, würde man sie überall lesen, nicht wahr?" hielt Giulia hartnäckig dagegen.
Bevor Giulia aber noch etwas hinzu fügen konnte, kam das ältere der beiden Mädchen zu ihr gelaufen, schenkte ihr ein vertrauensvolles Lächeln und sagte irgendetwas, das Giulia aber nicht verstand.
Instinktiv erwiderte sie dennoch das Lächeln, sah aber abrupt auf als Madeleine für sie übersetzte. "Wirklich? Nun ..." Giulia war ein klein wenig verlegen, sah wieder zu dem Mädchen hinab und dann wieder zu Madeleine hinüber. "Sag ihr meinen Dank, sei so gut. Ich bin sicher, dass ... dass sie eines Tages auch eine wahre Schönheit wird." Und das war keine Lüge, das Mädchen hatte feine, ebenmäßige Züge und Giulia erkannte durchaus die Ähnlichkeit zu dem Vater des Kindes.

"Oh, ist das so?" Josephine lächelte wissend. "Du musst es mir nicht sagen. Aber ich glaube, dir ist jemand wichtiger als du zugeben willst. Ich kenne das Gefühl, mir ging es auch einmal so. Denke einfach mal darüber nach."
Sie neigte den Kopf. "Das ist oft so, da hast du völlig Recht. Aber ich denke, dein Vater liebt dich genug, um einzugreifen, wenn es dir gar zu wider ist."
Josephine lächelte. "Nun, der Weg von der Insel aufs Festland ist weit und sie können unsere Sprache nicht. Latein ist die Sprache der Kirche, das gibt ihnen einen Vorteil."
Madeleine lächelte sanft und übersetzte für Lilian. Lilian kicherte und strahlte sie zufrieden an. "Ihr könnt ja wirklich freundlich sein.", rutschte es ihr heraus. Dann biss sie sich auf die Lippe und neigte leicht den Kopf. "Verzeiht mir."

Giulia

Giulia versuchte ihre Miene ein wenig ausdrucksloser erscheinen zu lassen, denn es behagte ihr gar nicht so recht, dass fremde Leute scheinbar so mühelos in ihr lasen und ihre Gefühle ergründeten. Besonders nicht diese Gefühle, die sie doch selbst so kompliziert und durcheinander fand.
"Ich hoffe, dass Ihr Recht behaltet in diesem Punkt, Mylady. Allerdings hoffe ich auch, dass es nie auf die Probe gestellt wird, denn ich will wirklich nicht der Grund für ein Zerwürfnis zwischen meinem Vater und meinem Bruder sein."
Giulia konnte gar nicht anders als das Lächeln des Mädchens zu erwidern. Es war so offenherzig und gutartig ... doch Madeleines Worte rissen Giulia aus ihren Gedanken und ihr Kopf ruckte unvermittelt wieder hoch. Sie biss die Zähne aufeinander und ihre Miene verschloss sich unweigerlich wieder. Ihr Blick flackerte kurz zwischen den beiden Frauen hin und her, dann wandte Giulia sich abrupt ab, um den Rückzug anzutreten. Ihr war gar nicht wohl bei dem, was hier gerade passiert war. Sie hatte niemanden hinter die Mauer sehen lassen wollen, die sich als Schutz um sich herum gezogen hatte, sie hatte alles hier auf Distanz halten wollen, damit sie schnell wieder zurück nach Hause konnte. Sie wollte England den Rücken kehren, England und all seinen Bewohnern!