William und Joanna - ab 1183

William saß zufrieden am Esstisch, umringt von seinen Liebsten und genoss was die Köchin ihnen für heute Abend wieder gezaubert hatte. Wenn nicht gerade eine Feier an stand oder sie viel Besuch hatten, aßen sie häufig im kleineren Familienkreis in den Wohngemächern zu Abend und nicht unten in der Halle, denn so konnten sie die Zeit noch etwas besser für sich nutzen.
Ein Platz in ihrer Runde war heute jedoch leer geblieben und William sah seine Gemahlin ein wenig verwundert an. "Wo treibt sich denn dein heißblütiger Schützling herum? Oder hat sie nun beschlossen sich zu Tode zu Hungern, damit sie wieder nach Hause kann?" fragte er mit sanftem Spott in der Stimme.
Er mochte Giovannis Tochter gerne, aber es war wirklich kein Geheimnis, dass sie sich schwer mit ihrem Aufenthalt hier tat und William war wirklich froh, dass nicht er ihre Launen ständig aushalten musste.

Joanna genoss das Abendessen im Kreis der Familie. Sie legte den Löffel zurück in die Schale, als William sie nach Giulia fragte. Normalerweise nahm Giulia die Mahlzeiten mit ihnen ein und Joanna hatte das Mädchen gern unter ihre Fittiche genommen, so schwierig sie auch sein musste.
"Oh nein, keine Sorge. Sie ist ein Sturkopf, aber nicht töricht. Und dickköpfige Frauen bist du doch zur Genüge gewohnt, nicht wahr?"
Joanna lachte leise und beugte sich leicht vor. "Ob du es glaubst oder nicht, sie besucht das Dorffest und lässt sich die englische Kultur ein bisschen näher bringen. Madeleine hat dieses Wunder vollbracht und ihr nebenbei sogar ein paar Brocken Englisch untergejubelt. Ich sage dir, unsere Madeleine ist ein wahrer Glücksgriff gewesen. Es war völlig richtig sie hier zu behalten nach der Geschichte mit Rob. Ich hätte nicht gedacht, dass irgendjemand Giulias schlechte Einstellung zu England ein bisschen aufweichen kann, aber es scheint, als würde sie endlich auftauen."

William lachte leise. "Durchaus. Aber ich glaube, ich bin in einem Alter angekommen in dem ich nicht mehr mit jeder dickköpfigen Frau Kämpfe austragen muss. Meine Töchter sind aus dem Haus, also reicht es mir, dass ich dich dafür habe." erwiderte er augenzwinkernd.
Dann zog William jedoch verblüfft die Augenbrauen in die Höhe. "Sie ist im Dorf? Bist du sicher, dass wir von der gleichen Person reden? Ich meine das aufbrausende italienische Mädchen, das es schon für eine Zumutung hält, englische Luft zu atmen. Von wem bitte redest du?" William konnte kaum glauben, dass Giulia tatsächlich im Dorf sein sollte, hatte sie sich doch so ziemlich jedem sozialen Kontakt widersetzt und nun ausgerechnet das?
"Wenn Madeleine das wirklich geschafft hat und Giulia morgen früh nicht sofort abreist, hat sie wirklich ein Wunder gewirkt." murmelte William nahezu fassungslos.

"Zugegeben, dazu hast du auch jedes Recht.", erwiderte Joanna mit einem nachsichtigen Lächeln. "Ich bin ja auch völlig ausreichend. Man muss mir aber zugute halten, dass ich nicht mehr so aufbrausend und sturköpfig bin wie damals, als wir uns kennenlernten." Sie hatten sich mit den Jahren eingespielt, waren Beide langmütiger geworden.
Joanna nickte zustimmend. "Oh ja, das ist sie. Unsere junge Lady Giulia, die England für unkultiviert und barbarisch hält, hat sich von Madeleine überreden lassen. Madeleine hat das sehr geschickt gemacht. Sie hat sie um ein bisschen Unterricht in Französisch gebeten und ich nehme an, dass sie so immer ein bisschen mehr an Giulia heran gekommen ist."
Sie hob die Schultern.
"Ich bin gespannt, wie das Ganze läuft und ob sie wirklich morgen noch hier ist. Wer weiß, vielleicht erleichtert das hier alles und versöhnt Giulia. Die Leute im Dorf sind so offenherzig."

"Wohl wahr, in diesem Punkt haben wir beide uns mit der Zeit wohl verändert." stimmte William lächelnd zu und nippte dann an seinem Wein. "Unglaublich." bemerkte er schließlich. "Nachdem sie nun ja schon eine Weile hier ist, hatte ich die Hoffnung im Grunde schon aufgegeben, dass sie sich jemals noch öffnen würde. Aber wenn es nun gelingt, umso besser. Giovanni wäre wirklich überglücklich." Ihr Freund liebte England immerhin wie eine zweite Heimat und William wusste, dass er bekümmert gewesen wäre, hätte Giulia sich wirklich so gar nicht mit diesem Land und seinen Bewohnern anfreunden können.
"Dann lassen wir uns mal überraschen. Es wäre ja für alle Beteiligten wirklich ein Segen. Und Madeleine hätte erneut bewiesen, dass sie ihr Gewicht in Gold wert ist."

"Das haben wir, aber nach so vielen Jahren...kennen wir uns auch einfach so gut, dass wir uns nicht mehr so viel streiten müssen. Wir wissen einfach, wie der Andere denkt." Und besonders, nachdem sie ihn fast verloren hatte, hielt Joanna jede Sekunde für verschwendet, die sie im Streit verbrachten. Das Leben miteinander war zu kostbar.
"Oh, ich denke auch. Giovanni wird glücklich darüber sein. Er war so traurig, dass sie so ein Drama daraus gemacht hat. Doch vielleicht wendet sich alles zum Guten. So skandalös die ganze Sache auch war, Rob hat ein gutes Händchen bewiesen und sich nicht auf irgendwen eingelassen damals. Madeleine ist etwas Besonderes. Umso mehr freut es mich, dass sie glücklich hier ist mit ihrem Mann."
Sie lehnte sich etwas zurück. "Es ist einfach gut wieder hier zu sein...Italien war wundervoll, aber unser Zuhause hat mir gefehlt."

"Das wissen wir. Und trotzdem geraten wir über die Gedanken des anderen nicht mehr in Streit." neckte William, lehnte sich zu Joanna hinüber und gab ihr einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. Dann grinste er leicht und deutete ein Schulterzucken an. "Oder sie hat sich mit Rob den Richtigen ausgesucht." erwiderte er ein wenig amüsiert, denn er konnte sich nur zu gut vorstellen, dass die Initiative mehr von Madeleine als von Rob ausgegangen war damals. "Aber du hast schon ganz recht, sie ist ein wirklich gutes Mädchen und ich bin froh für sie, dass sie jetzt so glücklich ist mit Bill und den Mädchen." Und William vergötterte seine kleinen Urenkelinnen. Er liebte es den beiden Mädchen Zeit zu widmen und wusste es mehr als zu schätzen, dass er dazu überhaupt noch in der Lage war.
William musterte seine Gemahlin und nickte zustimmend. "Oh ja. Ich bin wirklich froh, dass wir diese Reise noch einmal unternehmen konnten. Aber hier ist es doch am schönsten." Und er war zufrieden wie sich in Cornwall und besonders hier in Truro alles entwickelte. Seiner Grafschaft und ihren Bewohnern ging es gut und das war etwas, was William wirklich wichtig war.

"Nein, weil wir uns arrangiert haben und der Vernunft zugänglicher sind als früher.", erwiderte Joanna sanft und genoss den Kuss. Dann grinste sie flüchtig. "Das kann natürlich sein. Rob war dahingehend nie ein Draufgänger. Ich schätze wirklich, das Ganze ging von ihr aus. Aber so lasterhaft es auch sein mag, es hatte alles sein Gutes."
Joanna neigte den Kopf. "Das ist sie wirklich. Und die Mädchen sind wundervoll, ich bin wirklich froh, dass wir sie haben."
Die Mädchen waren hinreißend und mochten sie auch Bastarde sein, das hatte sie Beide noch nie wirklich interessiert.
"Truro ist bei Robert in guten Händen, wir brauchen uns also nicht zu sorgen. Was denkst du, ob unsere Brut uns irgendwann noch beglücken wird, jetzt, wo wir wieder Zuhause sind?" Sie würde sie alle wirklich gern wiedersehen.

"Das hast du Recht, das war er nie, aber das ist bei solch einem Vater wohl auch nicht verwunderlich." Robert war damals mit Josephine zwar zunächst eine skandalöse Beziehung eingegangen, aber er hatte selbst da schon treu zu ihr gehalten und seitdem auch nie eine andere Frau angefasst, soweit William wusste.
"Ja, sie bringen eine Menge Leben ins Haus, es ist wirklich eine Wohltat sie um sich zu haben." Und William liebte sie genauso innig, wie auch seine legitimen Nachfahren, er machte darin keinen Unterschied.
Er nippte an seinem Wein und grinste dann. "Oh mit Sicherheit. Jetzt da das größte Fest gefeiert ist, wird es wohl nicht mehr lange Dauern bis auch der Rest hier eintrifft. Bisher wollten sie uns ja doch immer alle wiedersehen." bemerkte er vergnügt. Und das war auch ein Umstand über den William wirklich froh war. Er wusste, wie es war, wenn in der Familie Streit und Hader herrschte und er war Gott dankbar, dass ihm das doch weitestgehend erspart geblieben war.

Miriam

Miriam hatte mit Levi an ihrer Seite eine harmonische Zeit verbracht und sie fasste zunehmend wieder Vertrauen in die Welt. Ihr Körper war geheilt, sie hatte zugenommen und ihr Haar fiel wieder in dunklen Locken auf ihre Schultern. Levi tat ihr gut und sie liebte ihn wirklich.
Daher hatte sie jetzt all ihren Mut zusammen genommen und war zu Robert gegangen. Sie kannte den Earl schon seit dem ersten Tag, aber er hatte ihr immer Respekt eingeflößt. Und doch wollte sie nun etwas für Levi tun. Sie ahnte, er wagt es ihretwegen nicht, aber sie würde alles für ihn tun, nachdem er sie aus der Hölle geholt und ihr das Paradies bereitet hatte.
Miriam holte tief Luft, dann klopfte sie an das Arbeitszimmer des Earl und trat vorsichtig ein. Sie wagte kaum ihm in die Augen zu sehen, knickste tief.
"Mylord....ich...ich habe eine Bitte, darf ich einen Moment stören?", brachte sie mühsam hervor. Sie wusste, sie konnte ihm trauen, aber die Unsicherheit war eine ständige Begleiterin.

Robert hatte sich wie jeden Vormittag in sein Arbeitszimmer zurückgezogen, um dort der Verwaltung der Grafschaft nachzukommen als es an der Tür klopfte. Er bat den Besucher herein, hob den Blick und sah zu seiner Überraschung Miriam eintreten. Seit er die junge Jüdin mit Levi gemeinsam aus den Fängen dieses grausamen Abtes gerettet hatte, lebte Miriam in Truro und heute hatte ihr Erscheinungsbild nichts mehr mit der geschundenen Frau von damals zu tun. Höchstens ihre Haare, die bisher nur Schulter lang waren, erinnerten noch ein wenig an die grausigen Umstände unter denen Miriam her gekommen war.
Robert lächelte als sie in einen tiefen Knicks sank. "Sicher, Miriam. Setzt dich doch und erzähle mir, was du auf dem Herzen hast. Wenn ich kann, will ich deiner Bitte nur zu gerne nachkommen." Robert konnte sich nicht erinnern, dass Miriam in der Zeit in der sie nun schon hier war, je etwas erbeten oder gar gefordert hatte und er war gespannt darauf, was sie nun zu ihm trieb, zumal sie sichtlich nervös zu sein schien.

Miriam

Miriam war froh, dass Lord Robert wie immer freundlich reagierte und ihr ein Lächeln schenkte. Ein wenig scheu ließ sie sich auf die Kante des angebotenen Stuhls sinken und vergrub die Hände in ihrem Rock. Sie wusste nicht recht, ob es richtig war, was sie tat, aber es gab nur einen Weg das rauszufinden.
"Ich...ich meine, Levi und ich..." Ein wenig ugeduldig mit sich selbst atmete sie durch. Sie musste sich zusammen reißen.
"Ich weiß nicht, ob Ihr wisst, dass Levi und ich...zusammen gefunden haben. Aber wir sind Beide jüdischen Glaubens, also....können wir nicht hier heiraten. Levi traut sich nicht zu fragen, denke ich, weil Lady Giselle ihn doch braucht. Aber denkt Ihr, es wäre möglich....dass wir ein paar Tage zur nächsten jüdischen Gemeinde reiten? Dort gibt es einen Rabbi und..."
Sie wollte endlich wirklich ihm gehören. Doch solange sie diesen Bund nicht geschlossen hatten, würde man sie immer noch ganz leicht auseinander reißen können. Und wenn irgendwann ihre Familie doch noch auf die Idee kam, sie zurück zu holen, hatte sie keine große Wahl.

Robert beobachtete, wie Miriam sich auf die Kante des Stuhls setzte, so als wäre sie bereit jeden Moment aufzuspringen und zu flüchten. Das hatte sie noch immer nicht ganz ablegen können, aber nach dem, was Miriam alles durchgemacht hatte, war das auch nicht verwunderlich.
Er wartete geduldig, während Miriam sich sammelte und schließlich ihre Bitte vorbrachte. Ein Lächeln huschte über Roberts Lippen und er betrachtete Miriam nachsichtig. "Natürlich weiß ich das, Miriam. Ich müsste blind sein, um es nicht zu bemerken und es freut mich wirklich, für euch beide. Ihr habt es verdient miteinander glücklich zu werden und es tut mir Leid, dass wir hier nicht mit einem Rabbi dienen können, so dass ihr zu Hause heiraten könnt. Aber selbstverständlich sollt ihr heiraten." erwiderte Robert nickte leicht. "Vielleicht ist dieser Rabbi ja auch bereit hier her zu kommen, ihr könnt gerne einen Boten schicken, wenn ihr wollt. Sollte das nicht möglich sein, könnt ihr selbstverständlich dorthin reisen. Aber es wäre mir eine Freude, wenn eure Heirat hier stattfinden würde, ich bin sicher, es gibt hier den ein oder anderen, der gerne daran teilnehmen würde." bemerkte Robert mit einem kleinen aufmunternden Augenzwinkern.

Miriam

Miriam erwiderte das Lächeln scheu, als er so freundlich reagierte. Sie war nicht sicher gewesen, ob er einwilligen würde. Levi lag ihm am Herzen und sie war eigentlich ein Niemand. Aber es lag Robert offensichtlich viel daran, dass sie Beide glücklich werden konnten.
"Ich danke Euch sehr, Mylord. Ich würde gern hier heiraten. Ich rede mit Levi, aber ein Bote ist sicher eine gute Idee."
Sie errötete leicht, als er ihr so zuzwinkerte. "Ich weiß nicht....wer würde schon einer jüdischen Zeremonie beiwohnen wollen?" Die Menschen hier waren Christen und interessierten sich sicher nicht allzu sehr für fremdgläubige Gebräuche.
"Ich...habe nie Danke gesagt für meine Rettung, das tut mir leid. Ich bin Euch sehr dankbar, dass Ihr meine Hölle beendet habt."
Sie hatte hier ein neues Leben begonnen.

Robert deutete ein kleines Schulterzucken an. "Ich weiß nicht, ich auf jeden Fall und ich bin mir sicher, meine Gemahlin ebenso. Und Giselle, sie verdankt Levi immerhin unbeschreiblich viel. Solch eine Hochzeit wäre ein sehr einmaliges Erlebnis, ich schätze, wir bekommen schon eine kleine Hochzeitsgesellschaft für euch zusammen." erwiderte Robert ruhig. Er konnte sich gut vorstellen, dass auch seine Eltern dazu stoßen würden, sie hatten ja ohnehin einen Hang zum Unkonventionellen.
Dann musste Robert lächeln und machte eine kleine abwehrende Geste. "Nicht dafür, Miriam. Es war das einzig richtige, was es zu tun gab. Und wir sind froh, dass du dich entschieden hast hier zu bleiben." Ganz besonders für Levi war Miriams Entscheidung ein Glücksfall und wenn sie hier eine Familie gründeten, würde Levi Truro mit Sicherheit auf Dauer erhalten bleiben und das war ein wirklich großer Gewinn für sie alle.

Miriam

Miriam nickte langsam. "Das ist sehr freundlich, ich weiß das zu schätzen. Und ich denke, Levi auch. Ich werde es mit ihm besprechen und vielleicht finden wir ja eine Möglichkeit." Und sicher würde es eine schöne Hochzeit für sie Beide geben, darauf freute sie sich. Sie wollte Levi niemals wieder verlieren, also wollte sie sich möglichst eng an ihn binden.
"Was hätte mich auch sonst erwartet? Ein ziemlich einsames Leben im Haushalt meines Onkels, der mich eigentlich immer nur als Dienstmagd gesehen hat. Hier bin ich den Menschen wenigstens ein bisschen etwas wert. Im Grunde war keine Entscheidung zu treffen, Mylord. Und ich wäre in der ersten Zeit auch nicht allein zurecht gekommen. Manchmal glaube ich, ich tue das jetzt noch nicht."
Aber ihr Liebster hatte ihr den Weg bereitet, immer an sie geglaubt und sie unterstützt.

Robert betrachtete Miriam nachdenklich und nickte. "Gut möglich, trotzdem musstest du dich dafür entscheiden hier förmlich in der Fremde zu bleiben, was nach deinen Erlebnissen nicht selbstverständlich war. Aber du täuscht dich, wenn du denkst, du kämst heute noch immer nicht alleine zurecht. Du hast eine fantastische Veränderung hinter dir seit du hier bist, Miriam. Und ich bin wirklich froh, dass du zu seinem Lebensmut und deinem Selbstbewusstsein zurück gefunden hast." Als sie Miriam hier her gebracht hatten, war sie schließlich nur noch Haut und Knochen gewesen, die eine nahezu zerbrochene Seele beherbergten. Anfangs war Robert nicht sicher gewesen, ob sie sich davon erholen könnte, ob sich überhaupt jemand von so etwas grausamen erholen konnte, doch Miriam hatte es getan.
Er lächelte leicht. "Levi weiß nicht, dass du hier bist, oder? Er hätte vermutlich sonst darauf bestanden mitzukommen ... ich bin sicher, er wird überglücklich sein, wenn du ihm die Neuigkeiten überbringst."

Miriam

"Ihr habt mehr Vertrauen in mich als ich selbst, scheint mir. Das ist bewundernswert." Miriam lächelte leicht. "Ja, vermutlich ist das so...auf jeden Fall geht es mir gut hier. Ich könnte mich kaum wohler fühlen." Alles hatte sich für sie zum Guten gewendet und sie hatte einen neuen Lebensmittelpunkt gefunden.
"Nein, er weiß es nicht. Ich glaube, er wollte mich nicht überfordern und er denkt auch, er kann nicht so leicht fort von hier. Aber ich war der Ansicht, ich müsse auch einmal etwas für ihn tun und deshalb bin ich hier. Ich wollte...ihm zuvor kommen. Er wird sich sicher darüber freuen, dass Ihr Eure Zustimmung gegeben habt. Immerhin leben wir hier, Ihr solltet also wohl ohnehin zustimmen. Er wird wirklich glücklich sein. Und ich will ihn glücklich machen."
Sie war schon gespannt auf sein Gesicht, wenn sie es ihm sagte. "Und niemand hat dann mehr Anspruch auf mich außer mein Mann."

Levi

Levi sah sich in Miriams Kammer um und schalt sich einen Narren. Eigentlich hätte er sich mittlerweile doch wirklich daran gewöhnen müssen, dass sie mittlerweile auch wieder alleine vor die Tür ging. Trotzdem setzte im ersten Moment immer sein Herz aus, wenn er sie nicht dort vorfand, wo er sie erwartet hatte.
Mit einem nachsichtigen Lächeln setzte er sich auf ihr Bett und streckte die Hand aus, um Moses hinter den zotteligen Ohren zu kraulen als der Hund zu ihm kam und den Kopf auf seinen Schoß legte. "Nun, wenigstens müssen wir nicht jeder allein auf sie warten, hm? So haben wir immer noch uns." murmelte Levi leise und schüttelte über sich selbst den Kopf. Wie festgefahren man doch manchmal in seinen Mustern war. Er freute sich selbstverständlich innig darüber, dass Miriam sich mittlerweile nicht mehr die ganze Zeit alleine in ihrer Kammer versteckte, aber hin und wieder traf ihn ihre leere Kammer unvorbereitet und für einen Augenblick machte sich die Sorge in ihm breit, ehe die Vernunft die richtige Erklärung fand und er sich beruhigte.

Miriam

Miriam kehrte nach dem Gespräch mit Robert erleichtert in ihre Kammer zurück. Mit einem Lächeln stellte sie fest, dass Levi sie erwartete und er sich währenddessen mit Moses beschäftigte. Moses war ein stattlicher junger Hund geworden und sie liebte ihn abgöttisch, ebenso wie er unerschütterlich an ihr hing. In so mancher Hinsicht hatte er sich als ihr Retter erwiesen.
"So, habt ihr auf mich gewartet, ihr Beiden?", fragte sie sanft. "Ihr scheint Euch gut zu verstehen und ohne mich die Zeit zu vertreiben, hm?"
Sie ging zum Bett hinüber und gab Levi einen Kuss, dann fuhr sie Moses durch das dichte Fell. "Meine beiden Liebsten zusammen zu sehen ist wirklich schön."
Miriam war so froh darüber, dass sich alles so zum Guten gewendet hatte. Sicherlich würde Levi sich über ihre Überraschung freuen. "Alles in Ordnung?"

Levi

Levi sah auf als sich die Tür öffnete und lächelte als Miriam eintrat. "Das haben wir. Ausgesprochen sehnsüchtig sogar." erklärte er lächelnd und erwiderte sanft den Kuss, den Miriam ihm zur Begrüßung gab. Es versetzte ihm immer noch ein wenig Herzrasen, wenn sie das tat, ihn einfach küsste ... wie schwierig der Weg bis hier her für sie gewesen war und doch waren sie nun soweit gekommen, dass diese Zärtlichkeiten normal und sogar selbstverständlich waren.
"Nun, das Warten hat uns zusammen geschweißt." bemerkte Levi augenzwinkernd und nickte dann. "Ja, alles in Ordnung. Ich hatte gehofft, euch zwei auf einen kleinen Spaziergang entführen zu können. Was meinst du?" schlug er vor und erhob sich dann. Sanft strich er Miriam eine Haarsträhne hinter das Ohr. "Aber natürlich nur, wenn Ihr nicht zu beschäftigt seid, Madame."

Miriam

"Wie gut, dass eure Sehnsucht nun ein Ende hat, jetzt bin ich ja wieder da. Und ich habe auch nicht vor euch gleich wieder allein zu lassen." Es war wirklich angenehm leicht zwischen ihnen geworden, unbefangen. Viele Dinge waren selbstverständlich geworden, die vorher eine große Herausforderung gewesen waren.
"Umso besser. Mir ist ja daran gelegen, dass ihr euch gut versteht. Gegen einen Spaziergang habe ich nichts einzuwenden, das klingt hervorragend. Ich bin nicht zu beschäftigt. Wie könnte ich für dich zu beschäftigt sein?", antwortete sie zufrieden.
"Höre ich da ein wenig Neugierde, Levi?" Sicher fragte er sich, wo sie gewesen war. Aber noch war sie nicht ganz bereit die Wahrheit heraus zu rücken, sie wollte einen guten Moment dafür finden.

Levi

"Was für Glückspilze wir doch sind." bemerkte Levi vergnügt und seine Augen leuchteten ein wenig auf als Miriam einwilligte. Nicht, weil er mit einer Abfuhr gerechnet hatte, sondern einfach weil er sein Glück immer noch nicht so richtig fassen konnte, dass er Miriam gefunden hatte und sie seine Gefühle erwiderte.
Levi grinste ein wenig ertappt. "Vielleicht ein wenig. Es interessiert mich immer, wie dein Tag so war. Ganz besonders, wenn du so wichtige Dinge zu tun hast, dass ich auf dich warten muss." neckte er sanft und bot ihr den Arm an. "Aber komm, lass uns gehen. Dann kannst du mir ja verraten wo du dich so fleißig herum getrieben hast."

Miriam

"Das seid ihr. Und keine Sorge, deine Neugierde wird schon noch irgendwann gestillt werden. Ich habe eben auch einmal wichtige Dinge zu tun, nicht nur du.", neckte Miriam ihn sanft, nickte dann aber und folgte ihm nach draußen. Moses folgte ihnen begeistert und schnuffelte immer mal hier und da am Wegesrand. Eine Weile genossen sie einfach schweigend die Gegenwart des Anderen, ehe Miriam sich schließlich ein Herz fasste.
"Weißt du, ich war bei Lord Robert. Ich wollte ihn um etwas bitten." Sie hob die Schultern. "Ich weiß, du wagst dich nicht, weil du mich nicht überfordern willst und auch wege Giselle....weil du bereit sein willst, wenn sie dich braucht. Aber ich habe ihn gefragt, ob wir ein paar Tage zur nächsten jüdischen Siedlung reiten dürfen um zu heiraten."
Sie lächelte. "Er war einverstanden und hat angeboten einen Boten zu schicken, damit wir hier heiraten können, weil sie gern dabei wären."

Levi

Levi genoss es mit Miriam draußen durch den Garten zu schlendern und ließ ihr Zeit, um ihr kleines Geheimnis zu lüften sobald sie soweit war. Er war immer schon ein recht geduldiger Mann gewesen und das machte es ihm leicht Miriam nie zu drängen, sondern ihr Luft zu lassen, so dass sie sich nie bedrängt von ihm fühlte.
Doch als sie schließlich zu sprechen begann, horchte Levi auf. "Lord Robert?" fragte er verblüfft und im nächsten Moment fühlte Levi sich als sei er geradewegs gegen ein Brett gelaufen. Oder viel eher gegen eine Steinmauer.
Heiraten? Hatte sie gerade wirklich von heiraten gesprochen?
Levi hatte gar nicht gemerkt, dass er tatsächlich stehen geblieben war und starrte Miriam für einen Moment sprachlos an. Seine Kehle war eng und er musste sich zweimal Räuspern, ehe er wieder etwas hervor bringen konnte. "Du willst mich heiraten?" Seine Stimme war trotz allem kaum mehr als ein Wispern und er spürte wie sein Herz in seiner Brust immer schneller Schlug. "Ist das wahr?" Sie hatten nie darüber gesprochen, denn Miriam hatte ganz Recht, er wollte sie nicht überfordern, wollte sie nicht drängen, sondern ihr Zeit geben. Dass sie nun so einfach zum Earl gegangen war, war daher wahrlich eine Überraschung.