William und Joanna - ab 1183

Guillaume

Guillaume blinzelte als Gui ihm diese unbedarfte Frage stellte. Sie hatten die Halle passiert und waren auf dem Weg zu ihren Gemächern, denn Emma musste so schnell wie möglich wissen, dass Gui zurück war und vor allem wohl auf.
Doch für einen Moment blieb Guillaume stehen und hielt auch seinen Sohn auf. Er sah ihm in die Augen, dann ging er in die Knie und tat endlich das, was er sich vor aller Augen verwehrt hatte: er zog Gui in seine Arme und presste ihn fest an sich. "Du kleiner Teufel." murmelte er leise. "Hast du auch nur die geringste Vorstellung davon, welche Ängste deine Mutter und ich um dich ausgestanden haben, weil du plötzlich einfach so verschwunden warst?"
Guillaume war wütend, ja, aber vor allem war er unendlich erleichtert, dass es Gui gut ging, dass sein Verschwinden einfach nur eine kindische Dummheit gewesen war und ihm nichts zugestoßen war. Das war das einzige, was im Moment wirklich zählte.

Gui

Gui fürchtete schon eine richtige Standpauke, als sein Vater ihn völlig überraschte und in die Knie ging, um ihn zu umarmen. Gui wusste gar nicht, wie er reagieren sollte, erwiderte dann aber kurz die Umarmung. "Aber wir waren noch nur einen kleinen Ausflug machen. Ray kennt sich hier aus....Sie wollten alleine gehen, aber ich habe sie erwischt und naja...ich habe sie überredet mich mitzunehmen.", gestand er dann leise.
"Aber ich wollte nicht, dass ihr euch Sorgen machen müsst. Und es ist ja nichts passiert...Es war so spannend! Wir haben uns angesehen, wo Ray geboren ist und ann sind wir über den Markt gegangen. Da gab es so viele Sachen zu sehen! Viel mehr als auf unserem Markt in Bordeaux."

Guillaume

Guillaume gab einen kleinen Laut von sich. Wie arglos sein Sohn doch war und was er alles dafür geben würde, wenn sich daran nichts ändern musste. Aber solche Alleingänge waren unglaublich gefährlich, gerade hier in London.
"Ach Gui ..." Er strich seinem Sohn sanft durch den roten Schopf und sah ihm dann wieder in die Augen. "Wenn du in die Stadt willst, sag einfach Bescheid, hörst du? Ich werde dich begleiten oder wenn ich nicht selbst kann, jemanden finden, der es tut. Aber du darfst nie wieder einfach so auf eigene Faust verschwinden, hörst du? Ich weiß, dass London spannend ist, aber es ist auch unglaublich gefährlich. Gerade wenn man sechs Jahre und furchtbar neugierig ist." Und als Prinz war es gleich doppelt gefährlich. Aber selbst wenn man ihn nicht erkannte, so kamen Kinder in den Straßen einer solch großen Stadt doch schnell unter die Räder.
Guillaume seufzte leise, ließ seinen Sohn wieder los und nickte leicht in die Richtung in die sie unterwegs gewesen waren. "Komm, wir sollten zusehen, dass wir zu deiner Mutter kommen, damit sie sich nicht länger um dich sorgen muss."

Gui

Gui hob die Schultern. "Jaaa, aber dann ist es nicht so spannend, Vater! Irgendwie ist es als Prinz so langweilig, man darf nichts und muss lauter langweilige Sachen machen. Da wollte ich einfach auch mal wieder was erleben. Ich fand nicht, dass London so gefährlich gewirkt hat."
Trotzdem nickte er ein wenig zerknirscht. "Na gut...", gestand er schließlich zu, den Blick auf seine Stiefelspitzen gerichtet. "Ich werde nächstes Mal Bescheid sagen."
Und er wollte ja auch nicht, dass seine Mutter sich Sorgen machen musste. Das war ja jetzt auch gar nicht gut für sie, das wusste sogar er. Er setzte sich in Bewegung.
"Es tut mir leid, ich wollte ihr keinen Kummer machen." Aber jetzt würde sie ja sehen, dass es ihm gut ging.

Guillaume

Guillaume atmete tief durch. Es war ja nicht so als könne er Gui nicht verstehen, er wusste selbst nur zu genau, wie schwer es manchmal war, wenn man als Junge in diese Form gepresst wurde. Und deshalb gab er sich auch alle Mühe es Gui so leicht wie möglich zu machen, aber ein solcher Ausflug nach London war einfach gefährlich, Prinz oder nicht.
Guillaume lächelte leicht auf seinen Sohn hinab. "Dann beherzige das. Wenn du das nächste Mal drauf und dran bist Unsinn zu machen, erinnere dich daran, dass du ihr keinen Kummer machen willst und überleg, ob es klug ist, was du da gerade tun willst." riet Guillaume leise als sie die Tür zu ihren Wohngemächern erreichten.
Guillaume öffnete die Tür und schob Gui vor sich über die Schwelle. "Sieh mal, wen ich gefunden habe." verkündete er, kaum dass sie den Raum betreten hatten.

Gui

Gui seufzte tief. "Ja, das werde ich versuchen...aber ich dachte ja nicht, dass es Unsinn ist. Ich hielt es für eine gute Idee. Aber ich will nicht, dass Mama sich Sorgen macht...." Er liebte seine Mutter schließlich sehr und wollte sie stolz machen.
Sie erreichten ihre Wohngemächer und traten ein. Emmas Kopf ruckte hoch und Erleichterung malte sich auf ihr Gesicht, als sie Gui entdeckte. Sie glitt von der Fensterbank und ging in die Knie, um ihren Sohn in die Arme zu schließen. "Oh, Gui....mein Junge. Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht, wo warst du nur?" Sie konnte kaum fassen, dass er einfach so unbedarft hier vor ihr stand. Ihm war nichts passiert....´"Du kannst doch nicht einfach so verschwinden."
Sie hatte sich die schlimmsten Gedanken, schließlich war er nun ein Prinz und hatte mehr Feinde als früher, auch wenn er noch so klein war.

Guillaume

Es tat Guillaume unendlich gut die Erleichterung auf Emmas Gesicht zu sehen, denn nichts hatte ihn je mehr geplagt als die Angst die bis gerade eben noch darin zu sehen gewesen war. Er hätte es sich auch niemals verziehen, hätte er Gui nicht wieder zurück bringen können, das wusste er genau.
"Tja, wir wollten uns gerade auf den Weg in die Stadt machen um dort zu suchen, da kam er in Begleitung von den Söhnen des Earl of Oxford durch das Tor geschlendert. Die drei Gentleman hatten sich einmal die Stadt ansehen wollen." Erklärte Guillaume und sah nicht ohne Zufriedenheit wie Gui vor Scham rot anlief. "Ich ... wir ... Raymond kommt doch von hier." Wandte er ein. "Er kennt sich in London aus und hat uns alles gezeigt. Es ist doch auch gar nichts passiert." Erklärte der Junge, angesichts seiner Mutter aber doch ein wenig kleinlaut. Gui hatte nicht gedacht, dass seine Eltern wegen einer solchen Kleinigkeit so in Sorge sein würden.

Emma schaute erst ihren Mann, dann ihren Sohn ungläubig an. "Und du bist nicht auf die Idee gekommen, einfach jemandem Bescheid zu sagen, wo ihr seid? Euch hätte sonst was passieren können. London ist ein sehr gefährliches Pflaster, Gui. Es kann so viel passieren, selbst wenn man sich auskennt wie Raymond. Und Raymond ist auch einige Jahre älter als du, junger Mann."
Sie seufzte tief.
"Gui...versprich mir, dass du so etwas nie wieder tust. Ich hatte solche Angst um dich.", mahnte sie ihn eindringlich. "Es ist nichts passiert, aber es hätte passieren können...Und ich will einfach keine Gefahr laufen dich zu verlieren, mein Schatz."
Solche Momente machten ihr einfach umso mehr bewusst, wie zerbrechlich ihr Glück sein konnte. Nicht auszudenken, wenn ihrer Familie etwas passierte.

Guillaume

Als Emmas Blick ihn streifte, hob er leicht die Schultern. Er war über dieses Verhalten ja ebenso entsetzt gewesen wie sie und es führte ihm vor Augen wie verletzlich eine Familie einen Mann doch machte. Wie sehr es ihn getroffen hätte, wäre Gui etwas zugestoßen.
Gui hob unbehaglich die Schultern. "Wir wollten doch nur kurz in die Stadt. Ich dachte ... wir wären ohnehin zurück bevor es jemand merkt." Versuchte er sich zu erklären.
Guillaume schnaubte leise zu zog auffordernd eine Braue in die Höhe als auch Emma Gui noch einmal aufforderte zu versprechen, so etwas nie wieder zu tun.
Der Junge zögerte kurz, nickte Damm aber langsam
"Ich werds nicht wieder tun." Versicherte Gui.

Emma neigte den Kopf und seufzte tief. "Ja, aber das ist wirklich gefährlich. London ist groß und voller Gesindel, die dir nicht nur Gutes wollen." Aber sie war zufrieden mit seinem Versprechen. "Gut, ich nehme dich beim Wort."
Sie schloss ihn noch einmal in die Arme. "Und jetzt erzähl mir ein bisschen von deinem Ausflug, hm? Was hast du alles gesehen? Ich komme ja nicht mehr so viel aus der Burg." Man sah ihr die Schwangerschaft deutlich an und mit all den Feierlichkeiten wollte sie ein wenig kürzer treten, sich etwas schonen.
Emma zog ihn mit sich auf die Fensterbank.
"Komm, setz dich, Gui."

Edward lief gehetzt in dem Gemach auf und ab und fuhr sich dabei unruhig über den kurzen Bart. Seit er gehört hatte, dass Gui verschwunden war und darauf hin hatte feststellen müssen, dass auch seine Söhne verschwunden waren, hatte er keine ruhige Minute mehr.
Sie hatten die gesamte Burg abgesucht und nun wartete er darauf, dass sie in die Stadt aufbrechen würden. Stephan hatte ein paar Männer zusammen suchen und ihm dann Bescheid geben wollen. Erst hatte Edward überlegt ebenso wie Guillaume schon unten im Hof zu warten, aber dort hätten alle Augen auf ihm geruht und er hätte sich zusammen nehmen müssen. Hier, vor Claire, brauchte er das nicht und konnte seinen Zweifeln und seiner Sorge freien Lauf lassen. Wenigstens für die kurze Zeit bis er wieder vor die Tür musste.
"Was, wenn ihnen etwas zugestoßen ist?" fragte Edward heiser, hielt dabei aber nicht in seiner Wanderung inne. Was, wenn sich irgendwelche finsteren Gestalten an seinen Söhnen vergriffen hatten? So wie an ihm damals ...

Claie beobachtete ihren Mann ein wenig unruhig dabei, wie er durch das Gemach wanderte, voller Rastlosigkeit ob des Verschwindens seiner Söhne. Sie hatte versucht ihn zu beruhigen, aber seine eigene Vergangenheit sorgte dafür, dass er sich große Sorgen machte.
"Beruhige dich, Edward. Ray kennt sich hier aus, er hat 8 Jahre hier in der Stadt überlebt. Ich bin sicher, sie passen auf sich auf."
Sie stand auf, um ihm die Hand auf die Schulter zu legen, als sich die Tür öffnete und Raymond und Michael herein kamen.
Beide wirkten zwar ein klein wenig schuldbewusst, aber hoch zufrieden und hatten offenbar eine lustige Zeit in der Stadt gehabt.
Aber auch Claire war wirklich erleichtert die Beiden unverletzt und wohlauf zu sehen.

Edward sah Claire zweifelnd an. "Und was, wenn sie das nicht können? Wenn sie nicht freiwillig fort sind? Dann kann Ray sich noch so gut auskennen, es spielt dann keine Rolle mehr!" erwiderte er gepresst und hielt inne als Claire zu ihm trat, doch dann fuhr sein Kopf ruckartig herum als sich die Tür öffnete.
Edwards Herz setzte beinahe aus als er Raymond und Michael sah, die in das Gemach herein kamen, mit etwas schuldbewussten Mienen, aber trotzdem leuchtenden Augen.
Ungläubig starrte er die beiden Jungen an. "Wie ..." Edward musste sich räuspern und versuchte es dann noch einmal. "Wo bei allen Heiligen seid ihr gewesen?" Sein Kopf fühlte sich mit einem Mal seltsam leicht an und es rauschte leicht in seinen Ohren. Welche Angst hatte er um seine Söhne ausgestanden und nun kamen sie hochzufrieden hier hereingeschlendert!
Edward ballte eine Hand zur Faust. So wie die zwei aussahen, war ihnen keineswegs etwas zugestoßen, vielmehr hatten sie irgendwelchen Unfug getrieben.

Ray

"Es wird alles gut werden, du wirst schon sehen. Mal nicht gleich den Teufel an die Wand, nur weil sie ein paar Stunden fort sind. Ich bin sicher, es geht ihnen gut." Und so bestätigte es sich ja auch. Sie war allerdings sicher, dass sie sich noch eine Standpauke anhören mussten.
Ray tauschte einen vielsagenden Blick mit Michael. So etwas hatte er befürchtet, als er gesehen hatte, wie Guis Vater reagiert hatte.
"Wir waren....in der Stadt. Ich habe Michael zeigen wollen, wo ich geboren bin und dann waren wir an der Themse und auf dem Markt. Er hat nie verstanden, warum ich Oxford ein bisschen langweilig finde. Jetzt hat er es mit eigenen Augen gesehen. Ich kenne London mein ganzes Leben lang, es war so schön wieder hier zu sein."

Edwards Augen weiteten sich und er machte einen wütenden Schritt auf die beiden Jungen zu ohne zu wissen, was er eigentlich vor hatte. "Ihr habt was?" Seine Stimme klang seltsam trocken. Er war hin und her gerissen zwischen seiner Wut darüber, dass die beiden Bengel ihm solche Sorgen bereitet hatten und seiner Anerkennung ihrer Abenteuerlust gegenüber.
Als ihm das bewusst wurde, zwang er sich dazu sich etwas zu entspannen und die Hände zu öffnen, die er noch immer zu Fäusten geballt hatte.
"Welcher Teufel mag euch dabei geritten haben einfach ohne ein Wort zu verschwinden? Und den kleinen Gui mitzunehmen? Ray ... du sagst immer, die würdest dich hier so gut auskennen, dann weißt du doch ganz genau, wie gefährlich es auf den Straßen ist. Du hast dich und vor allem deinen jüngeren Bruder und Cousin wissentlich in Gefahr gebracht, denn im Gegensatz zu dir, kennen sie London keineswegs!" Edward fuhr sich mit der Rechten über das Gesicht. "Habt ihr eine Ahnung davon, was ihr angerichtet habt? Was hier los war? Wie sehr wir uns um euch gesorgt haben?"

Raymond

Raymond war ganz und gar nicht sicher, wie er die Stimmung seines Vaters einschätzen sollte. Sein Instinkt mahnte ihn jedenfalls zur Vorsicht. "Naja, wir dachten, wir sind ohnehin zurück, bevor es jemand merkt.", erwiderte er zögerlich. "Und Gui hat uns praktisch...gezwungen ihn mitzunehmen, das wollte ich eigentlich gar nicht."
Er hob die Schultern. "Wenn man weiß, wo mn hingehen muss, ist es nicht gefährlich und sie waren ja nicht alleine unterwegs...Ich weiß nicht, was los war....wir wollten nur die Stadt sehen. Ich war so lange nicht mehr in London und es fehlt mir. Und jetzt sitzen wir ja nur hier in der Burg, uns war langweilig."
Raymond neigte den Kopf.
"Ich wollte nicht, dass sich jemand Sorgen macht. Um mich macht sich selten jemand Sorgen." Nur seine Mutter, aber die war nicht hier.

"Ha!" Edward lachte trocken auf. "Das hat ja wohl ganz und gar nicht funktioniert. Glaubt ihr wirklich, ihr könnt einfach für Stunden verschwinden ohne dass es auffällt?" Er stöhnte leise auf. "Auch wenn man es weiß, kann es gefährlich sein. Besonders für kleine Jungen wie euch. Zumal man euch ansieht, dass ihr nicht in die Londoner Gassen gehört, auch das macht es zusätzlich gefährlicher. Was glaubt ihr wohl, was manchen Menschen alles einfällt, wenn sie nur eine gute Gelegenheit wittern, um an Silber ran zu kommen?"
Edward schnaubte verächtlich. "Ich kann verstehen, dass du die Stadt sehen willst, aber wieso zum Teufel habt ihr nicht gefragt?" grollte er ärgerlich und konnte einfach nicht glauben, dass seine Söhne so unvernünftig waren, besonders Michael.
Doch Raymonds nächste Worte nahmen Edward schlagartig den Wind aus den Segeln und sein Zorn verrauchte so schnell, wie er gekommen war. Stattdessen zog sich sein Herz zusammen und er machte noch einen langsamen Schritt auf Raymond zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter. "Ich mache mir ständig Sorgen um dich." erklärte Edward leise. "Seit ich dich kennengelernt habe, liegt dein Wohlergehen mir am Herzen und wenn du einfach so verschwindest ... dann habe ich Angst um dich, weißt du?"

Raymond

"Schon, es waren ja alle beschäftigt und Unterricht hatten wir auch keinen. Zum Abendessen wären wir wieder da gewesen und keiner hätte es mitbekommen. Ich kenne viele Menschen in London, uns ist nichts passiert und das wäre es auch nicht."
Raymond seufzte tief. "Wenn wir gefragt hätten, hättest du sowieso Nein gesagt. Und ich hätte es ihnen nicht so zeigen können, wie ich es kenne. Mein London...."
Er schaute zu seinem Vater auf, als dieser ihm die Hand auf die Schulter legte. Es war ein seltsames Gefühl, dass er sich wirklich so sehr sorgte.
"Aber warum? Ich habe ganz viele Jahre in London gelebt und es nichts passiert. Also musst du keine Angst haben."
Und dieses Prinzip einer Familie, die sich unterstützte und aufeinander acht gab, war ihm auch immer noch nicht ganz geheuer.

Edward zog eine Augenbraue in die Höhe. "Seid dir dessen mal nicht allzu sicher. Ja, dieses Mal ging es gut, aber das bedeutet nicht, dass es nicht auch ganz anders hätte laufen können." erwiderte er und schürzte leicht die Lippen. "Hättest du es getan, wärst du womöglich überrascht worden. Ich will nicht, dass ihr so etwas noch einmal tut, habt ihr verstanden? Wenn ihr in die Stadt wollt, kommt zu mir und wir finden eine Lösung."
Edward sah seinen Sohn nachdenklich an. "Weil immer etwas passieren kann. Jahrelang kann etwas gut gehen und dann kommt dieser eine Tag an dem man dem falschen Menschen begegnet, zur falschen Zeit, am falschen Ort ist und dein Leben kann sich für immer verändern, wenn nicht sogar ein jähes Ende finden. Und weil du mein Sohn bist und mir teuer, mache ich mir Sorgen, wenn du einfach verschwindest und ich nicht weiß, ob du dich nur einfach irgendwo herum treibst oder womöglich mit gebrochenem Bein am Ende einer Kellertreppe liegst oder ... dich irgendwelche finsteren Gestalten festhalten und wer weiß was mit dir anstellen."

Raymond

Raymond hob den Schultern. "Vielleicht hätte es das..Aber ich fühle mich in London, als würde ich hier hin gehören. Und daher könnte ich auch keine Angst hier haben...Ich weiß nicht. Du hättest sicher nein gesagt. Aber gut, nächstes Mal werden wir fragen."
Er hatte aber auch nicht gewollt, dass jeder sehen konnte, wo er geboren war. In dieser Welt musste er sich dafür immer schämen, man hatte kein Verständnis dafür. Jemanden wie ihn sollte es einfach nicht geben.
"Wir würde den finsteren Gestalten die Visage einschlagen, wenn sie es versuchen.", erklärte er überzeugt. "Aber wir werden aufpassen, ich verspreche es...Und Bescheid sagen. Aber wer weiß schon, wann wir nächstes Mal in London sind."

Edward lächelte schwach. "Ich schätze, es wird Zeit, dass du mich noch besser kennen lernst." erwiderte er. Wären die Jungen zu ihm gekommen mit ihrem Ansehen, hätte er irgendeinen Weg gefunden es ihnen zu ermöglichen, wäre womöglich selbst mit ihnen gegangen, damit sie sicher waren in Londons Straßen.
Edward zog eine Braue in die Höhe und fuhr sich dann mit leisem Seufzen durch die roten Haare. Dieser Bengel verschlug ihm doch immer wieder die Sprache.
"Gut, dann halte dich auch an das Versprechen. Und nun verschwindet. Es ist bald Zeit zum Abendessen und ihr solltet euch ein wenig in Ordnung bringen dafür." beschied er mit einem Blick auf ihre staubigen Kleider.
Edward tauschte einen kurzen Blick mit Claire. Er war sich nicht sicher, ob Raymond begriffen hatte, wie ernst es ihm mit dieser Sache wirklich war, aber ihm selbst waren für den Moment auch einfach weitere Argumente ausgegangen. Er war zu erleichtert und Raymond zu stur in seiner Überzeugung als dass Edward noch weiter mit ihm darüber hätte diskutieren können. Aber seine Hoffnung war, dass zumindest Michael sich seine Worte wirklich zu Herzen nahm.

Raymond

"Ja, vielleicht....aber wir kennen uns ja auch noch nicht so lange." Ray würde seinen Vater vielleicht noch besser kennenlernen, bislang war es immer noch eine Art Abtasten zwischen ihnen. Aber möglicherweise würde das noch anders werden.
Ray grinste Michael an und die Beiden verzogen sich, um sich umzuziehen für das Abendessen. Claire legte ihrem Mann die Hand auf die Schulter.
"Na siehst du, es ist alles noch einmal gut gegangen. Ich bin wirklich zuversichtlich, dass sie sich das Versprechen wirklich zu Herzen nehmen und in Zukunft vorsichtiger sind. Ray ist ein Wildfang, er kannte nie Regeln. Was kannst du da erwarten, hm? Sei nicht zu streng mit ihnen."
Glücklicherweise waren sie heil heimgekehrt.

Edward sah den beiden Jungen nach wie sie das Gemach verließen, dann wandte er sich Claire zu, die neben ihn getreten war und ihm die Hand auf die Schulter gelegt hatte. Er atmete geräuschvoll durch. "Sei nicht zu streng mit ihnen ... dass so etwas irgendwann einmal jemand zu mir sagen würde ... ich hatte immer gedacht bevor das passiert würde die Welt auseinander brechen." bemerkte Edward mit einer Mischung aus Belustigung und Entsetzen. Das letzte, was er sein wollte, war ein strenger Vater.
Edward schlang die Arme um Claires Taille und küsste sie innig, ehe er sie eng an sich zog und die Stirn an ihre legte. "Ich ... bin nicht streng, weil ich nicht gut heiße, was sie getan haben. Ich ... wenn ich streng bin, dann weil ich fürchterliche Angst um sie hatte." All die Dinge die Edward sich in den letzten Stunden ausgemalt hatte, hatten ihn vollkommen aus der Fassung gebracht und jetzt da die beiden gesund zurück waren und die Anspannung von ihm abfiel, kam er sich vor als wäre er in voller Rüstung von hier bis zum östlichsten Zipfel Cornwalls gelaufen. Er fühlte sich als könne er ein Jahr schlafen.

Claire lachte leise. "Du wirst auch älter und weiser, Liebster, das spiegelt sich auch im Umgang mit deinen Kindern. Und da du an Ray bisher so viel versäumt hast, willst du es wieder gut machen, indem du dich noch mehr um ihn sorgst."
Sie erwiderte seinen Kuss und fuhr ihm durch die roten Locken. "Ich weiß...du hast Angst, weil dir selbst als Kind so schlimme Dinge widerfahren sind. Aber das muss bei ihnen ja nicht auch so sein. Nichts desto trotz bin ich sicher, sie werden in Zukunft besonnener handeln."
Einen Moment dachte sie nach, lächelte dann. "Aber es ist erstaunlich, dass die Beiden sich so angefreundet haben. So widerspenstig wie Ray am Anfang war, hätte ich nie gedacht, dass er sich so gut fügt, dass du ihn sogar mit an den Hof nehmen kannst."

Edward schnitt eine Grimasse. "Älter und weiser, ich glaube nicht, dass ich das werden will ..." murmelte er, schloss dann aber die Augen und versuchte sich nur auf den Kuss zu konzentrieren, den Claire und er teilten und auf ihre Finger, die durch seinen Schopf fuhren.
"Nein, natürlich nicht. Trotzdem kann es passieren und wenn man einmal so etwas erlebt hat ... ich will einfach nicht, dass ihnen so etwas zustößt. Sie sind doch im Grunde noch so klein." Und Edward hatte das Gefühl, er müsse seine Kinder vor allem Unheil in der Welt beschützen, auch wenn er natürlich wusste, dass das nicht ging.
Doch Claires nächste Worte weckten wieder etwas Zuversicht in ihm und er lächelte ebenfalls. "Das ist wahr. Ich bin froh, dass es so gekommen ist, auch wenn ich fürchte, dass Michael dadurch ziemliche Flausen in den Kopf gesetzt bekommt. Gleichzeitig hat er aber glaube ich auch einen guten Einfluss auf Ray und ich bin wirklich froh, wenn der Junge sich mit seinem Los etwas arrangieren kann."