William und Joanna - ab 1183

"Ich fürchte, mein Liebster, das wird nicht ausbleiben. Es passiert automatisch mit mehr Lebenserfahrung. Sie sind noch klein, du hast Recht. Aber sie sind pfiffige Burschen, sie werden schon ihren Weg gehen. Michael wird etwas mutiger werden, Ray etwas ruhiger und im Grunde genommen sind sie Beide doch anständig."
Claire lachte leise und küsste ihn erneut. "Und jetzt beruhige dich ein wenig, trink einen Schluck Wein und dann werden wir zum Abendessen gehen."
Sie wollte ihren Mann wieder auf andere Gedanken bringen. "Und dann machen wir uns einen schönen Abend."

Isaac

Isaac schlenderte durch die große Halle, einen halbgefüllten Becher in der Hand und nippte ab und an versonnen an dem guten Rotwein. Er war ausgesprochen glücklich mit ihrem Aufenthalt hier am Hof, war froh, dass Rob sich für diese Reise hatte entschließen können und dass sie nun auch noch in diese fast aberwitzige Hochzeitsfeier hinein geraten würden. Ihm gefiel es ausgesprochen gut am Hof, wenngleich er durchaus auch schon Vorteile erkannt hatte, die es in Truro gab.
Doch solange sie hier waren, wollte er die Zeit genießen und zwar nicht nur hier hinter den Burgmauern.
Als er nun Gabriel auf einer der langen Bänke sitzen sah, hielt er zielstrebig auf ihn zu, ein Lächeln auf den Lippen. "Ah, genau der Mann, den ich suche." verkündete Isaac gut gelaunt und ließ sich neben seinem Cousin auf die Bank sinken. "Gabriel, was hältst du davon mich in die Stadt zu begleiten? Mal ein bisschen raus aus diesen Mauern und den ewig gleichen Gesichtern?" schlug er munter vor.

Gabriel

Gabriel saß seit einer geraumen Weile in der Halle und brütete vor sich hin. Auch, wenn er versuchte es nicht zu tun, grübelte er ständig über Giulia nach. Darüber, was sie wohl tat, wo sie war und was sie über seinen Brief dachte.
Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Isaac sich zu ihm gesellte. Er verstand sich gut mit seinem Cousin aus Truro und sie waren sich vom Alter her ähnlich, daher hatten sie oft ähnliche Ansichten und Vorhaben.
"Oh, wie kannst du nur immer so guter Laune sein, Isaac? Das ist unglaublich. Hältst du das für eine gute Idee? Betrinken kannst du dich auch hier. Aber ich gebe zu, es klingt nicht schlecht." Ein bisschen Ablenkung würde ihm vermutlich wirklich besser tun, als sich hier weiter den Kopf zu zerbrechen.

Isaac

Isaac lachte leise über Gabriels Bemerkung. "Oh, das ist einfach. Ich nehme es mir einfach morgens beim Aufstehen vor. Außerdem werden die Tage deutlich erbaulicher, wenn man guter Laune ist. Zumal es nichts geben sollte, weswegen man so nachdrücklich die Stirn runzeln sollte wie du." neckte er gutmütig.
Er mochte Gabriel gern und war froh hier mit ihm direkt jemanden in seinem Alter gefunden zu haben, den er kannte, denn bei einem so riesigen Hof war es manchmal gar nicht so leicht wirklich Freunde zu finden. Oft kamen und gingen die Menschen ständig, nur jetzt mit Blick auf die Hochzeitsfeier blieben zumindest die Adligen mit ihrem Gefolge länger hier.
Isaac grinste leicht. "Ach, betrinken muss ich mich gar nicht so sehr. Aber selbst wenn, das muss man ja nicht jeden Abend hier machen, oder? Ein bisschen raus tut immer gut. Und dir sicher auch, du grübelst so viel seit du hier bist." bemerkte er vielsagend.

Gabriel

Gabriel grinste und zog dann eine Grimasse. "Das funktioniert bei mir nie so wirklich. Vater würde sagen, es liegt daran, dass ich ein ewiger Zweifler bin. Aber so bin ich eben. Sei aber einfach froh, dass du nicht so viele Dinge zum Stirnrunzeln hast wie ich."
Er hob die Schultern und stand auf. "Ach, du hast schon Recht. Ich denke zu viel nach und vermutlich muss ich wirklich einmal hier raus."
Gabriel fuhr sich durch die roten Locken. "Was hast du vor, hm? Was willst du in der Stadt anstellen? Ich schätze, ein kleiner Ausflug kann nicht schaden. Das lenkt mich ab von meinem düsteren Gedanken, ich könnte mal wieder was zum Lachen brauchen."
Sie ließ ihn nicht los, egal, was er tat. Das musste ein Ende haben.

Isaac

Isaac hob unbekümmert die Schultern. "Vielleicht hat er Recht. Aber es wird schon so seine Gründe haben, wieso du soviel über alles nachdenkst, hm? Ich finde nicht, dass das etwas schlechtes ist. Du darfst dir darüber nur nicht allzu sehr die Laune verderben lassen. Versuch dich ab und zu auch an den schönen Dingen zu erfreuen." erwiderte Isaac augenzwinkernd.
Er grinste zufrieden als Gabriel einwilligte und sich erhob. Mit einem großen Zug leerte Isaac den Rest seines Bechers, ließ diesen auf dem Tisch zurück und erhob sich ebenfalls. "Ach, ein wenig durch die Straßen ziehen und irgendwo einkehren wo es nett aussieht. Irgendetwas, wo man nicht fürchten muss, dass einem der letzte Penny geraubt wird, aber wo man auch nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen muss, weil irgendwelche gewichtigen Personen zuhören könnten, so wie hier." Isaac klopfte Gabriel auf die Schulter und setzte sich in Bewegung. "Gut so. Ich bin sicher, wir kriegen dich schon zum Lachen. Und vielleicht verrätst du mir dann auch, wieso du in den letzten Tagen so ganz besonders grüblerischer Stimmung bist."

Gabriel

Gabriel zog eine Grimasse. "Ja, wahrscheinlich hat es seinen Grund. Aber wer versteht schon Gottes Plan...Und du, mein weiser Freund, hast auch immer einen schlauen Spruch parat, hm?" Aber er mochte Isaac ja gerade wegen seiner aufgeweckten Frohnatur. Er hatte selten stabile, friedliche Verhältnisse gehabt, daher fiel es ihm schwer es einfach zu genießen.
"Na gut, dann lass uns gehen. Das klingt nach genau dem, was ich jetzt brauche." Er zuckte mit den Schultern. "Vielleicht erzähle ich es dir wirklich...aber noch habe ich dafür nicht genug getrunken, glaube ich."
Er war hin und her gerissen, weil er sich ihm anvertrauen wollte und doch Angst hatte ausgelacht zu werden. "Du wirst mich für albern halten."

Isaac

Isaac legte die Rechte auf seine Brust und verneigte sich feierlich. "Ich bemühe mich stets darum, Sir." erklärte er lächelnd. "Man kann nie früh genug damit beginnen nach Weisheit zu streben."
Sie schlenderten durch die Halle und hielten auf den Eingang zu. Isaac grinste vergnügt. "Ach, dem lässt sich rasch abhelfen, sei unbesorgt. Zumal ich sicher bin, dass es hier genügend Wirtshäuser mit anständigem Bier und passablem Wein gibt. Für jeden Geschmack was dabei."
Isaac sah seinen Cousin einen Moment lang forschend an, dann zuckte er mit den Schultern. "Ich glaube nicht. Du bist niemand der dazu neigt alberne Dinge zu tun oder zu denken. Und selbst wenn ... wer wäre ich, um darüber zu urteilen?" erwiderte Isaac unbekümmert. Er war niemand, der sich über andere lustig machte. Leben und leben lassen, fand er.

Gabriel

Gabriel lachte leise und spürte, wie die Düsternis sich ein wenig lichtete. Er hatte wirklich das Gefühl, dass Isaac ihm ein kleines Licht im Nebel war.
"Das hoffe ich doch. Aber ich schätze, London wäre nicht so dicht besiedelt, wenn es anders wäre. Also, lass uns ein wenig hinaus gehen." Rasch hatten die Gassen von London sie Beide verschlungen und es war wirklich nicht schwer, ein manierliches Wirtshaus aufzutun, wo sie ein ruhiges Eckchen bekommen konnten. Bald hatten sie Beide einen Becher dunkles Ale vor sich stehen.
"Auf deine weisen Vorschläge, mein Freund."
Gabriel hob den Becher und trank einen großen Schluck. "Es tut wirklich gut hier zu sein, weg vom Hof und den ewig gleichen Gesichtern."
Das lenkte ihn von seinem Kummer ab.

Isaac

Isaac war zufrieden, dass er Gabriel ein Lachen entlocken konnte. Er hatte gehofft, dass er seinen Cousin mit diesem Ausflug etwas auf andere Gedanken bringen konnte und als sie nun zusammen mit einem Becher vor sich am Tisch saßen, streckte Isaac die langen Beine aus und seufzte zufrieden. "Auf meine weisen Ratschläge." stimmte er zu und hob den Becher. "Und auf deine Weisheit dich klugen Vorschlägen anzuschließen." fügte er hinzu ehe er den Becher an die Lippen setzte und einen großen Zug nahm.
Isaac sah Gabriel an und legte den Kopf dabei ein wenig schief. "Und dabei ist es doch gerade im Moment ausgesprochen spannend am Hof. Mit den Prinzen dort, der französischen Königin ... man könnte meinen, dass es kaum eine illustere Runde geben könnte." erwiderte Isaac und grinste leicht. Er jedenfalls war im Großen und Ganzen sehr froh, dass Rob ihn mit her genommen hatte.
"Ist es denn klug in des Prinzen Dienst zu treten, wenn man für das Hofleben nicht viel übrig hat? Wobei ... ist es denn in Oxford so viel ruhiger? Ich hatte immer gedacht, dort wäre einiges los. Angesichts deines Vaters, der Universität und der Nähe zu London. Nicht so weit ab wie wir in Truro."

Gabriel

Gabriel leerte seinen Becher zur Hälfte, ehe er antwortete und runzelte die Stirn. "Schon, es ist auch spannend und eine illustre Runde. Es liegt eigentlich nicht an den Leuten....vielleicht ein bisschen. Weil jemand nicht da ist, den ich erwartet habe."
Er schüttelte den Kopf. "Ich habe etwas für das Hofleben übrig, ich bin gern hier. Und glaub mir, alles ist besser als zuzusehen wie mein Vater und Claire herumturteln. Oxford ist mein Zuhause, Isaac, es ist wunderbar dort. Nicht so lebhaft wie London, aber lebhaft genug."
Er trank seinen Becher aus und bestellte sich noch ein Bier. Erst dann konnte er sich überwinden Isaac die Wahrheit zu sagen.
"Weißt du, Isaac, als in Frankreich war, habe ich ein Mädchen kennengelernt. Und ich habe ihr einen Brief geschrieben. Es kam nie Antwort, also hoffte ich, sie würde mit der Königin herkommen...Aber das ist sie auch nicht."

Isaac

Isaac zog leicht die Augenbrauen in die Höhe, fragte aber nicht nach, denn er war sicher, dass Gabriel erzählen würde, sobald er sich bereit fühlte. Aber diese Andeutung weckte ohne Zweifel Isaacs Neugierde.
Unweigerlich musste er lachen. "Herrje, das glaube ich gern. Da ist es sicherlich sehr wohltuend ihnen nicht ständig dabei zusehen zu müssen, hm? Es muss sich wirklich seltsam anfühlen, Claire und du, ihr steht euch schließlich sehr nahe." Und Isaac war froh, dass wenigstens dieser Kelch an ihm vorbei gegangen war. Seine Familie war immerhin schon skuril genug.
Isaac schmunzelte als Gabriel den zweiten Becher bestellt, doch dann horchte er auf. Das was Gabriel da erzählte, kam ein wenig unerwartet, aber eigentlich war es wenig überraschend, dass es ausgerechnet ein Mädchen war, dass seinem Cousin so die Stimmung verdüsterte.
Isaacs Augen leuchteten auf. "Ah, eine Liebesgeschichte!" bemerkte er vergnügt als Gabriel geendet hatte und beugte sich weiter zu seinem Cousin hinüber. "Erzähl mir mehr, komm schon. Wer ist sie? Weißt du, wo sie ist, wenn sie die Königin nicht begleitet hat? Das lässt sich doch sicher rausfinden." beschied er und überlegte dabei bereits, ob er nicht vielleicht eine der königlichen Zofen heimlich ausfragen konnte, um für Gabriel ein paar Informationen zu bekommen.

Gabriel

"Oh ja.", erwiderte Gabriel verdrossen. "Sie ist meine Milchschwester und sie bedeutet mir wirklich viel. Das macht es ein wenig schwierig. Je weniger ich davon mitbekomme, was sich zwischen den Beiden zuträgt, desto besser. Und ich bin ein bissschen erleichtert, dass es mir bislang erspart geblieben ist weitere Halbgeschwister zu bekommen."
Er verzog das Gesicht. "Sie ist Italienerin und ist als Hofdame bei der Königin. Ihr Bruder hofft offenbar auf eine Verbindung zum französischen Adel. Naja, sie ist eine kleine Kratzbürste und sie hasst England. Sie hält mich für einen ungebildeten Banausen. Du siehst also, die Aussichten sind nicht besonders rosig. Aliz hat schon versucht etwas herauszufinden. Scheinbar ist sie in Paris geblieben, weil sie ihren Vater zu Besuch erwartet hat."
Er nahm noch einen Schluck Bier. "Du siehst also, ich kann mich nicht gerade glücklich nennen. Ich schätze, ich darf also ein bisschen schwermütig sein."

Isaac

Isaac nickte nachdenklich, musste dann aber grinsen. "Zumal deine beiden Brüder ja auch gerade heute erst für ganz schön viel Aufregung gesorgt haben, hm?" bemerkte er amüsiert. Jetzt, da die drei Jungen wohlbehalten zurück waren, konnte er wirklich nur noch darüber lachen, doch als er beim Suchen hatte helfen müssen, hatte auch er sich Sorgen gemacht, immerhin war er sowohl mit dem kleinen Prinzen als auch mit Raymond und Michael verwandtschaftlich verbunden.
Isaac war begeistert von der Geschichte, die Gabriel ihm da erzählte und pfiff leise zwischen den Zähnen hindurch. "Italienerin, Gabriel ... ich bin wirklich beeindruckt." stellte er fest und schüttelte leise lachend den Kopf. "Eine Kratzbürste, die dich für ungebildet hält, aber dich zutiefst beeindruckt hat, will ich meinen. Gabriel, das ist wirklich spannend! Lass den Kopf nicht hängen, versuch sie für dich zu gewinnen. Wer weiß, vielleicht kommt sie ja mit ihrem Vater nachgereist. Und wenn nicht, dann sieh zu, dass du irgendwie mit der Königin zurück nach Paris kommst!" schlug Isaac eifrig vor.
Er konnte sich vorstellen, dass Gabriel über das Ausbleiben einer Antwort bekümmert war, aber ihn stachelte das eher noch an. "Wenn sie wirklich so temperamentvoll ist, wie du sagst, dann wird es dir nicht helfen hier zu sitzen und Trübsal zu blasen. Ein Brief allein reicht nicht, du musst sie wirklich von dir überzeugen!"

Gabriel

Gabriel verdrehte die Augen. "Oh ja...sie sind schlimmer wie ein Sack Flöhe. Ich sage dir, Ray hat es faustdick hinter den Ohren und zieht Michael in eine Menge Unsinn hinein. Aber man kann es ihm nicht verdenken, er hatte eben immer Narrenfreiheit."
Er grinste schief.
"Wenigstens einer, wenn sie schon nicht. Ich weiß ja auch nicht, warum sie mich so gefesselt hat. Ich..konnte einfach nicht aufhören an sie zu denken...ich wollte es mir selbst lange gar nicht eingestehen." Er schüttelte den Kopf.
"Ich weiß nicht, wie ich sie gewinnen soll, wenn ich sie nie wieder sehe. Wenn sie nicht herkommt und Briefe nicht beantwortet, gibt es wohl keine Chance mehr. Wie soll ich denn nach Paris kommen? Ich stehe in Guillaumes Dienst und er wird England vorerst nicht verlassen. Du siehst also, Isaac, ich habe allen Grund zu grübeln."

Isaac

"Eigentlich ist es ein Wunder, dass er sich überhaupt schon in diese Welt hier einfügt, es ist schließlich schon sehr anders zu dem, was sein Leben früher ausgemacht hat." bemerkte Isaac nachdenklich. Er konnte den impulsiven, manchmal sehr unverschämten Jungen gut leiden, er war sicher, dass Raymond das Herz am rechten Fleck hatte.
Isaac zuckte mit den Schultern. "Vielleicht weil sie anders ist?" schlug er vor. "Nicht wie all die Püppchen am Hof, die dich anhimmeln wenn du nur vorbei gehst." bemerkte er augenzwinkernd. Aber insgeheim würde er diese Italienerin wirklich nur zu gern kennenlernen, denn sie musste in der Tat etwas ganz besonders sein, wenn ausgerechnet Gabriel ihr so verfiel.
"Irgendwas wird uns schon einfallen, keine Sorge. Und die Königin von Frankreich ist immerhin Guillaumes Schwester, vielleicht braucht er ja demnächst einen verlässlichen Boten."

Gabriel

"Da hast du auf jeden Fall recht. Er ist weniger auffällig, als ich befürchtet habe und eigentlich ist er ein guter Kerl. Aber er muss noch viel lernen...Und wer kann ihm den Hitzkopf verübeln, den unser Vater nun einmal vererbt hat?"
Gabriel seufzte inbrünstig. "Ja, sie ist anders. Ich habe noch nie so ein Mädchen getroffen. Und es wäre auch irgendwie der Tradition nicht genüge getan, wenn ich ohne Hindernisse heiraten würde. Meine Familie steht für schwierige Liebschaften. Aber wenn sie eines Tages hier sein sollte, stelle ich sie dir vor und befriedige deine Neugierde."
Gabriels Miene hellte sich ein wenig auf, als er Zuversicht schöpfte.
"Das ist gar keine so schlechte Idee, mein Freund. Vielleicht sehe ich sie ja doch eines Tages wieder, dann nehme ich mein Glück in die Hand.

Isaac

Isaac grinste leicht. "Wer weiß, was da noch kommt. Lass ihn noch ein klein wenig älter werden und sich anfangen für Mädchen zu interessieren ..." prophezeite Isaac amüsiert. Wer wusste schon, was Raymond noch alles für sie bereit hielt, immerhin war er unter so vollkommen anderen Umständen aufgewachsen als sie alle. Das, was in seiner Welt bisher als vollkommen normal gegolten hatte, waren oft Dinge, über die der Adel - zumindest offiziell - die Nase rümpfte und Isaac bezweifelte, dass Raymond all das einfach ablegen konnte.
Isaac nippte versonnen an seinem Ale und sah seinen Cousin dann mit einem strahlenden Lächeln an. "Gut von dir, ich hoffe, sie kommt bald." bemerkte er unbekümmert. Er brauchte schließlich kein Geheimnis aus seiner Neugierde machen. "Aber vielleicht wird es ja auch gar nicht so schwierig, wie du glaubst. Ja, sicher, du hast keine Antwort auf deinen Brief bekommen, aber wer weiß, woran das liegt? Briefe können auch leicht verloren gehen oder sie traut sich nicht, dir zu antworten. Ich sage dir, wenn du ihr gegenüberstehst, wirst du sie im Handumdrehen für dich gewinnen. Es wäre doch gelacht, wenn nicht. Die Frauen hier liegen dir doch so schon zu Füßen, dann wirst du diese kleine Italienerin auch bekommen können." zeigte Isaac sich zuversichtlich und beugte sich dann mit einem kleinen, fast verschwörerischen Lächeln zu seinem Cousin hinüber. "Und nun tu ein gutes Werk und erzähl mir, was du in diesem Brief geschrieben hast." bat er. Das interessierte ihn nun wirklich, denn mit solchen Dingen hatte er noch so gar keine Erfahrung.
Sicher, Isaac war vierzehn Jahre alt und interessierte sich nicht erst seit heute für das weibliche Geschlecht. Obendrein war er in Truro aufgewachsen, das zum einen sehr ländlich und daher in vielen Dingen weniger verklemmt war und zum anderen drehte es sich allein schon durch das Gestüt mehr oder weniger ja ohnehin das ganze Jahr über, um das Zeugen von Nachwuchs, er wusste natürlich wie all diese Dinge liefen und war ganz und gar nicht verklemmt was das betraf. Aber mehr als den ein oder anderen Kuss hatte er noch nicht vorzuweisen, auch wenn er inständig hoffte, dass sich das hier am Hofe nun bald ändern würde. Doch vor allem hatte er so gar keine Ahnung davon, wie man einen solchen Brief schrieb, wie Gabriel es getan hatte.

Gabriel

Gabriel stieß Luft aus und schüttelte leicht den Kopf. "Das will ich mir gar nicht vorstellen...Ich glaube, er kommt sehr nach unserem Vater. Er scheint früher auch ein richtiger Filou gewesen zu sein. Das war er eigentlich immer, jetzt ist er regelrecht zahm."
Er hob die Schultern. "Ach, Isaac...ich habe mir all das schon so oft gesagt. Ich habe alle Szenarien durchgespielt. Mir alles ausgemalt....aber irgendwie lässt mit der Zeit die Hoffnung nach. Und wenn ich ihr gegenüber stehe, werde ich mich wahrscheinlich wieder benehmen wie ein Trottel und sie wird noch weniger von mir halten.", prophezeite er düster. "Aber ich weiß ja nicht, was du zu sehen meinst, aber mir liegen die Frauen doch nicht zu Füßen. Höchstens noch, weil ich eine gute Partie bin als Erbe von Oxford...."
Er zog die Augenbrauen hoch und grinste breit. "Na das wüsstest du wohl gern, wie? Na gut, ich will mal nicht so sein... Ich...war bei unserem bischöflichen Onkel in Winchester. Und wie du vielleicht weißt, ist er lange in Rom gewesen und in Bologna. Also habe ich mir von ihm und von Edmund Italienisch beibringen lassen, so gut es in der Kürze der Zeit ging. Und dann habe ich ihr diesen Brief auf Italienisch geschrieben....Ich habe ihr gesagt, dass ich unsere Begegnung schön fand und sie seitdem nicht recht vergessen kann. Und dass ich sie gern wiedersehen würde.. Sie gefragt, wie es ihr ergangen ist und dergleichen....für allzu poetische Ausschweifungen bin ich leider nicht geboren."

Isaac

Isaac musste schmunzeln. "Oh ja, man hört immer noch die verrücktesten Geschichten über ihn. Wirklich schwer vorstellbar, dass es der gleiche Mann ist, der jetzt so überglücklich mit Claire verheiratet ist." Aber allein schon die zahlreichen Kinder seines Onkels von verschiedensten Frauen zeugten davon, wie umtriebig er so gewesen sein musste. Und das war ja nur das, was Isaac kannte.
Isaac zog eine Augenbraue in die Höhe. "Gehst du mit geschlossenen Augen durch die Welt, Mann? Sie himmeln dich an! Achte nur mal darauf, was für Blicke sie dir zuwerfen, sie himmeln dich an. Du siehst aus als wärst du geradewegs aus irgendeiner Ritterromanze herausspaziert ... oder aus einer der Artussagen ... natürlich liegen sie dir zu Füßen. Du beachtest sie nur nicht." erwiderte Isaac und grinste dann leicht. "Frag deine Schwester, wenn du mir nicht glaubst. Ich glaube, sie schließen insgeheim sogar schon Wetten ab, welche von ihnen es als erstes schafft, dir wenigstens einen Kuss zu stehlen." feixte er munter und nahm dann einen großen Schluck Ale, ehe er sich noch etwas weiter zu Gabriel lehnte und leise fortfuhr: "Oder die kleine Schankmagd dahinten ... willst du mir wirklich weis machen, dir wäre nicht aufgefallen, was sie dir für Blicke zuwirft?"
Er lehnte sich wieder zurück und zuckte unbekümmert mit den Schultern. "Na klar. Vielleicht kann ich in der Hinsicht ja noch was von dir lernen. Ich habe immerhin keine Liebste, der ich Briefe schreiben könnte." bemerkte er augenzwinkernd.
Im nächsten Moment pfiff Isaac anerkennend durch die Zähne. "Italienisch, Gabriel! Bei allen Heiligen, dich hat es wirklich sehr schlimm erwischt, wenn du freiwillig eine Sprache lernst ..." Das war so ziemlich die letzte Idee, die Isaac selbst gekommen wäre.

Gabriel

"Ja, man kann es kaum verstehen...aber offenbar hat er endlich seinen Platz gefunden." Gabriel schaute Isaac ein wenig verwirrt an. "Denkst du wirklich? Ehrlich gesagt, habe ich nie so genau hin gesehen. Ich habe mich eigentlich geweigert ich zu verlieben...und ich will kein solch umtriebiger Mensch sein wie mein Vater....Tja, leider nutzen all die guten Vorsätze nichts. Giulia hat alles zunichte gemacht...Aber wenn sie mich anhimmeln, dann dich doch auch, Isaac."
Er errötete ein wenig. "Herrje...dabei will ich sie doch gar nicht. Wie konnte mir das nur entgehen? Aber...vielleicht war das auch besser so."
Es war ihm irgendwie unheimlich. Natürlich interessierte er sich auch für das weibliche Geschlecht, aber er hatte sich selbst strenge Prinzipien auferlegt. Er wollte nicht sein wie sein Vater und die Welt mit Bastarden bevölkern.
Er folgte Isaacs Aufforderung. "Also ich glaube, ihr Blick hängt eher an dir..." Gabriel zuckte ergeben mit den Schultern.
"Ich sage es dir doch...Ich bin hoffnungslos verloren."

Isaac

"Musst du ja auch nicht. Aber das bedeutet doch nicht, dass du vor allem, was Brüste hat, die Augen verschließen musst, oder?" erwiderte Isaac mit einem kleinen Grinsen. Dann wiegte er den Kopf leicht hin und her. "Aber nicht so wie dich. Mit deinem Rotschopf kann ich nicht mithalten." stellte er unbekümmert fest.
Isaacs Blick huschte kurz zu der Schankmagd hinüber. "Hm, glaubst du wirklich?" Versonnen nippte er an seinem Ale und dachte darüber nach, was er wohl tun würde, wenn er in diese Hinsicht ein wenig mutiger wäre. Aber er fürchtete sich durchaus davor sich bis auf die Knochen zu blamieren, wenn er ihr irgendwie zu verstehen gab, dass er interessiert war. Vermutlich gehörten diese koketten Blicke ohnehin nur zu ihrem Geschäft, dann tranken die Männer sicher gern das ein oder andere Bier mehr.
Dann sah Isaac seinen Cousin wieder an und lachte leise. "Aber auf eine wirklich schöne Art. Das ist doch total romantisch! Und gib die Hoffnung nicht auf, Gabriel, Gott wird sich schon etwas bei der ganzen Sache gedacht haben. Wie heißt sie denn eigentlich, deine Angebetete?"

Gabriel

Gabriel seuzfte. "Ja, ich weiß....mein Vater ist derselben Ansicht. Er hat mir sogar ein Mädchen ins Zimmer geschickt, kannst du das glauben? Als Abschiedsgeschenk....ich habe sie fort geschickt.", gestand er dann ein wenig verlegen.
"Oh, ich denke aber doch. Nicht alle Frauen mögen Rotschöpfe. Du hingegen siehst deinem Vater doch auch ähnlich. Ich denke aber ja, sie schaut dich an. Versuch sie doch für dich zu gewinnen, wenn sie dir gefällt. Du bist nicht so zurückhaltend wie ich."
Er lachte leise. "Dass du einen Sinn für Romantik hast...Ihr Name ist Giulia...", bekannte er dann. "Aliz ist der festen Überzeugung, dass das ein Omen ist. Ich weiß ja nicht...Versprich mir aber, dass du alles für dich behältst. mein Vater darf davon nichts erfahren, er wird mich nur aufziehen und versuchen mich auszuquetschen."

Isaac

Isaacs Augen weiteten sich verblüfft. "Wirklich?" fragte er erstaunt. "Das ist ... irgendwie merkwürdig. Er hat das einfach so getan? Ohne mit dir darüber zu sprechen? Weiß Gott, auf so eine Idee würde mein Vater in 100 Jahren nicht kommen." Und Isaac fragte sich insgeheim, ob ihn das beruhigte oder eher mit leisem Bedauern erfüllte. Er glaubte nicht, dass er in der Lage gewesen wäre das Mädchen wegzuschicken, wäre sie erst einmal da. "Es ist wirklich bemerkenswert wie du an deinen Prinzipien festhältst, Cousin. Achte ja drauf, dass das auch immer so bleibt, das ist eine wirklich kostbare Tugend." stellte Isaac anerkennend fest.
Er sah noch einmal zu dem Mädchen hinüber und seufzte leise. "Ich hätte ja doch keine Ahnung, wie man diese Dinge anstellt." räumte er ein. "Außer ein paar Küssen und sowas ..." Er zuckte mit den Schultern. Einmal hatte er seine Hand immerhin unter den Rock und bis zu den Oberschenkeln einer der Mägde in Truro bekommen, doch dann waren Schritte auf dem Gang zu hören gewesen und sie beide hatten sich schneller wieder voneinander getrennt als sie zusammen gefunden hatten, aus Angst sie könnten erwischt werden.
"Wieso denn auch nicht? Ein bisschen Romantik hat noch nie geschadet, oder?" Isaac zog eine Augenbraue in die Höhe und lachte dann leise. "Giulia? Im Ernst, Gabriel, deine Schwester hat Recht. Wenn das kein Zeichen sein soll, weiß ich auch nicht!" bemerkte er vergnügt, wurde dann aber ernst und legte die Rechte auf seine Brust. "Ich schwöre bei allem was mir heilig ist. Hab keine Sorge, kein Wort kommt über meine Lippen."

Gabriel

"Ja...wenn er mir das vorher gesagt hätte, hätte ich alles daran gesetzt diese Situation zu vermeiden. So hat er mich vor vollendete Tatsachen gestellt. Ich glaube, er weiß bis heute nicht recht, was in dieser Nacht wirklich passiert ist. Jedenfalls habe ich...mit ihr einen Becher Wein getrunken und recht nett mit ihr geplaudert und dann ist sie gegangen. Sei froh, dass dein Vater solche Dinge nicht tut...ich suche mir meine Frauen schon lieber selber aus."
Und es war ja nicht so, als wäre er so erpicht darauf. Er war neugierig, aber ihm war auch mulmig bei dem Gedanken daran, einer Frau beizuliegen. Er hatte erlebt, was allzu sorgloser Umgang damit auslösen konnte. Schließlich existierte er nur deswegen....
"Manch einer würde es albern nennen, nicht wirklich eine Tugend. Aber es tut gut, dass es einmal jemand anders sieht. Aber weißt du...mehr Erfahrung habe ich auch nicht, eher weniger. Ich habe gesehen, wie mein Vater sich wieder und wieder in Wirren verstrickt hat durch deine Liebschaften, daher....bin ich nicht gerade...offen in diesen Dingen."
Er lächelte hilflos.
"Dein Wort in Gottes Ohr. Aber danke für dein Versprechen. Ich weiß, ich kann mich auf dich verlassen."