William und Joanna - ab 1183

Edward hatte sich für einen Moment in sein Zelt zurück gezogen, um seinen Durst zu stillen und seine staubige Kleidung gegen saubere zu tauschen, denn Richard erwartete ihn später noch zu einer Besprechung mit anschließendem Essen im Kreise seiner Heerführer und da sie sich gerade nicht in unmittelbaren Auseinandersetzungen befanden, wurde die königliche Stirn gerunzelt, erschien man zu solchen Anlässen nicht ordentlich gekleidet.
Edward leerte gerade einen Becher Wein als die Zeltplane am Eingang zurück geschlagen wurde und sein Neffe herein gestürmt kam. Er zog eine Augenbraue in die Höhe und bedachte Isaac mit einem fast spöttischen Lächeln. "Willkommen, liebster Neffe." begrüßte er den Jungen und setzte dann den Becher noch einmal an, um den letzten Schluck Wein zu trinken, der darin durch die so abrupte Störung noch verblieben war.
"Nun, 'wir reisen ab' heißt: wir reisen ab. Wir packen unsere Sachen, besteigen unsere Pferde und machen uns auf den Weg, weg von hier zu einem anderen Ort." erwiderte Edward dann ungerührt. "Und natürlich kann ich das tun, denn der einzige Mann auf dieser Welt, der dagegen Einwände erheben könnte, ist der König und ich habe sein Einverständnis, also ... ja, wir reisen morgen ab."

Isaac

Isaac grummelte unzufrieden. "Aber ich will nicht weg von hier. Ich habe gerade begonnen mich hier zu beweisen und es gefällt mir hier! Warum willst du mich mit nach Italien schleppen? Ich kann hier doch sicher nützlicher sein. Und was willst du dort eigentlich? Hast du solche Sehnsucht nach deiner Frau?"
Dass sein Onkel so vollkommen ruhig war, gefiel ihm gar nicht.
"Wie kann der König damit einverstanden sein? Jetzt ist es doch gerade so wichtig hier!" Endlich hatte er das Gefühl zu etwas nütze zu sein und nun wollte sein Onkel ihn hier weg holen.
"Außerdem hättest du mir das ruhig selber sagen können..."
Nur durch Zufall hatte er davon gehört. Isaac musste sich etwas einfallen lassen. Vielleicht brauchte er einen neuen Dienstherrn...

"Weil du mein Knappe bist und als solcher nun einmal dorthin gehst, wo ich hingehe." erwiderte Edward und runzelte dann das erste Mal verärgert die Stirn. "Das geht dich Bengel überhaupt nichts an." knurrte er ärgerlich und trat einen Schritt auf Isaac zu. "Aber ja, die habe ich tatsächlich. Dass du das noch nicht verstehen kannst, wundert mich hingegen nicht, Grünschnabel, der du in diesen Dingen bist."
Edward maß seinen Neffen mit einem abschätzigen Blick. "Und daran erkennt man wieder einmal wie viel du noch lernen musst. Ob ich jetzt abreise oder nicht, macht für Richard gerade keinen nennenswerten Unterschied. Wir hängen hier mehr oder weniger fest, haben die letzte Burg, die wir Philippe abgejagt haben gesichert und müssen nun entscheiden, wohin als nächstes - und das hängt davon ab was Philippe tut. Wir haben im Moment also nichts weiter zu tun als zu warten. Deshalb ist der König mit meiner Abreise einverstanden." Und natürlich auch, weil Edward seine Männer hier zurück ließ. Er würde nur mit kleinstem Gefolge abreisen und seine Männer dem Kommando seines Bruders unterstellen bis er selbst zurück war.
Edward schnaubte. "Pah, was kann ich dafür, dass du dich lieber im Lager herum treibst als dich in meiner Nähe nützlich zu machen? Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich extra Männer losschicke, um dich Streuner holen zu lassen, um dir so etwas mitzuteilen?"

Isaac

Isaac schnaubte ein bisschen abfällig. "Es geht mich doch etwas an, schließlich betrifft es mich doch auch. Ich soll schließlich hier weg, obwohl ich hierher gehöre und hier endlich etwas bewirken kann. Und ich bin kein Grünschnabel."
Er schüttelte leicht den Kopf. "Offenbar macht es wohl doch einen Unterschied, du lässt deine Männer doch alle hier. Nur wir haben Order zu packen. Ich könnte doch hier mit den Männern bleiben und kämpfen und mich nützlich machen. Ich mache mich nützlich. Und meine Neuigkeiten waren die auch schon manches Mal von Nutzen, nicht wahr? Vater ist sicher nicht glücklich, wenn du mich mit nach Italien schleppst. Er war doch hier schon nicht glücklich damit, dass ich herkam."
Isaac musste sich wirklich irgendetwas einfallen lassen.

Edward zog die Augenbrauen in die Höhe. "Ein anständiger Knappe würde eine Anweisung allerdings nicht in Frage stellen, sondern einfach tun, was man ihm sagt und sich damit begnügen. Weshalb ich was tue, ist für dich vollkommen unerheblich. Außerdem gehörst du nicht hier her, übertreib mal nicht." erwiderte Edward und schnaubte dann. "Ach ja? Ein großer Frauenheld bist du, was?" spottete er und trat dann dicht an seinen rebellischen Knappen heran. "Natürlich lasse ich sie hier, mit einer halben Armee nach Italien zu reisen wäre absolut sinnlos. Und wovon träumst du eigentlich nachts? Kämpfen? Bist du von allen guten Geistern verlassen?"
Edward legte seinem Neffen eine Hand auf die Schulter und sah Isaac in die Augen. "Da irrst du gewaltig, Bursche. Dein Vater ist überaus erleichtert, dass ich dich mitnehme. Erinnere dich an deine Ankunft hier. Er hatte dich geradewegs wieder nach England schicken wollen und nur mir hast du es zu verdanken, dass du bleiben durftest. Also denk mal darüber nach, ob es nicht viel angemessener wäre, wenn du mir etwas Dankbarkeit entgegenbringst für das, was ich für dich getan habe." knurrte Edward ärgerlich.

Isaac

"Nun ja, ich bin aber eben nicht nur dein Knappe, sondern auch dein Neffe, nicht wahr? Deswegen habe ich doch vielleicht das Recht Fragen zu stellen, findest du nicht? Und ich kann kämpfen, warum denn nicht? Ich bin gut mit dem Schwert und irgendwann muss ich doch mal meine Bluttaufe empfangen. Wie soll der König denn sonst auf mich aufmerksam werden?"
Isaac erwiderte den Blick seines Onkels. "Gut, das ist ein Punkt für dich, zugegeben. Ich bin wirklich dankbar."
Er senkte den Kopf in scheinbarer Demut. Hier würde er nicht weiter kommen, er musste andere Wege gehen. Ohne dass sein Onkel gleich Verdacht schöpfte.
"Tut mir leid, Onkel..."

Edward atmete geräuschvoll aus. "Fragen zu stellen, sicher. Wütend in mein Zelt zu stürmen und mir Vorwürfe zu machen eher nicht." erwiderte er trocken. "Und ja, du bist gut mit dem Schwert, aber du bist auch gerade einmal fünfzehn. Für deine Bluttaufe ist noch mehr als genug Zeit und dafür die Aufmerksamkeit des Königs zu wecken ebenso."
Das Einlenken seines Neffen nahm Edward dann schließlich den Wind aus den Segeln und die Hand, die er noch immer auf Isaacs Schulter liegen hatte, entspannte sich, so dass es zu einer eher aufmunternden Geste wurde. "Schon gut. Nimm dich das nächste Mal einfach ein bisschen zusammen, hm?" schlug Edward mit einem kleinen Lächeln vor. Er selbst konnte ja auch nicht wirklich von sich behaupten, dass er ein Meister der Beherrschung war, deshalb verzieh er seinem Knappen diese Dinge auch leicht.
"Und nun Kopf hoch. Wir werden nicht ewig in Italien bleiben und dieser Krieg wird noch länger dauern als uns allen lieb ist. Du hast also noch genug Zeit dich darin zu beweisen, daher genieße lieber die Reise und erfreu dich etwas an Italien. Es wird dir dort gefallen, da bin ich sicher." versuchte Edward den Jungen aufzumuntern.

Isaac

Isaac seufzte leise. "Naja, du weißt doch... Ich habe eher dein impulsives Wesen geerbt als das besonnene Gemüt meines Vaters. Darum fällt mir Geduld auchnicht gerade leicht. Mit fünfzehn Jahren sind viele schon längst in Schlachten unterwegs."
Isaac legte den Kopf schief.
"In Ordnung. Ich versuche mich zusammen zu reißen. Ich weiß zwar nicht, warum Italien so schön sein soll, aber nun ja....man lernt ja nie aus."
Er verneigte sich leicht.
"Nun, dann gehe ich mal packen. Bis später."
Und in Wahrheit hatte er einen ganz anderen Plan. Ohne weitere Umschweife machte er sich auf den Weg zum König.

Edward musste unfreiwillig grinsen. "Das ist wahr und ich vermute, deshalb kommen wir auch so gut miteinander aus." bemerkte er und zwinkerte seinem Knappen zu. Er fand viel Gefallen an dem Jungen und hatte es noch keinen Moment bereut sich bei Isaacs Auftauchen hier im Feldlager für den Jungen eingesetzt zu haben.
Edward nickte und trat einen Schritt zurück. "Nun, ich würde sagen, das ist ein Anfang. Mach dich ans Werk und du wirst schon sehen, so schlimm ist diese Reise nicht." bemerkte er und wandte sich ab ehe sein Knappe das Zelt verlassen hatte.

Richard machte nur eine wage Geste in Richtung seiner Wache als diese ihm einen Besucher ankündigte. Hier herrschte so viel Kommen und Gehen, da kam es auf einen mehr oder weniger auch nicht mehr an. Als der König jedoch den Blick hob, trat Verwunderung auf seine Miene. "Nanu, was treibt dich denn hier her?" fragte er mit milder Neugier, den jungen Kerl, der da in seinem Zelt aufgetaucht war. Er kannte den Jungen, es war Roberts Zweitgeborener und der Bengel stand als Knappe in Edwards Diensten, aber mehr hatte Richard mit ihm noch nicht zu tun gehabt. "Hast du eine Nachricht für mich?" vermutlich hatte Edward den Jungen geschickt oder dessen Vater vielleicht.

Isaac

Ein bisschen atemlos fiel Isaac vor dem König auf die Knie. Dessen bloße Anwesenheit machte ihn beklommen vor Ehrfurcht. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Doch jetzt gab es kein Zurück mehr, das war seine Chance.
"Sire, ich...ich bin hier um eine Bitte an Euch zu richten. Verzeiht mein Eindringen, aber ich weiß mir nicht anders zu helfen. Ich bin hierher gekommen um Euch zu dienen und mich zu beweisen. Ich bin sicher, ich kann Eure Truppen gut unterstützen. Aber mein Onkel will mich mit nach Italien schleppen, weg von hier...Ich bitte Euch, nehmt mich in Euren Dienst, auf dass ich Euch hier weiter nach Eurem Gutdünken dienen kann. Das würde mir so viel bedeuten....Ich kann doch nun nicht hier fort gehen, wo sich die Dinge hier entscheiden werden! Ich möchte doch so gerne hier sein, wo ich vielleicht etwas bewirken kann...Ich gehöre hierher! An die Seite meines Königs..."
Und er hoffte, dass Richard ihn nicht von seinen Wachen fort schleifen ließ. Aber er wollte nicht hier weg.

Richard bedeutete seinem Neffen mit einer kleinen Geste fortzufahren und lehnte sich dann ein wenig vor, während der Junge sprach. Nur mit Mühe konnte er ein Schmunzeln zurück halten, doch jahrelange Übung halfen ihm dabei eine unbewegte Miene zur Schau zu tragen, während der Junge ihm sein Herz ausschüttete.
Noch während er sprach, begann Richard über dieses Anliegen nachzudenken. Edward würde nicht allzu begeistert sein, aber Richard war sich sicher, dass er diese Wogen problemlos würde glätten können, zumal sein Schwager im Moment ohnehin nur eins im Sinn hatte: möglichst schnell abzureisen, um zu seiner Gemahlin zu gelangen, die ihm noch immer grollte.
Robert würde da schon ein größeres Problem darstellen, denn Richard wusste, dass er schon nicht glücklich darüber gewesen war, dass der Junge hier aufgetaucht war und diese Italienreise hätte den Bengel nun zumindest eine Zeit lang weit genug von allen Kämpfen fortgebracht.
"So wie das klingt, weiß dein Onkel nichts davon, dass du hier bist und diese Bitte vorträgst, habe ich Recht? Und dein Vater weiß sicher auch nichts davon?" hakte er nach als der Redeschwall des Jungen ein erstes Ende gefunden hatte.
"Und was denkst du, wieso es sich für mich lohnen sollte, dich in meinen Dienst zu nehmen? Ich habe mehr als genug Knappen, die mich hier unterstützen, was macht dich so besonders, dass du dich für besser als sie hältst?" fragte Richard dann lauernd, gespannt darauf, ob der Junge auf solche Fragen hin auch noch so große Reden würde schwingen können.

Isaac

Isaac verzog ein wenig zerknirscht das Gesicht. "Nein, Sire, sie wissen Beide nichts davon. Mein Vater war ohnehin schon nicht glücklich, dass ich hierher gekommen bin und mein Onkel....will, dass ich mit nach Italien komme. Aber mich zieht es nicht nach Italien, während Englands und Frankreichs Zukunft sich hier entscheiden."
Er hatte befürchtet, dass der König so etwas fragen würde und es war schwer, eine Antwort zu finden. Glücklicherweise war er ja auch nicht auf den Mund gefallen.
"Nun, ich bin schon ein recht guter Schwertkämpfer und ich bin gut darin, Informationen zusammen zu ziehen. Ich habe gute Kontakte und knüpfe diese auch rasch. Das könnte Euch zum Vorteil gereichen. Außerdem brenne ich darauf mich zu beweisen. Mein Vater und mein großer Bruder sind solch leuchtende Vorbilder, dass es wirklich schwierig ist, nicht hinter ihnen völlig unterzugehen. Gerade in England....daher ist das hier beinahe meine einzige Chance mich Eurer würdig zu erweisen, mein König." Er neigte den Kopf.

Richard nickte knapp. "Das dachte ich mir schon. Dir ist klar, dass ich deinetwegen ziemlichen Ärger mit den beiden bekomme, sollte ich dich in meinen Dienst nehmen?" fragte er und musste dann aber schließlich doch ein wenig grinsen als der Junge versuchte sich in ein gutes Licht zu rücken.
"Tja, es ist nicht zu verleugnen aus welcher Familie du stammst, wenn man dich so reden hört." bemerkte Richard amüsiert. "Allerdings gibt es da noch noch ein Problem, das mich zögern lässt, dich zu in meinen Dienst zu nehmen." erklärte der König langsam und sah seinen Neffen eindringlich an. "Bei der ersten Anweisung, die dir nicht genehm ist, hast du deinem Herrn den Rücken gekehrt und bist zu mir gekommen in der Hoffnung, dass ich dich nehme. Wer sagt mir also, dass ich mich auf dich verlassen kann? Dass du tust, was ich verlange, auch wenn es dir nicht gefällt?" fragte Richard ernst.

Isaac

Isaac nickte ein wenig beklommen. "Das ist mir bewusst, Sire. Aber sie werden tun, was Ihr befehlt. Und wenn Ihr mich nehmt, wird es für sie ja auch nicht leicht das abzulehnen. Ihr seid zwar verwandt mit ihnen, aber Ihr seid trotzdem immer noch der König."
Er verbiss sich ein Grinsen. Nun, er war seinem Onkel charakterlich doch recht ähnlich, das musste man sagen.
Isaac atmete tief durch. In der Tat, das sprach nicht gerade für ihn. "Nicht bei der ersten Anweisung, mein König. Ich bin meinem Onkel sehr dankbar, dass er mich in seinen Dienst genommen hat. Aber wenn er mich mitnimmt nach Italien, dann ist meine Chance dahin, mich hier zu beweisen. Wer weiß, was in unserer Abwesenheit alles geschieht? Ich kann meinem König hier viel besser dienen. Ich handele zwar auch aus Ehrgeiz, aber vor allem auch aus Loyalität zu Euch. Ich will Euch dienen, mein König, mit allem, was ich zu bieten habe...Und ich werde Euch gehorsam sein und Euch nicht enttäuschen. Wenn Ihr mich nicht nehmen wollt und mir befehlt, meinen Onkel nach Italien zu begleiten, dann werde ich es tun..."

Richard wiegte leicht den Kopf hin und her. "Ich glaube, du unterschätzt diese Italienreise, mein Junge." begann er mit noch immer ernster Miene. "Italien ist ein schönes Land und es wäre sicher erholsam dieses Feldlager ein Weilchen zu verlassen, denn vermutlich werden wir in der nächsten Zeit einfach nur hier herum sitzen, warten und im Schlamm versinken, wenn das Wetter sich nicht bald besinnt. Und ich will von meinem Knappen kein einziges Wort der Klage über die Umstände hier oder Langeweile hören, hast du mich verstanden?" fragte Richard und erhob sich, um dem Jungen eine Hand auf die Schulter zu legen. "Und glaub mir, wenn du auch nur einmal auf die Idee kommen solltest, meine Anweisungen zu missachten wirst du schneller wieder daheim in Cornwall sitzen als du dir vorstellen kannst." mahnte er, lächelte dann aber. "Und nun sieh zu, dass du dein Zeug herholst und überleg dir lieber schon einmal gut, wie du das deinem Onkel und vor allem deinem Vater erklären willst."

Isaac

Isaac verneigte sich tief. "Ich werde Euch auf keinen Fall enttäuschen, mein König." Und selbst, wenn es hier etwas langweilig werden sollte, war ihm immerhin schon etwas gelungen: Der König war auf ihn aufmerksam geworden und er war nun einer seiner Knappen. Das war eine hervorragende Ausgangsposition.
Als er das Zelt verließ, hatte er beinahe den Eindruck zu schweben vor Stolz. Strahlend ging er seiner Wege. Blieb nur nochzu überlegen, wie er das seinem Vater und seinem Onkel beibringen sollte.
Aber gegen den Befehl des Königs konnten sie Beide nichts sagen.
Wem er wohl zuerst über den Weg laufen würde?
Sein Onkel würde wirklich wütend sein, schätzte er.

Edward war ein wenig ungehalten als er sich auf den Weg zum königlichen Zelt machte, denn von Isaac hatte in den letzten Stunden jede Spur gefehlt und dabei hatte er wirklich gedacht, er sei zu dem Jungen irgendwie durchgedrungen. Fest stand, dass der Bengel jetzt wirklich in Schwierigkeiten steckte.
Es war nicht mehr weit bis zu Richards Zelt, als Edward seinem Bruder über den Weg lief. "Ah, auch auf dem Weg zu unserem königlichen Schwager?" fragte er, konnte seinen Unmut dabei aber nicht ganz überspielen. Edward war ohnehin schon unruhig und hatte keine Nacht mehr durchgeschlafen seit er erfahren hatte, dass Claire in Italien war und nun hatte er kurz vor seiner Abreise auch noch Ärger mit seinem Knappen. Dafür hatte er gerade einfach keine Nerven mehr.

Robert lächelte Edward flüchtig zu. "Ja, es sind noch ein paar Dinge zu besprechen. Deshalb bist du nun auch noch unterwegs zu ihm, oder? Vor deiner Abreise...Du kannst es sicher kaum erwarten. Ich wünsche dir Glück."
Sie erreichten das Zelt des Königs gemeinsam und die Wache ließ sie ein, kommentarlos. Robert verneigte sich leicht, hielt dann aber mitten in der Bewegung inne, als er seinen Sohn entdeckte.
"Isaac? Was tust du denn hier?"
Robert schüttelte leicht den Kopf. "Ich verstehe das nicht. Edward?" Vielleicht konnte sein Bruder ihm das erklären. Isaac, so selbstverständlich in Gegenwart des Königs...

Edward nickte knapp. "Ja und mich fürs erste verabschieden, ich will morgen früh aufbrechen und will hier alles geordnet zurück lassen." erwiderte er und seufzte dann. "Danke. Ich wünschte wirklich, ich wäre schon dort." Das Sehnen nach seiner Frau und der Wunsch danach sich endlich mit ihr Aussöhnen zu können, war in Edward nahezu übermächtig.
Doch nachdem er Robert in das Zelt des Königs gefolgt war, wurden die Gedanken an Claire für einen Moment in den Hintergrund gedrängt, denn dort hinter dem König stand Edwards verschollener Knappe. Für einen kurzen Moment dachte Edward der Junge sei in Schwierigkeiten geraten und dem König deshalb vorgeführt wurden, doch dafür war Isaacs Haltung zu entspannt. Die Miene des Jungen drückte zwar Unbehagen aus, doch dieses Unbehagen schien durch das Auftauchen seines Vaters und Onkels entstanden zu sein, nicht, weil der Bengel eine Strafe durch den König erwartete.
Edward ballte die Hand zur Faust und trat einen Schritt in Richtung des Jungen vor. "Du gottverdammter -"
"Aber, aber" unterbrach ihn da die sanft tadelnde Stimme seines königlichen Schwagers. "Ich verbitte mir solche Flüche in meinem Zelt." bemerkte Richard und erhob sich langsam, um in die Mitte des Zeltes zu treten und damit unweigerlich zwischen seinen neuen Schützling und dessen Familie zu treten.
"Auch wenn Edward scheinbar ein paar Schlüsse gezogen hat, erklären kann er dir die Situation nicht, mein Freund." begann Richard dann und wandte sich mit einem nachsichtigen Lächeln an Robert. "Dein Sprössling hier hat den dringenden Wunsch geäußert seinem König zu dienen und hat diesen Wunsch so bestechend vorgebracht, dass ich mich entschieden habe, ihn in meinen Dienst zu nehmen." erklärte Richard dann ohne Umschweife.

Isaac

Robert schüttelte fassungslos den Kopf. Er fragte sich wirklich, womit er diesen Sohn verdient hatte, der nie tat, was man ihm sagte. Immerhin stärkte Edward ihm diesmal nicht den Rücken. Offenbar hatte er selbst nichts davon gewusst.
"Richard, ich bitte dich...dem Bengel gefällt es nicht, dass er nach Italien gehen soll. Er ist ungehorsam, denn es ist der Wunsch seines Dienstherrn und der meine, dass er mit Edward geht. Du kannst ihm das doch nicht einfach durchgehen lassen."
Aber Richard war nun einmal der König und wenn er Gefallen an Isaac gefunden hatte, würde es nichts geben, was ihn davon abbringen konnte ihn in seinen Dienst zu nehmen. Dagegen konnten sie nichts ausrichten, auch wenn sie Isaac lieber heute als morgen aus der Gefahrenzone gehabt hätten.
"Was hat er dir denn so erhebendes gesagt, dass du nicht anders konntest als ihn dorthin zurück zu schicken, wo er hin gehört?", fragte er angesäuert. "Was ist, wenn ich es nicht erlaube, dass er in deine Dienste tritt? Er ist noch nicht mündig, Schwager."

Richard nickte ungerührt. "So ist es, es gefällt ihm nicht, weil er lieber hier sein will und ja, er hat sich sowohl dir als auch seinem Dienstherren gegenüber ungehorsam gezeigt in dem er zu mir gekommen ist und das habe ich ihm auch vorgehalten. Allerdings bin ich auch überzeugt davon, dass dein Sohn klug genug ist, um zu wissen, dass sein König ihm eine einmalige Chance gewehrt, die augenblicklich verwirkt ist, sollte er auch nur ein einziges Mal nicht tun, was ich ihm sage." entgegnete Richard und sah kurz zu seinem neuen Schützling hinüber. "Seine Worte waren voller Loyalität seinem König gegenüber und ich bin gewillt, ihm zu ermöglichen, diese Loyalität wirklich unter Beweis zu stellen. Außerdem hat er erklärt, er wolle gerne aus dem Schatten heraus treten, den seine Familie wirft, du und sein Bruder ganz besonders, damit er aus eigener Kraft etwas bewirken kann. Und Robert, wenn es in meinem Reich eines mehr als genug gibt, dann Adlige, die sich auf ihrem Namen ausruhen. Ich weiß solche Ambitionen also durchaus zu schätzen."
Richard zog eine Augenbraue in die Höhe und bedachte Robert mit einem halb kritischen, halb spöttischen Blick. "Dann erinnere ich Euch daran, dass ich Euer König bin, Mylord of Cornwall." entgegnete Richard entschieden.

"Nun, dann hoffe ich wirklich, dass du nicht zu viel erwartest. Wenn du dich erinnerst, war er auch schon ungehorsam, indem er her kam." Robert schüttelte missbilligend den Kopf, wissend, dass er auf verlorenem Posten kämpfte.
"Es ist ja löblich, dass er aus eigener Kraft etwas erreichen will, aber offensichtlich ist ansonsten alles an ihm abgeprallt, was ich ihm versucht habe beizubringen."
Roberts Miene verfinsterte sich etwas.
"Nun, mein König, dann werde ich wohl keine Wahl haben." Aber wie er es verabscheute, dass Richard sich nun auf diesen Standpunkt stellte und seine Position ausspielte.
"Ich werde mich zurückziehen, wenn Ihr erlaubt. Oder gibt es noch etwas zu besprechen?", fragte er kühl und ohne Isaac eines Blickes zu würdigen.

Richard hob leicht die Schultern. "Und auch das tat er mit dem Ziel seine Fähigkeiten in meinen Dienst zu stellen." entgegnete Richard gelassen, schürzte dann aber leicht die Lippen. "Oh komm schon, Robert, du wirst ungerecht. Er verstößt gegen deinen Willen, das ist aber wahrlich kein Grund ihn so über die Maßen zu kritisieren." tadelte Richard leicht, der seinen neuen Knappen nicht einmal ansehen musste, um dessen Unbehagen zu spüren.
Ungerührt schüttelte Richard den Kopf. "Das erlaube ich keineswegs. Glaub ja nicht, dass du nun ärgerlich davon stürmen und mich mit Missachtung strafen kannst wegen dieser Sache. Setzt euch, immerhin seid ihr beide hier, weil es noch ein paar Dinge zu besprechen gibt bevor Edward abreist. Ganz gleich, ob euch meine Entscheidung nun passt oder nicht." erwiderte Richard und deutete auf zwei freie Stühle.

Claire hatte gerade einen Spaziergang in der Abendsonne durch die wunderschönen Weinberge von Giulias Familie unternommen. So sehr es sie freute Gabriels Glück zu erleben, so sehr tat es ihr auch weh. Es erinnerte sie an sich selbst, damals, als sie Edward kennengelernt hatte. Wie verliebt waren sie gewesen, so voller Zuversicht.
Und dann...dann war alles anders geworden. Edward hatte sie betrogen und ein Kind hatte sie auch nicht. Der Traum von der heilen, glücklichen Familie war zerplatzt...
Claire seufzte tief und trat in den Innenhof des Weingutes, als ihr Blick auf Neuankömmlinge fiel. Sie erkannte den Rotschopf sofort und plötzlich schlug ihr das Herz bis zum Hals.
Edward....

Edward war ohne großes Gefolge aufgebrochen, denn je weniger Begleitung er hatte, desto schneller kamen sie voran und zudem legte er keinen Wert darauf, dass er die ganze Zeit von mehr Augen als notwendig beobachtet wurde. Und so waren sie rasch voran gekommen und hatten Italien und nun schließlich das Gut von Giovanni schnell erreichen können.
Edward glitt gerade aus dem Sattel als er eine ihm nur allzu vertraute Gestalt den Innenhof betreten sah. Sein Herz setzte aus, denn er hatte nicht unbedingt damit gerechnet Claire sofort in die Arme zu laufen. Aber letztlich war es ja genau das, weshalb er hergekommen war. Seine Frau wiederzusehen ...
"Claire .." langsam trat er auf sie zu und blieb dann zögerlich mit etwas Abstand vor ihr stehen. "Claire ..." murmelte er erneut, sprachlos angesichts ihres Anblicks.