William und Joanna - ab 1183

Edward nickte bedächtig. "Ja und dafür bin ich Gott und ihr auch auf ewig dankbar." erklärte er und nahm einen Schluck von dem Wein. Er hätte wirklich nicht gewusst, was er sonst hätte anfangen sollen. Es war ihm wirklich wichtig gewesen gerade für den kleinen Gabriel eine Frau zu finden, die warmherzig genug war, um ihm die verstorbene Mutter zu ersetzen.
Ein schiefes Grinsen trat auf Edwards Lippen und er hob leicht den Becher, um seinem Sohn zuzuprosten. "Vielen Dank. Und auf das Gelingen sollten wir trinken." bemerkte er und führte den Becher an die Lippen. Mit einem kleinen Seufzen setze er ihn schließlich wieder ab und lehnte sich etwas zurück.
"Ah und jetzt kommen wir zum wirklich interessanten Teil. Sei so gut, Junge, und befriedige meine Neugierde. Kein Wort hast du mir gegenüber von einer Frau verlauten lassen und plötzlich sitzt du hier in Italien und willst heiraten und obendrein noch so eine ... bemerkenswerte Frau."

Gabriel

Gabriel trank ebenfalls einen Schluck des hervorragenden Weines und schwieg eine Weile, ehe er sich entschloss seinen Vater in allen einzuweihen.
"Nein, es hat sich nicht ergeben, mit dir darüber zu sprechen. Und auf deine Ratschläge wollte ich verzichten. Wir haben uns am französischen Hof kennengelernt, als ich mit Guillaume zur Hochzeit seiner Schwester dort war. Wir haben uns unterhalten und danach ging sie mir nicht mehr aus dem Kopf. Da sie aber für Engländer nicht viel übrig hatte und ihren sehr eigenen Kopf hat, habe ich dann mit Hilfe von Onkel James ein wenig Italienisch gelernt. Ich habe ihr einen Brief geschrieben. Und letztendlich kam sie nach Truro, weil Giovanni sie zu Großmutter geschickt hat, damit sie etwas Englisch lernt. Du kennst ja Großmutter, sie hat mich ziemlich schnell durchschaut und dafür gesorgt, dass ich derjenige war, der Giulia Englisch lehrt. Darüber haben wir uns besser kennengelernt und uns verliebt. Schließlich musste ich zurück aufs Festland und in der Zeit hat ihr Bruder sie abgeholt, um sie zu verloben. Das musste ich verhindern. Großvater hat mir einen Boten geschickt und hier bin ich."

Edward lauschte dem Bericht seines Sohnes aufmerksam und schwieg selbst dann noch als Gabriel geendet hatte. Er musste all das Gehörte erst einmal verarbeiten und besonders die Erkenntnis darüber, dass sein Sohn offenbar schon lange, sehr lange in dieses Mädchen verliebt war und Edward nicht die leiseste Ahnung gehabt hatte.
Edward öffnete den Mund, schloss ihn aber sogleich wieder, weil ihm nichts rechtes einfallen wollte, was er sagen konnte. Er sah seinen Sohn lange an, dann führte er den Becher an die Lippen, trank einen Schluck und räusperte sich. "Ich muss wirklich eine Menge falsch gemacht haben, wenn ich der Letzte bin, der nach all dieser langen Zeit von dieser Sache erfährt." stellte Edward fest und fragte sich, ob diese Reise in mehr als nur einer Hinsicht für ihn eine Reise zu sich selbst und zu seinen Fehlern war.
Wie wenig vertrauen musste sein Sohn in ihn haben, dass er kein Sterbenswort über das Mädchen verloren hatte an das er sein Herz verloren hatte? In Truro hatten es wohl dann irgendwann alle gewusst und selbst James in Winchester war nicht nur eingeweiht gewesen, sondern daran beteiligt, dass Gabriel seine Herzensdame für sich gewonnen hatte. Alle hatte der Junge um Hilfe gebeten, nur seinen eigenen Vater nicht.
Edward schluckte schwer und betrachtete seinen Ältesten mit gemischten Gefühlen. Dieses Kind war sein ein und alles, sein erstes und einziges leibliches Kind von seiner geliebten Julia und er hatte zugelassen, dass sie beide sich so vollkommen fremd geworden waren. Gabriel war ein Buch mit sieben Siegeln für ihn.

Gabriel

"Die Sache war lange etwas, über das ich mit niemandem gesprochen habe. Ich wollte mich nicht verlieben, wie du sicher noch weißt. Damit musste ich erst einmal selber fertig werden, Vater. Und dann war es auch nichts, was ich einem Brief anvertrauen wollte. Du hast mich immer für zu zahm gehalten. Ich wusste, du würdest dich freuen, aber mich vermutlich zu irgendetwas drängen...Ich wollte das aber auf meine eigene Weise lösen. Ich bin so anders als du. Mit deiner leichtfertigen Art mit Frauen umzugehen kann ich einfach nicht viel anfangen. Was nicht bedeutet, dass ich dich nicht liebe, Vater. Und das hier....diese Verlobung....das war alles so Hals über Kopf, dass niemand davon vorher wusste. Ich dachte, ich käme zu spät. Ich wollte es auch Großmutter nicht sagen, aber sie ....nun ja, sie ließ sich nichts vormachen."
Gabriel ahnte, dass sein Vater gekränkt war, aber letztlich waren Liebesdinge einfach nichts, wo er von seinem Vater Rat wollte. Dazu waren ihre Ansichten zu unterschiedlich.

"Natürlich weiß ich das noch und ich wusste auch immer schon, dass dein Vorhaben aussichtslos war, denn dafür hast du ein viel zu gutes Herz. Es war einfach unmöglich, dass es nicht irgendjemandem gelingen würde, es irgendwann zu erobern. Dafür ... dafür bist du deiner Mutter viel zu ähnlich." Edward dachte oft, dass Gabriel sehr nach dessen Mutter kam. Der Junge hatte nicht das ungestüme Temperament seines Vaters geerbt, vielleicht den Sturkopf, ja, denn wenn Gabriel sich etwas vorgenommen hatte, konnte er sich wahrlich an Dingen festbeißen, um sie zu erreichen. Aber ansonsten ... nein, er hatte wahrlich eher das sanfte Gemüt seiner Mutter geerbt.
Edward lächelte matt über Gabriels Liebesbeteuerung. "Nun, sei es drum. Letztlich ist es allein mein Fehler, nicht deiner, dass wir uns so fremd sind. Ich ... ich hätte mir mehr Mühe geben müssen." schlussfolgerte er und fuhr sich mit der freien Hand über den Bart. "Aber ich freue mich wirklich sehr für dich, mein Sohn. Ich habe mir immer gewünscht, dass du irgendwann die Frau findest, die dich glücklich macht und nun ist es soweit. Und du kannst mir sagen, was immer du willst, aber ihr Name ist ein Zeichen. Ist mir egal, ob du mich einen abergläubischen Wunderling nennst oder nicht." beschied er und leerte seinen Becher.

Gabriel

"Ja, wahrscheinlich hast du Recht, aber ich wollte es nicht wahr haben. Ich habe es versucht mir einzureden." Gabriel seufzte leise. "Ich hätte meine Mutter gern kennengelernt. Ich höre öfter, dass ich ihr ähnlich bin. Aber dich kann ich definitiv nicht leugnen."
Er drehte den Becher langsam vor sich und starrte darauf, ein wenig gedankenverloren. "Du hast getan, was du konntest und wir wussten immer, dass du uns liebst."
Er lächelte leicht.
"Ich halte dich nicht für abergläubisch. Ich habe selbst sehr oft darüber nachgedacht, weißt du. Es ist ein Zeichen, denke ich."
Auch er leerte seinen Becher. "Und nun lass uns schlafen gehen."

Edward war aufgeregt und konnte diese Regung nur mit Mühe unter Kontrolle halten als er Claire durch die Reihen von Weinreben führte. Seit einigen Tagen war er nun schon hier und von Tag zu Tag war er mehr überzeugt davon, dass es das richtige gewesen war herzukommen. Er hatte hier nichts weiter zu tun als seinen lieben langen Tag seiner Gemahlin und seinem Sohn zu widmen und er hatte das Gefühl, das tat seiner Beziehung zu beiden nur gut. Manchmal schätzte er, dass er Gabriel etwas auf die Nerven ging, aber das war ihm egal, da musste der Bengel nun durch.
Gerade war aber seine Frau viel wichtiger, der er mit einem dünnen Seidentuch die Augen verbunden hatte und am Arm bedächtig durch auf ihr Ziel zuführte.
Die Sonne begann gerade über den Weinbergen unterzugehen und er hoffte, dass die Abgeschiedenheit hier draußen, die Natur und Ruhe ihnen beiden ein paar schöne Stunden bescheren würden. "So, da sind wir." warnte er Claire vor und blieb stehen. Langsam trat er hinter sie, löste den Knoten, der das Tuch zusammen hielt und ließ es hinab gleiten.
Es war nichts wirklich besonderes, nur eine Decke, ein paar Kissen, etwas zu Essen und zu Trinken und Kerzen, damit sie nachher nicht ganz im Dunkeln hier saßen, aber er hoffte dennoch, dass es seiner Frau gefiel.

Claire hatte Edward versprochen ihm eine Chance zu geben. Deshalb hatte sie auch zugestimmt, als er sie in die Weinberge entführen wollte. Vorsichtig ging sie Schritt für Schritt an Edwards Arm durch die Reihen der Reben, sich blind auf seine Führung verlassend.
"Wohin bringst du mich, Edward?" Es war aufregend, ein kleiner Nervenkitzel. Dergleichen hatten sie sehr lange nicht mehr gemeinsam gemacht. Er musste sich ja nun auch ein wenig mehr Mühe geben.
Sie wartete geduldig, bis er ihre Augenbinde löste und sah sich blinzelnd um. Edward hatte sich Gedanken gemacht, das musste man sagen.
"Oh, das ist wirklich wunderschön, Edward." Und sie konnten Zeit miteinander verbringen, sich wieder aneinander heran tasten. Sie ging langsam ein paar Schritte näher. "Scheint, als würde es ein schöner Abend werden."

Edward lächelte. "Gleich siehst du es, nur Geduld." stellte er in Aussicht kurz bevor sie ihr Ziel erreicht hatten und er Claire von der Augenbinde befreite. Aufmerksam beobachtete er ihre Reaktion und atmete verstohlen durch als Claire näher trat. Die Idee schien ihr zumindest zu gefallen, das war eine gute Grundlage.
"Es freut mich, dass es dir gefällt." erwiderte er sanft, trat zu dem Lager hinüber und ließ sich auf der großen Decke nieder. Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen sah er zu Claire auf und streckte ihr die Hand entgegen. "Komm, sieh dir an, was hier alles schönes für uns bereit steht." Mit Hilfe von Giovannis Köchin hatte er einen prall gefüllten Korb mit allerlei Leckerbissen zusammengestellt und hoffte, dass das einen guten Auftakt für ihren gemeinsamen Abend bieten würde. Und vielleicht kamen sie sich nach dem Essen ja auch ein wenig näher ... Edward wollte auf jeden Fall zuversichtlich sein.

Claire beobachtete, wie er sich auf der Decke niederließ. Manchmal wirkte er immer noch wie ein Jungspund, das musste man ihm lassen. Sie nahm seine Hand und ließ sich neben ihm auf der Decke nieder. "Gern...die italienische Küche ist wirklich köstlich und Giovannis Köchin versteht ihre Kunst wirklich. Ich muss mich wirklich vorsehen, dass ich nicht fett werde, wenn wir jeden Tag schlemmen."
Sie spähte in den Korb. "Es riecht wundervoll...Nun dann, serviere uns einmal das Essen, Mylord."
Sie wollte es ruhig angehen und einfach auf sich zukommen lassen. Vielleicht konnte sie ihm einfach leichter verzeihen, wenn er in ihrer Nähe war. Sie liebte ihn ja dennoch sehr.
Claire musterte ihn kurz.
"Die Zeit hier tut dir gut. Du siehst viel entspannter aus."

Edward führte Claires Hand zu seinen Lippen als sie sich neben ihm auf der Decke niederließ und hauchte einen sanften Kuss auf ihren Handrücken. "Unsinn, ich bezweifle, dass du jemals fett werden könntest." erwiderte er und deutete dann im Sitzen eine Verbeugung an, ehe er sich grinsend daran machte, das Essen aus dem Korb zu nehmen. "Vielleicht sollten wir eine Köchin von hier mit nach Oxford nehmen. Sie würde sicher frischen Wind in unsere Küche bringen." bemerkte er, während er einige der besten italienischen Köstlichkeiten hervorzauberte.
Edward füllte die zwei mitgebrachten Becher mit Giovannis herrlichen Wein und reichte Claire dann einen davon. "Hm, bei dir zu sein tut mir gut. Du tust mir gut." erwiderte er dann und sah seine Gemahlin an. "Nicht mehr im Hader mit dir zu liegen, tut mir gut. Und zu wissen, dass es Hoffnung gibt, tut mir gut."

Claire schmunzelte. "Du Charmeur..." Sie beobachtete ihn dabei, wie er das Essen aus dem Korb nahm. "Das wäre eine gute Idee. Aber es gibt offenbar nicht sehr viele Italiener, die unser kaltes England dem warmen Wetter hier vorziehen und ihre Heimat verlassen wollen. Doch der Gedanke gefällt mir wirklich." Sie mochte die italienische Küche und sicher ließen sich auch einige englische Speisen mit diesem Geist verfeinern.
Sie nahm den Becher Wein entgegen und lächelte dann.
"Das tut mir auch gut....wir hatten viel zu viel Hader in letzter Zeit und das tut niemandem von uns gut, Edward. Wir kommen überhaupt nicht zur Ruhe. Diese Auszeit hier tut uns wirklich gut."
Vielleicht konnten sie sich ja wirklich aussöhnen.
"Wie geht es Robert? Er ist auch in Frankreich, nicht wahr?"

"Nur die Wahrheit, meine Schönste." erwiderte Edward lächelnd und zuckte dann leicht mit den Schultern. "Vielleicht. Aber wer weiß, womöglich kann meine zukünftige Schwiegertochter ja ein kleines Wunder wirken und jemanden überzeugen, dass es sich lohnt." stellte er in Aussicht. Auf jeden Fall würde er morgen einmal mit Giovanni und Giulia reden, vielleicht fiel den beiden ja jemand ein, der geneigt sein könnte mit nach England zu kommen.
Edward beobachtete seine Frau dabei, wie sie den Becher entgegen nahm und nickte dann sachte. "Ja und ich hatte gehofft, dass es irgendeinen Nutzen haben würde, wenn ich herkäme." erwiderte er leise, ehe er einen großen Schluck aus seinem Becher nahm und seufzte. "Robert ist wohlauf und ich glaube, in gewisser Weise tut es ihm gut einmal wieder im Feld zu stehen. Es ist immer wieder faszinierend meinen Bruder so zu erleben." begann Edward, legte dann jedoch die Stirn in Falten. "Ich fürchte nur, dass ich gerade ein klein wenig in Ungnade gefallen bin bei seiner Lordschaft." gestand er und nippte noch einmal an dem Wein, ehe er weiter erzählte. "Isaac ist im Feldlager aufgetaucht. Der Bengel hatte sich davon gemacht und war auf eigene Faust zu uns gereist, um sich dem Heer anzuschließen und sich zu beweisen. Ich habe ihn gefunden und mich seiner angenommen. Ich verstehe, weshalb er aus eigener Kraft zeigen will, was er kann und ich dachte, besser er tut es als mein Knappe und unter meiner Aufsicht als ganz auf sich alleingestellt irgendwo zwischen den Fußsoldaten. Allerdings ... habe ich ihn dann in gewisser Weise verloren. Der Bengel wollte nicht mit nach Italien, wollte lieber dort bleiben und Krieg spielen, also ist er zu Richard gelaufen und hat es irgendwie fertig gebracht meinen königlichen Schwager davon zu überzeugen ihn in seinen Dienst zu nehmen. Ich sage dir, Robert war fuchsteufelswild." berichtete Edward und schnitt eine kleine Grimasse.

Claire nickte langsam. "Das wäre eine Idee. Ihnen fällt bestimmt jemand ein. Vielleicht ist jemand ja abenteuerlustig genug."
Auch sie nahm eine Schluck des hervorragenden Weins, während sie Edwards bericht über seinen Bruder lauschte.Sie hob leicht eine Augenbraue. "Irgendwie scheint mir, Isaac kommt eher nach deinem Schlag der Familie. Der Junge wird euch noch viel Kopfzerbrechen bereiten. Aber wer weiß, vielleicht lehrt ihn die Nähe zum König ja ein bisschen Ernsthaftigkeit und Vernunft."
Beim Gedanken an Robert musste sie dennoch leicht grinsen. "Ich kann es mir lebhaft vorstellen, dein Bruder hat doch so gern alles unter Kontrolle. Dass ausgerechnet sein Sohn nun seinen eigenen Kopf durchsetzt, wird ihm ja gar nicht passen."
Claire nahm sich eine eingelegte Olive und verspeiste sie langsam. "Was hältst du von deine zukünftigen Schwiegertochter?"

Edward grinste breit. "Möglich, aber ich kann den Jungen gut leiden. Vielleicht auch, weil er mir ähnlich ist, kann schon sein. Ob er von Richard hingegen Vernunft lernen kann... Unser ehrenwerter König will schließlich auch oft genug mit dem Kopf durch die Wand. Aber so oder so, in jedem Fall ist es eine große Chance für den Jungen." Edward nippte an seinem Wein und brach dann in Gelächter aus als Claire seinen Bruder so treffend einschätzte.
"Ja, ein bitteres Los für den heiligen Robert. Erst läuft ihm die Tochter davon und wird Prinz Johns Geliebte, nun widersetzt sich sein Sohn... Aber ich bin sicher auch damit wird Robert sich irgendwann arrangieren, das ist seine große Gabe. Er macht schließlich immer einfach mit dem weiter, was er hat und macht das Beste daraus."
Edward gelang es nicht gelassen zu bleiben als Claire sich eine Olive nahm und diese zwischen ihren sanften Lippen verschwand. Er spürte, dass sein Blick förmlich an ihren Lippen haftet, aber konnte nichts dagegen unternehmen. Erst als sie das Wort wieder an ihn richtete, gelang es ihm den Blick weiter zu ihren Augen wandern zu lassen.
"Giulia... Sie... Sie ist bemerkenswert. Ich verstehe, wieso Gabriel sich in sie verliebt hat. Und ich glaube, sie wird ihm gut tun. Immerhin hat sie Temperament genug für sie beide zusammen." bemerkte er grinsend.

Claire

"Das stimmt. Und es ist eine große Ehre dem König persönlich als Knappe dienen zu können. Es klingt allerdings, als wäre Isaac mit allen Wassern gewaschen und daher mag es sehr wohl sein, dass der König diese Entscheidung noch bereut. Menschen ändern sich nicht von heute auf morgen, so etwas braucht Zeit. Und deshalb wird auch Isaac sein aufmüpfiges Wesen nicht sofort ändern."
Claire versuchte, sich nicht von seinen ziemlich eindeutigen Blicken ablenken zu lassen, denn sie war fast nicht sicher, ob sie wollte, dass sie sich auf diese Art und Weise näher kamen heute oder nicht.
"Robert kann einem in der Tat leid tun. Aber er liebt seine Kinder ja trotzdem. Und Giulia..." Claire musste lachen. "Das stimmt, sie hat Temperament genug um Gabriel auf Trab halten. Und das schadet ihm nun wirklich nicht. Ich bin froh, dass du sie auch magst. Gabriel wird deswegen sehr erleichtert sein. Ihm ist wichtig, was du denkst. Und ich will, dass er glücklich sein kann."

"Da hast du wohl Recht, aber ich schätze, Richard wird ihn schon zu nehmen wissen. Und vielleicht wird es Isaac bei ihm so ergehen, wie mir damals am Hof seines Vaters. Henry hat mich nicht von einen Tag auf den anderen verändert, aber ich habe irgendwann eingesehen, dass ich mich beugen muss, wenn ich nicht gebrochen werden will ... und damit ging auch die Erkenntnis einher, dass es gar nicht so schlecht ist, wenn es nicht immer nur nach meinem Willen geht. Henry hat meine Loyalität zu wecken gewusst, ich wünsche Isaac, dass er in Richard ebenso jemanden findet, dem er sich anvertrauen kann." erwiderte Edward.
Ihm entging nicht, dass Claire eisern darum bemüht war seinen Blick zu ignorieren und wenngleich er es nicht wollte, es versetzte ihm einen leichten Stich. War sie wirklich nach all der Zeit der Trennung in der Lage so gelassen zu bleiben? Ließ seine Nähe sie so kalt?
"Hm, und dabei runzelt er immer so gern die Stirn über mich. Aber ich schätze, es ehrt mich sehr, dass er Wert auf meine Meinung legt. Denn dass er glücklich wird, ist letztlich alles, was ich immer wollte." Schließlich war dieser Junge nicht einfach nur sein Erstgeborener, Gabriel nahm einen noch viel größeren Platz in Edwards Herzen ein, allein weil er nun einmal der Sohn seiner Mutter war. Edwards einziges leibliches Kind mit seiner ersten großen Liebe ...

Claire nickte. "Das denke ich auch. Souveränität genug hat Richard ja. Isaac wird sich sicher anpassen, auch wenn es etwas dauert. Vielleicht ist seine Loyalität größer als sein Dickkopf, denn davon hat er ja durchaus etwas bieten, wenn er unbedingt in Frankreich bleiben wollte."
Edwards Nähe machte sie ein bisschen nervös, beinahe so, wie es am Anfang war, als sie sich kennengelernt hatten. Aber ob das gut war? Es konnte doch nicht einfach sein wie früher....oder doch? Sie bedachte ihn mit einem sehr nachdenklichen Blick.
"Gabriel liebt dich...aber ihr seid so unterschiedlich. Es fällt ihm schwer dich in allem zu verstehen. Aber trotzdem bist du sein Vater."
Claire hob die Schultern. "Du wirst sehen, diese Beziehung wird Gabriel auch verändern. Zum Positiven. Und nun....bekomme ich noch einen Schluck Wein?"

Edward nickte ohne zu zögern. "Isaac ist ein wirklich guter Junge, er hat das Herz wahrlich am rechten Fleck. Ich denke, er kann es weit bringen, wenn er sich unter Richard klug anstellt."
Scheinbar gelassen erwiderte Edward den nachdenklichen Blick seiner Gemahlin, tatsächlich tobten in ihm jedoch die Gefühle. Er hatte geahnt, dass es nicht ganz leicht werden würde, aber wie schwer es ihm nun wirklich fiel einfach still und brav hier neben Claire zu sitzen und seine Finger bei sich zu lassen ... er wünschte so sehr sie würde ihm doch wenigstens ein kleines Zeichen geben, aber er wollte um keinen Preis etwas überstürzen.
Dann seufzte er. "Und ich liebe ihn, mehr als ich in Worte fassen könnte. Und ich bin unendlich stolz auf ihn, er ist wirklich ein guter Junge. Ich wünsche ihm von Herzen, dass er mit seiner Giulia glücklich wird und wächst an den Erfahrungen, die er macht."

Claire lächelte leicht. "Ich bin sicher, das wird er. Er hat das Herz dazu." Sie zögerte noch einen Moment und gab sich dann einen Ruck. Sie lehnte sich leicht an ihren Mann. Sie wollten sich versöhnen, also musste sie ihm eine Chance geben. Auch wenn er sie so verletzt hatte.
Sie nickte langsam. "Gabriel wird glücklich mit ihr sein, da bin ich sicher. Und es qwird seine Selbstvertrauen gut tun. Du hast einen großartigen Sohn, Edward."
Claire nahm noch einen Schluck Wein.
"Vielleicht haben wir eines Tages auch so einen wundervollen Sohn..." So ganz, das musste sie sich eingestehen, hatte sie die Hoffnung offenbar doch nicht aufgegeben.
Sie wollte ein Kind....

Edwards Herz stolperte als Claire sich mit einem Mal an ihn lehnte und er schloss für einen kurzen Moment die Augen. Er liebte diese Frau so sehr und ihr nun zumindest ein wenig wieder nahe zu sein, löste ein wohliges Gefühl in ihm aus.
Zufrieden atmete er aus und legte dann sanft den Arm um sie.
"Danke, wenngleich mir scheint, dass es am wenigsten mein Verdienst ist, dass er so ist." es lag einfach in Gabriels Natur und all den guten Einflüssen denen er ausgesetzt gewesen war - in der Regel immer dann, wenn Edward nicht da gewesen war.
Edward griff nach Claires freier Hand und drückte sie leicht." Ich bin sicher, dass wir das eines Tages haben werden. Vielleicht ist Gott ja gnädig und gewährt uns dieses Geschenk im Zuge unseres Neuanfang." murmelte er leise.

Claire schmiegte sich instinktiv etwas in die Umarmung. Das fühlte sich richtig an. Viel richtiger als vorher... Vielleicht gab es doch noch eine Chance für sie.
"Das wäre schön...ich wünsche es mir so sehr." Vielleicht konnte dann alles ein gutes Ende finden.
"Dann lass uns die Zeit hier nutzen und noch ein wenig Zeit miteinander verbringen. Ich wünschte, wir könnte danach zusammen nach Oxford gehen, aber der König braucht dich wohl..." Sie seufzte.
"Ich werde dann wohl einfach auf dich warten müssen."
Aber sie hatte so lage gewartet, darauf kam es nun nicht mehr an.
Claire sah zu ihm auf und küsste ihn auf die Wange. "Du hast mir gefehlt, Edward..." Trotz allem, was sie durchgemacht hatten.

"Ich weiß. Und ich würde mich ebenso über ein Kind von dir freuen ... unser Kind." murmelte er und lächelte dann sanft. "Das klingt nach einer guten Idee. Und welcher Ort könnte sich besser für geruhsame Zeit zusammen eignen als Giovannis verwunschene Weinberge? Wir werden uns hier schöne Tage zusammen machen und dann sehen wir weiter." Claire hatte vermutlich recht, er würde wohl eher nicht darum herum kommen sich Richard wieder anzuschließen, aber wer wusste schon wie die Lage war bis sie hier wieder aufbrechen würden.
Edward lächelte selig als sie ihn auf die Wange küsste, legte eine Hand an die ihre und sah ihr zärtlich in die Augen. "Du mir auch mein Herz ..." wisperte er leise und konnte dann dem Drang nicht mehr widerstehen und hauchte einen Kuss auf ihre Lippen. Es war nur ein kurzer Moment, nur eine flüchtige Berührung, denn er wollte den Kuss beenden bevor sie es womöglich tat, aber er hatte es einfach tun müssen.

Claire erwiderte das Lächeln. "Du hast vollkommen recht. Und ich freue mich über die Gelegenheit. So hat Gabriels Verlobung auch noch einen Vorteil für uns."
Als er sie küsste, schloss sie die Augen. Wie hatte sie dieses Gefühl vermisst...Und endlich verstummte diese Stimme des Hasses und der Eifersucht, die ihr in den letzten Monaten oft genug Gesellschafter gewesen war.
"Das hat mir auch gefehlt...", wisperte sie zurück. Und endlich würde alles wieder wie früher sein...Endlich war die Welt wieder ein Stück weit in Ordnung.
"Wir sollten bald zurück gehen, man wird uns wohl vermissen."

Zitternd atmete Diana aus und klammerte sich an die niedrige Holztür, die verhinderte, dass ihre kleine Stute einfach aus der Box ins freie marschierte. Gerade erschien diese Tür auch Diana wie ein gewaltiges Hindernis, denn sie hatte den Eindruck, dass sie nicht einmal mehr den leichtesten Druck auf diese Tür ausüben konnte, um sie aufzuschieben. Alleine hier stehen zu bleiben schien ihre gesamte Kraft und Konzentration zu erfordern.
Sie presste fest die Lippen aufeinander als ein erneuter Schmerz durch ihren Körper jagte und für einen Moment musste Diana die Augen schließen. Noch vor einer Stunde hatte nicht das Geringste darauf hingewiesen, dass sich das Kind heute entscheiden würde auf die Welt zu kommen und nun schien es sich das von einem Moment auf den anderen anders überlegt zu haben und wollte mehr als eilig heraus.
Als der Schmerz nachließ, atmete Diana geräuschvoll aus und öffnete die Augen wieder. Warmer Pferdeatem strich über ihre Wange als Boudicca ihren Kopf an Dianas Schulter legte. Trotz der in ihr aufkeimenden Verzweiflung musste Diana lächeln und strich kurz mit bebenden Fingern über die weiche Pferdenase. "Du hast ja recht." murmelte sie leise. "Wenn ich einfach hier stehen bleibe, wird es auch nicht besser ..."
Diana atmete noch einmal tief durch, dann drückte sie die Boxentür auf und machte sich mit kleinen, angespannten Schritten daran wenigstens schon einmal in die Stallgasse zu kommen. Als sie diese erreicht hatte, lehnte sie sich keuchend an die Wand und resignierte. Sie würde niemals alleine hier aus dem Stall herauskommen, aber die Vorstellung ihr Kind hier wie eine Bäuerin im Stroh zu bekommen und das obendrein noch ganz alleine ... Grauen stieg in ihr auf.
Sie legte eine Hand auf ihren runden Bauch und stöhnte leise als eine weitere Wehe einsetzte. "Wieso nur bist du so furchtbar ungeduldig wie dein Vater, dieser verfluchte Lump?" keuchte sie atemlos.