William und Joanna ~ 1170

Joanna seufzte schwer. "Ich weiß..." Sie überlegte einen Moment lang schweigend und gab schließlich nach. "Meinetwegen...ich begleite dich in die Normandie." Sie war zwar nicht sehr glücklich damit, weil sie am liebsten in Cornwall war. Das war ihr Zuhause, sie fühlte sich hier am wohlsten. Am Hof war sie immer so allein...
"Unter einer Bedingung. Du nimmst dir Zeit für uns und arbeitest nicht von früh bis spät. Ich brauche dich jetzt, du hast versprochen, dass du diesmal für mich da bist. Du hast mich letztes Mal erst allein gelassen. Ich will das nicht noch einmal durchmachen."
Joanna sah ihn an. "Ich weiß, dass ich nicht immer nur Forderungen an dich stellen kann. Dass ich auch Kompromisse eingehen muss. Aber es fällt mir gerade jetzt schwer mein Zuhause zu verlassen. Und ich will mein Kind durch die Reise nicht gefährden."

"Ich danke dir." murmelte William, der ein leises, erleichtertes Seufzen nicht unterdrücken konnte. "Ich verspreche bei allem was mir heilig ist, dass ich mir viel Zeit für dich nehmen werde. Ich habe dir zugesagt bei dir zu sein und dich zu unterstützen, so dass du dich ganz auf dich konzentrieren kannst und diese Zusage will ich auch halten." versicherte William ernst und gab Joanna dann einen Kuss.
Als sich ihre Lippen wieder voneinander lösten, lächelte er glücklich. "Ich weiß, dass du meiner Freude darüber nicht wirklich teilen kannst, aber ich sehne mich jetzt schon danach. Ich bin so lange nicht dort gewesen ..."
Er liebte die Normandie, die Landschaft, die Menschen, das Wetter ... es war ihm die willkommene Abwechslung für den Winter.

Joanna strich William sanft durch den Schopf und lächelte schief. "Du hattest wirklich Angst, ich würde dir eine Szene machen, nicht wahr? Keine Sorge, ich habe im Moment ein ausgeprägtes Harmoniebedürfnis, andernfalls hätte ich wohl auch nicht so ruhig mit meiner Mutter gesprochen. Ich will einfach nur meine Ruhe, wir hatten in letzter Zeit so viele Sorgen und so viel Streit. Genug für die nächsten Jahre..."
Joanna lehnte den Kopf wieder an die Schulter. "Dann mach das Henry auch klar. Ich mache mir einfach Sorgen, weißt du. Das letzte Mal bei James war es so schwer, ich hatte zwischendurch das Gefühl, irgendetwas geht schrecklich schief. Ich habe Angst, dass ich diesmal nicht so viel Glück habe und deshalb will ich mich mehr ausruhen."
Sie lauschte seinen Worten und spürte, dass er sich wirklich freute.
"Es geht nicht darum, dass ich nicht gern in der Normandie bin, William, es ist wirklich schön dort und ein angenehmes Klima, das ist es nicht. Aber für mich war Cornwall immer ein Zufluchtsort, ein wirkliches Zuhause, wo ich mich auskenne und wohl fühle. Und so etwas hatte ich vor unserer Zeit nie wirklich, nur dann, als ich ein kleines Kind war. Verstehst du? Cornwall gibt mir Sicherheit und ich war noch nicht oft in der Normandie. Und das erste Mal....das erste Mal geschah eben die Sache mit Eleonore, das zweite Mal hatten wir uns wegen Simon in den Haaren."

William legte den Kopf etwas in den Nacken und brummte zufrieden als Joanna ihm durch die Haare strich. "Ich hatte einfach Sorge, dass wir darüber streiten würden." bemerkte er. "Und ich hasse es mit dir zu streiten." Er ließ seine Lippen sanft über die ihren streichen und gab ihr einen liebevollen Kuss.
"Dann werde ich dieses Mal dafür sorgen, dass du nun auch unglaublich schöne Erinnerungen an die Normandie erhalten wirst. Ich werde dir meine Lieblingsplätze zeigen und die Orte an denen ich als Kind früher gespielt habe ... und wo ich mich vor meinem Onkel versteckt habe, wenn ich wieder mal irgendetwas angestellt hatte." erzählte William grinsend und legte eine Hand an Joannas Wange. "Das sind alles wundervolle Erinnerungen, die ich gerne mit dir teilen möchte."

"Ich auch...ich fühle mich jedes Mal miserabel, wenn wir streiten." Joanna schloss die Augen wieder und hörte ihm zu. Sie hörte ihm gern zu, seine Stimme hatte immer einen sehr tröstenden und beruhigenden Einfluss auf sie. Sie hätte ihm stundenlang zuhören können, wie er erzählte. Egal, was es war.
"Tu das...wir sind ja beim ersten Mal dabei gescheitert, schließlich kam Edward, kaum dass wir ein paar Tage dort waren." Und wie süß waren Robert und Beatrice damals gewesen. "Ich würde gern sehen, wie du früher aufgewachsen bist. Ach, im Vergleich zu deinem leben, war meines so langweilig...Als kleines Mädchen wollte ich so gern reisen. Überall hin in die Welt, in die Normandie, nach Frankreich...nun, überall war ich schon. Aber ich bin froh, dass ich mit dir hin konnte. Weißt du noch? Als wir uns kennengelernt haben, nach deiner Verletzung, haben wir von der Normandie geträumt. Wir wollten dort reiten gehen, haben es aber nie getan. Du wolltest mir die Landschaft zeigen..."

"Dann werden wir das dieses Mal alles nachholen. Auch wenn du dann schon kugelrund sein wirst, gemütliche Ausritte im Schritt sollten nicht verboten sein, was meinst du? Ich werde mir auch etwas gutes einfallen lassen, wie du aufs Pferd und wieder hinunter kommst." neckte er Joanna liebevoll und strich ihr sanft über den Bauch.
"Ich freue mich wahnsinnig auf das Kind." murmelte William und beugte sich dann hinunter, um einen Kuss unterhalb von Joannas Bauchnabel zu platzieren. William lehnte sich wieder zurück und bedachte Joanna mit nachdenklichem Blick.
"Weißt du was ... ich werde Henry eine Antwort schreiben und danach lasse ich dir Arbeit für heute Arbeit sein." verkündete er dann. Es würde gut tun, den Nachmittag mit Joanna und den Kindern zu verbringen.

Henry fuhr sich durch die roten Locken, ehe, er durch die Verbindungstür in Janes Gemach trat. Im ersten Moment dachte er schon, sie wäre gar nicht hier, dann aber hörte er das fröhliche Brabbeln seines Sohnes. "Jane?", fragte er leise und entdeckte sie schließlich mit dem Kind auf ihrem Bett sitzend.
"Da seid ihr ja..." Henry lächelte und gab ihr einen liebevollen Kuss, ehe er dem Kleinen über die Wange strich. "Nun, wie geht es unserem Harry denn?"
Eleonore hatte ihn mit Blicken beinahe erdolcht, als er öffentlich die Vaterschaft für Harry anerkannt hatte, aber er hatte trotzdem das Gefühl gehabt alles richtig zu machen. Jane hatte es verdient, dass er so handelte. Sie liebten sich schließlich über alles und er liebte seinen Sohn, auch, wenn ihm die Vaterrolle manchmal noch ganz schön zu schaffen machte. Er war nie ein hingebungsvoller Vater gewesen, aber bei Harry wollte er sich mehr bemühen. Schließlich hatte er bei Richard schon versagt...

Ein wohliges Gefühl machte sich in Jane breit als sie Henrys Stimme hörte und ein glückliches Lächeln machte sich auf ihren Lippen breit. "Sieh mal wer da kommt!" forderte sie ihren kleinen Sohn auf, der in ihren Armen lag und munter unverständliche Laute von sich gab.
Jane erwiderte Henrys Kuss zufrieden und lehnte sich an ihn als er sich neben ihr auf dem Bett nieder ließ. "Gut geht es ihm. Wir haben einen Spaziergang gemacht und Harry war von den Meisen ganz begeistert, die im Garten sind. Und jetzt warten wir gerade darauf, dass sich sein kleiner Magen meldet. Ich werde ihn sicher gleich stillen müssen."
Noch war der kleine Harry munter und fröhlich, doch Jane kannte ihren Sohn, bald würde er Hunger bekommen und ein klein wenig quengelig werden bis er seine Milch bekam.
"Und wie geht es unserem König heute?"

Henry lächelte Jane an und beobachtete zufrieden seinen Sohn. Er hatte die Entscheidung für Jane nie bereut. Die Einsamkeit war Vergangenheit geworden und damit ging es ihm sehr gut, so gut wie lange nicht mehr.
Er liebte seine kleine Familie sehr.
"Er will ja auch groß und stark werden, Jane. Und aufgeweckt ist er auch schon." Eine Weile betrachtete Henry Jane nachdenklich."Bist du glücklich, Liebste?",fragte er leise und strich ihr eine blonde Strähne aus der Stirn. Eleonore ließ recht in Ruhe und er nahm sich für alle seine Kinder so viel Zeit, wie er entbehren konnte.
"Oh, mir geht es ganz gut. Es ist viel zu tun, die Bittsteller langweilen mich. Aber William hat geschrieben....er und seine Familie begleiten uns in die Normandie. Joanna ist schwanger...", erzählte er dann.

"Das will er wohl. Er scheint mir genauso ehrgeizig wie sein Vater zu sein." erklärte sie lächelnd und gab Henry einen Kuss auf die Wange.
Auf seine Frage hin sah sie ihn einen Augenblick lang schweigend an und schüttelte dann den Kopf, ehe sie kurz aufstand, um sich dann auf Henrys Schoß niederzulassen. "Was ist das denn für eine dumme Frage, Henry? Ich bin so glücklich wie nie zuvor in meinem Leben. Ich habe einen wundervollen Sohn von dem Mann, den ich liebe und kann mit beiden zusammen sein und die Zeit genießen, die wir haben. Wie könnte ich unglücklich sein?" erklärte sie dann lächelnd und schmiegte sich an ihren Geliebten.
Nein, unglücklich konnte sie nicht sein.
"Das freut mich. Sie sind eine wahrlich angenehme Gesellschaft und ich gönne es den beiden, dass sie noch ein Kind bekommen." erwiderte Jane fröhlich. Die Aussicht Joanna in den Nähe zu haben, wenn sie in der Normandie waren, erhellte ihr Gemüt noch ein wenig mehr, denn sie hatte die Gemahlin des Lordkanzlers durchaus ins Herz geschlossen.

"Vielleicht ist er das ja auch. Ich bin sehr gespannt was einmal aus ihm wird." Henry legte die Arme um sie und seinen Sohn, als sie sich auf seinen Schoß setzte.
"Das ist gut. Ich will einfach nur, dass es dir gut geht. Und dem Kleinen auch, weißt du. Ihr seid mein Leben und ich brauche euch. Wenn du unglücklich wärst, würde ich das nicht ertragen. Und alles daran setzen es zu ändern. Ich will nur nicht, dass du deine Entscheidung doch irgendwann bereust."
Henry vergrub das Gesicht in ihrem Haar und seufzte zufrieden. Wie leer sein Leben ohne Jane doch gewesen war, das hatte er erst erkannte, als sie so lange in Cornwall gewesen war.
"Ja, ich denke, es tut dir auch gut eine Freundin zu haben, wenn wir dort sind. Und mit Joanna verstehst du dich doch so gut. Und wenn William und ich keine Zeit haben...dann könnt ihr ja reden. Sie freut sich bestimmt auch Harry wieder zu sehen."

"Ich werde nie bereuen, dass ich mich für dich entschieden habe, Henry." versicherte sie ihm und legte die freie Hand an seine Wange. "Du hast mein Leben doch erst vollkommen gemacht." murmelte sie und legte den Kopf an seine Schulter.
Ihr Blick ruhte auf ihrem Sohn und ein glückliches Lächeln bahnte sich wieder den Weg auf ihre Lippen. Harry war ihr ein und alles, sie liebte dieses Kind mit jeder Phase ihres Körpers. Und das umso mehr, weil es Henrys Sohn war, den sie zur Welt gebracht hatte.
Zärtlich strich sie mit der Fingerspitze über Henrys Oberkörper. "Was meinst du ... wollen wir uns heute Abend, sobald Harry im Bett ist, mal wieder unserer Zweisamkeit widmen?" fragte sie mit vielsagendem Lächeln.

"Das hört man gerne.", erwiderte Henry lächelnd und gab Jane einen liebevollen Kuss. "Aber mir geht es auch so. Am Glücklichsten bin ich, wenn ich bei dir bin. Bei Euch."
Henry seufzte leise und strich ihr sanft durch das Haar. Er war so zufrieden, wenn er bei ihr sein konnte. Viel ausgeglichener, weniger jähzornig. Und er hoffte, dass er sie so schnell nicht wieder verlassen musste. Dass sie so weit weg war wie es in Cornwall der Fall gewesen war. Er würde schon dafür sorgen, dass sie erst einmal zusammen bleiben konnten.
"Hmm..." Henry grinste und küsste sie erneut. "Das halte ich für eine sehr gute Idee. Wir hatten länger keine Zeit mehr für uns."
Und er war gerade ganz froh mal eine Pause machen zu können. Einfach nur Man sein, Vater...und den König sein lassen.

William nickte langsam und zog das Dokument dann zu sich hinüber. "In Ordnung, dann werde ich es so in Auftrag geben." bestätigte er noch einmal und gab Joanna dann einen Kuss. Die beiden hatten ein paar Dinge bezüglich der Grafschaft besprochen und William stand nun der Sinn nach einer kleinen Pause als es an der Tür klopfte.
Er verdrehte die Augen, forderte den Wartenden jedoch auf hinein zu kommen. "Ich habe doch gesagt, dass ich vorerst nicht gestört werden will." brummte er und der Diener beeilte sich zu nickten. "Verzeiht, Mylord. Ich weiß, doch da ist jemand, der Euch dringend sprechen möchte."
William runzelte die Stirn. "Ach so? Wer ist es denn, der mich so furchtbar dringend sehen muss?" fragte er irritiert, erntete jedoch nur ein Schulterzucken. "Eine Frau, Mylord. Ich ..." Der Diener zuckte erneut mit den Schultern und öffnete die Tür ein wenig mehr, so dass er den Gast hinein lassen konnte.
Herein kam eine Frau, vielleicht in Joannas Alter, möglicherweise auch noch einige wenige Jahre jünger - und ein Junge, der ungefähr in Beatrices Alter zu sein schien.
William starrte die beiden verwirrt an, versuchte der Frau einen Namen zuzuordnen oder auch nur einen Ort woher er sie kennen könnte, doch seine Aufmerksamkeit wurde immer wieder auf den Jungen gezogen. Den Jungen, der ihn unter seinen schwarzen Locken hervor aus dunklen Augen ansah.

Joanna verfolgte den Wortwechsel zwischen William und dem Diener ein wenig neugierig. Wenn er es wagte William entgegen dessen Anweisung zu stören, musste es wirklich wichtig sein. Sie hob eine Augenbraue und tauschte einen irritierten Blick mit William, ehe eine Frau das Zimmer betrat und sie nur noch mehr verwirrte.
Solange, bis sie den Jungen zu Gesicht bekam. Joanna schnappte nach Luft. Dieser Junge...er sah William so dermaßen ähnlich. Die dunklen Locken und vor allem diese dunklen Augen. Er sah Robert so ähnlich, der ja nur ein paar Jahre jünger war. Ihre Gedanken rasten. Dieses Kind..dieses Kind konnte eigentlich nur Williams Sohn sein. Und Joanna fühlte sich so ziemlich verraten, obwohl sie wusste, dass er eigentlich nichts dafür konnte. Er hatte ja selbst nichts gewusst, sie aber hatte gewusst, dass er früher nicht gerade treu gewesen war.
Aber diese Frau...warum kam sie hierher und zerstörte den Frieden der letzten Tage?
Joanna legte schützend die Hand auf ihren leicht gewölbten Bauch, ehe sie die Stimme erhob.
"Wer seid Ihr und was ist Euer Begehr?"

William registrierte aus den Augenwinkeln heraus Joannas Reaktion als sie den Jungen zu Gesicht bekam, doch er ging nicht weiter darauf ein, hielt den Blick starr auf das Kind vor ihm gerichtet. Eine leichte Übelkeit stieg in ihm hoch als er den Jungen musterte, der Robert so ähnlich sah ... der ihm zum verwechseln ähnlich sah.
"Mein ... mein Name ist Claire." begann die junge Frau erst ein wenig unsicher, riss sich dann jedoch zusammen und straffte etwas die Schultern. "Und das hier ist Philippe, mein Sohn ..." ihr Blick wanderte zu William hinüber. "Euer Sohn, Mylord."
William sog scharf die Luft zwischen den Zähnen hindurch und bedachte die junge Frau mit kritischem Blick. Er hatte das Gefühl, dass etwas in ihm sich erinnern würde ...
"Nun ... Claire, verzeiht mir, wenn ich das so sage, aber ... das ist unmöglich. Da könnte ja jeder daher kommen, der ein Kind mit schwarzen Haaren hat und so etwas behaupten." erklärte er dann mit möglichst fester Stimme, um sicherer zu wirken als er war. Denn eins stand fest unmöglich war das ganz und gar nicht.

Joannas Augen verengten sich, als die Frau zu sprechen begann. Sie wollte diese Frau nicht hier haben und dieses Kind genauso wenig. Das brachte nur wieder Ärger. Claires Unsicherheit entging ihr nicht und außerdem war sie jetzt schon genervt von Williams Herumgedruckse. Er wusste ganz genau, dass es alles Andere als unmöglich war und dass der Junge ihm wie aus dem Gesicht geschnitten war. Für wie dumm hielt er sie eigentlich?
Joanna erhob sich und unterbrach Claire, bevor sie überhaupt etwas sagen konnte. "Schön...selbst wenn Ihr ihn in Euer Bett gelassen habt und dieser Junge der Bastard meines Mannes ist, wie Ihr es behauptet, habt Ihr trotzdem meine Frage nicht beantwortet! Was wollt Ihr von uns?", verlangte Joanna mit eisiger Stimme zu wissen. Und sie war sich selbst dessen bewusst, dass nur Philippes Anwesenheit eine drastischere Wortwahl verhinderte.
"Fällt Euch plötzlich ein, dass hier ja was zu holen wäre?"
Joanna sah ganz genau, dass sie Claire jetzt völlig verunsichert hatte, denn sie sah aus, als ringe sie um die richtigen Worte. Ihr wäre es am liebsten, diese Frau würde mitsamt Anhang wieder verschwinden.

William sah Joanna ein wenig perplex an und wollte gerade etwas sagen, als der Junge einen Schritt nach vorne machte. Philippe war gerade in dem Alter, in dem er noch als Junge durchging, doch stand er bereits an der Schwelle zum Erwachsen werden und wenn man ganz genau hin sah, konnte man bereits den ersten leichten Flaum in seinem Gesicht ausmachen.
"Ich lasse nicht zu, dass Ihr so mit meiner Mutter redet, Mylady!" erklärte der Junge entschlossen, auch wenn zumindest William ihm ansah, dass er dafür seinen gesamten Mut hatte zusammen nehmen müssen. "Philippe, lass gut sein, Junge ..." murmelte Claire und legte ihrem Sohn eine Hand auf die Schulter.
"Nein, Mutter ..." Philippe drückte kurz die Hand seiner Mutter, sah Joanna dann jedoch wieder entschlossen an. "Wir sind her gekommen, weil ich meine Mutter dazu gedrängt habe. Ich wollte meinen Vater kennen lernen."
William fuhr sich etwas unbehaglich durch die schwarzen Locken und lehnte sich zurück. Das war ja eine schöne Misere in der er jetzt steckte.

Joanna musste sehr mit ihrer Beherrschung kämpfen, als der Junge sich auch noch in das Gespräch einmischte. "Und was willst du dagegen tun? Ich rede mit ihr, wie ich es für richtig halte. Wenn du den Earl of Cornwall kennenlernen willst, Kind, musst du noch ein paar Dinge lernen, die deine Mutter versäumt hat dir nahe zu bringen! Respekt vor Erwachsenen zum Beispiel und dass man ein Gespräch nicht einfach unterbricht.", wies sie den Jungen dann zornig zurecht. Es war ihr egal, dass sie den Jungen jetzt wohl ein wenig einschüchterte. Sie wollte einfach nur, dass die Beiden wieder verschwanden. Und dass William so einfach schwieg, machte sie unendlich wütend. Es war doch seine Schuld, dass sie jetzt hier standen!
"Willst du dich nicht auch mal äußern, William?", fauchte sie aufgebracht. "Ich habe dir schon einmal gesagt, ich bin nicht Eleonore. Ich will die.."Bastarde "unehelichen Kinder meines Mannes nicht hier haben! Also sei ja vorsichtig, was du tust und welche Entscheidungen du triffst. Du kennst mich gut genug um zu wissen, dass ich das ernst meine."
Joannas Blick war kühl geworden.
"Und Ihr...warum jetzt? Warum nicht vor fünf oder zehn Jahren?"

William rieb sich nachdenklich die Schläfe und wollte gerade etwas einwenden, als Claire Joannas Frage beantwortete. "Weil ich nicht vor hatte hier her zu kommen, Mylady." erwiderte sie und William zollte ihr in Gedanken Respekt, da sie noch immer die Fassung wahrte, obwohl Joanna sie so anfuhr. "Ich wollte es nicht, denn was geschehen ist, ist geschehen und nicht zu ändern. Hätte ich sonst irgendwelches Verlangen gehabt irgendwelche Ansprüche geltend zu machen, die ich ohnehin nicht habe, wäre ich schon vor zwölf Jahren gekommen. Aber der Junge wollte wissen wer sein Vater ist und irgendwann kam der Punkt an dem ich ihm das nicht länger vorenthalten konnte. Deshalb sind wir hier und aus keinem anderen Grund." erklärte sie und hob dann ein wenig das Kinn, als wolle sie deutlich machen, dass sie sich von Joanna nicht einschüchtern lassen wollte.
William sah, dass Joanna bereits zu einer Erwiderung ansetzte, da schlug er mit der Faust auf den Tisch. "Es reicht." erklärte er ohne die Stimme zu heben, doch nicht weniger energisch.
"Wenn das Euer Ansinnen ist, dann soll der Junge sein Recht bekommen. Lasst Euch von Paul ein Zimmer zeigen in dem ihr Euch ausruhen und etwas Essen und Trinken könnt, wenn Ihr wollt.
Und wir" sein Blick wanderte zu Joanna hinüber. "werden das in Ruhe klären." stellte er fest und erhob sich dann, um den draußen wartenden Diener zu informieren.

Joanna wollte gerade etwas nicht sehr Freundliches erwidern, als William sie so rüde unterbrach. Als seine Faust auf den Tisch schlug, zuckte sie leicht, hatte sich aber sofort wieder im Griff, obwohl die Wut in ihr nun nur noch heftiger loderte. Wie konnte er ihr dermaßen in den Rücken fallen? Vor dieser Frau? Obwohl er ganz genau wusste, wie sie sich jetzt fühlte!
Ihre Augen hatten sich im Zorn eine Nuance verdunkelt, als sie ihm einen geradezu mörderischen Blick zuwarf. "Wir werden gar nichts klären.", erwiderte sie kalt. "Ich gehe...", fügte sie hinzu und verließ den Raum noch vor ihm.
Joanna wusste ganz genau, dass sie sich dringend beruhigen musste, ihrem Kind zuliebe, aber gerade fiel ihr das mehr als schwer, so sauer wie sie auf ihren Mann war.
Er handelte ohne irgendwelche Bedenken gegen ihre Wünsche, als hätte sie ihm nie klar gemacht, dass sie es nicht hinnehmen würde, irgendwelche seiner unehelichen Kinder hier in Cornwall zu haben. Stattdessen quartierte er seine Hure und diesen Jungen hier einfach ein! Das war einfach der Gipfel!
Ja, sie würde gehen. Das meinte sie ernst. Am Besten, sie packte ihre Sachen und ging mit den Kleinen schon einmal vor in die Normandie. Dann konnte er sich in Ruhe um seinen Familienzuwachs kümmern. Wie konnte er sie so demütigen? Das war doch sonst gar nicht seine Art. Was hatte diese unselige Frau nur an sich, dass er sich gegen seine Frau stellte?

William verdrehte genervt die Augen, als Joanna an ihm vorbei rauschte. Es war zu erwarten gewesen, dass sie so reagierte. Doch das war völliger Irrsinn, selbst wenn die beiden nicht hier bleiben würden, konnte er sie nicht einfach sofort wieder vor die Tür setzen. Wenn William mit seiner Vermutung recht hatte, kamen Claire und Philippe gerade aus der Normandie, sie hatten hier also außer ihm keinen Anlaufpunkt.
"Entschuldigt mich." bat er die beiden knapp und eilte dann hinter Joanna hinter her. Er hatte sie im Nu eingeholt, hielt sie jedoch bewusst nicht auf, sondern lief einfach neben ihr her. "Kannst du mir mal erklären was das soll? Ich weiß zwar was da in deinem Kopf offensichtlich schon wieder vor geht, aber ich kann die beiden ja wohl kaum einfach so auf die Straße setzen ohne vorher wenigstens mit ihnen in Ruhe gesprochen zu haben. Das ist Irrsinn nach einer solchen Reise und das weißt du auch." erklärte er ihr mühsam beherrscht.

Joanna hatte gewusst, dass er ihr folgen würde und dass er sie auch nicht verstehen würde. Wie sollte er auch? Er war ein Mann...er hatte keine Ahnung, wie es sich anfühlte, plötzlich mit dem Kind eines Anderen mit dem Menschen, den man am Meisten liebte, konfrontiert zu werden. "Nein, stattdessen fällst du lieber mit in den Rücken und demütigst mich! Ich dachte, ich hätte dir deutlich genug gemacht, dass ich in dem Punkt nicht so gutherzig bin wie Eleonore. Ich weiß, dass du früher kein Engel warst, aber ich keinen deiner Bastarde hier haben! Und es ist mir auch völlig gleich, wo sie sonst hin sollen, ich will sie nicht hier haben.", brachte Joanna möglichst ruhig hervor, um ihn nicht anzuschreien.
"Sie hätten auch einfach bleiben können, wo sie waren. Ein Recht hat dieser Junge auf gar nichts. Und dir, dir ist es ja scheinbar egal, wie ich mich fühle. Wenn ich dir ein Kind von einem Anderen vorsetzen würde, würdest du auch nicht ruhig bleiben! Es ist immer das Gleiche, ich muss immer die Folgen deiner Eskapaden am besten noch klaglos hinnehmen. Aber ich will nicht! Es reicht. Entscheide dich...entweder deine Hure und der Junge bleiben hier und ich gehe in die Normandie oder sie gehen und ich bleibe. Aber du triffst ja immer die Entscheidungen zu allem. Kümmere dich doch in aller Ruhe um deinen Familienzuwachs."

"Du bist paranoid. Ich habe dich nicht gedemütigt, ich wollte schlicht weg verhindern, dass diese Situation eskaliert. Ich wollte das in Ruhe mit der klären, wo ist dabei das Problem. Ich kann verstehen, dass dich das aufbringt, aber warum sprichst du dem Jungen ab ein Recht darauf zu haben, mich kennen zu lernen? Es würde sicher niemandem weh tun, wenn ich mich mit ihm unterhalte und die beiden dann in ein, zwei Tagen wieder aufbrechen." bemerkte William, auch wenn es ihm nicht so recht behagte sich so aus der Verantwortung zu ziehen. Und die hatte er eigentlich für den Jungen, ob Joanna wollte oder nicht.
"Außerdem verstehe ich nicht, warum du dich so furchtbar aufregst. Ich war mit Isabel verheiratet als ich mit ihr geschlafen habe. Das hat rein gar nichts mit dir zu tun."

"Du weißt doch selber nur zu genau, dass es bei ein, zwei Tagen nicht bleiben wird. Und bei einer Unterhaltung schon gar nicht." Sobald er den Jungen ins Herz geschlossen hatte, würde er durchsetzen, dass Philippe hier blieb. Eigentlich eine lobenswerte Eigenschaft, aber sie wollte nicht jeden Tag daran erinnert werden, wie viele andere Frauen er gehabt hatte, obwohl er doch immer sagte, er hätte sie trotzdem geliebt. Isabel war schon schlimm genug gewesen.
"Ach ja? Paranoid? Dann habe ich mir wohl eingebildet, dass du mir das Wort abschneidest und sie in Schutz nimmst.", erwiderte Joanna süßlich. Ihre Augen verengten sich, als er ihr wieder einmal zeigte, dass er gar nichts verstanden hatte.
"Du machst es dir sehr einfach, William.", sagte sie gefährlich leise. "Hast du Isabel je mit einem unehelichen Kind konfrontiert? Nein? Warum wundert mich das nicht? Du hast überhaupt keine Ahnung. Mich setzt du ohne Bedenken all dem aus. Joanna schafft das schon, Joanna beklagt sich schon nicht, sie macht ja alles mit. Es ist ja so unverständlich, dass ich nicht ruhig bleibe! Das ist schon das zweite Mal, William. Denkst du es ändert irgendetwas, dass du damals mit Isabel verheiratet warst? Der Junge taucht jetzt auf. Und dass er dein Sohn ist, ist ja wohl offensichtlich. Das macht keinen Unterschied, ich muss mir die Folgen ansehen, nicht sie. Ich bin deine Frau. Denkst du, mir fällt das leicht? Der Gedanke daran, dass du mit Isabel schläfst, war schon schlimm genug. Also hör auf mir zu unterstellen, ich würde mich anstellen. Aber ich vergaß, du musstest dich so einer Situation ja auch nie aussetzen. Du bist ja ein Mann!", führte sie wütend aus.
Joanna schüttelte den Kopf. "Und du sagst mir, es hat mit mir nichts zu tun. Nun, auf jeden Fall zeigt es mir mal wieder, dass du mich nicht im Geringsten verstehst. Vielleicht willst du es auch nicht. Und dass meine Wünsche dir egal sind, wenn sie dir nicht mehr in den Kram passen." Die Tränen stiegen ihr in die Augen. "Lass mich einfach in Ruhe. Ich muss erst einmal runterkommen, dem Kind zuliebe, und da hilft mir ein Streit mit dir sicher nicht. Aber ich scherze nicht, William. Ich gehe an den Hof oder ich gehe schonmal in die Normandie. Da du mich ja für so paranoid hältst und mich nicht verstehen kannst, bin ich ohnehin nur im Weg. Lern doch deinen Sohn kennen, wenn dir so viel daran liegt, aber lass mich damit in Ruhe. Setz deine Prioritäten."