William und Joanna - ab 1189 bis 1190

Robert nahm ausgesprochen dankbar den Wein entgegen und nahm einen kräftigen Schluck. Das konnte auch er für seine Nerven gut gebrauchen. Ganz verdaut hatte er immer noch nicht, dass er Großvater werden würde. Eigentlich war er doch viel zu jung dazu.
"So ist es wohl. Ich war auch nicht allzu begeistert davon, aber es lässt sich nun einmal nicht ändern und ich hoffe irgendwo trotzdem, dass er es nicht allzu schwer nimmt, wenn er zurück kommt und davon erfährt."
Robert musterte seinen Vater ausgiebig und lächelte schmal. "Ich sehe, du hattest die selben Gedanken wie ich. Ich habe mich auch gefragt, ob er jemals Interesse an Frauen entwickelt. Ich glaube zwar, dass die Initiative von Madeleine ausging, aber immerhin hat er sich darauf eingelassen. Er ist sehr zurückhaltend in diesen Dingen, aber ich schätze, das liegt mitunter auch an Josies Vergangenheit."

William hob reichlich ungerührt die Schultern. "Er wird damit zurecht kommen müssen, denn ändern kann er es ja schwerlich. Und mit solchen Folgen muss man nun einmal rechnen." Er schlug die Beine übereinander und seufzte leicht. "Tja, letztlich sollten wir der kleinen Madeleine vielleicht sogar dankbar sein. So wissen wir wenigstens, dass Rob nicht nach deinem Bruder kommt. Das wäre in seinem Fall wohl doch eine sehr bittere Enttäuschung gewesen." Im Gegensatz zu James, der als Williams dritter Sohn in der Erbfolge ohnehin weit abgeschlagen war und obendrein von klein auf Geistlicher werden wollte, war Rob schließlich der zukünftige Erbe Cornwalls. Zu erfahren, dass Rob keine Familie gründen würde, weil der Bengel sich lieber mit Männern vergnügte ... das wäre ein herber Schlag gewesen. Aber glücklicherweise schien dieser Kelch ja doch an ihnen vorüber zu gehen.
"In einem halben Jahr ist es soweit, sagst du? Dann war es wohl ein sehr nachdrückliches Abschiedsgeschenk." bemerkte William ein wenig spöttisch.

Robert nickte. "So ist es wohl. Aber du weißt genauso wie ich, was er damals für Probleme mit Josephines Vergangenheit hatte. Es wird ihn sorgen, dass das Kind ähnliche Dinge erleben muss. Allerdings ist es wohl einfacher, weil es nicht Erbe einer Grafschaft werden wird."
Er seufzte, runzelte dann aber die Stirn. "Wie meinst du das?", fragte er skeptisch. "Wie sollte er nicht nach meinem Bruder kommen, Vater? Du weißt wohl etwas, von dem ich nichts weiß.", bemerkte er vorsichtig. Er hatte so eine Ahnung, die sich hoffentlich nicht bewahrheitete, wusste aber auch nicht recht, um welchen seiner Brüder es ging.
"Ja, das ist es offenbar. Und wir dürfen uns damit nun auseinander setzen...."

"Das ist natürlich wahr. Andererseits ist er durch seine Erfahrungen auch am besten geeignet, um seinem Kind später beizustehen. Er weiß, wie es möglicherweise empfindet, wenngleich ich denke, dass die Situationen in der Tat etwas verschieden sind." Erwiderte William.
Dann wurde er ein wenig blasser als ihm bewusst wurde, wie sehr er sich da gerade in eine unangenehme Lage gebracht hatte. William bemühte sich um eine neutrale Miene, aber er hatte das Gefühlen in diesen Dingen langsam aus der Übung zu kommen. Über ein halbes Jahr war Henry schon tot und William hatte sich seit dem tunlichst vom Hof fern gehalten. Andererseits hätte Robert ihn ohnehin direkt durchschaut. "Naja, wenn er wie James kein Interesse an Frauen hätte und nur an kirchlichen Dingen interessiert wäre ..." versuchte William sich heraus zu reden.

"Ja, da könntest du Recht haben. Nun, wir werden sehen. Er wird nun erst einmal eine ganze Weile fort sein und wer weiß, ob er nicht völlig verändert heim kehrt. Der Krieg verändert Menschen und es ist eine weite Reise. Ich hoffe inständig, dass ich meinen Sohn noch wieder erkenne, wenn er zurückkehrt. Aber Hauptsache, er kehrt zurück." Alles Andere wollte er sich gar nicht vorstellen.
Robert legte die Stirn in Falten und lehnte sich vor.
"Vater...", begann er beschwörend. "Du wolltest etwas Anderes sagen, oder? Rob hat noch niemals Interesse an kirchlichen Dingen gezeigt, damit hat Madeleine ja nun wirklich nichts zu tun. Ich kenne dich, du versuchst mir auszuweichen. Sag mir die Wahrheit, ich denke nicht, dass wir uns anlügen sollten. Was ist mit James? Du hast mein Wort, es bleibt zwischen uns."

William seufzte leise. "Ja, der Krieg verändert die Menschen, das wissen wir beide wohl nur zu gut." murmelte er. Immerhin hatten sie beide schon genügend Erfahrung im Feld gemacht. William schon mehr als er noch zählen konnte. "Aber er wird zurück kommen. Ich bin mir sicher, dass Gott mit dem Jungen so schnell nicht fertig sein wird. Und wir werden ihn auch noch wieder erkennen."
William verlagerte sein Gewicht ein wenig unbehaglich und verzog leicht das Gesicht. "Eigentlich dürfte ich gar nicht darüber reden." brummte er und zögerte noch kurz, dann gab er Roberts forschendem Blick nach. "Denk einmal darüber nach, du kennst ihn doch. Und du weißt, wer ihn immer begleitet ..."

Robert nickte. "So ist es.", stimmte er zu. "Und genau weil ich das weiß, bereitet es mir solche Sorge. Allerdings denke ich auch nicht, dass Gott mit ihm fertig ist. Ich sagte schon zu Josie, dass Rob eigentlich ein Glückskind ist. Sonst wäre er gar nicht dort, wo er heute ist."
Er beugte sich ungläubig vor und seine Augen weiteten sich leicht. "Du meinst....Alan und er? Du meinst, er hat eine Schwäche für Männer?"
Das hatte er nun wirklich nicht erwartet. Wobei es ihm nicht mehr so abwegig vorkam, wenn er länger darüber nachdachte. Alan und James hingen zusammen, seit sie sich kannten und machten kaum etwas alleine. Offenbar auch nachts nicht.
"Herrje, und ich dachte unser Familienpensum daran wäre gedeckt...", murmelte er in Gedanken.

:William:

William musste unwillkürlich lächeln. "Oh ja, ein Glückskind ist er in der Tat. Gott hat ihn gesegnet, daran hege ich keinen Zweifel." Und William musste sich einfach auch an diese Gedanken klammern, denn die Vorstellung ausgerechnet Rob könnte nicht zurück kommen, hätte ihn wahnsinnig gemacht. Er liebte den Jungen so sehr und sie hatten eine wahrlich enge Bindung zueinander entwickelt.
William rieb sich die Schläfe und nickte seufzend. "Genau das meine ich." erwiderte er ruhig. Er hatte schon lange aufgehört bitter darüber zu sein oder sich zu fragen, wie ausgerechnet sein Sohn so hatte werden können. Wenn er heute daran dachte, hegte er höchstens noch eine diffuse Angst davor, dass es irgendwann heraus kommen könnte und James dadurch zu Schaden käme.
"Die beiden scheinen für einander geschaffen zu sein. Keiner von ihnen kann noch ohne den anderen. Mir soll es gleich sein, solange James glücklich ist. Ich fürchte nur den Tag an dem es vielleicht doch bekannt werden könnte."
Roberts Gemurmel sorgte dann aber dafür, dass William sich aufrichtete. Ein Ruck ging durch seinen Körper und er sah Robert forschend an. "Was soll dass heißen?" fragte er eine Spur schärfer als gewollt. "Unser Familienpensum daran sei gedeckt?"

"Schön, dass wir uns da einig sind. Ich bin davon überzeugt, seit er mir als kleiner Junge vor die Füße gelaufen ist. Das hat unser aller Leben so verändert. Und ich bin so froh, dass du dich so gut mit ihm verstehst."
Am Entstehen einer solchen Beziehung hatte er anfangs doch gezweifelt, aber Rob war ihm so ähnlich, dass sein Vater gar nicht anders gekonnt hatte.
"Ja, so soll es wohl sein...Weiß der Himmel, was Gott sich bei so etwas denkt. Ich bin irgendwie nicht so überrascht, wie ich wohl sein sollte. James....war schon immer irgendwie anders. Aber es schadet vielleicht nichts, dass ich es weiß. Für den Notfall. Die Beiden passen auch irgendwie ganz gut zusammen. Ich hoffe nur, sie sind vorsichtig."
Schon an der Reaktion seines Vaters erkannte Robert, dass er sich gerade verplappert hatte. Er verzog leidend das Gesicht. Das ist etwas, worüber ich nicht sprechen sollte." Aber jetzt war es zu spät. "Du musst es für dich behalten, Vater, ich bitte dich.", beschwor er ihn eindringlich. "Es....es ist Richard."

:William:

"Ich bin auch froh. Der Junge ist wirklich ein Segen." Und jetzt da Rob wieder fort war vermisste William ihn mehr denn je. Aber wie immer schien Gott auch aus dieser Not eine Tugend zu machen, denn nicht nur William vermisste seinen Enkel, Isaac war mindestens genauso unglücklich über die Abwesenheit seines Bruders und in ihrem gemeinsamen Kummer fanden Willim und Isaac immer mehr zueinander.
William lächelte sanft. "Oh ja, das war er schon immer. James hat sich auch sehr viel Zeit damit gelassen auf die Welt zu kommen, schon darin war er euch anderen unähnlich. Und er hatte nie Interesse an weltlichen Dingen ... Gott wird sich bei ihm schon etwas ganz besonderes gedacht haben. Und James und Alan sind glücklich, das sollte im Grunde das einzige sein, was wichtig ist."
William schürzte spöttisch die Lippen. "Nun die Grenze haben wir ja ohnehin schon überachritten, nicht wahr? Also raus mit der Sprache!" Die Enthüllung, die dann aber folgte ließ William einen Moment lang sprachlos zurück. Richard?
William beugte sich etwas vor. "Wie bitte!?" Fragte er dann entgeistert. "Richard? Herrgott, ist der Kerl vom Teufel besessen? Wie bitte habe ich mir das vorzustellen, hm? Was weißt du darüber was für ein widerliches Spiel er mit deiner Schwester treibt? Und wie lange schon?" Diese Enthüllung goss nun förmlich noch Öl ins Feuer und entfachte Williams Groll seinem Schwiegersohn gegenüber auf ein Neues.

"Ich bin froh, dass du dich ein bisschen um Isaac kümmerst. Ich habe nicht so viel Zeit, wie ich für ihn haben müsste gerade jetzt. Er vermisst Rob auch sehr, aber er übt wie verrückt, damit er gut genug ist um Robs Knappe zu werden, wenn er zurück kommt.", bemerkte Robert leise, nickte dann langsam. "Ja, so ist es wohl. Wobei er an ein paar weltlichen Dingen ja offenbar doch mehr interessiert ist, als wir dachten. Aber du hast recht, solange er glücklich ist, soll es eben so sein. Du hast aber wohl nicht von Anfang an so gedacht, oder?"
Er konnte sich gut vorstellen, dass sein Vater erst einmal fuchsteufelswild geworden war. Und so zog er auch jetzt den Kopf ein, als sein Vater so völlig ungläubig und schließlich wütend reagierte. Hätte er doch nur einmal seine Klappe halten können!
"Naja, er liebt Bea immer noch sehr, aber er hat gewisse....Begierden, gegen die er nicht ankommt. Was nicht heißt, er hätte es nicht versucht. Sogar im Kloster... Er hat dann und wann kurze Affären, die dem entsprechen und dann....dann lebt er seine Ehe weiter. Das geht schon Jahre so...Ich war am Anfang genauso schockiert wie du, ich war so wütend, ich habe Richard beinahe die Nase gebrochen. Aber Bea weiß davon und hat mich überzeugt, dass sie bei ihm bleiben möchte. Sie akzeptiert es zähneknirschend, weil sie ihn nicht verlieren möchte."

:William:

"Isaac und ich sind wohl beide froh, daß wir uns umeinander kümmern können." erwiderte William augenzwinkernd. "Er hat mir davon erzählt. Es war wirklich eine gute Sache von Rob ihm das in Aussicht zu stellen, so hat der Kleine ein wenig Antrieb." Und William brachte seinem Enkel mit Freuden alles bei, was er wusste.
William lachte leise. "Bei Gott, nein, ganz sicher nicht. Aber weißt du, ich hatte einige Jahre Zeit um mich damit zu arrangieren und immer wenn ich James sehe, sehe ich Wie glücklich er ist und dass dies zu nicht geringem Teil Alans Verdienst ist. Ich wäre also ein Narr es den beiden nicht zu gönnen."
William bleckte zornig die Zähne. Er konnte einfach nicht fassen, was er da hörte. Mühsam beherrscht ließ er sich in seinem Sessel zurück sinken und vergrub für einen Moment das Gesicht in den Händen. Ihm war regelrecht übel geworden von dieser Eröffnung. "Ich wünschte, du hättest ihm noch ganz andere Dinge gebrochen." grollt er und sah wieder auf. "Sein Glück, dass er weit weg ist. Ich schwöre bei Gott, wäre er jetzt on England würde ich ihn mir vornehmen und wenn ich mit i fertig wäre, würde er nie wieder auch nur an einen Mann denken."
William atmete zitternd vor Wut durch. "Einen feinen König haben wir da bekommen. Armes, armes England ..." bemerkte er bitter.

Robert lächelte leicht. "Das freut mich. Ich dachte mir schon, dass es dir vielleicht gut tun würde, wenn er sich in deiner Nähe aufhält und er wird unheimlich viel von dir lernen können, wie Rob auch schon." Und er war wirklich froh, dass sein Vater so viel Spaß daran hatte seine Enke mit auszubilden und ihnen sein Wissen weiterzugeben.
"Ich habe eine ganze Weile gebraucht, bis ich mich damit arrangiert hatte. Erinnerst du dich an die Zeit, als ich mich geweigert habe Rob nach Aquitanien zu schicken? Das war der Grund. Aber als Richard mich aus dem Exil geholt und meine Familie zu mir gebracht hat, habe ich meine Meinung geändert und mich ihm angeschlossen."
Vielleicht war der Moment gar nicht so ungünstig. Richard war weit weg und in den langen Monaten, bis er zurückkehrte, würde sein Vater sich etwas beruhigt haben.
"Nun, da er hier aber nicht ist, stellt sich diese Problematik gar nicht, nicht? Beruhige dich etwas und bei Gelegenheit sprich selbst mit Bea. Sie kann dir diese Dinge besser erklären."

William stöhnte leise. "So lange schon?" fragte er ungläubig und schüttelte fassungslos den Kopf. "Arme Beatrice ... ich hätte das nie zulassen dürfen." murmelte William leise. Hätte er sowas auch nur geahnt, hätte er die ganze Welt in Bewegung gesetzt, um die Heirat seiner Tochter mit Richard zu verhindern oder wenigstens umgehend rückgängig zu machen.
Williams Blick glitt aus dem Fenster hinaus und mit einem Mal vermisste er Henry wieder so sehr, dass es ihm sogar körperlich weh tat. Wie hatte es geschehen können, dass seine Welt nun so in Trümmern vor ihm lag? Er hatte nichts für seinen König übrig, das einzige Gefühl, dass er momentan verspürte, war Hass ... und das riss ihn erst Recht in zwei, da er sein ganzes Leben lang fest daran geglaubt hatte, seinem König verpflichtet zu sein, ganz gleich ob er Henry hieß oder ob es irgendwann ein anderer sein würde. Es war seine Pflicht als Adliger, als Ritter, als Earl ... seine Treue seinem König und England gegenüber war der Grund für seine Existenz.
William musste sich zwingend Robert den Kopf wieder zuzuwenden, er fühlte sich wie gelähmt vor Schmerz. Traurig betrachtete er seinen Sohn und nickte dann langsam. "Vielleicht tue ich das irgendwann. Mit ihr darüber sprechen ..."

Robert nickte langsam. "So lange schon...", stimmte er bedauernd zu. "Ich weiß nicht wie, aber sie hat es hingenommen und wenn sie manchmal traurig darüber ist, lässt sie es kaum jemanden bemerken. Außer dir und mir und einem von Richards Rittern weiß kaum jemand davon. Und ich schätze, sie wird es vielleicht James gesagt haben. Mit ihm kann sie gut über solche Dinge sprechen. Jedenfalls hättest du es nicht verhindern können, Vater. Es kam erst nach einigen Jahren glücklicher Ehe, vorher gab es keinen Grund diese Ehe nicht zuzulassen. Niemand konnte das ahnen.", erklärte er eindringlich.
Robert spürte den Stimmungsumschwung seines Vaters und seufzte leise.
"Das würde euch Beiden sicher gut tun. Ich weiß, wie schwer all das für dich ist, Vater. Ich würde dir gern helfen, aber ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, wie ich das anstellen soll."

William schloss kurz die Augen. Die Vorstellung, wie unglücklich Beatrice mit dieser Sache sein musste, versetzte ihm einen Stich. Und er Dummkopf hatte nicht das geringste bemerkt in all den Jahren!
William betrachtete seinen Sohn und schüttelte leicht den Kopf. "Ich danke dir für deine Anteilnahme, aber du weißt nicht wirklich, wie es tatsächlich für mich ist und danke Gott dafür, dass es so ist." erwiderte William müde und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. "Ich ... muss über einiges nachdenken, Robert. Sei so gut und lass mich allein, ja?" bat er dann. Er musste seine Gedanken ordnen, seine Gefühle wieder in geordnete Bahnen zurück führen und all das konnte er nur, wenn er allein war.

Robert seufzte. "Nein, das weiß ich nicht und ich bin froh, dass ich es nie wissen werde." Und es bestätigte ihn darin, dass sein Vater noch lange Zeit nicht über diese Sache hinweg sein würde. Er brauchte Zeit.
"In Ordnung." Er erhob sich und drückte kurz die Schulter seines Vaters, ehe er sich endgültig abwandte.
"Grübel aber nicht zu lange. Beschäftige dich lieber ein wenig mit deinen Enkeln.", riet er und verließ daraufhin das Zimmer.
Er machte sich durchaus ein wenig Sorgen um seinen Vater, aber abnehmen konnte er ihm nichts. Dieser musste selbst den Weg finden damit zurecht zu kommen.

William nickte langsam. Ja, Robert konnte wirklich froh darüber sein. Andererseits baute sein Schmerz auf viele Jahre der innigen Freundschaft auf, die er zu Henry gepflegt hatte und das war eine ganz besondere Zeit gewesen, eine gute Zeit. Nur, dass sie jetzt so schmerzvoll ihr Ende gefunden hatte, konnte William nicht so recht verkraften.
"Kein schlechter Rat." erwiderte er und lächelte ein wenig matt. "Ich werde mich nachher um sie kümmern." sagte William zum einen, weil er es durchaus vor hatte, zum anderen aber vor allem, um Robert erst einmal etwas zu beruhigen.
Als die Tür hinter seinem Sohn ins Schloss fiel, vergrub William für einen schier endlosen Moment das Gesicht in den Händen und rang mit sich und seinen Gefühlen. Er wünschte, Gott würde ihm endlich klar zeigen, welcher Sinn hinter diesen Dingen stand.

Joanna arbeitete gerade an der Verzierung eines Hemdes für William, als Robert klopfte und schließlich eintrat. Sie schenkte ihrem Sohn ein Lächeln.
"Kommst du von deinem Vater?", fragte sie aufmerksam. Sie sah es gern, dass Robert und William sich nun in der gemeinsamen Zeit hier erneut angenähert hatten und eine innigere Beziehung hatten als je zuvor. So sollte es einfach sein.
"Er arbeitet wieder zu viel, oder? Den ganzen Tag verkriecht er sich in seinem Arbeitszimmer und kommt nict hevor, so viel kann es doch gar nicht zu tun geben, wo du ihm schon unter die Arme greifst mit dem Papierkram."

Die Sorge um seinen Vater wollte Robert nicht wirklich los lassen, also schlug er den Weg zu seiner Mutter ein. Vielleicht war es nicht schlecht, wenn diese Bescheid wusste und noch einmal nach ihm sah.
Robert klopfte an die Tür zu ihrem Gemach und wurde umgehend herein gebeten. Zu seiner Erleichterung war Joanna gerade allein, also würden sie ungestört sprechen können.
Robert nickte etwas betroffen und setzte sich zu ihr. "Ich war bei ihm, um ihm ein paar Neuigkeiten zu überbringen, die ein wenig ... naja, kompliziert sind." erklärte er und lächelte schief. Joanna würde er ebenso in Madeleines Schwangerschaft einweihen müssen und er war gespannt, wie sie im Vergleich zu ihrem Mann reagieren würde.
Nachdenklich schüttelte er den Kopf. "Er arbeitet viel, ja, aber er zieht sich nicht nur deshalb zurück, habe ich den Eindruck. Er trauert Henry immer noch nach und ..." Er hob ein wenig hilflos die Schultern. "Ich fürchte unser Gespräch gerade hat es noch schlimmer gemacht. Vater ist nicht sonderlich guter Stimmung, ich mache mir wirklich Sorgen um ihn."

Joanna legte den Kopf zur Seite und musterte ihren Sohn fragend. "Was für komplizierte Neuigkeiten hattest du denn zu überbringen, dass du glaubst, sie haben ihn ein wenig aus der Fassung gebracht?" Sie nickte langsam, etwas besorgt.
"Ja, er ist immer noch nicht ganz darüber hinweg. Es gibt immer Tage, die ihm mehr zu schaffen machen als Andere. Was hast du gesagt, dass du denkst, du hättest es schlimmer gemacht? Ich glaube nicht, dass du das getan hast. Aber ich werde gleich nach ihm sehen und ihn ein bisschen aus seinen düsteren Gedankengängen holen."
Darin hatte sie ja mittlerweile Übung.

Robert atmete durch. "Ich ... werde Großvater." erklärte er und stellte fest, dass er sich noch nicht wirklich daran gewöhnt hatte, es auszusprechen. Robert hob leicht die Schultern. "Eine der Mägde ist zu Josie gekommen und hat es ihr gebeichtet. Sie und Rob konnten sich immer gut leiden und offenbar hatte sie sich dann entschlossen ihm ... nun ja, eine Art Abschiedsgeschenk zu bereiten. Nur dass keiner der beiden wohl mit den Folgen gerechnet hatte. Jedenfalls ist sie nun schwanger und wird mich in einem halben Jahr zum Großvater machen und Rob ist unterwegs nach Jerusalem und hat nicht die geringste Ahnung."
Als Joanna nachhakte wurde Robert sichtlich unwohl zu Mute. Eigentlich sollte er Richards Geheimnis hüten, aber was blieb ihm schon anderes übrig? Er hatte seinen Vater eingeweiht und wenn er selbst es nun nicht auch Joanna sagte, würde sein Vater es ohne Zweifel sowieso tun.
"Wir haben ein bisschen geredet, über Rob und Madeleine und irgendwie kamen wir auf James. Vater hat mir von ihm und Alan erzählt und ich ... tja, mir ist etwas herausgerutscht bevor ich darüber nachdenken konnte. Es geht dabei um Richard, er - nun sagen wir, er und James würden sich erstaunlich gut verstehen in gewissen Dingen." Robert seufzte leise. "Und das waren Neuigkeiten, die Vater nun wahrlich nicht gut aufgenommen hat."

Joanna hob überrascht die Augenbrauen. "Du wirst was?", wiederholte sie ein wenig ungläubig. "Das...kommt überraschend. Herrje, ich fühle mich noch gar nicht alt genug um Urgroßmutter zu werden, das ist ja gruselig."
Sie brauchte einen kurzen Moment, dann machte sie eine wegwerfende Handbewegung. "Nun, sei es drum. Werden wir eben sehen, dass es meinem Urenkel an nichts mangelt, bis Rob zurückkehrt. Und wenn er zurück ist, werde ich ihm ein wenig die Ohren lang ziehen. Ich mag es nicht, wenn Männer sich die Mägde ins Bett holen."
Joanna runzelte die Stirn und lauschte etwas weiter. "Die Überraschungen nehmen heute gar kein Ende, was? Richard... Das erklärt nun so einiges. Ich habe mich immer gefragt, warum Beatrices Ehe kriselt und sie mir den Grund nicht sagen wollte. Kein Wunder, dass dein Vater das nicht gut aufgenommen hat, er ist ohnehin nicht gut auf Richard zu sprechen."

Robert grinste schief. "Ja, so haben wir wo bisher alle reagiert. Glaub mir, ich hätte auch noch so einige Jahre auf mein erstes Enkelkind warten können, so viel ist sicher. Aber du hast Recht, es ist nun passiert und wir werden uns gut um das Kind kümmern. Wenigstens scheint es mit den beiden kein solches Drama zu geben wie bei Josie und mir." bemerkte Robert und lachte leise. "Ich glaube in diesem Fall hat wohl eher die Magd sich den Mann ins Bett geholt. Rob war in diesen Dingen bisher ja doch immer sehr zurückhaltend." Und Robert konnte sich gut vorstellen, dass Madeleine durchaus hatte erfinderisch werden müssen.
"Hm. Es ist nicht gerade ihr Lieblingsthema, so viel steht fest." Robert seufzte leise. "Er war außer sich ... ich glaube, es ist wirklich gut, dass er es jetzt erfahren hat wo Richard weit weg ist und es noch lange bleiben wird. Andernfalls hätte Vater sich zweifelsohne ins Unglück gestürzt."

"Nun, das sind doch wenigstens positive Aussichten. Eine standesgemäße Ehe wäre mir für Rob in jedem Fall lieber, das würde so Vieles einfacher machen. Aber erst muss er einmal zurückkommen und sich dann mit seinem Kind auseinander setzen. Wenn ihr Hilfe benötigt, sagt es mir, ich helfe euch gern, soweit ich das kann.", erwiderte Joanna entgegenkommend.
"Aber ja, vermutlich hast du Recht und Rob war nicht der Drahtzieher dieser Geschichte. Er ist doch eher schüchtern den Damen gegenüber."
Sie strich sich eine Strähne hinter das Ohr und erhob sich dann. "Das ist es, darauf kannst du wetten. Nicht einmal ich hätte ihn sonst davon abhalten können nach London zu reisen und Richard an die Kehle zu gehen. Jetzt hat er Monate Zeit sich damit abzufinden und mit Beatrice zu sprechen. Aber ich werde nach ihm sehen, bevor er ganz in Schwermut versinkt."