William und Joanna ~ 1178

William wurde in Henrys Gemach gelassen und trat mit einem Lächeln auf seinen Cousin zu, schloss ihn in die Arme und klopfte ihm kurz auf den Rücken. "Wie gut Euch wieder zu sehen, mein König." begrüßte er ihn grinsend und gab Henry dann wieder frei, trat einen Schritt zurück, um sich dann an den Tisch zu setzen, an dem Henry bis zu seinem Eintreten noch gearbeitet hatte.
Ein Diener brachte für sie beide neue Becher mit Wein und William hob Henry seinen Becher entgegen. "Zum Wohl." er genehmigte sich einen tiefen Schluck, ehe er sich in seinem Stuhl zurück lehnte und seinen Cousin aufmerksam ansah. "Nun, dann bring mich einmal auf den neuesten Stand. Was gibt es wichtiges zu wissen?" fragte er neugierig.

Henry erwiderte mit einem zufriedenen Grinsen die Umarmung seines Cousins und ließ sich dann auch wieder auf seinen Stuhl sinken. Dankbar nahm er den Wein entgegen und prostete William ebenfalls zu. "Zum Wohl..." Er nahm einen Schluck, genoss das fruchtige Aroma des Weins und überdachte währenddessen seine Antwort auf Williams Frage. Das war nicht ganz so einfach...
"Nicht sehr viel. Sie waren alle verdächtig ruhig in letzter Zeit. Außer Roger of Norfolk. Hast du mitbekommen, dass sein Vater gestorben ist? Jedenfalls ist er hier und macht nur Ärger, mir wäre lieber, er wäre in seiner Grafschaft geblieben. Ida ist auch wieder hier und ist überglücklich William wieder zu sehen. Und mich auch."

William nippte an seinem Wein und nickte langsam. "Habe ich. Hug Bigod war ein Dummkopf, der sein Fähnchen gerne nach dem Wind gehängt hat, aber ich weiß nicht, ob ich mich darüber freuen soll, dass sein Sohn nun Earl geworden ist." erwiderte William finster. Roger Bigod war und blieb für ihn ein rotes Tuch.
Bei Henrys nächsten Worten spannte er sich jedoch unwillkürlich an und lehnte sich etwas vor. "Er ist hier?" fragte er ein wenig überrascht und knirschte leicht mit den Zähnen. Dieser Bengel sollte ihm ruhig unter die Augen kommen ... "Wenn er hier ist ... du hast nicht zufällig irgendetwas von meiner Tochter gehört?" fragte William schließlich. Er konnte einfach nicht anders, er konnte noch so sehr versuchen zu tun als wäre Elizabeth ihm egal, aber so war es letztlich einfach nicht. Sie war und blieb seine Tochter.
Dann zog William die Augenbrauen in die Höhe. "Sie freut sich dich zu sehen? Ich dachte, sie würde dir übel nehmen, dass du sie weg geschickt hast?"

"Ja, aber im Grunde kein schlechter Kerl. Ich habe schon darüber nachgedacht seinem Sohn das Lehen zu entziehen. Dieser Kerl ist nun wahrlich eine Pest und die Unverschämtheit in Person."
Henry hob die Augenbrauen, als William nach seiner Tochter fragte, war im Grunde aber nicht sonderlich überrascht. Es war klar gewesen, dass William sich von seiner Tochter nicht abwenden konnte.
"Stell dir vor, das habe ich. Dein lasterhaftes Töchterchen ist nämlich ebenfalls hier. Der werte Roger Bigod besaß nämlich die Unverschämtheit, seine Frau und seine Mätresse mitzubringen. Das wirft kein gutes Licht auf Ida und es verletzt sie doch ziemlich. Eigentlich hatte sie nämlich auf ein normales Familienleben gehofft, deshalb hatte ich sie auch eigentlich weg geschickt. Aber deine Tochter ist der Grund, warum Ida sich letztlich doch freut mich zu sehen. Sie war ziemlich sauer auf mich, aber ich bin für sie der einzige Weg aus ihrer persönlichen Hölle. Roger behandelt sie wegen Elizabeth wie Dreck und mit Missachtung. Das war nicht so ausgemacht. Ida ist verzweifelt. Ich werde dafür sorgen, dass die Ehe annulliert wird, aber bevor du etwas sagst, das bedeutet nicht, dass er deine Tochter heiraten kann. Dazu braucht er meine Zustimmung und die werde ich nur geben, wenn Ida auch einverstanden ist. Und im Moment ist sie das noch nicht..."

William rieb sich kurz nachdenklich das Kinn. "Das ist er zweifellos, aber wenn du ihm jetzt sein Lehen entziehst, wirst du damit für Aufruhr im ganzen Land sorgen. Die Lords werden sich Sorgen machen, dass ihre Titel und Ländereien nicht mehr wie sonst an ihre Söhne weiter vererbt werden ... bevor du zu so einer Maßnahme greifst, muss er sich wirklich etwas ernsthaftes zu Schulden kommen lassen. Eine Anklage, die Bestand hat, sonst wirklich dein Handeln zu willkürlich, so gerne ich Bigod selbst gern aus dem Weg hätte." erinnerte William seinen Cousin unbehaglich.
Dein lasterhaftes Töchterchen ist nämlich ebenfalls hier.
William zuckte bei Henrys Worten merklich zusammen. "Sie ist hier?" fragte er verblüfft, denn das war nun wirklich das letzte was er erwartet hatte. Er schluckte leicht, wenn Elizabeth hier war, würden sie sich früher oder später begegnen und William war sich noch nicht sicher, ob er das tatsächlich wollte.
Dann zog William eine Augenbraue in die Höhe. "So so und du hilfst Ida sicher völlig uneigennützig?" erkundigte er sich und fuhr sich durch die dunklen Haare. "Ich weiß gar nicht, ob ich will, dass er sie heiratet." grollte William. "Natürlich wünsche ich mir für sie eine anständige Ehe, aber Bigod ist niemand, den ich mir aufrichtig zum Schwiegersohn wünsche ..."

"Ja, du hast recht. Aber ich glaube, ich werde nicht allzu lange warten müssen, bis er sich wirklich etwas zu schulden kommen lässt, so wie er sich benimmt. Nun denn...wir werden sehen. Wichtig ist erst einmal, dass ich Ida von ihm befreien kann." Henry nickte langsam.
"Sie ist hier.", bestätigte er. "Sie hat ihn her begleitet und das ist nun wirklich der Gipfel." Henry grinste William an.
"Nicht völlig, nein. Aber ich habe ihr meine Hilfe zugesagt, bevor irgendetwas zwischen uns war, wenn du es vielleicht auch nicht glauben wirst. Abgesehen davon ist sie mir nicht egal. Sie hat mir über eine schwere Zeit hinweg geholfen und mir einen wunderbaren Sohn geschenkt. Ich will sie also nicht unglücklich sehen, deshalb helfe ich ihr. Allerdings hat das den angenehmen Nebeneffekt, dass sie hier bleiben will. Und nur zu gerne wärmt sie mir nachts wieder das Bett. Von sich aus..."
Henry beugte sich vor und klopfte William auf die Schulter.
"Das kann ich nun wirklich verstehen. Wer will den Kerl schon in der Familie?"

William schnitt eine Grimasse. Er hatte seine Tochter wirklich nicht für so unvernünftig gehalten, dass sie hier her kommen würde. Andererseits ... sie war Bigod hinterher gelaufen und wärmte diesem Emporkömmling das Bett; auch etwas, das er von Elizabeth nicht erwartet hatte, wieso wunderte er sich dann überhaupt noch.
"Natürlich nicht. Aber ich hoffe doch, dass du es noch nicht allzu sehr herum posaunst, dass du Ida wieder in dein Bett geholt hast? Immerhin ist sie noch verheiratet und das mit einem deiner Earls. Das solltest du nach Möglichkeit noch geheim halten." erinnerte William ihn mit spöttischem Unterton. Es wunderte ihn nicht, dass Henry Ida nicht von der Bettkante gestoßen hatte. "Aber es ehrt dich, dass du ihr trotz allem schon vorher deine Hilfe angeboten hast, ich bin beeindruckt."
Als Henry ihm auf die Schulter klopfte, verzog William das Gesicht. "Hör bloß auf ..." grollte er verdrossen. Wenn er Joanna von dieser Sache erzählen würde, würde er sich zweifellos einiges anhören müssen.

Henry schüttelte den Kopf. "Was denkst du von mir?", fragte er entrüstet."Wir sind sehr diskret, es weiß niemand davon. Aber ich muss sagen, ich bin ausgesprochen froh, dass sie wieder hier ist. Irgendwie habe ich sie doch vermisst. und William auch...Der Kleine wird sich freuen seine Mutter zurück zu bekommen."
Er seufzte leise.
"Was willst du nun tun? Wirst du deine Tochter suchen gehen? Oder hoffen, dass ihr euch nicht über den Weg lauft?"
Henry trank noch einen Schluck Wein. "Ich weiß nicht, was aus ihr werden soll, William. Wie konnte sie sich nur auf diesen Kerl einlassen?"

William nickte langsam. "Gut, ich wollte nur sicher gehen. Bei dir weiß man ja nie ..." bemerkte William mit leichtem Grinsen. Dann wurde er wieder ernst. "Für den Jungen ist es sicher gut, dass sie wieder hier ist."
Einen Moment lang zögerte William, dann schüttelte er den Kopf. "Ich denke nicht. Wir haben uns im Unfrieden getrennt und sie hat sich entschieden ... daran wird sich nichts geändert haben, ich wüsste also nicht, weshalb ich sie suchen soll. Wenn wir uns über den Weg laufen, dann soll es so sein, wenn nicht, dann nicht." erwiderte William bedächtig. Dann legte er die Stirn in Falten. "Ich weiß es auch nicht, Henry. Ich weiß nicht, was ich noch tun soll ... Anfangs erschien mir Bigod wie ein vernünftiger Mann, aber mittlerweile ..." William schüttelte den Kopf.

Henry erwiderte das Grinsen. "Na gut, da hast du recht. Aber ich bin nicht mehr so schlimm wie früher. Sogar ich habe Diskretion gelernt in all den Jahren. Wir werden sehen, was daraus wird. Aber William braucht seine Mutter vielleicht doch noch. Vor allem aber braucht Ida den Jungen. Sie war todunglücklich, als sie her kam. So habe ich sie noch nie gesehen, nicht einmal, als ich sie weggeschickt habe. Sie war so mitgenommen...Sie hat wirklich gelitten und das wollte ich nun wirklich nicht. Ich wollte, dass sie eine normale Familie haben kann, wie sie es sich wünscht."
Henry seufzte leise. "Nein, geändert hat sich wohl nichts. Nun, abwarten. Du wirst sehen, was passiert. Entweder du siehst sie oder eben nicht. Und ich glaube, du kannst nichts tun. Diese Dinge liegen nicht mehr in deiner Hand."

William hatte noch lange bei Henry gesessen und sie hatten über dieses und jenes gesprochen und dabei einen Krug Wein geleert. Nun war die Stunde schon etwas voran geschritten und er wollte zurück zu Joanna, ihr berichten, was er von Henry gehört hatte und wie es um Elizabeth zu stehen schien.
William war vollkommen in Gedanken als er um die nächste Ecke bog - und ruckartig stehen blieb. Er hatte eine Tür ins Schloss fallen hören, als er die Ecke erreicht hatte und starrte nun auf den Rücken einer ihm nur allzu bekannten Person und das schnürte ihm das Herz zusammen.
Er zögerte nur einen Augenblick, dann machte er einen langsamen Schritt nach vorne. "Elizabeth." sprach er seine Tochter an, die gerade dabei war sich von ihm zu entfernen und ihn offensichtlich noch nicht bemerkt hatte.
Also hatte Gott doch gewollt, dass er seiner Tochter begegnete. Nur wusste William noch nicht wieso und vor allem, wie er mit ihr umgehen sollte.

Elizabeth

Elizabeth fühlte sich unwohl hier am Hof. Sie konnte das Zimmer kaum verlassen, war die meiste Zeit allein und die fortschreitende Schwangerschaft machte ihr zu schaffen. Aber eine Reise kam nicht mehr in Frage, das Kind konnte sich jederzeit ankündigen und es wäre viel zu beschwerlich gewesen.
Heute Abend hatte sie nur kurz hinaus in den Garten gewollt um ein wenig frische Luft zu schnappen. Sie bemerkte die Schritte hinter sich nicht.
Erst als eine wohlbekannte Stimme sie ansprach, erstarrte sie in der Bewegung. Erschrocken legte sie die Hand schützend auf ihren gerundeten Leib, ehe sie sich umwandte.
"Papa...", sagte sie mit brüchiger Stimme.
Warum war er hier?

William hatte mit einigem gerechnet, aber nicht mit dem Anblick, der sich ihm nun bot. Wieso er diese Möglichkeit verdrängt hatte, war ihm selbst nicht klar, war sie doch im Grunde eine logische Konsequenz, trotzdem hatte er nicht einmal darüber nachdenken wollen.
Dementsprechend verschlug es ihm vollkommen die Sprache, als Elizabeth sich herum drehte, die Hand auf ihren runden Leib gelegt, der keinen Zweifel daran ließ, dass sie bald Bigods Kind zur Welt bringen würde.
William schluckte schwer, zögerte und machte noch einen Schritt auf sie zu. Sein Blick glitt unruhig von dem runden Bauch seiner Tochter zu ihrem Gesicht und wieder zurück.
"Henry sagte mir, dass du hier bist." begann er zögerlich. "Wie ... wie geht es dir?" fragte William schließlich und musste sich zusammen reißen, um seine Gedanken und Gefühle allmählich zu ordnen.

Elizabeth

Der Blick ihres Vaters sprach bereits Bände, doch offenbar hatte er damit wirklich nicht gerechnet. Elizabeth schluckte schwer und ihre Augen füllten sich mit Tränen, die sie mühsam versuchte wegzublinzeln. Sie konnte doch jetzt nicht weinen wie ein kleines Mädchen.
Doch sie hatten ihren Vater so vermisst, ebenso wie ihre Mutter. "Ich...ich weiß nicht. Es ging schonmal besser.", bemerkte sie leise, unsicher, wie sie mit ihm umgehen sollte, nachdem sie sich beim letzten Treffen so gestritten hatten.
"Ist Zuhause alles in Ordnung?"

Williams Augen verengten sich eine Spur. "Ich hoffe doch stark, dass er dich gut behandelt?" fragte er eine Spur schärfer. Sollte Bigod Schuld daran sein, dass es Elizabeth nicht gut ging, würde er ihn in der Luft zerreißen.
Es schmerzte ihn seine Tochter so vor sich zu sehen, mit Tränen in den Augen, aber William konnte nicht einfach auf sie zu gehen und sie in die Arme schließen. Diese Zeiten waren vorbei. Elizabeth hatte ihren Standpunkt klar gemacht und sich gegen ihn gewandt, das konnte er nicht einfach so beiseite schieben.
William atmete leise aus und nickte. "Ja, alles in Ordnung. James und Edward sind gerade da. Und Beatrice kommt mit ihrer Familie im Winter, so dass Weihnachten einmal wieder alle zusammen sind ... nun ... fast alle." Nur Elizabeth würde fehlen und William kam nicht umhin, diesen Umstand zu bedauern.

Elizabeth

Elizabeth lächelte wehmütig. "Natürlich tut er das. Er tut, was er kann..." Sie seufzte leise. "Aber ich bin eben...ziemlich einsam hier. Und Ida wird mich ihn nie heiraten lassen, auch wenn er frei ist. Außerdem ist eine Schwangerschaft kein Zuckerschlecken."
Sie senkte den Kopf.
"Ich vermisse euch sehr. Aber ich kann nicht zurück...Und Weihnachten...ich.ich wäre gern bei euch, so ist es nicht. Aber nur, wenn wir alle willkommen sind."
Ohne Roger und das Kind würde sie nicht kommen. "Aber schön, dass es allen gut geht."

William knirschte mit den Zähnen, sparte sich jedoch einen Kommentar zu Roger Bigod, damit würden sie auch nicht weiter kommen. "Du solltest deine Mutter besuchen und mit ihr sprechen, sie wird dir sicher beistehen, wenn es soweit ist. Sofern du das überhaupt willst." entgegnete William.
Dann jedoch verfinsterte sich Williams Miene deutlich. "Ich werde diesen Kerl nicht unter meinem Dach dulden." knurrte er zornig und schüttelte den Kopf. "Du und dein Kind seid mir jederzeit herzlich willkommen, du weißt, wie gerne ich dich bei uns hätte, aber dieser Kerl wird keinen Fuß auf mein Grund und Boden setzten."
Das würde nur Unfrieden geben und er wollte sich das Weihnachtsfest nicht von so einem Mistkerl verderben lassen.

Elizabeth

Elizabeth nickte langsam. "Das werde ich tun, ich habe mich oft danach gesehnt sie Dinge zu fragen. Ich habe gehofft, ich könnte mich ihr anvertrauen. Wenn du meinst, sie wird mir helfen...trotz allem. Und natürlich will ich das. Auch wenn wir gestritten haben, ich hab euch doch trotzdem lieb."
Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper und sah zur Seite. "Ich wünschte, du würdest ihm eine Chance geben. Er hat sich das doch auch nicht ausgesucht. Und es war meine Entscheidung. Wirst du ihn auch nicht dulden, wenn wir verheiratet sind? Sobald Ida zustimmt, wird er mich heiraten..."
Aber immerhin hatte sie noch ein Zuhause, wo sie hingehen konnte, wenn etwas schief lief.

William nickte. "Das wird sie. Immerhin haben wir Beide gestritten und nicht deine Mutter und du." entgegnete er.
Dann schnaubte er verächtlich. "Er hatte seine Chance und hat sie verspielt. Und bis ihr die Erlaubnis zum Heiraten habt und er es auch tatsächlich tut, wird noch viel Wasser die Themse hinunter fließen. Er wollte dich schon einmal heiraten und hat es nicht getan, ich traue es ihm auch ein zweites Mal zu. Zumal er es ja so auch furchtbar bequem hat, nicht wahr? Oder hat er schon irgendetwas unternommen, um ein Einverständnis zu erwirken?" fragte William hart.
"Elizabeth, du bist meine Tochter und du wirst mein Enkelkind zur Welt bringen, ihr beide seid jederzeit gerne zu Hause gesehen, aber erwarte nicht, dass ich deinen Liebhaber, diesen Hurenbock, mit offenen Armen empfange."

Elizabeth

Elizabeth lächelte leicht. "Das freut mich." Und sie war wirklich erleichtert. Wenn ihre Mutter ihr beistehen würde, wäre sie immerhin nicht ganz allein unter Fremden, wenn das Kind kam. Sie fürchtete sich schon ein wenig vor der Geburt, aber bis auf Ida hatte sie sich nie jemandem anvertrauen können. Roger war ein Mann, der verstand solche Dinge nicht.
"Aber er weiß, dass er einen Fehler gemacht hat und Henry hat ihn unter Druck gesetzt, dass er Ida heiratet. Wir werden es schon hinbekommen mit der Hochzeit. Ida ist nur so niederträchtig und wird ihn zappeln lassen, egal, was er dafür tut. Aber wenn das vorbei ist, wird er mich heiraten. Da bin ich mehr als sicher. Er wird es nicht wieder tun, auch wenn es bequemer wäre. Er liebt mich wirklich und er hat sehr wohl schon etwas unternommen. Er hat versucht mit Ida zu reden, aber er muss sich öffentlich entschuldigen. Die Gelegenheit war noch nicht da, er weiß es erst ein paar Tage." Elizabeth schaute ihren Vater flehend an. "Darüber freue ich mich auch sehr. Aber wenn er mich heiratet...wirst du deine Meinung dann ändern?" Sie wollte sich nicht für immer zwischen Roger und ihren Eltern entscheiden müssen. "Nenn ihn nicht so..."

"Nur begeht er weiterhin einen Fehler nach dem anderen. Dass er Ida geheiratet hat, ist eine Sache, eine ganz andere, dich als Mätresse zu nehmen. Und dass er dich auch noch entehrt und die Dreistigkeit besitzt, dich mit an den Hof zu bringen ... ich frage mich, ob der Bengel auch nur einen Funken Verstand besitzt. Dich hier her zu bringen war wirklich dumm." entgegnete William und schüttelte den Kopf. "Du nennst Ida niederträchtig, aber selbst hattest du keine Skrupel ihre Ehe zu zerstören? Du solltest anfangen nicht mehr mit zweierlei Maß zu messen, Elizabeth. Wundert es dich wirklich, dass sie so reagiert? Wie würdest du dich an ihrer Stelle wohl fühlen, wenn man dich so schamlos bloßstellt?"
William atmete leise aus. "Das sehen wir dann, wenn er tatsächlich verheiratet seid. Ich vergebe meine Zuneigung nicht willkürlich, Elizabeth. Wenn er eine zweite Chance will, muss er sie sich verdienen und das tut er nicht indem er dich heiratet, dazu gehört mehr." Seine Augen blitzten leicht auf. "Ich nenne ihn so, weil es genau das ist, was er ist." gab William scharf zurück.

Elizabeth

"Aber ich wollte mitkommen. Was hätte ich denn ganz alleine in Norfolk gesollt? Er hatte keinerlei Wahl. Außerdem messe ich nicht mit zweierlei Maß! Ihre Ehe war doch vorher schon kaputt. Ich würde mich nicht gut fühlen, ja, aber sie liebt Roger nicht - im Gegensatz zu mir. Und das weiß sie auch. Außerdem ist sie eigentlich meine Freundin, deshalb finde ich es ziemlich gemein mich so zu bestrafen, obwohl sie eigentlich Roger treffen möchte. Das hat mit bloß stellen nichts zu tun."
Elizabeth nickte langsam, traurig. "In Ordnung..." Vielleicht würde Roger es ja schaffen. Wenn sie erst einmal verheiratet waren, würde alles gut werden.

William schüttelte den Kopf. "Dann seid ihr beide unfassbar töricht." bemerkte er trocken. Aber wieso überraschte ihn das überhaupt noch?
William hob eine Augenbraue. "Natürlich tust du das. In deinen Augen ist es in Ordnung, was du getan hast, aber Idas Handeln ist deinem gar nicht so unähnlich und sie verachtest du dafür. Denk einmal in Ruhe darüber nach, dann wirst du das vielleicht begreifen." entgegnete William. "Als ich das erste Mal geheiratet habe, habe ich das auch nicht aus Liebe getan und dennoch ist es eine gute Ehe geworden. Ida wird sich genau das versprochen haben, dass es wenigstens eine erträgliche Ehe wird, aber durch dein Auftreten hast du ihr diese Chance genommen und sie vor den Augen der Welt bloß gestellt, da Roger sie nun deinetwegen verlassen hat."
William fuhr sich verärgert durch die dunklen Haare und trat dann nach kurzem Zögern doch auf seine Tochter zu, legte ihr kurz die Hand an die Wange. "Du weißt, dass ich dich liebe, Kind. Aber alles hat seine Grenzen, irgendwann kann ich auch nicht mehr beide Augen zudrücken, Lizzy." murmelte er sanft.

Elizabeth

"Ich sage nicht, dass es in Ordnung ist, was ich getan habe.", protestierte Elizabeth leise. "Um ihretwillen tut es mir leid, sie hat das nicht verdient, aber ich kann einfach nicht anders. Du müsstest doch wissen, wie das ist. Und Mama weiß es auch. Ich verachte Ida nicht, denn sie ist meine Freundin, aber ich bin trotzdem böse auf sie, zumindest jetzt. Weil sie Roger lange, lange zappeln lassen wird, auch wenn sie wieder frei ist. Die Annullierung der Ehe ist das, was alle Beteiligten wollten. Jetzt ist es bald soweit und dann ist trotzdem nicht alles gut. Wegen Ida...Aber es ist ja auch egal, alles jammern wird nichts daran ändern."
Eine erträgliche Ehe wäre es sicher auch ohne sie nicht geworden...
Dennoch war Lizzy erleichtert, als ihr Vater auf sie zu trat und die Hand an ihre Wange legte. Er hasste sie also doch nicht, das war ihre große Angst gewesen. Sie liebte ihren Vater doch so sehr.
"Ich weiß..ich dich auch. Und vielleicht kannst du irgendwann übr deinen Schatten springen und ihn wenigstens dulden. Ich verlange gar nicht, dass du ihn sonderlich magst. Aber vielleicht, wenn ein wenig Zeit vergeht..."

"Natürlich wissen wir das, aber wenn ich dich daran erinnern darf, haben wir beide zunächst getan, was unumgänglich war und erst im Anschluss haben wir zu einander finden können." William seufzte leise. "Aber lass uns nicht darüber streiten, ich bin es Leid." murmelte er.
Dann schürzte William leicht die Lippen. "Wenn ein wenig Zeit vergangen ist ... und er sich bewiesen hat, vielleicht. Aber dafür wird er einiges tun müssen." entgegnete William und strich seiner Tochter über die Wange. "Und du willst Weihnachten wirklich nicht nach Hause kommen? Ich würde mich freuen, dich und meinen Enkel wenigstens für das Weihnachtsfest zu Hause zu haben." fragte William mit leiser sanfter Stimme. "Du glaubst gar nicht, wie sehr du mir fehlst, mein kleiner Wirbelwind."