William und Joanna - ca. 1186 - ?

Edward ließ sich Helene gegenüber nieder und seufzte leise. "Und wieso bist du damit nicht erst einmal zu mir gekommen? Wir hätten über die Änderungen sprechen können und dann hätte Hanna sie auch nicht abgewiesen." erwiderte er langsam. Es behagte ihm nicht, dass die beiden Frauen sich so wenig leiden konnten und er hatte immer das Gefühl zwischen den Stühlen zu stehen.
"Aber darüber hinaus solltest du keine Drohungen aussprechen, die du nicht wahr machen kannst. Das stärkt deine Position auch nicht gerade. Du weißt genau, dass ich Hanna nicht entlassen werde, sie arbeitet schon seit Jahren hier und hat ihre Arbeit zudem immer gut gemacht. Darüber hinaus haben die Kinder sie sehr gern." entgegnete Edward. Er wusste, dass Hanna wohl immer ein Streitthema bleiben würde, sollte diese ihr Verhalten nicht gründlich ändern und er nahm sich fest vor, morgen noch einmal ausgiebig mit ihr zu sprechen. Er wollte sie gerne hier behalten, aber irgendwie mussten die beiden Frauen sich miteinander arrangieren.

Helene

"Weil ich das eigentlich nicht tun müssen sollte. Weil meine Aufgabe ist den Haushalt zu führen und zu verwalten. Was sonst sollte ich tun? Dieser Aufgabe wollte ich nachkommen, sonst nichts. Ich muss dich doch nicht mit allem belämmern. Sie arbeitet seit Jahren hier, ja. Aber in letzter Zeit ist sie immernurdarauf aus mich dumm da stehen zu lassen." Helene seufzte ein wenig genervt. "Und warum sollte ich die Drohung nicht wahr machen können? Ich bin immer noch die Hausherrin, oder nicht? Wenn ich sie nicht rauswerfen kann, was für eine Autorität gestehst du mir dann überhaupt zu? Warum sollten sie mich respektieren, wenn ich keine Handhabe habe? Du beschränkst immer mehr meine Befugnisse, Edward. Du erwartest von mir dir eine gute Ehefrau zu sein, aber du lässt mich nicht. Du hast doch nicht nur eine Frau, damit sie dir das Bett wärmt..."
Manchmal aber kam sie sich genau so vor.

"Ich beschränke deine Befugnisse nicht. Ich ging eigentlich davon aus, dass von Anfang an klar war, dass ich nicht will, dass du ohne Rücksprache mit mir Bedienstete entlässt, die hier schon seit Jahren zuverlässig arbeiten." entgegnete Edward und spürte, wie seine Gereiztheit zunahm. Helene verstand es immer noch vortrefflich ihn in den Wahnsinn zu treiben.
"Ich weiß nicht genau, was Euer Problem ist, aber das muss wirklich aufhören. Nimm sie doch einfach so wie sie ist, ist das wirklich so schwer für dich? Du weißt genau, dass ich sie nicht mehr anfasse, weshalb zum Teufel bist du dann immer noch so eifersüchtig auf sie, dass du es jedes Mal auf einen neuen Streit ankommen lässt?"

Helene

"Ich hatte ja nicht vor sie gleich auf die Straße zu setzen. Aber irgendeine Handhabe muss ich doch haben, wenn es auch nur eine Drohung ist. Irgendwie muss ich doch klar machen, dass ich Lady Oxford bin und sie nur eine Haushälterin."
Helene verschränkte die Arme vor der Brust. "Warum ergreifst du immer nur Partei für sie? Immer bin ich es, die etwas falsch gemacht hat, obwohl ich nur versuche meinen Pflichten nachzukommen. Ich bin nicht eifersüchtig auf sie. Aber sie behandelt mich wie ein dummes, kleines Mädchen und nicht wie ihre Herrin! Ich habe es satt, dass sie so mit mir umspringt. Aber natürlich, ihr hältst du keine Predigten. Du entschuldigst dich wahrscheinlich noch bei ihr."
Und das verletzte sie doch ziemlich. "Eigentlich solltest du mich verteidigen, nicht sie."

Edward schüttelte den Kopf. "Ihr beide macht etwas falsch. Aber gerade du, die doch so auf ihre Stellung und Autorität pocht, solltest über diesen Dingen stehen und mit unserer Haushälterin keinen Kleinkrieg anfangen. Du sagst du bist nicht eifersüchtig? Wie kommt es dann, dass du ausgerechnet immer an Hanna gerätst mit solchen Dingen? Ich glaube sehr wohl, dass du eifersüchtig bist. Du kannst sie nicht leiden, weil sie sich auf mich eingelassen hatte, das ist es doch, worum es eigentlich geht, oder?" hakte Edward verstimmt nach.
Er verengte leicht die Augen. "Woher willst du wissen, ob ich ihr keine Predigt halte, hm? Du warst schließlich noch nie dabei, wenn ich mit ihr gesprochen habe." Edward atmete geräuschvoll aus. "Dieses Problem muss endlich aus der Welt, Helene. Ich bin es Leid immer solche Klagen zu hören."

Helene

Helene wehrte ab. "Das ist nicht wahr! Ich bin nicht eifersüchtig! Ich würde die Sachen ja auch mit ihr allein klären, aber sie rennt ja immer gleich zu dir." Und ohne, dass sie es verhindern konnte, brach sie entgegen ihrer sonstigen Art ob Edwards recht barscher Antwort in Tränen aus. Immer war sie an allem Schuld. Sie kam gar nicht gegen dieses Weibsstück an.
"Was soll ich denn machen? Mir alles gefallen lassen?", schluchzte sie auf. "Immer bin ich diejenige, die alles falsch macht. Das ist ungerecht."
Und irgendwie wurde alles für einen Moment zu viel. Sie gab sich doch wirklich Mühe, aber niemand wusste es zu schätzen.

Edward hatte bereits eine bissige Erwiderung auf der Zunge als Helene vollkommen unerwartet in Tränen ausbrach. Da sie schon so häufig gestritten hatten, wusste Edward eigentlich genau, wie sie reagierte, aber das hier war nun ganz neu und brachte ihn reichlich aus dem Konzept. Er starrte Helene einen Moment lang sprachlos an und spürte, wie sein Ärger verrauchte.
Unbehaglich trat er zu ihr und berührte sie leicht am Ellenbogen. "Nun nun ... jetzt wein doch nicht gleich." murmelte er etwas unsicher und rieb sich mit der freien Hand über den Nacken. "Herrje, ich habs ja nicht so gemeint." Edward war nun nicht unbedingt der feinfühligste Mensch der Welt und dessen war er sich sehr wohl bewusst. Umso unwohler fühlte er sich jetzt gerade in seiner Haut, weil er keine Ahnung hatte, was er nun am besten tun sollte.

Helene

Erstaunlicherweise schien Edward mehr als verunsichert von ihren Tränen zu sein und wusste nicht wirklich damit umzugehen. Nun, das wusste sie auch nicht, denn sie hatte keine Ahnung, warum sie nun plötzlich in Tränen ausgebrochen war. Normalerweise war sie doch auch nie um eine bissige Antwort verlegen und aus ihren Streitigkeiten ging kaum je ein Sieger hervor.
Sie schaute unsicher zu ihm auf und versuchte sich die Tränen von der Wange zu wischen. Warum nur hatte er sie diesmal so aus dem Konzept gebracht? Er war schon viel grober gewesen und da hatte sie es einfach abgetan.
"Natürlich hast du es so gemeint...", sagte sie leise. "Du meinst immer, dass es meine Schuld ist." Und trotzdem war das eigentlich kein Grund zu weinen. Sie verstand sich wirklich selbst nicht mehr. "Tut mir leid..." Es musste dieser ständige Streit sein, der ihre Nerven blank liegen ließ.

Edward fuhr sich unbehaglich über das Kinn. "Nun, ich ... vermutlich hast du Recht. Ich sollte in dieser Sache mehr hinter dir stehen." murmelte Edward. "Ich ... ich werde mit Hanna sprechen und ihr klar machen, dass sie sich dir gegenüber gefälligst zusammen reißen soll. In Ordnung?"
Edward biss sich kurz auf die Unterlippe, dann strich er Helene über die tränenfeuchte Wange. "Nun ist ja gut ... dir hat es nicht leid zu tun. Ich bin derjenige, der sich entschuldigen muss." räumte er schließlich ein. Er konnte mit diesem Gefühlsausbruch bei weitem nicht so gut umgehen, wie mit ihrer Wut und deshalb gab er auch so schnell nach und war bemüht sie zu beruhigen.

Helene

Helene hatte einen recht leichten Schlaf und so wurde sie in dieser Nacht sofort geweckt, als etwas anders war als sonst. Edward war normalerweise ein recht ruhiger Schläfer, aber dieses Mal wälzte er sich unruhig hin und her. Ein leises Stöhnen hatte sie aus dem Schlaf geholt und sie beugte sich besorgt zu ihm hinüber. "Edward?", flüsterte sie ins Halbdunkel.
Edward schwitzte und schien ganz offensichtlich in einem Albtraum gefangen zu sein. Helene biss sich auf die Unterlippe und überlegte fieberhaft, was sie tun sollte. Schließlich beschloss sie, wenigstens zu versuchen ihn zu beruhigen.
Sanft strich sie über seine Schulter und dann über seine Schläfe. "Sch, sch...alles ist gut. Ganz ruhig. Es ist nur ein Traum und niemand tut dir etwas." Ob er sie überhaupt wahr nahm? Ob es etwas half?

Dieser Streit mit Helene am Nachmittag hatte Edward noch den restlichen Tag über beschäftigt und selbst beim Einschlafen waren seine Gedanken noch immer darum gekreist. Vielleicht war das auch der Grund weshalb ausgerechnet heute Nacht seit langem einmal wieder seine Albträume zurück kehrten. Seit seiner Kindheit litt er immer wieder darunter, wachte häufig mitten in der Nacht schweißgebadet und mit einem beklemmenden Gefühl in der Brust auf. Allerdings geschah das unter normalen Umständen nur, wenn er alleine im Bett schlief, wenn er das Bett mit einer Frau teilte, und sei es nur eine einfache Dirne gewesen, hatten ihn die Albträume eigentlich immer verschont.
Heute Nacht sorgten sie jedoch dafür, dass er unruhig wurde, dass die Angst zurück kehrte und ihn um die wohlverdiente Nachtruhe brachte.
Es dauerte etwas bis Edward die Hand an seiner Schulter und dann an seiner Schläfe spürte, bis die leisen Worte zu ihm durchzudringen begannen und er klammerte sich wie ein Ertrinkender daran, um aus diesem Albtraum zu erwachen. Endlich brachte er es fertig die Augen zu öffnen und starrte schwer atmend in Helenes Gesicht, die sich über ihn gebeugt hatte und er hatte sich ganz intuitiv an sie geklammert als sie leise auf ihn eingeredet hatte.
Edwards Atem ging keuchend und er brauchte etwas, um sich zu sammeln. "Helene ..." murmelte er leise, noch immer halb in dem zurück liegenden Traum gefangen.

Helene

Helene fuhr mit ihren Bemühungen fort ihn zu beruhigen und tatsächlich schien sie ihn zu erreichen, denn er klammerte sich an sie. Sie gab keinen Laut von sich, obwohl seine Finger sich etwas schmerzhaft in ihre Oberarme gruben. Stattdessen redete sie weiter auf ihn ein, beruhigende Worte in sein Ohr flüsternd.
Langsam schien sich sein Blick zu klären und es war wirklich faszinierend für sie, ihren sonst so selbstbewussten Ehemann so verletzlich zu erleben. Offenbar hatte er wirklich auch noch ganz andere Seiten. Seiten, die sie nicht kannte. Und plötzlich verspürte sie den Drang, auch diese Seiten an ihm kennenzulernen.
Sie strich ihm sachte durch den roten Schopf. "Ja, ich bin es. Alles ist in Ordnung. Du bist Zuhause im Bett und niemand will dir etwas Böses. Du...hast schlecht geträumt?"

Edward erschauderte leicht als Helene ihm durch die Haare strich, dann lockerte er seinen Griff als ihm klar wurde, dass er sich noch immer fest umklammert hielt. Einen Moment lang schloss er die Augen und lehnte die Stirn an ihre Schulter. Er war noch so aufgewühlt, dass das Gefühl der Scham noch nicht an die Oberfläche gedrungen war.
"Ich ... ja ... es war ein ... ein alter Albtraum, den ich schon länger nicht gehabt hatte." nuschelte er leise und während sich seine Atmung wieder beruhigte, wurde ihm klar, was das hier eigentlich für eine Situation war und vor allem, wer ihm da beruhigend zuredete.
Edward ließ nun endgültig von Helene ab und wich ihrem Blick aus. "Es geht schon wieder." murmelte er unbehaglich. Ihm war nur Recht gewesen, dass niemand diese nächtlichen Heimsuchungen gekannt hatte und nun war es ausgerechnet Helene, die ihn so erlebt hatte. Helene mit der er ständig aneinander geriet und die ihn die meiste Zeit noch immer für einen arroganten Gecken hielt.

Helene

Helene ließ ihn gewähren, als er sich haltsuchend an sie lehnte und strich sanft durch die roten Locken. Er beruhigte sich langsam wieder und damit wurde ihm wohl auch peinlich, wie er sich gerade verhalten hatte. Dabei fand sie diese weiche Seite so interessant.
"Wovon träumst du?", fragte sie leise nach und versuchte seinen Blick zu halten. "Bist du sicher? Soll ich dir einen Becher Wein holen?"
Helene war unsicher, wie sie weiter mit ihm umgehen sollte. Sie wollte ihm doch irgendwie helfen, aber sie hatte keine Ahnung, wie sie das anstellen sollte. Zumal er sie nicht ließ.

Edward sah Helene noch einen kurzen Moment lang mit gequältem Blick an, dann drehte er sich auf den Rücken, damit er ihrem Blick ausweichen konnte. "Das ist eine lange Geschichte." erwiderte Edward ausweichend, schließlich konnte er sich doch Helene nicht anvertrauen. Helene, die doch im Grunde nichts über ihn wusste und schon gar nicht über die Schattenseiten in seinem Leben. Er hatte ihr nie erzählt, wie sehr er nach Julias Tod die Kontrolle verloren hatte, nicht wie er zu den Narben auf seinem Oberkörper gekommen war, nicht wie er Julia kennen gelernt und sitzen gelassen hatte ... und schon gar nicht, wie er als kleiner Junge entführt worden war.
Edward nickte. "Bin ich. Es ... ist schon in Ordnung, danke." Edward wusste nicht so recht, was er mit dieser Situation anfangen sollte. Erst hatte Helene ihn heute Nachmittag schon völlig aus dem Konzept gebracht als sie in Tränen ausgebrochen war und er ein furchtbar schlechtes Gewissen bekommen hatte und nun hatte sie ausgerechnet erlebt, wie er einen seiner Albträume gehabt hatte - und dabei war sie doch die letzte Person vor der er Schwäche zeigen wollte.

Helene

Helene nickte leicht, als er sie abwies und sich verschloss. "Ich mag lange Geschichten.", sagte sie schließlich leise. "Vielleicht könntest du versuchen mir ein bisschen mehr zu vertrauen.", forderte sie ihn auf, legte sich dann aber wieder hin.
"Wie du willst. Aber du musst dich nicht schämen deswegen. Albträume hat jeder einmal, ich auch. Und es ist immer gut, wenn man dann nicht allein ist."
Sie lächelte zaghaft.
"Aber wenn du lieber allein zurecht kommen willst...gute Nacht."

Überrascht sah er Helene an. Er hatte nicht erwartet, dass sie sich ihm tatsächlich anbieten würde, dass sie bereit war, seine Geschichte zu hören - und das freiwillig. Dennoch ... "Wozu sollte ich das? Damit du endlich etwas über mich weißt, womit du mich in der Hand hast?" Er hatte abfällig klingen wollen, spöttisch, ja sogar etwas bissig und verletzend, tatsächlich klang seine Stimme aber einfach nur unsicher und das ärgerte Edward umso mehr.
"Ich schäme mich nicht." erwiderte Edward so rasch, dass er seine Worte damit sogleich Lügen strafte. Er biss die Zähne aufeinander und schwieg. Er fühlte sich elend. Zum einen, weil es ihm nach einem solchen Albtraum immer so ging und zum anderen, weil er nicht wusste, was er nun mit Helene anstellen sollte.
Gegen seinen Willen huschte sein Blick kurz zu ihr hinüber und er sah sie misstrauisch an. Nein, er konnte ihr das nicht erzählen.

Helene

Helene hörte die Unsicherheit, aber sie wusste auch, wie es gemeint gewesen war und das verletzte sie ein wenig. Sie hob die Schultern an. "Wenn du das glaubst, lässt du es sowieso besser. Als ob ich das nötig hätte. Außerdem bin ich deine Frau, du solltest ein bisshen mehr Vertrauen zu mir haben statt immer nur das Schlechte in mir zu sehen."
Sie seufzte schwer und schüttelte den Kopf.
"Natürlich tust du das nicht.", erwiderte sie spöttisch. "Du bist ja über alles erhaben, du musst dich nicht schämen. Aber gut, gut, wie du willst. Deine Entscheidung."
Und so drehte sie ihm den Rücken zu und schloss die Augen. Wenn er ihr nicht vertrauen wollte, sollte er es sein lassen.

"Da du ja auch nur das Gute in mir siehst ..." murmelte Edward, fühlte sich dabei aber reichlich schlecht, da er schon wieder mit Helene aneinander geriet.
Der Spott in ihrer Stimme ließ das Gefühl der Scham in Edward noch größer werden und er verzichtete darauf zu antworten, wenngleich er ihr am liebsten irgendeine Gemeinheit an den Kopf geworfen hätte. Stattdessen drehte er sich jedoch einfach wortlos herum und zog die Decke fest an sich.
Er wollte nicht wieder einschlafen, hatte er doch Angst davor, dass die Albträume zurück kehren könnten, doch er hatte bisher nur wenig Schlaf gefunden und der war alles andere als erholsam gewesen und dementsprechend müde war er noch immer. Edward biss sich auf die Unterlippe. Vielleicht sollte er sich Helene ja doch anvertrauen? Aber dafür müsste er einen gewaltigen Sprung über seinen Schatten machen und das würde ihm wirklich schwer fallen.

Helene

"Nein, das tue ich nicht. Aber das heißt nicht, dass ich das Gute überhaupt nicht sehen kann oder will.", sagte Helene leise. Sie war nun einmal Edwards Ehefrau, das würde sich nicht ändern. Es würde sich auch nicht ändern, wenn sie sich weiterhin völlig verschloss.
Als sie da lagen, Rücken zu Rücken, fand keiner von ihnen wirklich Schlaf. Sie konnte hören, dass Edward sich unruhig bewegte, vielleicht ein bisschen mit sich kämpfte. Und sie, sie wollte diesen Streit nicht auch noch hier im Ehebett haben, wo sie sich in letzter Zeit gut verstanden hatten. Also gab Helene sich einen Ruck, drehte sich um und schmiegte sich von hinten an Edward, einen Arm um seine Taille gelegt.
"Ich wünschte, du würdest nicht denken, dass ich dir nur Schlechtes will.", flüsterte sie.

Edward hörte Stoff rascheln, war aber dennoch überrascht als Helene sich plötzlich umdrehte und sich an ihn schmiegte. Er erstarrte einen kurzen Moment, dann schluckte er schwer und zwang sich dazu sich zu entspannen. "Das ... das denke ich ja eigentlich gar nicht, glaube ich." murmelte er leise.
Er zögerte einen Moment, doch ihm war klar, dass er sich jetzt überwinden musste. Sie hatte einen gewaltigen Schritt auf ihn zugetan und er durfte sie nun unter keinen Umständen vor den Kopf stoßen. Langsam drehte er sich herum, legte nun seinerseits einen Arm um Helenes Mitte und sah sie schweigend an. Er war sich nicht sicher, ob er ihr diese Geschichte offenbaren konnte, aber zumindest wollte er ihre Hilfe nicht abweisen. Wenn er wollte, dass ihre Ehe irgendwann normal funktionierte, dann musste er sich wohl auch Mühe geben, sonst konnte es ja nur scheitern.
"Das ist alles nicht ganz einfach." erklärte Edward zögerlich. Er war niemand, der nach außen hin Schwäche zeigte und sie nun Helene gegenüber offen zu legen, war ein schwieriger Schritt.

Helene

Helene spürte, wie Edward sich entspannte und schließlich drehte er sich sogar zu ihr um. Sie lagen einander gegenüber und sahen sich in die Augen, einen Moment nur unschlüssiges Schweigen zwischen ihnen.
"Ich weiß, dass es nicht einfach ist. Aber ich bin sicher, es geht dir besser, wenn du darüber redest. Wovor hast du Angst? Dass ich dich auslache? Ich bitte dich...mach dir nicht solche Sorgen. Es wird schon einen Grund haben, warum du Albträume davon hast."
Sie strich vorsichtig über seine Wange.
"Vertrau mir..."

Edward schloss einen Moment lang die Augen, doch als er Helenes Finger an seiner Wange spürte, sah er sie wieder an. Er betrachtete sie einen Moment lang und stellte sich die Frage, die sie gerade ausgesprochen hatte. Wieso eigentlich nicht?
"Normalerweise habe ich solche Albträume nur, wenn ich alleine schlafe." murmelte Edward und überlegte, wie er anfangen sollte, wie er sich selbst diesen Ängsten stellen sollte. "Es hat ... alles angefangen als ich noch ein kleiner Junge war. Ich wurde damals von ... ein paar Halunken entführt, die meinen Vater hatten erpressen wollen. Sie hatten mich zwar nicht allzu lange in ihrer Gewalt, aber ..." Edward stockte kurz und schüttelte leicht den Kopf. "Es war schon mehr als genug. Ich hatte fürchterliche Angst und war auch noch so klein, dass ich überhaupt nicht begreifen konnte, was vor sich ging. Ich wusste nur, dass ich plötzlich von all den Menschen getrennt war, die ich liebte und dass mich dafür diese Kerle drangsalierten ..." Edward senkte den Blick etwas und schwieg einen kleine Weile. "Danach hat es lange gedauert bis ich überhaupt wieder alleine bleiben konnte, vor allem nachts war es fürchterlich. Und du siehst ja, es lässt mich auch bis heute noch immer nicht ganz los." Diese diffuse Angst vor dem Alleinesein, davor, von allen geliebten Menschen getrennt zu sein, hatte sich damals tief in seine Seele gefressen und ihn nie ganz wieder los gelassen.

Helene

Helene war froh, dass er sich ihr öffnete und lauschte gespannt. Sie wollte ihn nicht unterbrechen oder vor den Kopf stoßen, also hörte sie ihm erst einmal nur zu.
"Es ist kein Wunder, dass du Albträume hast, wenn du als Kind schon solche Dinge erfahren musstest. Es gibt wirklich böse Menschen auf dieser Welt, dass sie sich sogar an Kindern vergreifen. Du hast es noch nicht hinter dir gelassen. Aber ich bin jetzt an deiner Seite, also bist du nachts nicht mehr allein. Du musst keine Angst haben."
Helene umarmte ihn lange und schmiegte sich an seine Brust. "Danke, dass du dich mir anvertraut hast.", raunte sie leise in sein Ohr. "Du bist nicht allein....und wenn du doch wieder träumst, bin ich bei dir und wecke dich. Wir werden deine Dämonen schon zurückdrängen. Ich will dir helfen, so gut ich das kann."

Edward nickte langsam. "Da hast du Recht, das habe ich nicht." Es war gut gewesen, solange Julia bei ihm gewesen war, doch nach ihrem Tod waren die Albträume schlimmer denn je zurück gekehrt. Erst seit Helene Nacht für Nacht an seiner Seite schlief, hatten sie sich wieder weiter zurück gezogen.
"Deshalb ... will ich auch nicht, dass du die Kinder zur Strafe einsperrst, verstehst du?" murmelte er dann leise, fast ein wenig schüchtern. Er wusste selbst, dass es albern war, denn die Kinder für eine Weile alleine auf ihr Zimmer zu schicken war nicht im Geringsten mit dem vergleichbar, was er durchgemacht hatte, doch es graute ihm trotzdem vor einer solchen Strafe für seine Kinder.
Edward schloss Helene in seine Arme als sie sich an ihn schmiegte und fühlte sich tatsächlich ein wenig geborgen. Ein merkwürdig neues Gefühl in ihrer Nähe. "Tja, einen richtig mutigen Helden hast du da geheiratet, was?" murmelte er leise und strich ihr sachte über den Rücken.
"Danke, dass du mich dazu gebracht hast, es dir zu erzählen." wisperte Edward schließlich.